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Mchech-ZkitW Kaiser Friedrich -j- Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Die „Wtißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweiinonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. ... Daran schloffen sich größere Reisen, besonders in Jt^lkn7 das "damals unverkennbar seiner nationalen Einigung mit Riesenschritten entgegenging. In die Jahre von 1853—1856 fielen die Dienstleistungen bei den einzelnen Waffen und die Unterweisung im Generalstabsdienst, sowie die höheren militärischen Studien, bei denen der damalige Oberst v. Moltke bereits belebend und anregend auf den Geist des künftigen Thronerben einwirkte. Auch den Fragen der inneren Politik folgte der Prinz mit zunehmendem Interesse, da er nach alter preußischer Sitte an den Arbeiten des Staatsraths theilzunehmen hatte. Im Jahre 1855 machte der junge Fürst seinen ersten Besuch am englischen Königshofe, wo ihm sein ritterliches, freundlich offenes Auftreten und seine Theil- nahme an den staatlichen, volkswirthschaftlichen und sozialen Einrichtungen nicht nur das Herz der englischen Königstochter, sondern auch die Liebe des ganzen eng lischen Volkes gewann. Am 25. Januar 1858 erst, verzögert durch die schwere Erkrankung des Königs Friedrich Wilhelm IV., erfolgte die Hochzeit. Am 27. Januar 1859 verkündete der Donner der Kanonen die Geburt des ersten Sohnes Wilhelm, unseres nunmehrigen Kaisers. Diesem folgte 1860 Prinzessin Charlotte (jetzige Erbprinzessin von Meiningen), 1862 Prinz Heinrich, 1864 Prinz Siegmund (bereits 1866 wieder verstorben), 1866 Prinzessin Viktoria, 1868 Prinz Waldemar (1879 gestorben), 1870 Prinzessin Sophie und 1872 Prin zessin Margarethe. — In rascher Folge hatte der Prinz die militärischen Grade bis zum Gen-rallieutenant (1868) erstiegen, und genau an seinem 30. Geburts tage wurde er als nunmehriger Kronprinz, da König Friedrich Wilhelms Tod seinen Bruder Wilhelm, den Prinzregenten, auf den Thron erhoben hatte, zum Statthalter von Pommern ernannt. — Inzwischen (1862) war in Preußen ein völliger Wechsel des Regierungssystems eingetreten, der den Eintritt Bismarcks in das Ministerium zur Folge hatte. Die Gedanken desselben über eine straffere Zu sammenfassung der deutschen Wehrkraft, über zeitgemäßere Einrichtungen auf ver-»j schiedenen Gebieten des Staatslebens fanden in der Seele des Kronprinzen leb haften Widerhall, und der nationale Schwung, mit welchem der neue Minister seine Ideen entwickelte, begeisterte den jungen Fürsten. Der Anfang zur thatkräftigen Verwirklichung jener Politik wurde bekanntlich 1864 mit dem Kriege gegen Dänemark gemacht. An demselben nahm der Prinz nur als Zuschauer im Stabe des Generals v. Wrangel bei. Desto Heller strahlte der Ruhm des kronprinzlichen Führers im deutschen Kriege 1866, wo die von ihm geführte Armee in 3 Tagen die österreichischen Korps zertrümmert und durch ! ihr Eingreifen den Tag von Königgrätz entschieden hatte. Der Orden pour 1s 1 inörits, den ihm König Wilhelm am Abend des siegreichen Tages unter Thränen der Freude eigenhändig an die Brust heftete, war der äußere Lohn des hohen militärischen Verdienstes. — Und was „unser Fritz" im Jahre 1870 zu Deutsch lands Ruhm und Größe gethan, es lebt unverlöschlich im Gedächtniß der Zeit genossen. Die Tage von Wörth und Weißenburg, die Schlachten um Metz, die Tage von Sedan, Beaumont und Paris können nicht genannt werden, ohne den Ruhm des Kronprinzen Friedrich Wilhelm zu verkünden. Nicht nur im schwung vollen Epos, nein, auch im derb humoristischen Soldatenlieds erklang sein Name; und diese Lieder wurden nicht nur gesungen von preußischen Soldaten, nein, der I Sachse, Schwabe, Bayer und Alle stimmten mit ein, denn „unser Fritz" hatte es I verstanden, sie, die anfangs widerstrebenden Elemente, zu einem Ganzen, zu treuer I Waffenbrüderschaft zu einen. Seit der Rückkehr aus Frankreich lebte der Kronprinz den ihm durch seinen I hohen Rang zugewiesenen Pflichten im militärischen und staatlichen Wesen mit der I Pflichttreue, die als ein Erbtheil des Hohenzollernstammes stets gegolten hat. I Aber es war auch das Gebiet freier Geistesthätigkeit und idealen Schaffens, I welchen Kronprinz Friedrich Wilhelm und seine Gemahlin Viktoria ihre Thätigkeit I zuwandten. Und wie warm und aufrichtig die Empfindungen der Liebe gegen I das fürstliche Paar in die Nation eingedrungen waren, das zeigte sich besonders I lebhaft bei der im Januar 1883 stattgehabten Silbernen Hochzeit des Kronprinzen- I paares. — Die gegen Ende des Jahres 1883 in Stellvertretung des Kaisers I unternommene Besuchsreise des Kronprinzen nach Madrid, an welche sich ein Be- I such in Nom bei König Humbert anschloß, knüpfte zwischen beiden Fürsten das I Band der herzlichsten Freundschaft, welche in der Aufnahme und in den viel- I fachsten Aufmerksamkeiten, die später dem in San Remo weilenden und am I 9. März d. I. von dort abreisenden kranken Kaiser Friedrich zu Thcil wurden, I ihren Ausdruck fand. — Wie sich die verheerende Krankheit, der unseres geliebten I Kaisers Leben zum Opfer gefallen, angefangen — es ist in weiteren Kreisen nicht I bekannt geworden; wie sein Zustand, bald Hoffnung, bald schwere Besorgniß er- I weckend, lange Zeit geschwankt hat, wir haben es tief schmerzlich empfunden, und I manch schweres Bedenken — ob begründet oder unbegründet, wer will es ent- I scheiden? — ist gehört worden gegen die ausländischen Aerzten anvertraute Be- I Handlung des hohen Kranken - soviel aber ist gewiß: alle diese Empfindungen I waren nur der Ausfluß der selbstlosesten Liebe, die bereit war, sogar das Leben I für den Kaffer zu opfern. Und in dieser Liebe lebe er fort, und sie gehe über I auf den Sohn, unfern nunmehrigen Kaiser Wilhelm II., den Gott in seinen all- I ehernen Mund, um dem Vaterlande ,n allen Gauen me Auch unser Kaiser Friedrich ist nicht mehr; er, der edle zur ewigen Ruhe, in das Land des Friedens, wo kem kein Schmerz mehr sein wird. — Wohl hatten wir uns Gedanken vertraut machen müssen, daß die Tage Kaiser wohl hatte er ja selbst noch vor wenig Wochen, seine seinem Hofprediger den Wunsch ausgesprochen, nicht für um einen sanften Tod für ihn zu beten! Aber immer Jnjerar«, welche bei de> bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg- di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, ,m redaktionelle« Theile, die Spaltenzeile 20 Pfz- Kaum ist das Trauergeläut verstummt um Deutschlands ersten Kaffer, den unvergeßlichen Wilhelm I., und noch harrt der die sterblichen Ueberreste des großen Mannes bergende Sarkophag im Mausoleum zu Charlottenburg seiner endlichen Beisetzung an der Seite^der vorausgegangenen Eltern: da^ erheben auf s Neue die Glocken ihren Trauerkunde zuzurufen: Dulder ist eingegangen Leid, kein Geschrei und nach und nach nut dem Friedrichs gezählt seien; nahe Auflösung fühlend, seine Genesung, sondern — war die Hoffnung nicht ganz zu ertödten gewesen, die unerschöpflich scheinende Lebenskraft des Kaisers werde den heimtückischen, am Leben nagenden Wurm be siegen; es werde ein Wunder geschehen an ihm. Wer zählt die dem edlen Dulder für seine Genesung dargebrachten Wünsche, wer die Gebete, die öffentlich und im stillen Kämmerlein zum Herrn des Lebens emporgestiegen sind von der Zeit an, da die erste Kunde von der gefährlichen Erkrankung des geliebten Kron prinzen zu uns gedrungen war, bis zu seiner letzten Stunde? Mit welchen Sorgen haben wir ihn im Geiste begleitet, als ihn das unerbittliche Pflichtgebot und der eigene heldenmüthige Entschluß auf den Thron rief, hinweg aus den milden Regionen des Südens, in denen er Heilung suchte, hin in den rauhen, strengen Norden, dessen erster Gruß für ihn Schnee und Eis war! Und wie be glückt waren wir, von der geringsten Besserung in seinem Zustande, von der Seelengröße zu hören, mit welcher Kaiser Friedrich sein Leiden ertrug, von der Pflichttreue, die ihn in keinem Stadium seiner Krankheit verließ. Und nun? Er hat ausgerungen, er ist eingegangen in das Land des ewigen Friedens. Deutschland aber steht trauernd an der Bahre des ihm so früh entrissenen Kaisers. Waren es auch noch nicht volle 100 Tage, in denen Kaiser Friedrich mit der Krone Preußens und des deutschen Reiches geschmückt war, und hat er in dieser Zeit schwerer, gefahrdrohendster Krankheit nicht Zeit gehabt, durch hoch bedeutende Regierungshandlungen seinen Namen zu verewigen: der Helden glanz, der „unfern Fritz" in der Zeit des großen Entscheidungskampfes umstrahlt, er ist unzertrennlich verbunden geblieben mit der Person des duldenden Kaisers; der Erlab „An mein Volk" vom 12. März, in Verbindung mit der gleichzeitig an den Reichskanzler gerichteten Darlegung seines Regierungsprogramms, goldene Worte, aus denen der Geist des Vaters spricht, sie sind in's Herz des deutschen Volkes geschrieben! Haben sie doch klar gezeigt, mit welchem Ernste er seinen Regentenpflichten, mit welcher innigen Zuneigung er seinem Volke ergeben war; und so folgt ihm denn die Liebe, die er sich im Leben in so reichem Maße er worben, nach über das Grab, und das dankbare Deutschland geizt nicht mit Lor beer und Rosen, die es um das Haupt des so früh Vollendeten windet. Wir stehen hier wieder einmal vor dem unlösbaren Räthsel des Lebens. Was sind Hoffnungen, was Entwürfe der Menschen? Als wir den 90. Geburtstag Kaiser Wilhelms begingen, da war ein Grund der hohen Festfreude der, der greise Fürst könne diesen Tag in der Hoffnung begehen, daß seine Schöpfung einen sicheren Bestand haben werde unter dem körperlich und geistig gesunden Sohne, der sie mit in's Dasein gerufen; daß er sein ruhmreiches Haupt ruhig niederlegen könne zum letzten Schlummer, da ihm Gott einen Nachfolger gegeben, der in männlicher Kraft das Erbe seines großen Vaters wahren und schützen werde gegen Feinde von innen und von außen. Und jetzt, nach wenig mehr als einem Jahre, hat der Schicksalssturm vom Hohenzollernstamme einen kräftigen, hoffnungsreichen Sprossen abgebrochen; ja, schon die Todesstunde des verewigten Kaisers Wilhelm ist er schwert worden durch das von ihm geahnte, schwere Geschick seines erlauchten Hauses. Da gilt's, sich in Demuth zu beugen vor einem Höheren, dessen Wege nicht unsere Wege, dessen Gedanken nicht unsere Gedanken sind, und den Glauben zu bewahren, daß er Alles dennoch herrlich hinausführen werde. — Möge des Großvaters und des Vaters Segen, vor Allem aber des Höchsten Gnade auf dem in jugendlichem Alter zur höchsten Herrscherstelle berufenen neuen Kaiser, Wilhelm II., ruhen; möge er im Geiste der Verewigten wirken zu Gottes Ehre, zu des Vaterlandes Heil, zu des Volkes Friede und Wohlfahrt! Möge das alte Bibelwort: „Des Vaters Segen bauet den Kindern Häuser!" sich am Hause der Hohenzollern herrlich bewähren und Deutschlands Krone von ihm fortgetragen werden in die fernsten Zeiten. Eine kurze Lebensskizze mache heute den Schluß unserer wehmüthigen Be trachtung. Als der Siegestag von Leipzig zum 18. Male wiederkehrte, wurde im Neuen Palais zu Potsdam dem Prinzen Wilhelm sein erster und einziger Sohn, Friedrich Wilhelm, geboren (sein Geburtshaus ist also auch sein Sterbehaus geworden). Neben strenger militärischer Erziehung, wurde die wissenschaftliche Ausbildung keineswegs vernachlässigt, und sowohl die natürliche Befähigung, als die Lern begierde des Prinzen waren der Grund eines in jeder Beziehung ausgezeichneten Erfolgs. — 1849 erfolgte der Eintritt in den praktischen Militärdienst, 1851 die akademische Studienzeit in Bonn mit frohem, studentischem Treiben und ihrem WWiMW