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chönbliM Tageblatt und Waldenburger Anzeiger Suchrin! täglich mir ÄLS mhm» d°r Tag» nach Sonn- und Festtagen. Tnnadme von Inseraten für die nächster« scheinende Nummer dis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementsprsis beträgt viertsljähr- , lich 1 M? Sk Pf. AMeraie pro Zeile 10 Pf., Emges. 20 Pf. TWediüon: Waldenburg, Obergasse 291L. Filialen: in Altf-adk^aldenbrirg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Langenchurs- dors bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasse; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. AMMM Mt M MWMH M WLLSLWUß. Zugleich weit verbreitet in den Städten P-Mg, L»»zer»Ä«, 8tchte«ßrett»-GM»b«kg Md in den Ortschaften der nachstehende« Standesamtsbezirke: Wftrdt-WslSrtthurg, BrärmSdsrs, LMRörrg, St. Ggidien, Ghrenham, Frohnsdorf, Falken, Grimbach, Äaufungen, Langenchurssorf, Langen« ^«tz-MedsrhAirr, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oöerwinkel, Oclsmtz i. S., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenöurg und Ziegelheim. 109. Dienstag, dm 13. Mai 1899. Witternngsbericht, ausgenommen am 12. Mai, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 747 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstaud -s- 26° 6. (Morgens 8 Uhr -f- 20°) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 30"/o. Thaupuukt 9 Grad. Windrichtung: Südost. Daher Witteruugsausstchte« für den 13. Mai: Theils heiteres, theils wolkiges und windiges Wetter mit geringen Niederschlägen bei kühlerer Temperatur. *Waldenburg, 12. Mai 1890. Im deutschen Reichstage wird heute Montag die neue Colonialvorlage, welche 4'/r Millionen für die Verwaltung des ostafrikanischen Schutzgebietes fordert, zur Berathung gelangen. Deutschland besitzt nicht die Mittel des reichen England, und darum wird sich an diesen Gesetzentwurf mit Recht eine eingehende Erörterung knüpfen; erfolgte eine solche Vorlage im englischen Par lament, so würde man die Posten ohne ein Wort be willigen. Die englische Regierung zahlt auch ganz andere Gehälter für Colonialbeamte, wie Deutschland, aber Fürst Bismarck hat bekanntlich noch während seiner Amtsperiode den Reichscommissar Wißmann wiederholt zur größten Sparsamkeit ermahnt, und an dieser Sparsamkeit soll und wird auch in der Folge festgehalten werden. Daß der Reichstag die gegen wärtige Colonialvorlage schließlich annehmen wird, unterliegt keinem Zweifel. Die Centrumspartei hat s. Z. die Action gegen den Sklavenhandel ausdrücklich gutgeheißen, katholische Missionare haben sich recht gün stig über die neugeschasfenen Verhältnisse in Ostafrika geäußert, und Herr Windt Horst und seine Freunde können also nicht umhin, bei ihrem früheren Verhalten stehen zu bleiben. Aber die Stimmung im Reichstage ist überhaupt der Colonialpolitik gegenüber eine andere geworden; heute existirt dort iin Allgemeinen wieder begeisterter Colonialenthusiasmus, wie erbitterte Gegnerschaft gegen die Colonialpolitik. Man ist sehr ruhig geworden und sieht die Dinge mit nüchternen Augen an. Der wichtigste Punkt bei der ganzen Colonialpolitik in Ost afrika bleibt schließlich immer der: Wird sich das vom Reiche aufgewendete Geld lohnend verzinsen? In dieser Beziehung ist daran zu denken, daß die englische Ost afrika-Compagnie, welche der deutschen benachbart ist, für ihr Gebiet schon zehnmal mehr aufgewendet hat, als Deutschland für das seinige. Für John Bull kommt aber immer die bekannte Daumenbewegung allein in Anbetracht, und man muß doch zuversichtlich annehmen, daß sich die ostafrikanische Besitzung schließlich rentiren wird; denn sonst würden ja alle die aufgewendeten großen Summen total zum Fenster hinausgeworfen sein. Die heute lebenden genausten Kenner Afrikas, darunter der Amerikaner Stanley, der Italiener Casati, Emin Pascha, der rheinische Missionar Pater Schynse, sie Alle sagen übereinstimmend, daß in Afrika noch ein lohnendes Arbeitsfeld ist. Besonders Stanley und Emin Pascha sind sehr kaltblütige, ruhige Männer, die nur die praktischen Möglichkeiten ins Auge fassen, und auf Grund ihrer Rechenexempel wird sich auch das deutsche Schutzgebiet rentiren. Bisher stand dem Emporblühen der deutschen Colonie der Ausstand, der Haß der Araber und Eingeborenen gegen die Deutschen gegenüber. Dieser Haß hat sich schon sehr gelegt, denn Araber, wie Eingeborene sind ganz geriebene Geschäftsleute, sie sehen, daß die deutsche Verwaltung ihnen den größeren Vortheil bringt, und daß sie auch unter derselben ihre frühere Freiheit haben. Es sind anerkanntermaßen Fehler in der Be handlung der Eingeborenen gemacht, aber diese Fehler sind unter der neuen Wißmann'schen Verwaltung sorg sam vermieden. Vor Allem hat aber Deutschland in Emin Pascha einen Mann, welcher wie kein anderer geeignet ist, die Karawanen und Handelszüge aus dem Innern nach dem deutschen Gebiet zu leiten. Araber und Eingeborene betrachten den Pascha halb als zu ihnen gehörig, sie haben daher volles Vertrauen zu ihm und das wird dem ganzen deutschen Schutzgebiet zu Gute kommen. i Das ist die wahrheitsgemäße Sachlage. Goldströme werden wohl kaum sobald aus Ostafrika nach Deutsch land kommen, aber Furcht, diverse Millionen zu ver lieren, brauchen wir auch nicht zu haben. Wir hätten wohl weiter sein können, wenn Manches anders ange- i fangen wäre, aber es ist doch eine bedeutende Besserung z eingelreten, und wir werden jetzt weiter kommen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. s Der Kaiser und die Kaiserin werden, wie be- j kannt, zusammen der Provinz Preußen, resp. der Stadt ; Königsberg, einen Besuch machen. Der Kaiser kommt i am 14. von den Jagden des Grafen Hochberg aus ' Schlesien und trifft mittags desselben Tages in Dir- : schau mit der Kaiserin zusammen, von wo aus die Majestäten die Reise vereint machen werden. Von Königsberg fährt die Kaiserin mit ihrer Umgebung nach Potsdam zurück, während der Kaiser sich nach s Schlobitten zum Grafen Dohna zur Jagd begeben s wird. Am Freitag hatte der Kaiser in Berlin das , Kaiser-Alexander-Regiment, am Sonnabend in Span- j bau das Elisabeth Regiment besichtigt. Den Jnspec- j tionen schlossen sich Fetddienstübungen an. Sonnabend ! Abend wohnten der Kaiser und Prinz Heinrich von s Preußen dem Galadiner beim österreichischen Botschaf- s ter Grafen Szechenyi in Berlin bei. Am Sonntag Mittag ist der Kaiser aus Potsdam nach Schloß Wirschkowitz in Schlesien gereist, um dort einer Ein- i ladung des Grafen Hochberg zur Jagd zu entsprechen, i Die Ankunft des Monarchen in Wirschkowitz erfolgte am Sonntag Abend von der Eisenbahnstation Moch- ; bern aus, wo der Kaiser einen Wagen bestiegen hatte. ; Das englische Ministerium machte der Reichsregie- r rung die Mittheilung, sie verzichte bis auf Weiteres i auf die Ausführung der Londoner Zuckerconvention. ; Natürlich werden nun die übrigen Staaten dasselbe Z thun. i Im Reichstage sollen bestimmte Erklärungen über ; die künftige Handhabung der Colonialpolitik abgege- ben werden, voraussichtlich durch den Reichskanzler von Caprivi persönlich. Fürst Bismarcks Absicht, im Par lament zu erscheinen, ist vor der Hand gänzlich ver tagt. Bei den Herrenhausverhandlungen dieser Woche isr er geflissentlich fern geblieben. Die Briefe, welche der Kaiser an den Fürsten gerichtet hat, sind bei aller persönlichen Freundschaft so Hochernst gewesen, daß der Fürst sich überzeugt haben dürfte, daß die neue Poli tik nicht blos einen Uebergang bedeutet und seine Rück kehr ins Amt so gut wie ausgeschlossen ist. Es wird mitgetheit, der preußische Gesandte in Hamburg Herr von Kusserow sei plötzlich discipli- narisch mit der Aussicht auf Entlassung beurlaubt, weil er in die Hamburger Preßattacke verwickelt gewesen ist. Zu gleicher Zeit soll der Kaiser in dieser Angelegenheit ein sehr ernstes Handschreiben an den Fürsten Bismarck gerichtet haben. Seitdem sind die sensationellen Erörterungen verstummt. Daß die ganze Affaire einen recht peinlichen Eindruck gemacht hat, zeigt sich bei den Unterzeichnungen für die in Berlin ausgelegte Bismarckadresse. Die Zahl der Unterschriften ist bisher eben nicht groß. Fürst Bismarck hat in oiesen Tagen in Friedrichs- ruh den Chefredacteur des Pariser Journals „Matin" empfangen, Herrn Henri des Houx, welcher zwei Tage als Gast des Fürsten im Sachsenwalde geblieben ist. Der französische Schriftsteller gilt als einer der geist reichsten Männer von der Feder in Paris. Der „Matin" ist ein entschieden republikanisches Blatt. Aus London verlautet angeblich zuverlässig, Lord Londonderry, der vormalige Vicekönig von Irland, habe den Fürsten Bismarck eingeladen, ihn demnächst in England zu besuchen. Der Fürst soll nicht abgeneigt sein, die Einladung anzunehmen. Aus Friedrichsruhe wird dem „Hamb. Corr." ge meldet: Fürst Bismarck ist fleißig mit der Sichtung seiner jahrelang aufbewahrten Briefschaften beschäf tigt, also nicht mit der Abfassung von Memoiren oder Erinnerungen. Es ist dies keine leichte Arbeit, da sich mit der Zeit eine außerordentlich große Menge der artiger Papiere angesammelt hat. Man spricht von 16 großen Kisten, welche mit Briefen gefüllt sein sollen. Der Fürst Hal augenblicklich noch nicht die Hälfte dieser Papiere durchgesehen, trotzdem er jeden Tag bei der Arbeit ist. Das nicht für aufbewahrungs- werth Befundene wird sofort den Flammen übergeben. In parlamentarischen Kreisen Berlins verlautet, Geheimer Regierungsrath von Pesch inger, der kürz lich beim Fürsten Bismarck in Friedrichsruh verweilte, wird demnächst mit umfangreichen Veröffentli chungen hervortreten. Zur Lage im neuen Reichstage schreibt „Die Nation", ein bekannte politische Wochenschrift: „Die Bevölkerung hat das unfruchtbare Gezänk, wie es sich im Reichstage früher ausgebildet hatte, herzlich satt und sehnt sich darnach, die politischen Geschäfte in einer den allgemeinen Interessen förderlichen Weise behandelt zu sehen. Sie hat die Hoffnung, daß man in Zukunft etwas weniger Geschicklichkeit vorauf verwendet, sich gegenseitig eins auszuwischen und zu discrediliren, als darauf, den gewissenhaft gebildeten politischen Anschau ungen einen wirklichen Einfluß zu erstreiken. Diese weitverbreiteten iriedlichen Dispositionen bilden in dem politischen Status des Herrn von Caprivi einen nicht geringen Aclivposten. Was die Vorlagen der verbün deten Regierungen betrifft, so wird die Reichsregierung voraussichtlich alles Wesentliche, auch betreffs der mi litärischen und colonialpolitischen Forderungen, durch setzen und sich auf dem Gebiete der Socialpolitik weit gehender socialdemokralischer Forderungen leicht erweh ren können. Die parlamentarische Lage ist für die Regierungen einstweilen ungewöhnlich günstig." Der englische Missionar Stokes ist mit 2000 bela denen Trägern aus Jnnerafrika in Ler deutschen Küstenstation Saadani angekommen. Er berichtet, in dem großen Negerreiche Uganda sei der zum Chri- stenlhum übergetretene König Mangoa abermals von dem Araber-Häuptling Karema vertrieben worden. Die Expedition von Emin Pascha richtet ihren Marsch in dieses Gebiet. Die Aufhebung des Socialistengesetzes ist beschlossene Sache. Eine Anzahl auf Grund des So cialistengesetzes erfolgter Ausweisungen ist von der Ham burger Behörde zurückgenommen worden, die Zurück nahme weiterer Ausweisungen soll bevorstehen. Die Behörde soll dabei, wie die „Köln. Ztg." mittheilt, von der Absicht ausgehen, zu vermeiden, daß nach Ab lauf des Socialistengesetzes eine große Schaar von Aus-