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Die „Weihrritz-Zeitim-" scheint wöchentlich drei- nial: Dienstag, Donners lag und Sonnabend und wird an den vorhergehen. venAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich l M. 25 Pfg-, zweimonatlich g4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Pojtan- statten, Postboten, sowie unsere Agenten nehmen Bestellungen an. WeWH-Mung. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage de» Blattes eine sehr wirk- sanie Verbreitung finden, werden mit 12Psg., solche aus unserer Amtshaupt- Mannschaft mit IV Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta- bellarische undcomplicirte Inserate mit entsprechen- dem Aufschlag. - Einge- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Umisyauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dixpoldiswalde. Verankworllicher Kedarkeur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtfettigem „Slluftrirten Unterhaltung,blatt". Mit land, und hauswirthschastlicher «onate-veilag«. Nr. 89. Sonnabend, den 21. Juni 1902. 68. Jahrgang. Sibyllenort, 19. Juni, gestorben. König Albert ist hente Abend 8 Uhr 5 Minuten Bangen Herzens erwarteten leit ungefähr t4 Tagen Sachsens Bewohner, ja weite Kreise über Sachsens und Deutschlands Grenzen hinaus die täglichen Morgen- und Abendberichte über den Verlauf der Erkrankung Sr. Maj. des Königs Albert, der sich mit Ihrer Maj. der Königin nach Sybillenort begeben hatte zur Erfrischung in dem waldumrauschten Schlosse. Immer ernster wurden die Gesichtszüge Derjenigen, die die Telegramme an der Expedition unseres Blattes gelesen, denn immer bedenklicher lauteten dieselben. Aber auf so überraschend schnellen Eintritt der Krisis war man nach dem letzten, am l 9., Abends 6 Uhr, abge gangenen Krankheitsbericht doch nicht gefaßt; dem so lange es geht, kann die Liebe die Hoffnung nicht aufgeben. Doch schon in der 10. Stunde desselben Abends traf die alle Herzen tieferschütternde Trauerbotschaft ein, daß 8 Uhr 5 Min. unser innigstgeliebter, hochgeschätzter König von seinem Leiden erlöst sei und sein inhaltreiches Leben beschlossen habe. In Nachstehendem wollen wir einen dankbaren Rückblick auf Leben und Wirken unseres hoch seligen Königs werfen. Unbeschreiblich großer Jubel herrschte in Dresden und in allen Theilen des Sachsenlandes, als am Abend des 23. April l 828 die Kunde sich verbreitete von der Geburt eines Prinzen, eines frischgrünen Neis am ruhmreichen Stamme der Wettiner. Unter der weisen und sorgsamen Erziehung seiner Eltern, des Prinzen Johann und dessen Gemahlin Amalie, und tüchtiger Lehrer machte Prinz Albert körperlich und geistig treffliche Fortschritte, besonders aber zeigte er ein lebhaftes Interesse für alle militärischen An gelegenheiten. Schon am 16. Mai 1828 hatte ihn König Anton zum Chef des l. Linien-Infanterie-Regiments er nannt. Am 10. Oktober 1840 ererzirte Prinz Albert zum ersten Male mit den Kadetten. Am 24. Oktober 1843 erhielt er von König Friedrich August ll. das Leutnants- Patent. Am 3. März 1845 avancirte er zum Oberleutnant und am 17. Sept. 1847 zum Hauptmann. Im Winter 1847—1848 wurde die militärische Ausbildung durch den Besuch der Universität unterbrochen. Von des Prinzen juristischer Urtheilsfähigkeit giebt der damalige Professor vr. Schneider das günstigste Zeugniß mit den Worten: „Der Prinz trifft stets den Nagel auf den Kopf." Ernste Studien und heitere Geselligkeit füllten die Tage des jungen Prinzen in Bonn aus, aber die Ereignisse des Jahres 1848 riefen im Frühjahre Prinz Albert wieder an den Königshof zurück. Während der Dresdner Maitage des Jahres 1849 stand Prinz Albert vom 28. März bis 15. Juli mit 6418 Sachsen in Schleswig-Holstein und kämpfte für Deutschlands Ehre und Einigung. Wie sicher und ziel- bewußt er dieser Lösung zustrebte, zeigen seine Worte aus einem Briefe: „Der Krieg (für Schleswig-Holstein) hat für mich eine höhere Bedeutung, es ist das erste Zusammen wirken der deutschen Stämme zu einem Ziele, es ist der wahre Weg zur Einigung, und diese Bahn zu eröffnen, ist es Pflicht, namentlich der Fürsten, vorauszugehen, und gelte es das Leben." Noch während seines Aufenthalts in Schleswig-Holstein wurde Prinz Albert am 19. Juni zum Major der Infanterie ernannt, 1850 am 8. August ward er Oberst und Kommandant der leichten Infanterie- Brigade zu Leipzig, 1857 am 15. Oktober General der Infanterie, 1859 am 24. April Kommandeur des IX. deutschen Bundes-Armeekorps. Welch großen Werth er im Gegensatz zu den damaligen Anschauungen des Land tags auf ein kriegstüchtiges Heer legte, sprach er am 27. Mai 1864 in der Ersten Kammer aus: „Es können Zeiten eintreten, wo die Geltung unseres Vaterlandes von den Thaten unserer Armee abhängen kann, wo man weniger fragen wird nach unserer ausgezeichneten Industrie, nach unserem vortrefflichen Ackerbau und unseren guten Gelehrten anstalten, sondern wo man fragen wird: wie haben sich unsere Sachsen geschlagen? und darnach wird der Werth unseres Vaterlandes bemessen." Wie gar bald zeigte sich die volle Wahrheit dieses prophetischen Wortes. 1866 wünschte zuerst König Johann die sächsische Armee an die Streitkräfte der übrigen Mittelstaaten anzuschließen und sie so dem deutschen Bunde zur Verfügung zu erhalten: aber durch die Zögerung Bayerns ward dies schließlich un möglich, und nun blieb Sachsen nur noch übrig, sich mit Oesterreich zu verbünden. Zwar konnten sich bei König- grätz die Sachsen nicht mit dem Siegerkranze schmücken; aber die Ehre war ihnen geblieben; ja, sie strahlte in hellerem Glanze als je! Das hatten sie der klugen und heldenmüthigen Führung des Kronprinzen Albert zu ver danken. Graf Moltke schrieb in jenen Tagen in Rücksicht auf die Sachsen: „Eine geschlagene Armee, die, dem Un vermeidlichen sich fügend, ruhig und geordnet das Schlacht feld verläßt, kann sich dem Sieger fast ebenbürtig zur Seite stellen." Die Voraussage des großen Strategen sollte sich bald erfüllen. Nachdem Sachsen in den Norddeutschen Bund eingetreten war, erforderte die Neuformirung der sächsischen Armee als XIl. Armeekorps angestrengte Thätig- keit, bei der sich auch der verstorbene Kriegsminister v. Fabrice sehr verdient gemacht hat. Schon am 18. September 1867 konnte König Johann mit einem Tagesbefehl seine An erkennung über die rasche Erreichung des Zieles aussprechen. — Kronprinz Albert, seit 23. Februar 1867 komman- dirender General des XIl. Armeekorps, war besonders be strebt auf eine gediegene Ausbildung des sächsischen General stabs. Als am 19. Juli 1870 Frankreich in übermüthiger Weise die Kriegsfackel entzündete, konnte KönigJohann seine SöhneAlbert und Georg an der Spitze des Xll.Armeekorps dem obersten Kriegsherrn zuversichtlich zur Verfügung stellen. Durch erfolgreichen Eingriff in die Schlacht bei St. Privat am 18. August hat Kronprinz Albert ein srischgrünes Blatt in den deutschen Ruhmeskranz gefügt, König Wilhelm l. zollte ihm dafür verdiente Auszeichnung durch Ernennung zum Oberbefehlshaber der Maasarmee. Als solcher ward ihm die Aufgabe gestellt, den mit 80000 Mann von Norden zur Entsetzung von Metz heranrückenden Mac-Mahon aufzuhalten. Am 30. August gelang es ihm durch den Sieg bei Beaumont, und diese Schlacht war das Vorspiel zu dem gewaltigen Kanonen-Donner-Konzert am 1. September bei Sedan, dessen Schlußakkord die Ge fangennahme Napoleons bildete. Eine harte Arbeit lag dem Kronprinzen noch bei der Belagerung von Paris ob. Mit welch' freudigem Gefühl derselbe am 18. Januar 1871 im Versailler Schlosse der von seinem Vater Johann zuerst angeregten Kaiserproklamation beiwohnte, läßt der vor erwähnte Brief aus Schleswig-Holstein schließen. Nach Friedensschlnß richtete der erste deutsche Kaiser herzliche Worte an den heldenmüthigen Prinzen. Die Ansprache schloß mit den Worten: „An den Erfolgen der deutschen Waffen haben Ew. Königliche Hoheit als Korps- und Armeekommandeur, unterstützt von Ihrem Königlichen Bruder Georg, einen ebenso großen als wirksamen An theil." — So kann Albert seinen ruhmbekränzten Ahn herren Friedrich dem Streitbaren, Albrecht dem Beherzten, Kurfürst Moritz und dem Türkenbezwinger Johann Georg lll. ebenbürtig zur Seite gestellt werden. Sein Feldherrngenie hat ihm mit scharfer Klinge ein unverlöschliches Ehren- zeugniß in die ehernen Tafeln der deutschen Heldengeschichte eingeschrieben, und der hochselige Kaiser Wilhelm l. hat dies Ruhmesattest bestätigt durch die Ernennung zum Generalfeldmarschall. Was Albert als solcher mit erbaut, des Reiches festes Gefüge, das hat er als König behütet und beschirmt. Gemäß dem ihm in seiner Jugend von seinem Vater gegebenen Worte: „Sei treu und beharrlich" hat er jederzeit unbeirrt an dem Reichsgedanken gehalten. Nach der Thronbesteigung Kaiser Wilhelm ll. rief Albert, dem Kaiser Friedrich seinen Sohn besonders ans Herz gelegt, die deutschen Fürsten zusammen, damit sie durch persönliche Theilnahme an der Eröffnung des ersten deutschen Reichstags unter dem neuen Kaiser der Welt zeigten, daß die deutschen Stämme nach wie vor gesonnen seien, alle für einen und einer für alle, zusammenzustehen und Treue zu halten dem jungen Kaiser wieijeinen beiden Vorgängern. Am 29. Oktober 1873 wurde Albert durch den Tod seines Vaters, des König Johann, auf den sächsischen Königs thron berufen. Bei seinem Regierungsantritte gelobte er in öffentlicher Proklamation „allezeit die Handhabung von Recht und Gerechtigkeit, die Beförderung der Wohlfahrt und des Besten des Landes in väterlicher Fürsorge". Wie König Albert sein Versprechen herrlich eingelöst, des sind wir alle Zeugen. Zunächst galt es, die schon unter König Johann beschlossene, neue Verwaltung des Landes durch Kreis- und Amtshauptmannschaften einzurichten. Der weitere Ausbau derselben hat in den letzten Jahren zu der Errichtung der 5. Kreishauptmannschaft „Chemnitz" geführt. Dann bereiste er fleißig bald diesen, bald jenen Theil seines Königreiches, um selbst zu sehen und zu hören, wie es um Land und Leute stand. Selbst das denkbar ungünstigste Wetter, wie 1883 zur Ausstellung in Dippoldiswalde, hielt ihn nicht von dem einmal zugesagten Erscheinen zurück. Seiner landesväterlichen Fürsorge ersreute sich Stadt und Land. Wie behaglich und wohlgepslegt liegen die Dörfer zwischen fruchtbaren Ackergefilden, wie stattlich nehmen sich die Städte mit ihren schmucken Bürgerhäusern aus, wie gern besucht werden die idyllischen Sommerfrischen auf den weitschau enden Höhen und in den lieblichen Thälern des Erzge birges! Aber erst die großen Städte! Wie strecken und dehnen sie sich kraft der Industrie und des Handels! In ausgedehnten Fabriken rasseln die Maschinen, surren die Spindeln, fliegen die Webschützen, schrillen die Sägen. Wie nahrungzuftthrende Blutadern den menschlichen Kör per, so durchzieht das Eisenbahnnetz in immer dichteren Maschen alle Theile des Landes, und nur noch die zwei Städtchen Liebstadt und Wildenfels harren des belebenden und ausgleichcnden Anschlusses. Mit König Alberts Re gierungsantritt kam auch das neue Volksschulgesetz zur Durchführung mit Neugründung der Fortbildungsschule. Letztere gab Veranlassung zur Eröffnung von Fachschulen, an denen unter den deutschen Staaten Sachsen mit am reichsten ist, die den verschiedensten Handwerken gute Dienste leisten und von Alberts Regierung auf das Wohl wollendste unterstützt worden sind. Welche Bedeutung diesen Unterrichtsanstalten von Albert selbst zuerkannt worden ist, hat die Uhrmacherschule in Glashütte letzthin erst in anerkennenster Weise erfahre» können. Nicht minder erfreuten sich die höheren Schulen bis hinauf zur Universität königlicher Huld, und wenn Albert in Leipzig verweilte, hörte er stets einige Vorträge der berühmtesten Professoren. Wie freudig erstrahlte sein königliches Auge, als 1889 zum Wettinfeste alle Landestheile die durch schwere Wochentagsarbeit hervorgebrachten Erzeugnisse in festlichem, nicht enden wollenden Zuge an ihm und seinen