Volltext Seite (XML)
----- Dresdner Aonrnal Nr. 236 1912. Ankündigungen: Die Ifpaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile SO Pf., die Lspaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 7b Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 150 Pf. PreiSermäßigg. auf Gefchüftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. MnrgNch Sächsische* Staatsairzeigev. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Zeitweise Nebenblitler: Lmürtag-beila-e, Shuodalbellag«, Ziehungslisten der Berwaktung der K. S. Staatsschulden und der K. S. Land« und LanveSkulturrentenbank-Verwaltung, Übersicht der ktmiahmrn und Ausgabe» der LlmdeS-Brandversicherung-anstalt, Übersicht« der K. S. Statistischen Laude-amts über Ein- und Rückzahlungen bei den Sparkassen, Grundsätzliche Entscheidungen des S. S. LandeSverstchermrgsamts, BerkaufsUste von Hol;pflanzen auf d« K. S. StaatSforstrevieren. > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. < Mittwoch, 9. Oktober Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten S Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 129b, Redaktion Nr. 4,74. Die Gesandten ^on Österreich-Ungarn und Rußland Hide» gestern in Sofia und Belgrad gemeinsam die mischen den Großmächten vereinbarte Note überreicht. Bulgarien hat beschlossen, die Antwort auf diese« Schritt su»,»setze». Bei der französische» Regierung ist die amtliche Be- fiitigung der Kriegserklärung Montenegros an die Türkei kingtgangeu. Zn Mazedonien ist der Belagerungszustand erklärt mrdkn. * z» einem Speicher in Tambiko in Mexiko erfolgte tiiic Explosion, bei der eine größere Anzahl Menschen gklöttt wurden. 22 Leichen find bisher geborgen. * Beim Einsturz eines Baugerüstes in Buenos Aires wurde» 27 Arbeiter verletzt. Amtlicher Teil. Uiuistrrium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Oberlehrern Carl Viktor Franke, Friedrich Hermann Thielemann und Otto Oswald Wolf anläßlich ihres Übertrittes in den Ruhestand das Verdienstkreuz zu ver leihen. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Straßen- und Wasserbau-Verwaltung. Versetzt: Pseifser, Flußaufseher beim Straßen- und Wasser-Bauamt Plauen, zum Straßen- und Wasser-Bauamt Pirna I. — Verstorben: Lberbaurat Ringel bei der Wasser-Baudireltion. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil.) Nichtamtlicher Teil. Deutsches Reich. Vom Kaiserlichen Hofe. Königsberg i. Pr., 8. Oktober. Die Kaiser lichen Herrschaften sind kurz vör ^1 Uhr im Hof zuge hier eingetroffen. Se. Majestät der Kaiser be gab sich zur Kaserne des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreußisches), wo er das Früh stück im Kreise der Offiziere einnahm. Die Straßen tragen Flaggenschmuck. Auch die Schiffe im Hafen haben über die Toppen geflaggt. Um 3 Uhr 15 Min. traten Ihre Majestäten die Reise nach Cadinen an, wo sie um 6 Uhr 25 Min. eintrafen. Parlamentarisches aus Bayern. Die Mainkanalisierung in der Kammer der Abgeordneten. München, 8. Oktober. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten stand ein Nachtrag zum Budget für 1912/13 auf der Tagesordnung, für die Kanalisierung des Main von Hanau bis Aschaffen burg und die Errichtung einer Umschlagsanlage bei Leider als erste Rate 3 Mill. M. zu bewilligen. Diese 3 Mill, sollen auf allgemeine Staatsanleihen übernommen werden, die sich um den genannten Betrag auf46 338 430 M. erhöhen. Gleichzeitig ist ein Antrag vr. Casselmann (liberal) und Genossen eingegangen, die Regieruna zu er suchen, die Frage der Mainkanalisierung über Aschaffen burg hinaus aus das energischste zu fördern. Abg. Hübsch (liberal) verlangte, daß alle Zuge ständnisse, die Preußen an Bayern jetzt gemacht habe, durch Gesetz festgelegt würden, damit Bayern keinen Schaden erleide für den Fall, daß Artikel 2 des Schiffahrtsabgabengesetzes nicht zur Durchführung komme. Sonst könnte Preußen Bayern ganz empfindlich schädigen dadurch, daß es auf dem Untermain Abgaben einsühre, welche die Vorteile für den kanalisierten Obermain vollkommen aufheben. Man solle auch die Kanalisierung bis Bamberg im Auge behalten, für die auch Prinz Ludwig immer eingetreten sei. Abg. Hartmann (Deutscher Bauernbund) trat ebenfalls für eine baldige Weiterführung des Kanals über Aschaffen burg hinaus bis Bamberg ein. Abg. Osel (Z.) begrüßte namens seiner Partei die Vorlage, betonte aber, weil der Verkehr auf der zu bauenden Strecke hauptsächlich Waren aus Preußen bringen und hauptsächlich den rheinischen Kohlenabsatz fördern werde, müsse auch die Entwicklung des Ausfuhrhandels ins Ange gefaßt werden. Abg. Säckler (soz.) stimmte namens seiner Partei der Vorlage zu und erklärte ferner seine Zustimmung zu dem Anträge Casselmann auf Wetterführung der Kanalisierung über Aschaffenburg hinaus. Abg. Häberlein (lib.) begrüßte die Vorlage als den Anfang zn einer großzügigen Wasser- straßenpolitik, wodurch eine Erleichterung des Güter austausches cinträte. Minister Frhr. v. Soden gab der Hoffnung Aus druck, daß beide Kammern des Landtages dem großen Werke, dessen Wirkungen erst voll eintreten würden, wenn auch die preußische Strecke von Offenbach bis Hanau kanalisiert sei, ihre Zustimmung gäben. Er glaube sicher, daß im preußischen Landtage dieser Teil der Kanalisierung die Zustimmung finde, und er hoffe, daß das Schifsahrts- abgabengesetz in Artikel 2 möglichst bald in Kraft trete. Bei der im Anträge Casselmann verlangten raschen Förderung der weiteren Kanalisierung handle es sich nm die sehr wichtige Frage, die man aber heute noch nicht beantworten könne, wie weit schon jetzt Schritte in Aus sicht zu nehmen seien, um den Wünschen der Wetter führung Rechnung zu tragen. Die Mainkaualisicrung sei jedoch der erste Schritt, um wertere Pläne zur Aus führung zu bringen. Die Nachtragssorderung wurde darauf bewilligt und der Antrag Casselmann angenommen. * Die in Berlin am 8. Oktober ausgegebene Nr. 54 des Reichs-Gesetzblattes enthält: Bekanntmachung vom 27. Sep tember 1912, betreffend die Inkraftsetzung des am 4. Mai 1910 in Paris unterzeichneten Abkommens zur Bekämpfung der Ver breitung unzüchtiger Veröffentlichungen in Island und den däni schen Antillen, sowie Bekanntmachung vom 27. Septeniber 1912, betreffend die dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. Koloniales. Zum veutsch-französische» Afrikaabkommen. Paris, 8. Oktober. Das „Amtsblatt" wird morgen zwei Dekrete veröffentlichen, durch welche der Erklärung be treffend die Grenzfestsetzung zwischen Französisch- Äquatorial-Afrika und Kamerun sowie der Erklä rung betreffend die Grenzfestsetzung zwischen den französischen Besitzungen in Dahomcy und Sudan und dem deutschen Togogebiet die Zustimmung erteilt wird. Beide Erklärungen sind am 28. September d. I. in Paris von Frankreich und Deutschland unterzeichnet worden. Ausland. Die NachNagsmiMLrkredite im österreichischen Ministerrake. Wien, 8. Oktober. Heute abend fand ein gemein samer Ministerrat statt, in dem die Nachtragsforderung des Kriegsministers, wie es heißt 250 Mill. Kronen für die Ausrüstung des Heeres, zur Beratung stand. Die Verhandlungen der österreichischen Delegation. Wien, 8. Oktober. Die Österreichische Delegation setzte die Verhandlungen über das Budget des Ministeriums des Äußern fort. Der tschechische Sozialdemokrat Tüsar erklärte, die Schuld an der Balkanlage tragen die Großmächte, die ohne eine Berechtigung für die Erhaltung der Türkei mit ihrer Verwaltungsmißwirtschast eintreten. Redner sprach sich unbedingt gegen jeden Krieg aus. Die Zukunft Österreichs liege innerhalb seiner Grenzen, nicht außerhalb derselben. Abg. Lecher erhoffte eine Ent spannung von dem bevorstehenden Friedensschlüsse zwischen Italien und der Türkei. Redner sprach sich gegen eine Intervention zugunsten der katholischen Albaner aus und warnte davor, das Vorgehen der Balkanstaaten als eine Art Kreuzzug aufzufassen. Die Politik der Monarchie dürfe sich nicht ausschließlich in den Dienst derslawischen Aspirationen stellen. Romanczuk führte aus, man solle den Balkanvölkern den Balkan überlassen, ihnen solle die Erkenntnis bei gebracht werden, daß sie in Osterreich-Ungarn einen mächtigen aber uneigennützigen und zuverlässigen Freund besitzen. Frhr. Glanz v. Eicha erklärte, daß in dem bevorstehenden Besihwechsel in Tripolis ein Ereignis sich vollziehe, das dem Fortschritte von Zivilisation und Kultur zuträglich sei. Klofac erklärte, Österreich-Ungarn hätte die Fehler der russischen Diplomatie benützen müssen, um den Emanzipationsprozeß der Balkanvölker unter dem Protektorat Österreich - Ungarns durchzuführen. Degasperi trat für eine liberale Behandlung der Italiener in Österreich ei», was eine Festigung des Bündnisverhältnisses herbeiführen werde. Nemec be schwerte sich über die schlechte Behandlung der tschechischen Arbeiter in Preußen. Udrzal führte aus, die Haupt ursache der gegenwärtigen kritischen Lage sei, daß die Balkanstaatcn die unerträglichen Lasten des bewaffneten Friedens nicht länger aushalten könnten. Dit bosnischen Vorlagen im Viereransschuh der nngarifchen Delegation. Wien, 8. Oktober. Der Viererausschnß der Un garischen Delegation nahm die bosnischen Vor lagen an. Fittanzminister Ritter v. BilinSki erklärte im Laufe der Debatte: Seit der Annexion ist soviel für Bosnien geschehen und die Zugehörigkeit zur Dynastie der Monarchie ist so gekräftigt, daß wir mit Beruhigung in die Zukunft blicken können, weil uns in dem Lande nichts geschehen kann. Diese Sicherheit wird um so kräftiger werden, je mehr dieses Land gefördert und sein Reichtum gesteigert wird. Rückkehr Tfasonows. Berlin, 8. Oktober. Der russische Minister des Äußern, Ssasonow, ist heute abend nach St. Peters burg abgrrcist. Die Balkankrisis. Die Intervention der Großmächte. Paris, 8. Oktober. Die „Agence Havas" veröffent licht den Text der Note, die heute den Balkanstaatcn durch die Vertreter Rußlands und Österreichs überreicht worden ist. Die Regierungen von Rußland und Österreich erklären darin den Balkanstaatcn 1. daß die Mächte jede Maßregel, die geeignet wäre, eine Störung des Friedens herbcizuführen, energisch mißbilligen, 2. daß sie gestützt auf den Artikel 23 des Berliner Vertrages die Verwirk lichung der Reformen in der Verwaltung der europäischen Türkei im Interesse der Bevölkerungen in die Hand nehmen werden, wobei es sich verstehe, daß die Reformen keine Verletzung der Oberhoheit des Sultans und der territorialen Integrität des ottomanischen Kaiserreiches mit sich bringen. Diese Erklärung behält übrigens den Mächten die Freiheit zu einer weiteren gemeinschaftlichen Prüfung der Neforiufrage vor. 3. Sollte trotzdem der Krieg zwischen den Balkanstaaten und dem türkischen Reiche ausbrechen, so werden die Mächte beim Ausgang des Kampfes keine Änderung des territorialen <zuo der europäischen Türkei zulassen. Die Mächte werden bei der Pforte gemeinsame Schritte im Sinne der vorstehenden Erklärung unternehmen. Eine weitere Note der „Agence Havas" besagt: Nach einer neuen Prüfung teilte die großbritannische Regierung dem Ministerpräsidenten Poincare mit, sie willige ein, daß der Schritt bei der Pforte gemeinsam durch die Botschafter der fünf Mächte geschehe. Die verschiedenen Negierungen seien alsbald verständigt worden. Sofia, 8. Oktober. Die Gesandten von Oster reich-Ungarn und Rußland haben heute mittag ge meinsam im Namen der Mächte den verabredeten Schritt unternommen. Hierauf trat der bulgarische Ministerrat zur Beratung über die Antwort zusammen. Belgrad, 8. Oktober. Heute nachmittag erschienen der österreichisch-ungarische Gesandte v. Ugron und der russische Gesandte v. Hartwig als Mandatare der Signatarmächte des Berliner Vertrages beim Minister präsidenten Pasitsch und unternahmen einen Schritt im Sinne der zwischen Poincars und Ssasonow getroffenen Vereinbarung. Sofia, 8. Oktober. Gegen 5 Uhr begann der Ministerrat, an dem auch der Scbranjepräsident Danew teilnahm, über die Antwort auf die heutige Mitteilung der Mächte zu beraten. Er fand nicht unter Vorsitz des Königs statt. Der Ministerrat beschloß nach vierstündiger Verhandlung, die Antwort auf den Kollektivschritt der Mächte auszusetzen, offenbar in der Absicht, sich zuerst mit den verbündeten Balkanstaaten zu verständigen. Die Balkanfrage im englischen Oberhause. London, 8. Oktober. Oberhaus. Lord Lansdowne fragte nach den letzten Nachrichten über die Balkankrise und ob die jetzt zur Erörterung stehenden Reformen auf den Art. 23 des Berliner Vertrags gegründet und in allgemeine Übereinstimmung gebracht werden sollten mit dem Reformplan, der als maßgebend für Ostrumelien be-