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Wochenblatt M Ar Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 344. Reichenbrand, Siegmar, Nenstadt, Rabenstein nnd Rottlnff. All 31. Sonnabend, den 7. August 1SV9. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition tReichenbrand, Nrvoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Psg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Auzcigcn-Annahmc in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags S Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Bereinöinserate müssen bis Freitags nachmittags 2 Uhr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Bekanntmachung. Am 1. August d. I. war der 2. Termin der diesjährigen Grundsteuer fällig und ist spätestens bis zum 10. August d. I. Reichenbrand, an/ 5. August 1909. ^ ^ Der Gcmeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß der hiesige Gemeinderat zur Besichtigung von Wohnungen usw. Herrn Privatmann Karl Backhaus an Stelle des Herrn Arthur Rößler als Wohnungspfleger gewählt hat. Herr Backhaus ist heute als solcher in Pflicht genommen und mit Ausweis versehen worden. Neustadt, den 6. August 1909. Der Gcmcindcrat. Geißler, Gemeindevorstand. Meldungen im Fundamt Rabenstein. Gefunden: I goldenes Anhängsel. Der Gcmeindevorstand zu Rabenstcin. Bekanntmachung. Am l. August dieses Jahres ist der zweite Termin der staatlichen Grundsteuer mit 2 Pfg. für jede Steuereinheit fällig. Diese Steuer ist bis spätestens zum 10. August 1909 an die^hiesig^Ortssteuer-Emnahme abzuführm. ^ ck ' h emgeleitet^ werden. ^ ^ 1999. Der Gemcindevorstand. Geißler. Bekanntmachung, LMtagsmhl betr. Nach § 10 unter k des Landtagswahlgesetzcs sind vom Stimmrecht ausgeschlossene Personen, die bei Abschluß der Wählerliste — 12. Oktober 1909 — mit den seit länger als ein Jahr fälligen direkten Staats- oder Gemeindesteuern im Rückstände sind. Mit Rücksicht auf diese Bestimmung wird Allen, die es angeht, anheim gegeben, die Steuerreste aus der Zeit vor dem 12. Oktober 1908 so recht zeitig zu bezahlen, daß ihre Aufnahme in die Wählerliste noch erfolgen kann. Neustadt, den 6. August 1909. Der Gemeindevorstand. Geißler. Bericht über die Sitzung des Gemcinderates zU Rottluff am 30. Juli 1909. Vorsitzender: Gcmeindevorstand Geißler. 1. Das Kollegium nimmt Kenntnis: .-») von der Verpflichtung des Hausschlächters Meyer als Freibank-Verkäufer; b) von der Regelung der Kautionshinterlegung seitens des Vorsitzenden; c) von der amtshauptmannschaftlichen Entscheidung, Heranziehung von Fuhr werksbesitzern zu den Unterhaltungskosten der Bahnhosstraße bctr.; «l) von dem am 4. August erfolgenden Urlaubsantritte des Gemeinde vorstandes. 2. Ein Vau-Dispensationsgesuch wird befürwortet. 3. Zu einem Gesuche um Uebertragung der Konzession zum Kleinhandel mit Branntwein wird die Anerkennung der Bedürfnis frage befürwortet. 4. Einige Anträge von hiesigen Grundstücksbesitzern auf Be seitigung von Straßenbäumen werden zum Teil abgelehnt, zum Teil zurückgestcllk und in einer anderen dergleichen Sache wird entsprechender Beschluß gefaßt. ?d ^ubau der sogen. Drechsler'schen Bachbrücke überträgt 8. Der Teilbebauungsplan soll rnmmehr. jedoch unter einigen Voraussetzungen, bei der Königlichen Amtshauptmannschaft zur Ge nehmigung eingereicht werden. 9. Von einer Eingabe des hiesigen Ortsvereins, das Ortsstatut betr., nimmt man Kenntnis. 10. Punkt eignet sich nicht zur Veröffentlichung. Reichenbrand. Die für das Gauturnfest erforderlichen Vor bereitungen sind bereits getroffen und verspricht dieses Fest ein sehr glänzendes zu werden. Arber 300 Tnrnern wird von Seiten der hiesigen Einwohnerschaft bereitwilligst Obdach gewährt. Ein dauerndes Andenken wird die zum Feste erscheinende Festzeitung bieten, deren Inhalt ein sehr reichhaltiger werden wird. Dieselbe wird auch einen Inseratenteil enthalten und wird den hiesigen Geschäftsleuten, soweit sie nicht darum angegangen worden sind, das Inserieren in dieser Festzeitung im Interesse der guten Sache angelegentlichst empfohlen. Inserate hierfür werden in der Expedition des „Wochenblattes" gern entgegengenommen. Reichenbrand. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohner meldeamts betrug die überschriebene Einwohnerzahl am 30. Juni 1909 : 3846 Im Iuli wurden 63 Zuzüge mit einer Personenzahl von 92 und 42 Fortzüge mit einer Personenzahl von 89 gemeldet, sodaß die derzeitige Einwohnerzahl unter Zurechnung von 13 Geburts und Abrechnung von 4 Sterbefällen 3857 beträgt. Amzüge wurden 24 gemeldet. Reichcnbrarrd. Bei der hiesigen Gemeindesparkasse erfolgten im Juli d. I. 244 Einzahlungen im Betrage von 42641 Mark 41 Pfg. 76 Rückzahlungen im Betrage von 22738 Mk. 64 Pfg. Die Gesamtein nahme betrug 80398 Mk. 39 Pfg., die Gesamtausgabe 72288 Mk. 29 Pf., und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 8110 Mk. 10 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Juli 1909 beziffert sich auf 162686 Mk. 68 Pfg. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage vormittags von 8—12 Uhr und nachm, von 2—6 Uhr geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit S'/L°/o und solche, welche bis zum 3. eines Monats erfolgen, noch für den vollen Monat ve^inst. Alle Einlagen werden streng geheim behandelt. Neustadt. Bei der hiesigen Sparkaffe wurden im Monat Juli 1909 223 Einzahlungen im Betrage von 44162 Mk. 05 Pf. und 48 Rückzahlungen im Bettage von 16002 Mk. 69 Pf. geleistet. Eröffnet wurden 45 neue Konten. Die Gesamteinnahme betrug 72299 Mk. 12 Pf., die Gesamtausgabe 69612 Mk. 22 Pf. und der bare Kaffen- bestand am Schluffe des Monats 2686 Mk. 90 Pf. Der gesamte Geldumsatz im Moi at Juli beziffert sich auf 141911 Mk. 34 Pf. Ravenstein. Während der diesjährigen Herbstmanöver hat die Gemeinde an Einquartierung zu erwarten: vom 11. bis 17. September 6 Offiziere. 20 Mann, 17 Pferde und außerdem am 17. September 17 Offiziere. 274 Wann. 88 Pferde. Rabenstein. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohnermelde- Monate Juli d. Js. 231 Einzahlungen im Bettage von 38969 Mk. 3S377 Ak ' 12' Pfg. ^ Eröffnet wurden 2«? ncue^Konten. geschloffen — Konten. Zinsbar angelegt wurden 33357 Mark. Die Gesamtein nahme betrug 54042 Mk. 29 Pfg., die Gesamtausgabe 72157 Mk. 73 Pfg., und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 10-11 Mk 61 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Juli beziffert sich auf 145357 Mk. 07 Pf. ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ Bernhard von der Eiche. Von der Höhe, auf der Mon Repos lag, schimmerte ein Licht herüber. Kam es aus dem Zimmer Irmgards? Wachte auch sie noch um diese Stunde? Der Hochofenchef ging ins Haus. Er schloß die Tür zum Balkon; eine bleierne Müdigkeit warf ihn bald darauf auf sein Bett. Fester, gesunder Schlaf löste seine Glieder, ihm neue Kraft zu seinem anstrengenden Beruf gebend. — Luise hatte nie geglaubt, daß sie sich fern vom Elternhause so glücklich fühlen würde. Der Amtsrichter dankte Ines für die Empfehlung des trefflichen Mädchens. Obgleich er seine Frau sehr vermißte, war er mit der Stellvcrtreterin derselben zuftieden, ihm fehlte nichts an der gewohnten Be haglichkeit. Ines besuchte die Freundin oft. Der joviale, ältere Herr neckte sie und Luise gar gern, und die beiden jungen Menschen brachten so viel Frische mit sich, daß Herr Grünwald sich selbst wieder jung werden fühlte. AeltereLeute haben fast immer eine Borliebe für diejenige», die noch im Mai des Lebens stehen, die eigene Jugend scheint im Umgang mit ihnen aufzuerstehen. So ging es auch dem Fünfziger. Die beiden jüngsteil Kinder, zwei kleine Mädchen, hatten sich schnell an Luise geschloffen. Eins der Blondköpfchen war immer neben ihr, oft beide. Ihr sanfte, aber dabei bestimmte Art, war die rechte, und durch ihre Fröhlichkeit, ihr Eingehen auf die Interessen der Ander, gewann sie sich die kleinen Herzen. Es kam jetzt oft so, daß Bernhard die Abende im gast lichen Hause des Amtsrichters zubrachte. Er mochte nicht allein bleiben, wenn seine Schwester bei der Freundin war; er hatte sich so sehr an Ines Gesellschaft gewöhnt. Er brauchte jemand, mit dem er über die Vorkommnisse des Tages sprach. Nach und nach tat er es auch mit Luise, sie war älter und ernster als die Schwester, und sie ging mehr in die Tiefe der Dinge. „Sie sind wie ein guter Freund," sagte Bernhard eines Tages, „ich glaube, man könnte in jeder Lebenslage auf Sie rechnen." Liebliches Rot stieg Luise ins Gesicht. „Das können Sie, Herr Baron," versetzte sie leuchtenden Auges. „Menschen sollen sich einander helfen, wenn auch nur dadurch, daß man auf ihre Interessen eingeht, und ihnen ein offenes Ohr und Auge entgegenbringt. Als ich hierher kam, war mir alles fremd, was auf das Hochofenwerk Bezug hat, jetzt nehme ich lebhaften Anteil an deni Betrieb und an allein, was dort geschieht. Es ist ja hier am Ort der Hauptfaktor, alles dreht sich darum. Die vielen Arbeiter werden durch das Werk ernährt; Ihre Assistenten, die kaufmännische Branche, die Meister und Aufseher kommen mir wie eine große Familie vor, deren Oberhaupt Sie sind." „Sehr schmeichelhaft, mein Fräulein, aber es gibt noch viele Uebelstände, die ich beseitigen möchte. Manches böse Element unter den Arbeitern möchte ich ausmerzen und vieles bessern; ich hoffe, es yeht mit der Zeit." Generaldirektor Müller rieb sich vergnügt die Hände. Er schöpfte wieder Mut, daß die fast aussichtslos scheinende Sache mit den Rößlinger Hochöfen doch noch ins rechte Gleis kommen werde. Es war eine Herkulesarbeit, die Bernhard von der Eiche bei der Annahme seiner Stelle als Chef auf seine Schultern genommen hatte, aber auch er sagte sich freudig, daß es Licht zu werden anfing. Ein alter Ofen war abgetragen, die beiden von Eiche angelegten Ocfen waren nahezu vollendet, und er wußte, daß sie leistungsfähiger sein mußten. Es wurde mit fieberhaftem Eifer daran ge arbeitet. Es sollte das Fest der Einweihung der neuen Oefen stattfinden, sie sollten angeblasen werden, wie es in der technischen Ausdrucksweise heißt. Müller sprach kurz vor Weihnachten mit Irmgard, die als Hauptaktionärin des Werkes ein Recht hatte, zu wissen, wie es um den Betrieb stand. Der Generaldirektor sagte Frau Gerard, daß sie es allein Bernhard von der Eiche zu danken hätte, wenn die stark gesunkenen Rößlinger Aktien jetzt stiegen und gute Dividenden erzielt wurden. „Nicht war, der Herr Baron bekommt am Schluß des Jahres Tantieme?" fragte Irmgard. Und als Müller hejahte, fuhr sie fort: „Ich hoffe, die Tantieme fällt glänzend aus." „Einige tausend Mark werden es wohl sein, gnädige Frau." „Nun, das freut mich. Herr von der Eiche als unser erster Beamter verdient besonders berücksichtigt zu werden." „Schade, daß diese dumme Klausel im Testament des alteii Gerard ihr eine zweite Ehe verbietet," dachte Müller, „die beiden wären ein gutes Paar. Zuweilen scheint es mir, als ob " er vollendete den Satz nur in Gedanken. — Weihnachten kam. Eine hohe Tanne brannte in der Halle von Mon Repos. Die Kinder der Arbeiter staunten die noch nie gesehene Pracht an. Nach und nach wurden sie zutraulicher; lauter Jubel erfüllte den weite» Raum. An diesem Abend war Irmgard Gerard die gute Fee, aus deren Händen die Bübchen und Mägdelein ihre Geschenke erhielten: warme Sachen, Spielzeug, rote Aepsel, Nüsse und braune Lebkuchen. Ein kaum zweijähriger Knirps, ein kleiner Junge mit einem wahren Cherubsgesichtchen, reckte sich nach dem glitzernden Schmuck der Tanne. Da hob die reiche Frau das Kind ans den Arni; etwas sehr Wehes ging wie ein Schwert durch ihre Seele. „Warum habe ich nichts, was mir nahe steht?" dachte sie mit aufquellender Bitterkeit. „So viel Geld, daß ich nicht weiß, wie ich es ausgebcn soll, und keinen Menschen, der zu mir gehört. Artur Frauenfeld liebt mich; hätte doch auch ich ihn lieben können. Ich glaube, ich würde meinen Reichtum aufgeben, ich würde es gern tun, wenn der Rechte käme." Und der, auf dessen Kommen sie im Stillen heute gehofft, er kam nicht, er hielt sich fern. Es lag etwas Absichtliches darin. Als die Lichtchen verlöschten, als die Kinder mit ihren Gaben fort waren, ging Irmgard Gerard in ihr Zimmer. Sie schloß die Tür hinter sich zu, sie konnte heute Fräulein