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TLSahegang. res Donnerstag, 7. Juni 1928 Gegründet 18S6 »«,-tanlchrilt: «>uhrichten »re»den Arrnsprecher-Sammelnummer: SS 241 «ur sür «achtgesprich«; 20 Oll grr Zustellung sret Haus 1.10 Mark. VöAUg5^Äö!)Ü^r «oftbejuASpreiS für Monat^mil^.sS^Mart ^h»e^öost,ustellung«gebühr. Die »nseigen werden nach »oldmarl berechnet: die einspaltige 30 mm breite Zelle er>^ir^. 3» «kg., für auSwLrt» «0 «sg. Famillenansetgen und Stellengesuche ohne Rabatt Änzetgen-Pretie. I» D,g., -ußerh-lb b» Vfg-, die »0 mm oreile ReNamejeile LUU Psg., außerhalb «50 «sg. vfsertengcbühr 30 «fg. Auswärtige Aufträge gegen Borausbczahlung. Schristleltung und Haupigeschäftistell«! Marienstraste 33/42 Druck und «erlag von Liepsch L Reichardt in Dresden Postscheck-stonto 1068 Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe (.Dresdner Nachr.'l »ulLssig. — Unverlangte Schriftstücke werden nicht aufbcwahrt. Sie Verhandlungen Sachsen-Thüringen. Auf dem Wege zur Berwaltungsgemeiuschaft. — Eine Erklärung der sächsischen Regierung. Im Sächsischen Landtag brachte heute der Aba. Kautsch <Soz.j eine Anfrage seiner Fraktion ein über die Bildung von Derwallungsgemeinschaslen zwischen Sachsen und Thüringen. Nach einer bisher unwidersprochenen Pressemeldung würden zurzeit -wischen den Ländern Sachsen und Thüringen „erneute Verhandlungen geführt über die Bildung von Ver- waltungögemetnschaften beider Länder". Der Redner ersucht die Regierung um Auskunft über Art, Umfang, Stand und Zweck dieser Verhandlungen. Er erinnert an den unlängst erfolgten Gebietsaustausch zwischen Sachsen und Thüringen, -er etn Stück veralteter Kabinettspolttik gewesen sei. Diese Erfahrung müsse seine Partei noch mißtrauischer machen. Die Regierung hülle sich in Schweigen. Man müsse dieser Ne gierung, die keine Mehrheit hinter sich habe, das Mandat be streiten, überhaupt noch tiefgreifende Veränderungen im Verwaltungskörper durchzuführen. Es handle sich hier nicht Grenzen niedergelegt worden, eine Grenzverschiebung aber ist in dem ganzen ersten Jahrzehnt der deutschen Republik nur hinsichtlich der wenigen doppelstaatlichen Gemeinden an der sächsisch-thüringischen Landesgrenze eingctreten. obwohl auch anderwärts Grenzverschiebungen wirtschaftliche Vorteile bringen könnten. Auf Grund dieser Erfahrungen wirb man. wenigstens solange als Preußen die Geschlossenheit seines Terri- tortums aufrecht erhält und die süddeutschen Länder bei ihrer gegenwärtigen Einstellung zum Problem des Einheitsstaates verharren, die innere Organisation Deutschlands mit Aussicht auf Erfolg nur innerhalb der historischen Grenzen verbessern können. Die Bestrebungen um Verbilligung und Verbesserung der Verwaltung dürfen aber nicht an den Landesgrenzen halt machen. Durch die Begründung von Berwaltungsgcmcinschaften kann unter Verminderung der Kosten etn höherer Nutzen der um eine Förderung der Entwicklung zum Einheitsstaat, im öffentlichen Verwaltung erzielt werden auch ohne daß die Gegenteil sollten dem Einheitsstaat Knüppel in die Beine geworfen werden. Der Landtag müsse Wert darauf legen, baß er bei solchen Fragen nicht ausgeschaltet werde. Auch die Bevölkerung der betroffenen Gebietsteile müsse gefragt werden. «ttniskrrprWdeur Seldl erklärt hierzu folgendes: Ich glaube, daß die sozialdemo kratische Fraktion, die nach den Worten des Vorredners deu Fortschritt will, die Schritte der sächsischen Regierung in dieser Angelegenheit billigen wird. Ich bin mir aber mit allen Parteien darüber einig, wenn ich hier sage, baß cs sich um eine Angelegenheit sehr diffiziler Natur handelt und daß'man infolgedessen damit erst an die Oeffcntltchkeit treten kann, wenn man mit den anderen Staaten zu irgendeinem greifbaren Ergebnis gekommen ist. Solange dies nicht der Fall ist. hat rS gar keine» Wert, die Oesscntlichkcit damit z« befasse«, wenn man nicht riskieren will, die angebahnten Ver handlungen glatt z« zerschlagen «nd dem Fortschritt unüber windliche Steine in den Weg zu rollen. Nachdem die Grenz- berichtignngen zwischen Sachsen nnd Thüringen beschlossen »ordcn find, werden wir natürlich versuchen, im Interesse -er beiden Staaten weitere Vereinfachungen hcrbeiznsiihren. Die Verhandlungen haben in den letzten Tagen zu Vor schlägen für Vereinbarungen geführt, die ich mir gestatte, Ihnen im Nachfolgenden mitzutetlen: Im Anschluß an den Staatsvcrtrag über einen Gebiets austausch zwischen Sachsen und Thüringen, den der Landtag vor einigen Monaten genehmigt hat, haben die thüringische und sächsische Regierung durch dieselben Kommissare, die den Staatsvertrag abgeschlossen haben, über die Bildung von VerwaltungSgemeinfchasten verhandeln lassen. Die sächsische Regierung ist hierbei von solgenden Er wägunge« ausgegangen: So große Fortschritte der Weltkrieg und die Verfassung von Weimar in der Richtung auf den deutschen Einheitsstaat gebracht haben, so besteht doch anderseits kein Zweifel darüber, daß die innere Organisation des einigen Deutschen Reiches nicht befriedigend geregelt ist. Insbesondere sind die inneren Grenzen Deutschlands trotz des Wegfalls der Dynastien im wesentlichen die alten geblieben. Zwar sind durch den Zusammenschluß deutscher Länder und die Be. skitigung der sächsisch-thüringischen Exklaven hie und da Länder die ihnen nach der Reichsverfassung verbliebenen Hoheitsrechte aufgeben müssen. Die auf diesem Wege zu er reichende Annäherung wird die Vereinheitlichung des Rechts in Deutschland fördern und damit die Einheit des Reiches stärken. Solche VerwaltüngSgemrinschasten werden besonders dort ohne Schwierigkeit»« durchgeslchrb werden können, wo die Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen und kulturellen Interessen die Zusammenarbeit -er öffentlichen Behörden zweckmäßig erscheinen läßt. Das ist im Verhältnis zwischen Sachsen und Thüringen der Fall. Decken sich auch nicht die Grenzen beider Länder mit dem mirtschastsgeographischen Gebiete Mittel deutschlands, so wird doch schon viel gewonnen, wenn die überaus zahlreichen gemeinsamen Wirtschaftstntcressen beider Länder nach vorheriger Verständigung gemeinsam vertreten werden. Gleiches gilt von den kulturellen Inter essen. Die Einheit des obersächsischen Kulturkretscs hat niemand lebhafter empfunden als Goethe, obwohl er im Staatsdienste eines kleinen thüringischen Landes gestanden hat, und noch heute teilen alle kulturell interessierten Kreise des deutschen Volkes diese Empfindung, obwohl der obcr- fächsische Kulturkreis infolge der wettinischen Erbteilungen feit Jahrhunderten durch zahlreiche Landesgrenzen zer schnitten wird. Die Kommissare beider Regierungen sind nach längeren Erörterungen und Verhandlungen am letzten Sonnabend dazu gelangt, sich über die Vorschläge zu einigen, die sie ihre» Regierungen unterbreiten wollen. Zwischen der thüringischen «nd der sächsischen Regierung besteht bereits hente Uebereinstimmnug darüber, daß beide Kabinette in nächster Zeit z« einer gemeinsamen Anssprache über diese Vorschläge znsammentrete» werbe«. Die sächsische Regie rung würde es begrüßen, wen« diese Aussprache zu einer Verständigung führen würde, weil sie der Ueberzenqung ist. daß durch VerwaltnngSgemeinschafte« zwischen Sachsen «nd Thüringen die innere Organisation deS Reiches verbessert, die Entwicklung im «nitarjschen Sinne gefördert «nd dabei die Gefahr eines dem deutsche« Wirtschafts- «nd Kultur leben schädlichen Zentralismus vermieden wird. Sobald in der geplanten Aussprache eine Einigung über den Umgang der abzuschließenden BerwaltungSgemeinschaftcn gefunden sein wird, wird die sächsische Regierung dem Landtag die entsprechende Vorlage machen und die Oesscntlichkcit Uber die Einzelheiten der geplanten Verwaltungsgemeinschaften unterrichten. Der Anlauf -er Sozialöemokralie. Lindenburg empfängt morgen -ie Parlel- « führer. Berlin, 7. Juni. Die sozialdemokratischen Parteiführer, die in Köln an der Tagung des Partelausschusses teil genommen haben, treffen heute in Berlin wieder ein. Morgen sollen die politischen Empfänge beim Reichspräsidenten v. Hindenburg beginnen. Diese Besprechungen Htndenburgs mit den Führern aller Parteien haben informatorischen Charakter. Die Bctraunug des Abg. Müller-Franken mit der Kanzlerschaft wird als ziemlich gewiß angesehen. Wie es heißt, soll sie schon am nächsten Dienstag unmittelbar nach dem Rücktritt der Regierung Marx erfolgen. Man glaubt, daß Müller-Franken den Parteiführern lediglich ein vor. läufig ganz eng begrenztes RegiernngSprogramm «nd eine KabinettSliste verlegen wird. Die interfraktionellen Besprechungen würben dann gleich von Anfang an auch personeller Natur sein. Vor. läufig beansprucht die Sozialdemokratie, entgegen den gestrigen Meldungen, vier Portefeuilles, darunter das Kanzleramt, das Ministerium des Innern, das der Finanzen »nd bas der Justiz. Hierbei scheinen sich Schwierig- ketten zu ergeben, die wahrscheinlich die Sozialdemokratie vor die Frage: Finanzen oder Justiz stellen werden. Für die kommenden NcpgrationSverhandlungen möchte man, iwmcntltch in demokratische« Kreise», statt de» Gozialdemo- kraten Hilferding gerne den früheren Reichssinanzminister Dr. Reinhold haben. « Berlin, 7. Juni. Zum Beschluß des Parteiausschusses er klärt der „Vorwärts", er schasse für die kommenden Verhand- lungen freie Bahn. Es sei keineswegs zu erwarten, daß die Reichstagsfraktion, obwohl sie dazu selbstverständlich das Recht habe, eine von der des Parteiausschusses abweichende Haltung einnehmen werde. Ebenso gewiß, daß der von einigen Bezirken gewünschte außerordentliche Parteitag zum gleichen Ergebnis gelangen würde, wie der Parteiausschuß. Darum sei auch von der Einberufung eines außerordentlichen Partei- tages abgesehen worden. Wenn die anderen Parteien, die bet der Bildung der neuen Regierung mttzuwtrkcn berufen seien, mit der „gleichen Aufrichtigkeit und dem gleichen guten Willen ans Werk gingen, so würden die Verhandlungen rasch -um Erfolg führen. Im Parteiausschuß hätte so gut wie Etn. Mittigkeit darüber geherrscht, baß mit einem wvchcnlangcn Hin. und Herzerren und mit mehr oder weniger verwaschenen Formulierungen dem Volk wenig gedient sei. Die neue Regierung solle den Ruck nach links zum Ausdruck bringen, und zwar nicht nur in ihrer persönlichen Zusammensetzung, sondern vor allem auch in ihrer sachlichen Arbeit. Daß die Sozialdemokratie, betont der „Vorwärts", an ihre neue Auf- Labe festem Willen, für die Massen des arbeitenden Volkes herauSzu holen, was herauszuholen ist, h««mgehen wird, fei selbstverständlich. Man würde vielleicht auch bald den Tag erleben können, an dem auch die Kom. in u nisten vor der Wahl stände», entweder für bestimmte Regierungsvorlagen zu stimmen, oder aber sich vor ihren eigenen Wählern gründlich lächerlich zu machen. In Preußen nur für die Weimarer Koalition. Berlin, 7. Juni. Während die Sozialdemokraten gewillt sind, im Reiche an der Bildung einer Großen Koalition sich zu beteiligen, sind sie nicht gewillt, in Preußen die un umschränkte Herrschaft, die sie dort gegenwärtig ausübeu. anf- zugcben. In Preußen wollen sie nichts davon wissen, daß die Weimarer Koalition durch eine Große Koalition ersetzt werde. Mit diesen Absichten der Sozialdemokratie befaßt sich heute das Berliner Zentrumsorgan, die „Germania", und schreibt dazu: Die Eile, mit der die Einberufung des Land tags betrieben und seine baldige Entlastung vorgesehen wurde, kann doch wohl nur den Zweck haben, politische Tat sachen in Preußen zu schaffen, bevor im Reiche die Würfel gefallen sind. Wir können nicht umhin, offen auszusprechen, daß wir ein solches Verfahren für bedenklich und bedauerlich halten würden, denn es wäre nur zu geeignet, die klaren Entscheidungen, die sowohl im Reiche als auch in Preußen im Hinblick ans die möglichst stabile und starke Regierung zu treffen sind, erheblich zu verzögern und zu gefährden. Die preußische Regierung dürfte auch selbst ein Interesse daran haben, ihre parlamentarische Grundlage so bald als möglich zu verbreitern. Die „Germania" spricht die Hoffnung aus, daß die preußische Regierung eine Umbildung der gegen wärtigen Weimarer in eine Große Koalition ins Auge fassen und bald durchführen möge. Allerdings dürfte diese Hoffnung sich als ziemlich trügerisch erweisen: denn nachdem, wie fetzt durchsickcrt, an dem Widerspruch des Zentrums die Personalunion zwischen preußischem sozialdemokrati schen Ministerpräsidenten nnd sozialdemokratischem Reichs kanzler scheiterte, haben die Sozialdemokraten, da sie auch fühlen, daß die Freude im Reiche wahrscheinlich nicht allzu lange dauern wird, das um so größere Bestreben, in Preußen wie bisher, so auch fernerhin fest in der Macht zu bleiben. 78 Deulschnalloriale im Reichstag. Berlin, 7. Juni. Tic ans der Liste des württcmbergischen Bauern- und Weingärtnerbnudcs gewählten 3Abgeordneten und die aus der Liste des sächsischen Landvolkes gewählten 2 Ab geordneten haben sich der dcutschnationalcn Ncichstagsfraktion angeschlossen. Dadurch erhöht sich die Stärke der deutsch- nationalen Fraktion von 73 auf 78 Abgeordnete. Die Genfer Entscheidung über Szent-Goltbar- Genf, 7. Juni. Die heutige zweite Gcheimsttznng des Völkcrbundsratcs über die Berichte des Dreicrausfchuffes zum Zwischenfall von Szcnt-Gotthard «nd zur eventuellen Erweiterung der Befugnisse des Ratspräsidcnten hat über eine Stunde gedauert «nd zu einer Einigung in dem Sinne geführt, daß der Rat in einer Entschließung sein Bedauern über den versuchten Waffcnschmuggel aussprechen wirb. Ferner einigte man sich über einige Aeu- derungcn in dem Bericht über die Befugnisse des Rats» Präsidenten. Trotz der Acnderungcn bleibt irgendein Exe» kntivrecht des Ratspräsidenten auch fernerhin ansgcschloffen. In der für heute nachmittag angesetzten öffentlichen Sitzung dürften trotz dieser formalen Einigung die Ratsmitglieder ihre verschiedenartigen Auffassungen zum Ausdruck bringen. Die gestrige dreistündige Sitzung über die Angelegenheit hat einen überaus stürmischen Charakter getragen und viel fach zu heftigen Zusammenstößen geführt. So soll der rumänische Delegierte persönliche Angriffe gegen den holländische« Außen minister gerichtet haben. Der holländische Außenminister hat diese per sönlichen Angriffe in schärfster Tonart abgewiesen und sich derartige persönliche Bemerkungen auf das Ernsthafteste für die Zukunft verbeten. Entspannung zwischen Belgrad und Rom. Belgrad, 7. Juni. Die Antwort der jugoslawischen Re gierung auf die italienische Note in der Ncttuno-Frage wurde am Mittwochabend dem italienischen Gesandten übergeben, der sie sofort nach Nom übersandte. Der italienische Gesandte erhielt gestern ein Telegramm Mussolinis, der seine Be friedigung über die Antwort der jugoslawischen Regierung ausdrücktc. Gesandter Bodrcro benachrichtigte sofort tele phonisch den Belgrader Außenminister, daß er von seiner Ne- gierung beauftragt sei, seine Befriedigung über die Antwort der jugoslawischen Regierung auszubrücken, und daß Mussolinis Antwort mittels besonderer Note dem Außen ministerium übersandt wird. Bodrero erklärte im Namen Mussolinis, daß nach befriedigender Antwort der jugoslawi schen Regierung die italienische Negierung die durch die Kund gebung hervorgerufcncn Zwischenfälle als betgelegt betrachtet.