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Dresdner Journal : 26.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189611260
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-26
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 26.11.1896
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Für TrctSeo vieneliShrüch bei den Kaiser» ch deutschen Pvstaiislallen vierteljährlich 3 Mark; außer- halb de» Teutschea Reiche« Poß» und Etempelzuschlaa GiuHrlne Nummer»: lv Pf Grschetne«: Täglich mit Autnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr-Anschluß: Nr.»»». Dresdner M Journal. »ntün»i,nn«s,edüdre«: Für den Raum emer gespal tenen Zeile kleiner Schrie «0 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile Sv Ps Be» Tabellen- und Zlffernsatz entsprechender Ausschlag. Her»u««eder: Avnigliche Expedition de» Dresdner Journal« Dre«den, Zwingerstr rv Fernspr -Anschluß: Rr IßßL. M27S 18S6 Donnerstag, den 26. November, abends. ^Nachbestellungen auf das „Dresdner Journal" für den Monat Dezember werden zum Preise von Z5 Pf. an genommen für Dresden: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für aus wärts: bei den Postanstalten des betreffenden Orts zum Preise von 1 M. In Dresden-Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, wo auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und wo, ebenso wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (Personenhauptbhf.), Herrn Kaufmann Simon, Cirkusstr.24 (Ecke Pillnitzer Straße), Herrn Kaufmann Lebr. Wesser, Prager Straße 2 und Frau verw. Siegmeier, Alaunstr. 19, einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Ankündigungen für die Weihnachtszeit finden im Dresdner Aournal" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und Gewerb- treibenden bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. Lönigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Kaufmann Peter Paul Dreßler in Dresden das Prädikat „Hoflieferant Ihrer Majestät der Königin von Sachsen" Allergnädigst zu verleihen geruht. WekannLrnachunq. DaS Ministerium des Innern hat dem Comit« für die Dresdner Pferdeausstellungen auf An suchen zu einer Verloosung von Pferden, Wagen :c. bei Gelegenheit der am 1., 2. und 6. Mai 1897 in Seidnitz beabsichtigten Pferdeausstellung und zum Vertriebe der Loose im Bereiche des Königreichs Sachsen Erlaubniß unter der Bedingung ertheilt, daß die Nummern der gezogenen Gewinne alsbald nach der auf den 3. Mai 1897 anberaumten Ziehung im Dresdner Journal und in der Leipziger Zeitung zu veröffentlichen sind. Dresden, am 11. November 1896. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Gebhardt. Ernennungen, verfetznuge» re. im öffentlichen Dienste. Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zu besetzen: die 2 ständige Lehrerstclle in Zelle bei Aue Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen: lvvv M. Ge halt, wozu die dem Dienstaller des Bewerbers entsprechenden gesetzlichen ANerszulagen und srcic Wohnung, eventuell Wohn ungsemschädigung kommen. Gesuche nebst den erforderlichen Beilagen sind bis IS. Dezember an den Königl. BezirkSschul- inspektor vr. Hanns in Schwarzenberg einzu« eichen Nichtamtlicher Teil. Ter Naumaunsche Kongreß in Erfurt ist gestern geschlossen worden, nachdem sein Zweck, die Gründung wenn auch nicht einer national-sozialen „Partei", so doch wenigstens eines national-sozialen „Vereins" glücklich zu stände gekommen ist. „Die national-soziale Organisation" — höhnt dazu der „Vorwärts" heute — „ist damit geschaffen, die uns Sozialdemokraten das Lebenslicht ausblasen soll. An dem Gelingen dieser löblichen Absicht zweifeln wohl nicht nur unsere Genossen und die übrigen Menschenkinder, sondern auch diejenigen Mit glieder des „National-Sozialen Vereins", die auch nur einigermaßen die wirklichen Strömungen im Volke kennen." Das Behagen, mit dem die Sozialdemokraten die Naumaunsche „Bewegung" von Anfang an verfolgt haben, ist unseres Erachtens durchaus berechtigt und nicht minder ist die steigende Befriedigung völlig er klärlich, mit der die freisinnige Demokratie die Ent Wickelung der national-sozialen Episode begleitet hat. An dem Tage, an dem die Herren, die gestern ihren Verein gegründet haben, ihrem Unternehmen den Nachruf zu schreiben haben werden — der Tag ist vielleicht schon jetzt gar nicht fern —, da werden sie, wenn sie ehrlich sind, als Ergebnis ihrer Thätigkeit fest stellen müssen: Nicht die Spur eines für die All gemeinheit ersprießlichen Wirkens, wohl aber Ver wirrung und Unzufriedenheit in Tausenden von Köpfen, kurz, herrliche Vorarbeit für die Sozialdemokratie. Selbstverständlich ist es, daß angesichts solcher Bundes genossen den sozialen und bürgerlichen Demokraten das Herz vor Freude im Leibe lacht! Was in der Welt können sie sich angenehmeres denken, als wenn Hunderte von Professoren und Pastoren, also Leuten, zu denen unser Volk bisher doch noch mit einer gewissen Ehrfurcht aufgesehen hat, mit ihnen gemeinsame Sache machen und dem Volke vorreden wollen, daß alles, was die Regierung thut, schlecht ist, daß nur die Reichen etwas zu sagen haben, die Armcu unterdrückt werden, daß man als Gebildeter in einer ganzen Reihe von wichtigen Fragen „Schulter an Schulter mit der Sozialdemokratie fechten müsse" rc. „Wir legen Protest dagegen ein, daß man uns nur so la»»" gewähren läßt, so lange man an der Seite des reichen Mannes steht, und abwinkt, wenn auch das Wohl des armen Mannes ge wahrt werden soll" — so ruft Hr. Naumann. „Ein evangelischer Geistlicher kann sein Amt vernach lässigen, da geschieht ihm nichts. Wenn er aber den Armen im Volke helfen will, wird er gemaßregelt", erklärt Hr. v. Gerlach, und in der „Zeit" kann man lesen: „Das deutsche Bürgertum scheint sich in seiner Mehrheit mit der That fache abgefunden zu haben, daß nur gewisse auserwählte Kreise von Fürsten, Grafen und Baronen als berufen gelten, die äußere Politik des Deutschen Reiches zu machen und darüber zu sprechen. Darum kennt der Deutsche Reichstag Debatten großen Stils über die äußere Politik, wie sie z. B. in England auf der Tagesordnung sind, so gut wie gar nicht." Müssen da nicht die Herren Richter und Bebel grün werden vor Neid? Für alle wahren Vaterland-freunde, für alle die jenigen, die gegenüber der sozialen und freisinnigen Demokratie mit ihrer verwerflichen, planmäßigen Ver Hebung unseres Volkes ihre Stellung gefunden Haden, kann der Standpunkt, den sie zu der Naumannschen Vereinsgründung einzunehmen haben weiden, nicht einen Augenblick zweifelhaft sein. Ten einen wie den anderen gegenüber ist die schärfste Bekämpfung ganz ausschließlich am Platze. Aus Konstantinopel wird uns unter dem 21. d. Mts geschrieben: Nach einem dreimonailichen Interregnum wurde vorgestern in der Kaihedrale von Kumkapu unter Beobachtung des für diesen Fall vorgeschriebencn CercmoniellS die Neuwahl des armenischen Patriarchen vorgenommen. DaS aus Geist lichen und Laien bestehende gemischte Konsilium trat unter dem Borsitze des Untcrstaatssekretärs im Auswärtigen Amte Anin Pascha Dodian zusammen, woraus sür die in Vorschlag ge brachten süns Kandidaten die Wahlzelt.l verteilt wurden und nach Absingung einer Hymne mit dem Wahlakte begonnen wurde In armenischen Kreisen machte sich gegen die eventuelle Wahl des boeum tsner-i, der einer der süns Kandidaten war, eine lebhaste Opposition geltend, da er in den Kreisen der Religionegcmeinde insolgc seiner ziemlich anrüchigen Vergangen heil aus der Zeit, als er noch Erzbischof von Brussa war, nichts weniger als beliebt ist Mit umso größerer Besriedignng wurde daher die Nachricht begrüßt, daß der Kandidat der Aotablen der Nation Monsignore Maghalia Ormanian die größte Stimmenzahl erhalten hat und somit in feierlicher Weise zum Patriarchen proklamiert worden ist. Ter nach dem Wahlakte aus gesertigtc und von allen Anwesenden unterzeichnete Mazbata wurde sodann der hohen Psorte unterbreitet und wird von dort dem Sultan zur Kaiserlichen Sanktion unterbreitet, woraus der neue Kirchenfürst von dcmPatriarchensitzcBesitz ergreifen wird Die Wahl ist als eine, vom religiösen wie politischen Standpunkte in hohen, Maße befriedigende zu bctra hten und wird viel dazu beitragen, so manchen der heute noch bestehenden Gegensätze auszugleichen Monsignore Ormanian crsrcut sich auch in außerarmenijchen Kreisen der böchstcn Achtung, er vereint mit einem äußerst versöhnlichen Wesen hervo,ragendc Charakter- rigcnschastcn und tiefes Wissen. Schon im frühesten Alter kam er als zehnjähriger Knabe in daS armenische Kollegium Ando- uian nach Rom, wo er infolge seines Fleißes und einer be sonders entwickelten raschen Auffassungsgabe bald der Liebling feiner Lehrer wurde. Bei seiner später erfolgten Promovicruug zum Doktor der Theologie und des Rechtes waren der damalige Serdar Omer Pascha, die Kardinale und das diplomatische Korps anwesend, die ihn zu seinen geistreichen Dissertationen beglück wünschten. Ganz besonders hervorragend ist sein außerordent liches Sprachtalent; er beherrscht außer sämtlichen Idiomen der Levante, die deutsche, englifche, italienische, sranzösische und lateinische Sprache und genießt als Kanzelreduer einen an erkannten Rus Im Jahre l84l in Konstantinopel geboren, trat er in die gregorianische Kirche im Jahre l87S zur Zeit des damaligen Patriarchen Ner es, dessen Name in letzterer Zeit im Prozesse Apik Effendis wiederholt genannt wurde Wiederholt in hervorragenden Missionen verwendet, wurde er zun, Erzbischose von Erzerum ernannt, zog sich aber später zurück und lebte als Erzabt des armenischen Klosters von Armach gänzlich seinen Studien Durch seine Wahl wird die armenische Frage viel von ihrer bisherigen Schärfe verlieren und sein Ein fluß dürste auch aus das Schicksal der anläßlich der letzten Un ruhen bereit- Verurteilten oder noch zu Brrurleilenden nicht öyne wohlihälige Folgen sein. Jnsolge der Abwesenheit der meisten d.r hiesigen Botschafter ist eine wohlthuende Ruhe eingetreten, von der nur zu wünschen wäre, daß sie auch von Dauer sein möge. Es mangelt deshalb zwar nicht an allerlei beunruhigenden Gerüchten, aber die große Menge ist vernünftig genug und wohl auch hinreichend gewitzigt, denselben keine Bedeutung beizulcgen; auch hat cs nicht verfehlt, einen günstigen Eindruck hcrvorzubringcn, daß die Pforte, dem Verlangen der Mächte Folge gebend, die Thätig keit des außerordentlichen Gcrichthoscs aufhob, sodaß von nun an alle jene, welche anläßlich der letzten Wirren kompro mittiert und noch abzuurteilen sind, vor das gewöhnliche Tribunal gestellt werden. Aus der Pforte gehen die Kommissionsberatungcn der Konsuln der Garantiemächte, denen der sür die Justizresorm aus der Insel Kreta ernannte Kaiserliche Kommissar Costaki Vayanis Effendi präsidiert, ihrem Ende entgegen. Die Kom Mission wird noch ungefähr zwei Sitzungen abhalten, worauf sich Vananis Effendi nach Kreta begiebt In dessen Begleitung wird sich seitens Deutsch'ands, Italiens und Englands je ein höherer Konsulatsbeamter dorthin begeben, um die dortigen Justizverhältnisse zu studieren und mit dem Kaiserlichen Kom missare die Durchführung der Resormen vorzunehmen Deutscher seits schließt sich dieser Mission entweder der hiesige deutsche Generalkonsul Sicmrich oder Vizckonsul Jgen an Die zum Ankäufe von Wassen für die Redifs ein- geleitete Subskription hat bereits begonnen und wird schon in den nächsten Tagen auch in verschiedenen Vilajets eingeleitet werden In Konstantinopel war schon in den ersten zwei Tagen ein Resnliat von nahezu einer Million Koldpiaster zu verzeichnen. Insgesamt rechnet man aus ein Gesamtcrträgnis von SOO Millionen Goldpiastern, d. i. ungefähr 130 Millionen Mark, womit außer der Deckung des Massenbedarfes auch so Kunst und Wissenschaft. Konzert. Der zweite Orchesterabend des Hrn. Jean Louis Nico de, dessen Veranstaltungen, gleichviel ob sie in ihren künstlerischen Tendenzen Zustimmung oder Widerspruch erregen, den Vorzug einer stets fesselnden Physiognomie besitzen, begannen mit Hector Berlioz' Jugend werk, der S^mpkouis pkant«8ticzue. Die sich darin bereits völlig aussprechende Eigenart des vorbildlich gewordenen Meisters der modernen Jnstrumentationskunst, seine glänzenden wie seine schlimmen Eigenschaften sind den heutigen Konzertbesuchern durch so manche Wiederholung vertraut worden und eine kritische Betrachtung über das größte Klanggenie der neueren Musik und speziell über fein Erstlingswerk auf dem Felde der instrumentalen Dichtung käme wahrlich verspätet. Die nähere Bekannt schaft mit Berlioz macht es nur fühlbarer, daß diesem genialen Franzosen die Musik nie zur Muttersprache geworden ist. Er übersetzte seine poetischen Gebilde, mochte er sie erfunden haben oder mochten sie ihm durch Dichterwerke cntgegengebracht werden, in Töne — ein Verfahren, das ihm oft in erstaunlicher Weise zu bedeutenden, ja hin reißenden Wirkungen gedieh. Der Farbenreichtum, den ihm die Klänge boten und über den er, nach Ferd. Hillers treffendem Ausspruch frei und verschwenderisch wie ein stolzer, üppiger Günstling des Glückes zu verfügen verstand, verschleiert doch nur ausnahmsweise das Fehlen frühester musikalischer Erziehung, die zur höheren Reinheit und Schön heit im Gebrauche der Tonsprache befähigt. So werden wir auch in der flestern gehörten Symphonie von poetisch erdachten Einzelhelten — man sehe nur auf die Einleitung und die herrlich phantasievolle Ballszene — gefesselt, ja entzückt, von grotesken Sprüngen und wilden Ausbrüchen einer von rein musikalischen Gesehen sich loslösenden Phantasie abgestoßen Die vom Dirigenten Ver Kritik gegenüber in einem Rundschreiben geäußerte Sorge, das; die Schallverhültnisse im neuen Vereintzhaussaale bei folchen, aus größten instrumentalen ApparatberechnctenTondichtungcn mit der Aufnahmefähigkeit des Hörers in Konflikt kommen könnten, machte der gestrige Eindruck ziemlich gegenstandslos Die getroffenen Vorkehrungen zur Abmilderung der Ton überproduktion und die außerordentliche Mäßigung, welche sich der geistvolle, für derartige Musik geradezu berufene Konzertleiter in der Entfaltung der Machtmittel auf erlegte, hatten wohl ungefähr gleichen Anteil an diesem unerwartet befriedigenden Ergebnisse. An feinen Zügen in der charakteristischen Ausbildung der Details war die Wiedergabe mit dem intelligent Gefolgschaft leistenden Winderstein-Lrchcster, war die Ausführung nicht arm, wie sie an Klarheit und Feuer des Vortrags dem Werke nichts schuldig blieb Als Solist führte sich Hr Tor Aul in mit einen« eigenen Violin-Konzert (O-moN, Manuskript) ungemein sympathisch ein. Der aus Stockholm staminende Geiger, Schüler von Säuret und Philipp Scharwenka, verfügt über einen vollen warmen Ton, weniger glänzend und virtuos poliert als gesangvoll tragend und durch Noblesse des Ausdrucks wahrhaft gewinnend Die Komposition des Geigers offenbart tüchtige formale Be herrschung des Satzes mit edelgeartetem Musikempfinden Zu durchgreifender Wirkung fehlen ihr nur entschiedenere Gegensätze und reichere Farben Das Orchesterkolorit giebt sich etwas stumpf Trotzdem interessiert das Konzert bis zur letzten Note durch sein gehaltvolles melodische« und harmonisches Wesen und die organische Verbindung von Figurenwesen mit dem anziehenden melodischen Gehalt. Hr. Aulin wurde lebhaft von den Hörern ausgezeichnet Den Schluß des Abend« bildete Beethoven« Leonoren» Ouvertüre Nr .3. Der Sächsische Kunstverein hat uin die Mitte des November seine Räume wieder ge öffnet, mit Ausnahme des Hauptsaalcs, welcher Hrn. Prof. Prell zur Ausführung seiner Kolossalgemälde sür die Deutsche Botschaft in Rom überlassen worden ist. Leider ist der Verminderung des Platzes eine entsprechende Einschränkung in der Annahme von Kunstwerken nicht gefolgt Es hat sich vielmehr eine Überladung des Raumes eingestellt, infolge deren namentlich im letzten Saal viele Bilder so hoch hängen, daß sie sich den bloßen Augen der Besucher vollständig entziehen Dieser Übel stand wird um so schärfer empfunden, als sich in der Ausstellung nicht wenige Gemälde befinden, die man schon im September im Kunstverein gesehen hat In der großen Zahl der jetzt der Besichtigung dargebotenen Werke überwiegt die ansprechende Durchschnittsleistung, bedeutende Produktionen sind knapp, desgleichen und erfreulicherweise aber auch wertlose Arbeiten Ein näheres Eingehen hier aus uns vorbehajtend, erwähnen wir heute nur die Werke zweier Heimgegangener Maler, mit deren Ausstellung der Kunstverein einen dankenswerten Alt der Pietät vollzog: Franz Kops und Alexander Stichart Franz KopS hat als Bildnismaler eine fruchtbare und vielfach anerkannte Thätigkeit entfaltet, über seine künstlerische Erscheinung und Bedeutung ist man aus allen Seiten durchaus im Klaren An den «m Kunstverein vor geführten Arbeiten (etwa vierzig) kann inan unschwer seinen EntwickelungSgang, die Steigeruna seiner Technik, die starken und die schwachen Punkte seines Könnens wahr nehmen DaS Bild der Mutter des Künstlers und das Porträt Schillings sind beispielsweise zwei Marksteine des Weges, den der Maler gegangen ist, während das am modernsten gemalte Bild eines Herrn (mit Brille) in hell grauer Kleidung nur eine kurze Ausbiegung aus dem Geleis« anzeigt. Dem zweiten Portrait und dem eines Herrn mit Schlapphut geben wir vor vielen anderen den Vorzug; hier scheint uns Kops, der im übrigen bei jeder manchcS «m Jntereste der Erhaltung der Wehrsähigkeit dcs Reiches Erforderliche bestritten werden kann Tagesgeschichte. Deutsche- Netch. 'Berlin Se Majestät der Kaiser befinden Sich noch in Kiel. Gestern früh schifften Sich Se. Majestät in Begleitung des Prinzen Heinrich und der Admirale v. Knorr und Hollmann auf dem neuen Panzer „Aegir'" ein und machten eine Probefahrt in See. Mittags nach der Rückkehr von See begaben Sich Se Majestät mittels Pinasse nach der Kaiser!. Werft, um den daselbst im Dock liegenden Panzer „Baden" zu besichtigen, woran sich eine Besichtigung des im Bau befindlichen Kreuzers I Klasse „Ersatz Leipzig" und des brasilianischen Torpcdojägers „Earamuru" anschloß — Ihre Majestät die Kaiserin gedachten gestern abend Plön zu verlassen und heute früh auf der Wild parkstation wieder einzutreffen — Die „Nordd. Allg. Ztg" bezeichnet die 'Meldung der Zeitung „Das Volk" als erfunden, daß Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel als Sommerresidenz des Kaiserpaares an Stelle von Potsdam in Aussicht genommen sei. Die „N. A. Z." fügt hinzu, daß Schloß Wilhelmshöhe auch künftig für einige Wochen als Sommer aufenthalt wohl benutzt werden werde, daß aber an zu ständiger Stelle nichts von der Absicht bekannt sei, den ständigen Sommersitz dorthin zu verlegen — Auf der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung des Reichstages stehen zunächst die sozialdemokratischen Interpellationen, betreffend die Zollbehandlung seiner Lederwaren in Rußland und betreffend die Besteuerung der Konsumvereine im Königreiche Sachsen. — Die erste Beratung des Reichshaushaltsetats soll im Reichstage ain nächsten Montag beginnen, auch wenn die zweite Beratung der Justiznovclle bis dahin noch nicht beendigt sein sollte. Unter allen Umständen soll aber daran festgehalten werden, daß die Justiznovelle noch vor Weihnachten in dritter Lesung zur Verab schiedung gelangt. — Die „Berl Pol Nachr." schreiben: Daß der Finanzminister vr Miquel und Hr. Richter finanz- volitische Antipoden sind, ist bekannt Während der eine das entscheidende Gewicht aus die dauernde Ordnung der Finanzen legt, geht der andere von dem Grundgedanken aus, alles flüssig zu erhalten, um durch die EtatsfeststeUung den jeweiligen Rücksichten der Tagespolitik 'Nachdruck geben zu können In dem Rede-Duell zwischen dem Finanz minister und Hrn Richter, welches die Verhandlung über das Finanzgesetz in der heutigen Sitzung des Abgeordneten häuser einleitete, kam daher die gegensätzliche Stellung nahme zu der Regelung und Ordnung des Finanzwesens zum Ausdruck. Von einer Linie, auf welcher diese Gegen sätze zusammentreffen könnten, kann daher bei dieser Ver schiedenheit der Standpunkte nicht die Rede sein Man wird den Gründen, welche sür die dauernde Sicherung geordneter Finanzen ins Feld geführt wurden, das größere Gewicht beimefsen müssen Der Finanzminister hatte über dies den Vorzug, sich auf frühere Beschlüsse der Landes vertretung berufen zu können, insbesondere aus diejenigen Beschlüße, welche im Jahre I8V4 an der Hand des Finanzberichts der Budgetkommission vom Abgeordneten hause gefaßt sind. Sehr merkwürdig war angesichts der früheren Stellung des Zentrums zum Reiche die Rede, in welcher der Abg. vr. Bachem sich im ganzen gegen die Vorlage erklärte Er ging davon aus, daß das Reich der arme und Preußen der reiche Mann sei, welcher keine finanzielle Rücksicht verdiene, vielmehr für die Entlastung des Reiches heranzuzichen sei. Dabei wurde vollständig ignoriert, daß zwischen den Finanzen des Reichs und denen der Bundesstaaten ein natürlicher Zusammenhang besteht Nicht minder vergaß der Zentrumsredncr bei den Klagen über die Bemessung der Ausgaben des Reichs in dem nächstjährigen Etat, daß Hr Bachem und seine Freunde selbst die wirksamste Bremse gegen allzustarke Vermehrung der Ausgaben beseitigt haben, welche das geplante Reichs- sinanzqesetz der Neichsfinanzverwaltung in die Hand geben wollte. So war daher seine Bekämpfung der Vorlage überaus einseitig und lückenhaft, auch von innerem Wider spruche nicht ganz frei. Dein Abg. vr. Sattler ivar es Arbeit allen Fleiß, alle Geschicklichkeit eingesetzt und eine ungewöhnliche Treffsicherheit bekundet hat, einen besonders hohen Grad technischer Feinheit, überzeugender Lebenswahrheit und geistiger Ansdrucks behandlung erreicht zu haben Besondere Aufmerksamkeit erregen naturgemäß die Bildnisse Ihrer Majestäten des Königs und der Königin und mehrcrer Mitglieder des Königshauses, trotzdem die Mehrzahl dieser Werke schon früher öffentlich ausgestellt gewesen ist Bei aller Hingabe des Künstlers an diese Aufgaben und bei bestem Ge lingen im einzelnen hat er in mehreren doch nicht die der Bedeutung der Persönlichkeit entsprechende Gcsamtwirkung erzielt. Außer den Porträts findet man in dein ausschließ lich den Kopsschen Gemälden cingeräumten Saale ver schiedene Skizzen und Studien, darunter manches Tüchtige, und einige Genrebilder, von denen „Ein neuer Menzel" das bekannteste, der Fischmann wohl das künstlerisch reifste ist. Alexander Stichart hat zu denjenigen, heutzutage sehr spärlichen Malern gehört, die mit ihrem stillen, ganz innerlich gestimmten Schaffen sich abseits voin Wege de« großen Modestroms halten und infolgedessen auch nicht in die große Arena hineingelangen Ein ganzer Romantiker, hat er besonders die Darstellung von Märchcnstoffen ge pflegt und sich darin durch sinnige, gemütvolle und humo ristische Auffassung und Ausführung, durch klare zeichnerische und malerische Haltung hcrvorgethan Zu seinem Andenken ist im Kunstverein sein Werk „Der Schmied von Jüterbogk" auSgchängt, sechs Aquarellen in gemeinschaftlichem Rahmen von poliertem Holz, auf dessen Ouerband der Text des Märchen« ausgeschrieben steht Diese Schöpfung, ein schöne« Gegenstück zu dem auf der letzten Dresdner Aquarell ausstellung (im Polytechnikum) zu verdienter Beachtung und Wertschätzung gelangten Eyklu« „Hänsel und Gretel", be kundet eme große Frische der Empfindung und viel Reiz der malerischen Darstellung und ladet zu sorgfältigem Betrachten ein —v.
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