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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120318010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912031801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912031801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-18
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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DezuqS-Prri- Morgen-Ausgabe Anzeigen-Prei» iür Lrivutft und «»rott» durch «ulen Trager und Eoedtteaie 2m ol iü»lich in» Hau» oedra«! SU HY. m»notU.r.7u«tt. vterieliahrl. «ei «niern »sittalen v. An» nahmellellen uducdulr 1» Pt. monald, L»slr. oiettellatzrl. L,nd »t» Poft: innerhald Deuüchiand» und der deutlch«» Xolonien oiettettodrt »du Ml.. msnatt. 1.2» Pik. au»»hc «ottdeUeUueld ferner in Belaien, vaaemorl. d»n Donauftoaien, Iralien, üuirmduru, üttederlaaoe. «,r» wegen 1?,ji»ii»>w - Unuain. Pukiunb, Schweden, vwwei« u Spunie». Sn uUrn übrigen Slaaieu nur direkt durch di« <be>chatt»ueu« oe» Blutte» ervalttich. Da» Vetpttg«, Tageblatt «ttrdelitt 2mat täglich. Sonn» », i1«>er»ag» nar mnraen». Udonn«nient».ülnnavm» A»danni»galt» It, Kal unleren Lragern. si Malen. «Spediteuren E» Bnnahmetleltea, l-wl« Pollärnlern und Brretllagern. St»t«l»«»kaut»pi,t, 10 Vk- Nr. l. riWgcrTagMM Montag, üen iS. März lSlL » . -u l " «12 t«,ch1.u,chlM Lel..ÄNschl.^ 14 693 l 14 694 -r>..ÄnD,^E-" Handelszeitung Amtsblatt des Rates und -cs Nolizeiamtes der Stadt Leipzig Nir Snleral» au» Uewsia und Umgebun« dl« stpalti,, Petit»«»» L Ps-die Xetlame- »eil» l Mk. von au»wärt» SV Pt. Sirsiamen U20 Mk. Snleral« van Bedörden tm amt lichen Teil die Petit»«»« SV Pt Selchäll»anirigrn mlt Platzvorlchtttten iw Prell, erhöht. Stadatt nach Torts. Bellagegeblldr Eetamt- outlage L Mk. o Taulend «rkl. Postgebühr. Teilbellag» Höher. geliertellt« Pustiag» können nicht »urück- ge-ogen werden »tir da» lkrschetnen an oelttminten Tagen und Plätzen wird kein« lboranlt« übernommen. Anzeigen-ltlnnahm«: 2,h»»ni»«ag« 8, bet iämlltchen glllalen u. allen Annoncen- Etpedlttonen de» In» und Au»land«a Lruik ,a» Verla, »«» Micher t vürft«! Inhaber: Pont Nitrit»,. vedaktion UN» ttz,lchSIt»it«IIo: 2odannt»gaI1e it. Hanoi »Killal« Dr«»dea: Seeilrake < 1 tielephon öllAX los. Ishrgsng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seiten. Das Wichtigste. * Im Zwickauer und O e l s n i tz - L u g a u e r Kohlenrevier sind Lic Bergarbeiter in den Streik getreten. (S. den des Art.) * Den Großen Preis von Nizza ge wann Mons. L. de Romanets „Garancc II" unter Jockei Stern. (S. Sport.) *Jn Bitterfeld stiegen am Sonntag sieben Ballons zu einer Ziel fahrt über 100 Kilometer auf, bei der die Ballone- „Bitter feld II" und „Fiedler" als die ersten Preis träger gemeldet wurden. (S. Sport.) Die D eckung üer Wetzroorlszen. -s- Selten hat das Scheiden eines Staatsmannes in den lebten wahren ein so allgemeines Bedauern bei allen Parteien auscclöst, wie der jetzt erfolgte Rücktritt des Reichsschatzsekretärs Wermuth. Da es sich nach dem bisher bekannt Gewordenen kaum um prinzipielle Differenzen zwischen dem ausgeschiedenen Schatziekretär und Herrn v. Vethmann Hollweg ge handelt haben kann — die Regierung will, wie wir schon mitteilten, an dem Wermuthschen Prinzip: Keine Ausgabe ohne Deckung, sesthalten — so acht man wohl nicht fehl in der Annahme, daß Wermuth wesentlich größere Mittel für nötig hielt, um die Reichsfinanzen auf dem Wege der jetzt einge tretenen Gesundung weiterzmühren, als die letzte Ministerkonfcrenz.' Rur so ist sein Ausscheiden aus dem Amte, in dem er soviel Ersprießliches geleistet hat, zu crllären. Die Minislertonferenz hat in ihrer Sitzung am Donnerstag die Aufhebung der sogenannten Liebesgabe als Deckung für die neuen Wehrvorlagen beschlossen. Die Linke des Hauses wird ohne Zweifel für die Aufhebung dieses „Geschenkes an die Brannt weinbrenner" zu haben sein, wahrscheinlich aber Garantien dasür verlangen, daß nicht die Spiritus zentrale durch eine entsprechende Erhöhung der Preise die Belastung auf den Konsum abwälzt. „Kreuzztg." und „Dt,che. Tagesztg." stimmen einstweilen darin überein, daß sie ihre endgültige Stellung zur Auf hebung der „Liebesgabe" sich noch vorbehalten und die Einführung des Spiritusmonopols empfehlen. Die Art und Weise, wie die genannten Organe ihre Vorbehalte machen, kann als Bestätigung für die Auffassung angesehen werden, dag der Verzicht der Regierung auf eine erweiterte Erbschaftssteuer die Konservativen zum Verzicht auf die Llebesgabe bestimmen dürfte. Die „Germania" erhebt ebenfalls gegen die Beseitigung der „Liebes gabe" keinerlei Widerspruch. Diese Haltung des Berliner Zentrumsblattes spricht für den Entschluß des Zentrums, auch seinerseits den Verzicht der Re gierung auf die Erdanfallsteuer mit dem Verzicht auf die „Liebesgabe" zu beantworten. Was ist nun diese Liebesgabe? Die Verbrauchs» abgabe, die Hauptquelle der Spiritusbesteuerung, wird von dem erhoben, der den Branntwein in den freien Vertehr bringt. Bis dahin bleibt der Spiritus unter steueramtlicher Kontrolle und kann unver steuert seinen Besitzer wechseln. Die Verbrauchs abgabe beträgt für eine auf 236,4 Millionen Liter reinen Alkohols kontingentierte Menge 50 für das Hektoliter, für die mehr erzeugten Mengen 70 Ihren Kontingentsbranntwein braucht jede Brennerei also nur mit 50 .//. für das Hektoliter reinen Alkohols zu versteuern. Was sie mehr er zeugt, muß mit 70 .^l versteuert werden. Natur gemäß bestimmt aber die Höhe der Verbrauchs abgabe den Marktpreis, da kein Brenner seinen Branntwein hergeben wird, ohne seine Steuer von 70 ./» voll ersetzt zu erhalten. Die Brenner er halten demzufolge von den Verbrauchern 70 ./L als ausgelegte Steuer, liefern aber davon für die kon tingentierte Menge nur 50 .-2 an das Reich ab. An der „Liebesgabe" waren außer den ostelbischen Brennern in der Hauptsache die kleinen süddeutschen Brenner interessiert. Zu den Beweggründen, die die Reichsregierung dazu bestimmen, als Deckungsquelle für die neuen Wehrvorlagen die Aufhebung der viel befehdeten „Liebesgabe" in Vorschlag zu bringen, wird dem „B. Lok.-A." am Sonnabend von maßgebender Seite folgendes mitgeteilt: „Der Gedanke lag nahe, gerade diesen Weg einzu schlagen. Es handelt sich bei dem Plan, die den Brennern gewährten Kontingentierungsvorteile aus zuheben, um eine alte Forberung der linksstehenden Parteien. Diese Stellungnahme der Liberalen konnte natürlich für sich allein noch nicht bewirken, datz auch der Bundesrat sich mit der Frage ernstlich befaßte. Dies konnte erst geschehen, nachdem man sich vergewissert hatte, daß auch auf konservativer Seite Stimmung für die Opferung der „Liebes gabe" vorhanden war. Infolgedessen wurde Füh lung mit der konservativen Fraktion genommen, und da ergab sich, daß auf Grund der Erklä rungen. die die norddeutschen Brenner abgaben, hier kein Wert mehr aus ein Fortbestehen des Kontingentierungsvorteiles gelegt wurde. Die Einkünfte» die die Reichsregierung sich von deren Beseitigung verspricht, werden auf 30 bis 40 Millionen Mark jährlich veranschlagt. — Wie das Blatt weiter mitteilt, sollen die süd deutschen Brennereien für den Ausfall, den sie durch die volle Verbrauchsabgabe auf den Kon- tingentspiritus erleiden, in einer noch zu beratenden Weiie entschädigt werden, die norddeutschen Brennereibetriebe hingegen sollen die sogenannte Liebesgabe ohne irgendwelche Entschädigung verlieren. Die Eindringung der Wehr- und Deckungsvorlage wird erst nach der Oster- vertagung erfolgen. Das Plenum des Bundes rats hat sich übrigens erst Sonnabend nachmittag mit der Deckungsvorlage beschäftigt und über sie beschließen können. Kiihjshrstsgung ües Nstimisttiberslen Lsnüesvereins Mr üss kümgreiär SsHlen. Die diesjährige Sitzung des Landesausschusses des Rarioualliberalcn Landesoereins für das König reich Sachsen fand unter sehr starker Beteiligung der gewählten Vertreter der verschiedenen Organisationen des Landes am 17. März in Leipzig im Großen Saale des Hotel „Stadt Nürnberg" statt. Der stell vertretende Vorsitzende des Landesvereins, Herr Pro fessor Dr. Brandenburg-Leipzig, eröffnete um 12 Uhr die Versammlung mit Worten freundlicher Begrüßung, die besonders dem Führer der Partei, Abg. Bassermann, gewidmet waren. Vor Eintritt in die Verhandlungen teilte Prof. Brandenburg mit, daß der langjährigeVorsitzcnde des'Lan- d e-s a u s s ch u s se s, Kaufinann Franz Eon - tard, von seinem Amte aus Altersrücksichtcn zu rück getreten ist. Die Versammlung erhebt sich zum Zeichen des Dankes für die geleistete treue Führung von den Plätzen. Hierauf ergriff Rbg. Vaffrrmann das Wort. Von lebhaftem Beifall begrüßt, führte er folgendes aus: Die gegenwärtige Lage sei ernst für die national liberale Partei und für die gan.ze Nation. Schwierig keiten innerhalb der Partei seien früher z. B. beim Uebergang zur Schutzzollpolitik, bei Behandlung der Umsturzvorlagen vorhanden gewesen. Andere Par teien seien disziplinierter als die nationalliberale, das beweise die leichtfertige Beschimpfung von Per sonen, Lenen man ncht so leicht nationalen Verrat nachsagen solle. Frühlingsstürme hätten sich erhoben um die Partei und ihre Führung. Wenn er heute freimütig und offen spreche, so geschehe es aus ehr lichem Gewissen heraus. Die Anwesenden möchten von heute Las Resultat mitnchmen: Nie war eine Zeit zu Spaltungen in der Partei ungünstiger als jetzt, wo der Zentrumturm sehr hoch in deutsche Lande hineinragt. Wer darauf zutreiben wolle, sei bar jedes politischen Verständnisses. Tas Ergebnis der Rcichstagswahl zwinge zu Erwägungen über das Anwachsen der äußersten Linken, die infolge der In dustrialisierung auch in Sachsen immer stärker wer>. Unser Kampf gegen die Sozialdemokratie werde immer schärfer werden. Menn der Links ab - marsch darin gesehen werden soll«, Laß Abkom men mit der Volkspartei getroffen worden seien, so sei Las grundfalsch: denn es handle sich hierbei nur um taktische Verständigunge n. Man könne nicht achtlos daran vorüberaehen, daß in den 4sX Millionen sozialdemokratischen Stimmen auch leider viele Beamtcnstimmen enthalten sind. Dazu das Schwanken der Regierung! Die Sehnsucht der Nation nach großen Zielen sei sehr stark, werde aber nichr befriedigt. Das Refulta 1 der Wahlen sei nahezu pari: daher die Schwierigkeiten bei der Präsidentenwahl. Ohne weiteres preisgegeben worden sei von Frattionsleitung und Fraktion die St i m mab ga b e für Bebel, die Nationalliberalen woll ten ein Arbeitspräsidium, aber ein Eroß- blockpräsidium sei im Prinzip stets ab gelehnt worden. Bei der zweiten Präsidentenwahl scheiterten die Verhandlungen an dem Widerstand der Rechten gegen seinen (Basiermanns) Vorschlag, einen Reichsparteiler zum zweiten Vizepräsidenten zu wählen. An den 110 Mandaten der Sozialdemokratie habe man bei den ursprünglichen Erörterungen nicht vorbeigehen können. Inzwikchen hätten sich wichtige Ereignisse in der Politik zugetragen. Der beste Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth sei plötzlich gegangen, dessen Zielbewußtsein auch von seinen Gegnern ge würdigt worden wäre. Es sei ein eigentümliches Geschick des Herrn von Bcthmann, wie er Persönlich keiten verschleiße, Nhcinbaben, Dernburg, Lindequist und jetzt Wermuth. Der Eindruck werde sehr übel sein: „Herr von Hertling kam und Herr Wermuth ging." Am betrüblichsten fei, daß sich nun ein Druck auf die Nation lege, daß die Deckung der Wehroorlagen nicht großzügig sein werde. Die Erbanfallsteuer liege am Boden, aber sie sei nur scheintot und werde doch wieder erwachen. Die angekündigte Aufhebung der Liebes gabe sei prin zrpiell zu akzeptieren, weil damit ein wilder Agitationsstoff verschwinde; aber Liese Aufhebung dürfe nicht zu einer Be lastung des Konsums ausarten, für den dann die Spirituszentrale die Preise des Branntweins vor schreibe. Dagegen müßten Garantien geschaffen werden. Das parlamentarische System sei im Marsche; aber derSchrittmacherseidas Zentrum. Der Ministerwechsel in Bayern nach den Wahlen hab« das bewiesen. Diese Entwicklung zwinge die Nationallibcralen, Divergenzen in der eigenen Partei zurückzustellen und di« vom Zentrum kommenden Gefahren einmütig abzuwehren. Das Heidelberger Programm habe den inneren Streitig keiten zwar Halt geboten; aber die Folgezeit, die neunziger Jahre, hätten wieder Differenzen in der Partei aeicitigt. Er, Bcssermann, habe sich um die Einheitlichkeit der Partei bemüht. Bei der Reichs finanzreform habe es sich um die Erhaltung des Bülowblocks, dessen Zertrümmerung.er außerordent lich bedauere, gehandelt. Die Former von der Links schwenkung der Nationalliberalen Partei hafte an der Oberfläche. Der Grund zug der Partei sei und bleibe staatserhallend. In allen Staaten schreite der nationale, der imperialistische Gedanke vorwärts. Diesen großen Gedanken hätten die Nationallibcralen stets hochgehalten. Sie hätten niemals wie andere Gegenleistungen verlangt. Sie Hütten das Wort: „Kein Kanitz, leine Kähne!" nicht «prägt; auch kein« Politik: „st« ut. <los" getrieben. Sie hatten die Partei stets als dienendes Glied für die großen Staatszwecke betrachtet. „Die Partei ist der Erzieher zum nationalen Gedanken geworden: Erst die Festigung oes Reiches gegen internationale Gefahren! Das sind konsolidierend« Bestrebungen, wenn wir den Gedanken der Staatsmacht ins Volk tragen." Eben falls staatscrhaltend wirken die staatlichen Konzen trationen, die durch die Bersicherungsgesetze gegeben sind. Der Organisationsgedanke beherrsche jetzt auch alle Stände. Ein Moment üer Unruhe komme aber gerade durch die Forderungen der Bcrufsorqani- stationen in die politischen Parteien. Auch die Geld mittelzufuhr für die politischen Parteien leide durch diese Entwicklung. Mittclparteien seien stets der Kritik am meisten ausgesetzt, aber man dürfe nicht selbst durch Angriffe aus eigenen Reihen sich trennen. Zwischen den liberalen Parteien müßten auch ferner hin durch die Landesorganisationen taktische Ver ständigungen gesucht werden. An der Vernichtung der Konservativen Partei habe man kein Jntere^e; beklagenswert sei die Existenz von Zentrum und So zialdemokratie. Das Programm habe keine Aende- rung erfahren. Bei der letzten Quinquennatsvorlagc habe sich die Nationalliberäle Fraktion für eine stär kere Vermehrung des Heeres ausgesprochen. Wenn unsere Flotte jetzt an zweiter Stelle steht, io sei das nicht zum mindesten Verdienst der Nationalliberalen. Mit dem starken nationalen Einschlag wird die Par tei stehen und fallen. Sic müsse auch liberal-sozial gesinnt sein. Das große Problem unserer Zeit sei die Zurückführung der 4',4 Millionen sozialdemokra tischer Wähler aus nationalen Boden. Dazu brauche die Partei eine volkstümliche Politik, nicht nur zu gunsten der Arbeiter, sondern auch des Mittelstandes. Der Redner schloß: „Wir lehnen eine Politik der Gewalt ab und wollen eine Politik des Vertrauens. Die nationalliberale Partei muß die Kraft haben, innere Zwistigkeiten zu begleichen, um festzustehen zwischen reaktionären und radikalen Bestrebungen. Wir müssen der neuen Zeit mutig entgegensetzen, wir brauche» Freiheit, Licht, Emporsteigen für die große Masse des Volkes; wir wollen eine Politik, die Vertrauen entgegenbringt und Ver trauen zurückgewinnt." (Minutenlanger stürmischer Beifall.) Prof. Brandenburg dankt dem Abg. Basjer- mann noch besonders und wünscht, daß das Gehörte hinaus ins Land dringe. In der Debatte sprach zunächst Stadtrat Graser-Plauen, der die Gründe für die eigene Kandidatur der national liberalen Wahlkreisorganisation in Plauen darlegte, sich gegen ein« zuweitgehende Sozialpolitik wandte und erklärte, daß auch im Vogtland der Wille vor handen sei, die Partei zusammen zu halten. Rechts anwalt Martin-Leipzig spricht sich gegen Stär kung der Rechte des Reichstages und gegen Minister verantwortlichkeit aus. Bauamtmann Baer- Zwicke.u spricht als Jungliberaler die vollste Zu stimmung zu Bassermanns Ausführungen aus. Die Vorredner hätten vielfach gegen Phantome gekämpft. An nationaler Freudigkeit und nationaler Zuver lässigkeit habe es der Jungliberalismus nie schien lassen. Reichstagsabgeordneter Dr. Zunck erklärt, daß Bassermanns Ausführungen durchaus seinen Auffassungen entsprechen. Redner geht dann besonders auf die Forderungen einer Mehrung der Parlamentrechte ein (Errichtung eines Staatsge richtshofes, Beschlüsse nach Interpellationen, Kurze Anfragen) und weist nach, daß darin keine Ver fassungsänderung und auch keine Minderung der Kaisergewalt enthalten seien. Die nationalliberale Partei könne nur existieren, wenn sie auch sozial denke. Das Wort „national" habe ein« wesentlich« Bedeutung für unsere Stellung gegenüber dem Aus lande; bei inneren Streitfragen solle man es sparsam anwenden. Dann bespricht Redner nochmals die parlamentarisch-politische Notwendigkeit die So zialdemokratie zu zwingen, sich für Lösung der na tionalen Aufgaben mit einzusetzen. Ein Ausnahme gesetz gegen 4^ Millionen Volksgenossen sei unmög lich. An der Tatsache der Teilnahme eines Sozial demokraten am Reichstagspräsidium habe auch Bis marck keinen Anstand genommen. Weiter weist Redner nach, daß die Nationalliberalen cs an Mittelstandsfürsorge nie haben fehlen lassen. Zum Schluffe erklärt er, die Partei müsse Bassermann dankbar sein, Laß er für den erforderlichen Zu sammenhalt sorge. Sominaroberlehrer Baumgärtel-Plaucn ver tritt noch einmal Len Standpunkt der Organisation des 23. Wahlkreises und bedauert die Existenz jung liberaler Vereine, sofern sie zu politischer Zwie spältigkeit führen. Landtagsabgeordnetcr Dr. Zöphel weist darauf hin, daß die junglibcralc Or ganisation im Interesse eines politischen Nach wuchses von der Partei selbst gewünscht worden sei. Weiter rechtfertigt er die Haltung des Vorstandes des Landesoereins beim Abschluß des Wahlabkom- mcns mit der fortschrittlichen Volkspartei. Die wich tigste Aufgabe der Zukunft sei, 4^ Millionen unserer Volksgenossen aus den Fängen der Sozialdemokratie zu befreien. Zum Schluffe schlägt er folgende Resolution vor: Der Landesausschuß des nationalliberalen Landesoereins für das Königreich Sachsen dankt dem Abgeordneten Bassermann für seine klaren Ausführungen über die Ziele einer gesunden, volkstümlichen, nationalen und liberalen Politik. Er stellt mit Befriedigung fest, daß die Mei nungsverschiedenheiten innerhalb der national liberalen Reichstagsfraktion beseitigt sind. Er erwartet, daß die nationallibcrale Reichstags fraktion infolgedessen in allen wichtigen Fragen einheitlich und geschloffen oorgeht und hegt zu der Führung des Abgeordneten Bassermann volles Vertrauen. An der weiteren Debatte beteiligten sich noch Sprachlehrer Liesch e-Schöneck, Pastor Wehr mann- Groß-Schweidnitz, Schuldirektor Vor werk- Untersachsenberg, Stadtrat Graser- Plauen. Das Schlußwort sprach Syndikus Dr. S t r e s e m a n n-Dresden. Er faßte noch einmal die von Bassermann vertretenen Ansichten zu sammen. Nationales Empfinden zeigt sich vor allen Dingen durch opferwillige Erfüllung nationaler Pflichte». Das Zentrum sei heute wieder ausschlag- gebeno, weil der Bülowblock, nicht durch national libcrale Schuld, zertrümmert worden sei. Bennigsen werde heule gelobt von Leute», die ihn während seiner politischen Tätigkeit nie gelobt haben. Aber auch Bcnnigien fei für ein Zusammengehen der libe ralen Parteien eingetreten. Sehen wir uns doch an mit unseren eigenen Augen, nicht mit denen der anderen Parteien! „Treten wir lreraus aus der Verteidigungsstellung, um uns die führende Stellung im politischen Leben zu erhalten." Die oben mitgeteilte Resolution wurde hierauf einstimmig angenommen. (Lebhafter Beifall.) Aus dem Jahresbericht, den Generalsekretär Dr. Westenberger erstattete, ist folgendes l-ervorzuheben. Das Berichtsjahr 1911 stand unter dem Zeichen der Vorbereitungen zu den Reichstagswahlen. Die Zweckmäßigkeit des sür 14 Wahlkreise mit der Fortschrittlichen Volkspartei ge troffenen Wahlabkommens wirs näher begründet; im Zusammenhang damit werden die Differenzen mit der Wahlkrcisorganisation des Plauener Wahl kreises wegen Aufstellung einer eigenen Kandidatur erörtert, lieber den Ausfall der Wahlen, die ja nicht mehr ins Berichtjahr fallen, sind am Schlüsse des Berichts nur einige kurz zusammenfassende Bemer- kungen gemacht, in denen das Bedauern über den durch eine unglückliche Politik der früheren Reichs- tagsmehrheit verursachten Rückschlag zum Ausdruck kommt. In der Landespolitik war es nament lich die angekündigte Reform des Volksschulwesens, die eine gründliche Behandlung verlangte. Von einem besonderen Schulausschusse waren auf Grund einer Zusammenstellung des Landtagsabgeordneten Seminardirektor Dr. S e y fe r t - Zschopau in sieben Sitzungen Leitsätze ausgcarbeitet worden. Diese wurden in zwei Sitzungen des- Landesausschusses Lurchbcraten und schließlich nach ihrer Annahme der narionalliberolen Landtagsfraktion als Material überwiesen. In Lein Bericht wird weiter der Ausfall der Ersatzwahl im 23. ländlichen Landtags-Wahlkreise Leipzig-Land bedauert und das Verhalten der Kon servativen bei der Präsidentenwahl in der Zweiten Kammer einer Kritik unterzogen. Die Organi- sätionsarbeit des Lackdesoereins wurde auch im vergangenen Jahve eifrig betrieben. Die Zahl der angeschloffenen Vereine und Ortsgruppen hat sich gegen 1910 von 148 auf 152 vermehrt. Die Gesamt zahl der Mitglieder ist von 19 950 auf 20 765 ge stiegen. Der Vorstand des Landesvereins tagte im Berichtsjahr achtmal, der Landesausschuß viermal. Die Geschäftsstelle des Landesoereins war durch die Vorbereitungen zu den Reichstagswahlen stark in Anspruch genommen. Das zweimal monatlich er scheinende „Nationalliberale Vereinsblatt" erscheint in einer Auflage von 12 000 Stück. Den Kassenbericht trug Abg. Dr. Zoephel vor. Der Jahresbericht wurde genehmigt, die Kaffe wurde richtiggesprochen und dem Kassierer wurde Entlastung erteilt. Als Vertreter des Landesvereins werden in den Zentralvorst and gewählt die Herren^ Brandenburg, Prof. Dr., Leipzig; Frei gang, Hermann, Rechtsanwalt, Chemnitz; Graser, Julius, Stadtrat, Fabrikant, Plauen; Heinze, Rudolf, Dr. jur., Landgerichtsdirektor, Dresden; Hettner Franz, Landgerichtsdirektor, M. d. 2. K., Dresden; Niethammer, Konrad, Dr. jur., Fabrikbesitzer, M. d. 2. K., Waldheim; Pflug, Philipp, Oberlehrer, Zittau; Seyfert, Richard, Dr. phil., Seminardirektor, M. d. 2. K.» Zschopau; Stresemann, Gustav, Dr. phil., Syn dikus, Dresden; Vogel, Paul, Dr. phil., Rentner, Präs. d. 2. K., Dresden; Weber, August, Dr. j»r., Bankdirektor, Löbau. Die Tagung wurde nachmittags 245 Uhr ge- schloffen. LosngelM - lutherischer Lchuluerein. Die 3. Jahreshauptversammlung des evangelisch lutherischen Schulvereins für das Königreich Sachsen fand am Sonntag im Kaufmännischen Vrrcms- hause in Chemnitz statt. In der öffentlichen Ver sammlung hielt nach einer Begrüßungsansprache und Liedervorträgen Kantor B u r g a r d t' Ruppersdorf folgenden Vortrag: „Entspricht der Regierungsentwurs de» neuen Volks schulgesetzes in seinen Bestimmungen über den Re» ligionsunterricht den Forderungen der Pädagogik?" Der Vortragende ging in seinen Ausführungen von den Bedenken gegen den Gesetzentwurf aus, die Ende Januar dieses Jahres in einer öffentlichen Er klärung von einem Teile der sächsischen Lehrerschaft erhoben worden sind, insonderheit betreffen diese die 88 1, 2, 7, 13, 25, 39 und 49. Diese Bedenken sind 1) theologisch-wissenschaftlicher Natur, 2) pädagogisch praktischer Natur und 3) administrativ-technischer Natur. Man sagt: ein Religionsunterricht im Sinne des Entwurfes widerspricht der modernen Welt anschauung. Da von dogmatisch-theologischen Ge sichtspunkten im Entwürfe kein Wort steht, sind wahr, scheinlich hier die Bestimmungen über Konfessionalität und Gelöbnisverpflichtung gemeint. Aber nichts ist durch Geschichte, Wissenschaft und Psychologie berech tigter als ein konfessioneller Unterricht. Nur er er möglicht Anschaulichkeit. Naturgemäßheit, Persönlich, keitspävagogik. Auch Erweckung und Erzeugung der „Gesinnung Jesu" im Kinde ist nicht möglich ohne klare Stellungnahme zur Person I«su. Jesus selbst legt besonderen Wert auf das Bekenntnis zu ihm. Zurückzuweisen ist auch die Anschauung, als ob die Weltanschauung nur modern sei, die mit dem Monis, mus verwandt ist. Letzterer ist vielmehr etwas sehr
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