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Dresdner Journal : 01.06.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189706014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-06
- Tag 1897-06-01
-
Monat
1897-06
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 01.06.1897
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Hür Dresden vierteljährlich: , Mark bv Ps., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalteu vierteljährlich »Mark; außer- halb de» Deutschen Reiche- Post. und Etrmpelzulchlaa. Einzelne Nummern: 10 Ps Erscheinen: Däglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend» Fernipr -Anschluß: Nr1LS5 Dresdner Imirnal. «ntü«-t-un-»-e-khre«: Kür den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift <0 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile bv Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender A»«sschlag HeranSgeder: Königliche Expedition de« Dresdner Journal» Dresden, Zwrngerstr 20. Fernjpr.-Aiischiuß: Nr 1295. M124. Dienstag, den 1. Juni, abends. 1897. Diejenigen Bezieher unseres Atattes, welche dasselbe von hier aus nach einem andern Aufenthaltsort nachqesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der bezüglichen Bestellung gleich zeitig die an die Post zn entrichtende Ueber weis u n g s g e b ü h r einsenden zu wollen. Die selbe beträgt im ersten Monat eines Biertel jahres 60 Pfg., im zweiten Monat 40 Pfg. -und im dritten Monat 20 Pf. Lönigi. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. DreS-en, l. Juni. Se. König!. Hoheit der Prinz Friedrich August, Herzog zu Sachsen, ist gestern Nachmittag 3 Uhr 57 Min. von Sibnllenvrt und Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August, Herzogin zu Sachsen, gestern nach mittag C Uhr 58 Min. von Wien nach Dresden zurück- gekehrt. Dresden, 22. Mai. Se. Majestät der König haben Allerguädigst zu genehmigen geruht, das; der Kantor eurer. G. A. Schönrich in Johanngeorgen stadt den ihm verliehenen Fürstlich Bulgarischen Alexanderorden 6. Klasse anuehme und anlege. Gruen, rngen, Versetzungen re. im^sfentlichcn Dienste. Im Gcschät^Percichc des Ministeriums Ser Finanzen Bei der Post-" walrung sind ernannt worden: Illing, zeither Teleg"' "'.Ment, als BnreLnajsistcnt bei der Kaiser! Ober-Postdi- ^Dresden, Hosmann, zeilher Postassistent, als K. ' cr Kaise:l Ober-Posldirection zu Die:den; Bart" Friebel, Kretzschmar,Krischke,Päßler, Paetzo,c ^oinper, Rudors, Damm, Günther, Neh ring, Ost' bürg, Luittschreiber und Winter, zeither Postanwäri als etatmäßige Postajsistenten im Bezirke der Kaiser!. O Nstdircciion zu Leipzig. .'-amüichcr Teil. Tas preußische Abgeordnetenhaus erledig!e gestern in dritter Beratung den Gesetzentwurf zur Ergänzung und Abänderung von Bestimm ungen über Versammlungen und Bereine. Über den Verlauf der Verhandlungen ist folgendes zu be richte«: Tie Abg^ v Hendebrand und Gen beantragen wiederum, die Bestimmungen der Regierungsvorlage über Auflösung von Versammlungen und Schließung von Vereinen bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, insbesondere der Sicherheit des Staates oder der öffentlichen Ordnung, wieder herzustellen Die Abgg. Frhr. v. Zedlitz und Gen (freikons.) wiederholen ihren Antrag aus Auslösung bez Schließung anarchistischer, sozialdemokratischer, sozialistischer und kommunistischer, den Um sturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung oder die Losreißung eines Teiles des Staatsgebiete- vom Ganzen an strebender Versammlungen bez Vereine. In der Generaldebatte spricht Abg. Stötzel (Z.) dagegen, Minderjährige aus politischen Versammlungen und Vereinen auSzuschlicßen In der Spezialdiskussiou empfiehlt Abg Frhr. v Zedlitz (freikons.) seine Anträge Abg Hobrecht (nl) erklärt, daß feine Freunde bei den Beschlüssen der zweiten Lesung verharrten. Wenn auch viele von ihnen davon überzeugt seien, daß aus dem Gebiete des Vereins- und Versammlungrechtes die Autorität des Staates und der Behörden gestärkt werden müsse, so seien sie doch einig darüber, daß die vor- xeschlagencu Aendcrungcn absolut ungeeignet feien und schädlich wirken müßten Auch Uege kein Grund vor, in den Einzel staaten gegen das Reich Stellung zu nehmen Abg v Kar- dorff (freikons.) appelliert an das Zentrum mit dem Hinweis darauf, daß ein Teil desselben seinerzeit im Reichstage sür die Verlängerung des Sozialistengesetzes gestimmt habe. Abg. Kunk und Wissenschaft. K. Hostheatcr. — Altstadt. — Am 3l Mai: „Der Prophet." Große Oper in fünf Akten nach dem Französischen des Eugen Scribe. Musik von Giacomo Meyerbeer. In der gestrigen Aufführung der an genialen dramati schen Zügen nicht armen, an Raffinement und Unnatur des Textbuchs wie der Tonsprache aber noch reicheren Oper haben auch wir nun Hrn. Francesco Tamagno kennen gelernt Der seit einem Monat in Deutschland gastierende italienische Tenorist, dessen Ruf trotz seiner fünfzig Lebensjahre erst von den Aufführungen des Verdi- fchen „Othello" her datiert, ist auf deutschem Boden vom Publikum zum Gegenstand begeisterter Huldigungen ge macht, von einem Teil der Presse zum Ziel sehr energischer Angriffe genommen worden Man hat ihm jegliche Ge sangskunst und künstlerisches Empfinden abgesprochen, seine dramatische Gestaltung, sein schauspiclerischcs KönnenalS äußerst gering hingestellt und eigentlich nicht mehr gelten lassen als seine drei, vier „Bombcntöne" in der hohen Stimmlage. An all' diesen Einwendungen ist etwas Wahres, wenn auch derjenige, der italienische Sänger öfter gehört hat und über den gegenwärtigen Zustand in dem einstigen Eldorado der Gesangskunst unterrichtet ist, von den Mängeln Tamagnos nicht gerade verblüfft werden kann Es trifft zu, daß seine Stimme in der Tiefe gar nichts, in der Mittellage nicht viel ausgiebt und daß seine sehr offene, Helle Tonbildung und flackernde Tongebung uns in den ersten Minuten keineswegs wohlthun und manchen Hörer über haupt am Genuß des Besseren verhindern, während andere sich binnen kurzem an diese Eigenheiten gewöhnen und sich dann ungestört an der Glanzseite des Organs erfreuen Es trifft auch zu, daß Tamagno nur selten versucht oder ver mag, seine Stimmmittel zum Piano zu mäßigen und daß Lieber (Z.) erklärt, daß seine Partei aus den bekannten Gründen bei den Beschlüssen der zweiten Lesung stehen bleibe. Der Antrag Hendebrand wird gegen die Stimmen der Rechten abgelehnt; ebenso der Antrag Zedlitz mit 207 gegen tk8 Stimmen Artikel l der Fassung zweiter Lesung wird alsdann angenommen Zu Artikel II der Fassung zweiter Lesung (Ausschluß von Minderjährigen und Frauen, Aushebung des Verbindungsver- bol») beantragt Abg. Rickert sr Vgg 1, den Ausschluß von Frauen von politischen Vereinen und Versammlungen zu streichen, da er mit der Koalitionsfreiheit der Frauen nicht im Einklang stehe. Geh. Oberregierungsrat v PhilippSborn verweist demgegenüber daraus, daß nach Reichsrecht Frauen au Wahlvcreinen nicht teilnehmcn dürsten, und daß dieser Grund satz auch auf die preußischen Wahlvereine auszudehnen sei. Nachdem sich auch die Abgg Oswalt (nl), Spahn (Z), Frhr. v Zedlitz (sreikons.1 und Stöcker (b. k. F.) gegen den Antrag ausgesprochen, wird derselbe abgelehnt und Artikel ll in der Fassung der zweiten Lesung genehmigt. Zu Artikel III der Fassung zweiter Lesung «Mrasbestimm- nngen sür Verstöße gegen den Ausschluß Minderjähriger- wiederholt Abg. Frhr v Zedlitz (freikons.) feinen Antrag, wonach die Versammlung ausgelöst werden kann, salls die Aus forderung des Vorsitzenden, daß Minderjährige sich entfernen, nicht befolgt wird Ter Antrag wird abgclehnt, hingegen ein Antrag desAbg. Lohmann (nl) angenommen, wonach der letzte Absatz des Artikels folgende Fassung erhält: „Unter läßt oder verweigert der Vorsitzende die Erlassung der Auf forderung (daß Minderjährige sich eutsernen), so treffen ihn die Slrasen des 8 tt der Verordnung vom 11. Marz 1850." Bei der Beratung der Einleitung uno Überschrift er klärt Gras zu Limburg-Stirum (kons), daß seine Frak tion aus dem Boden der Regierungsvorlage stehen bleibe und mit den vorgenommenen Streichungen nicht einverstanden sei. Sie stimme trotzdem für das ganze Gesetz, um die Möglichkeit einer Wiederherstellung demselben bei der wiederholten Beratung hier und im Herrenhause zu bieten. In der Schlußabstimmung wird das Gesetz gegen die Stimmen des Zentrums, der Freisinnige» und der Polen angenommen. Präsident v Köller stellt unter Zustimmung des Hauses fest, daß die Vorlage eine Beisassungsändcrung bedinge und deshalb über sie nach 2t Tagen nochmals abgeslimmt werden müsse. Da die Nationallibcralkn dem Liebeswerben von links gegenüber insoweit festgeblieben sind, als sie mit den Konservativen in der dritten Lesung für die übriggebliebenen Bestimmungen keS Entwurfs gestimmt haben, so ist das Schicksal des Vereinsgeictzes zu nächst noch in der Schwebe geblieben. Zunächst hat die bei Verfassungsänderungen vorgeschriebcnc zweite Abstimmung nach Ablaus einer Frist von 21 Tagen im Abgeordnetenhause zu erfolgen. Diese zweite Ab stimmung vollzieht sich in den Formen der dritten Lesung. Es muß ihr also eine Generaldiskufsion vorhergehen, an welche sich die Spezialdiskussionen und Abstimmungen über die einzelnen Para graphcn anschließcn. Wiederum folgt dann eine Schlußabstimmung. Die zweite Abstimmung im Abgeordneteuhause dürfte voraussichtlich am 22. oder 23. Juni stattfindcn. Alsdann geht der Ge setzentwurf an das Herrenhaus. Im Herrenhause müssen ebenfalls zwei Verhandlungen stattfinden mit einem Zwischenraum von 2I Tagen. Es ist daher nicht anzunehmen, daß, falls das Herrenhaus Änder ungen beschließt, der Gesetzentwurf vor dem 2«>. Juli wieder an das Abgeordnetenhaus zurückkehrt. Be rührt eine solche Änderung im Herrenhause zugleich die vom Abgeordnetenhause beschlossene Abänderung der Verfassung, so müßten darauf im Abgeordneteu- hause nochmals zwei Beratungen mit einem Zwischen raum von 2! Tagen stattfinden. So kann sich die Angelegenheit bis tief in den Juli und selbst in den August hinein ziehen. Das alles rechnet Hr. Richter in seiner „Frei sinnigen Zeitung" den Nationalliberalen vor und macht sie in den bittersten Worten dafür verantwort lich, daß „für Monate hinaus die Frage des Vereins rechts auf der Tagesordnung der öffentlichen Dis kussion bleibe." Dieser Tadel des Hrn. Richter ist nmso ausfallender, als nach den Versicherungen der Demokratie der Gesetzentwurf der größte Gefallen ge sie in diesen Fällen geringen Wohllaut hergeben Es in ferner zu bestätigen, daß sein Gesang keineswegs reiche Tonfärbungen des dramatischen Ausdrucks ausweist und daß sein ^piel nicht diejenige Rücksicht aus das Ensemble nimmt, die wir von guten einheimischen Darstellern ge wohnt sind Aber demgegenüber entfaltet seine Stimme von echtem Heldentenorklang in der Höhe intensive Macht und Glanz des Tons, entwickelt sein Gesangsvortrag eine Kraft und Verve, deren Eindruck man sich nicht entziehen kann, und damit verbinden sich gute Deklamation, vortreffliche Aussprache und ein Spiel, das zwar der geistvollen Züge entbehrend und sür das Visionäre in der Prophetenrolle sehr primitive Ausdrucksmittel anwcndend, im ganzen doch die rechten Linien trifft und einer dramatischen Durch führung der Partie näher kommt, als wir es von einem italienischen Sänger erwartet haben Hält man diesen natio nalen Gesichtspunkt fest, so wird man die Ausführung des Hrn Tamagno in der seinen Mitteln und Fähigkeiten äußerst zusagenden Rolle des Propheten als eine wirksame, in den Höhepunkten mit begeistertem Aufschwung gestaltete Leistung gelten lassen Daß der Sänger die Rolle, die übrigens mit ihrer Bevorzugung materieller Effekte kein PrüsungSfeld für Gesangskunst bildet, musikalisch spielend beherrscht, versteht sich bei einem fast immer in den nämlichen Opern gastierenden Sänger von selbst Hr. Tamagno wurde von unserem Publikum mit Bei fall überschüttet Letzterer nahm nach dem dritten Akte einen solchen Umfang an, daß der Gast schließlich die Hymne wiederholte Nach Gebühr wurde auch Frl. Huhn aus gezeichnet, die wie kein anderer Mitwirkender die Meyer- beersche Tonsprache zu beseelen, zu veredeln wußte Leider kam sie nicht bloß an Erfolg, sondern auch in der Jntonationsunsicherheit dem Gaste nahe Während letzterer an hochgelegenen Stellen mehrfach zu tief sang, nahm unsere Künstlerin ihre Arie im zweiten Akte durchweg zu hoch P wesen sein soll, den die Regierung ihnen, den Demo kraten, hätte thun können. ES besteht hier eine merk würdige Analogie mit dem Verhalten der Sozial demokratie. Nichts könne — so versichern diese Herren, und die „unentwegten" Blätter wie die „Vossische Zeitung" mit ihrem harmlosen Ge folge sprechen es ihnen getreulich nach — die Sozialdemokratie mehr stärken und kräftigen als ein Sozialistengesetz. Und doch wehren sie sich mit Hand und Fuß gegen ein solches Gesetz und entfesseln die bekannten „Entrüstungsstürme des Volkes" gegen alle Pläne der Regierung, welche auf eine straffere Hand habung des Vereins- und BcrsammlungsrechtS Hin zielen! Auch eine andere Bemerkung des Richterschen Blattes ist interessant. Es erklärt nämlich: „In jedem Falle erhält das Herrenhaus durch die National liberalen Gelegenheit, im Hochsommer hochpolitische Debatten zu veranstalten Daß diese Debatten nicht dem Interesse des Liberalismus oder dem Ausgleich zwischen Regierung einerseits und dem Reichstage anderseits dienen werden, sondern um gekehrt darauf ausgehcn, Öl in das Feuer zu schütten und womöglich einen Konflikt anzuschüren, liegt auf der Hand." Also das Herrenhaus will den Konflikt und gießt Öl in das Feuer, Hrn. Richters unverfrorene Wenk ungen aber in seiner „berühmten" Reichstagsrede sollten wahrscheinlich dem „Ausgleich" bestehender Konflikte dienen. Wie wahrheitsgetreu ist doch dieses Bild! Neber Rußlands Gesinnung den (Kriechen gegenüber giebt die nachstehende Auslassung des bekannten St. Petersburger Ossiziosus der „Polit. Corr." einige Auskunft. Tie Wärme, mit der hier die „lebhaften Sympathien" sür Griechenland betont werden, hat übrigens wohl mehr den Zweck, den Griechen anzu deuten, daß sie auf starke russische Antipathien zu rechneu haben würden, wenn sie sich noch länger den Forderungen d.r Mächte gegenüber halsstarrig zeigen sollten. Die Auslassung lautet solgendermaßen: In der öffentlichen Meinung Griechenlands giebt sich saft seit dem Beginne der jetzigen Krise gegen Rußland wegen dessen Haltung in der kretcnsischen Frage sowie gegenüber dem griechisch-türkischen Konslitic große Gereiztheil kund Tie Griemen sind eben, seitdem sic das Kreta Fieber ergriffen halte, nichl im stände, die Ereignisse, die politischen Notwendigkeiten und die gesamte Situation nüchtern zu beurteilen Man hatte in Äthen den Ernst und die Ausrichligkcit der Mahnungen der Mächte verkannt, man hatte sich dem Jrrtume hingegeben, daß es Griechenland möglich sein werde, den Willen Europas durch die Schaffung eines tuit »oeompli auf Kreta zu vereiteln, und man halte den unbegreiflichen Leichtsinn, einen Krieg mit der Türkei unausweichlich zu machen, obgleich doch alle auch nur balbwegs besonnenen Griechen vielleicht noch klarer als das Ausland erkennen konnten, daß ein kriegerischer Erfolg gegenüber der Griechenland militärisch jo weit überlegenen Türkei ausge schlossen war und daß eine solche Eamvagne das wirtschaftlich ohnehin fo fchmache Land in hohem Maße entkräften müsse. Daß Rußland bei allen Sympathien sür Griechenland und bei oller Teilnahme für die kretensnchen Christen ebensowenig wie die anderen Mächte an dem Prinzipe der Erhaltung der Integrität der Türkei rütteln lassen durfte, daß die Zulassung einer Erschütterung dieses Prinzips die bedenklichsten Rück wirkungen aus der Balkanhalbinsel hätte Hervorrufen können, und daß daher alle aus die Bewahrung des Friedens bedachten Kabin-ttc die Losreißung eines Gebietsteiles von der Türkei nicht dulden dursten, wurde schon fo oft und in so über zeugender Weise dargclegt, daß eine neuerliche Entwickelung dieser Argumente völlig überflüssig wäre. Nur die Griechen ließen sich bedauerlicherweise nicht überzeugen und jetzt, wo sie die traurigen Folgen ihres Starrsinnes über sich ergehen lassen müssen, sind sie gegen diejenigen erbittert, welche alles versucht hatten, um sie vou gefährlichen Unbefonnenheiten zurückzuhalten Wenn man einmal in Athen den ganzen Verlaus der aus der Kreta-Frage entstandenen Krise mtt ruhigem Blute betrachten wird, dann wird auch eine gerechtere Beurteilung des Verhaltens Rußlands nicht aus bleiben, und man wird erkennen, daß Rußland immer von Nansens Neisewerk. Noch niemals hat eine Forschungsreise die Aufmerk samkeit und die Teilnahme aller gebildeten Völker und aller Kreise derselben in solchem Maße auf sich gelenkt, wie des Norwegers Fridtjof Nansen 'Nordpolarfahrt Der Hinweis auf die Leichtigkeit, mit welcher sich jetzt alle irgendwie bedeutenden Nachrichten in kürzester Zeit überall hin verbreiten, und die durchschnittliche Höhe der allge meinen Bildung, welche heute viel weitere Kreise, als in früheren Zeiten, die Bedeutung wissenschaftlicher Errungen schaften zu begreifen befähigt, vermögen diese Erscheinung nicht zu erklären: sie hat ihren Grund vielmehr in der kraftvollen Persönlichkeit, dem klaren Denken und folge richtigen Handeln und dem beispiellosen Erfolge des Rei senden, welche sich die Bewunderung und Begeisterung der Zeitgenossen geradezu erzwingen Begriff man dies schon, als man Jahre hindurch von der Entstehung des Planes der Expedition und den Vorbereitungen zu seiner Aus führung, dann von der beginnenden Durchführung und der glücklichen Vollendung hörte, so wird es noch viel deutlicher, wenn man im Zusammenhänge den ganzen Ver lauf der Expedition in ihren Einzelheiten verfolgt, wie es durch Nansens Neisewerk ermöglicht ist. Dieses liegt jetzt in zwei starken Bänden vollendet vor unter dem Titel: „In Nacht und Eis Die norwegische Polar expedition 1893 bis 1896 Von Fridtjof Nansen Mit einem Beitrag von Kapitän Sverdrup." (Leipzig, F. A Brockhaus, 1897.) Wir verschaffen uns nach demselben zuerst einen Überblick über den Verlauf der Expedition, was bei den vielen zusammenhanglosen Einzelnachrichten und Teilschilderungen, die man in der periodischen Litteratur Jahre hinvurch lcsen konnte, be sonders notwendig erscheint, und kennzeichnen dann kurz die Eigenart des Werkes und die Hauptergebnisse der Expedition, soweit sie sich bisher feststcUen lassen Schon Nansens Plan wich von dem seiner Vorgänger freundschaftlichen Gesinnungen gegen Griechenland erfüllt ge wesen ist. Man beklagt es in St Petersburg aus das Leb hafteste, daß Griechenland durch die Wunden, die ihm der Krieg gefchlagen, schwer zu leiden haben wird, und die russische Regierung wird gewiß nichts unterlassen, um die Nachwehen dieses Feldzuges zu verringern Diese Teilnahme sür Griechen land trat deutlich in dem Telegramm zu Tage, dar ter Zar an den Sultan gerichtet und durch das er die Einstellung der Feindseligkeiten herbeigesührt hat, und ebenso zeigt sie sich in der entschiedenen Stellungnahme des St. Peters burger Kabinetts gegen dir übertriebenen Friedens bedingungen der Türkei. Man ist somit in Rußland weit entsernt von dem Standpunkte, daß Griechenland jetzt einfach die Konsequenzen feiner Fehler zu tragen habe Man läßt fogar den Griechen die Gerechtigkeit widerfayren, daß die Mehrheit der selben eigentlich die traurigen Ereignisse nicht selbst herbeigesührt, sondern nur nicht die Krast besessen habe, dem Fanatismus einiger taufend Agitatoren Widerstand zu leisten. Man hegt auch volles Mitgefühl mit dem griechifchcn Königshauje, das sich auch seinerseits der durch die geheimen Gesellschaften und aus wärtige Einflüsse hervorgerufenen und rasch mächtig gewordenen Strömung nicht entgegenstellen zu können meinte, obgleich es sich über die ungeheueren Gefahren der Situation ganz klar war, sowie auch darüber, daß sich die Volksregierung bei einem unglücklichen Ausgange des Krieges gerade gegen die Dunastie kehren könnte. Die Griechen sollten endlich einsehen, daß sie ihre jetzige Lage nur sich selbst zuzuschreiben haben, und daß Rußland, ebenso wie es aus Wohlwollen für Griechenland beim Ausbruche der Krise in Athen am energischesten vor gefährlichen Schritten gewarnt hat, auch jetzt wieder feine lebhaften Sympathien sür die Griechen durch sein nachdrück liches Austreten behuss möglichster Erleichterung der Friedensbedingungen bekundet Tagesgcschichte. Dresden, 1. Juni. Ihre König!. Hoheiten der Prinz Georg und die Prinzessin Mathilde werden heute nachmittag 3 Uhr 57 Min. von Sibyllenort nach Dresden bez. Hosterwitz znrückkehren. Deutsches Reich. * Berlin Beide Kaiserliche Majestäten unter nahmen gestern morgen einen Spazierritt in die Um gebungen Potsdams Nach dem Neuen Palais zurück gekehrt, nahmen Se Majestät der Kaiser die Vorträge des Chefs des Zivilkabinetts, des Reichskanzlers und die Marinevorträge entgegen — Wie berichtet wird, ist das Befinden des Fürsten Bismarck gegenwärtig ein sehr gutes Der Fürst macht täglich ausgedehnte Spazierfahrten Auf die geplante Badereise scheint zur Zeit verzichtet worden zu sein Die Schiffe des Panzergeschwaders werden, wie aus Kiel gemeldet wird, in der Zeit vom 31 Mai bis zum 5 Juni außerhalb des Hafens mehrere Tage Uebungsschießen mit Geschützen nach den vom Aviso ge schleppten Scheiben abhalten In der Woche nach Pfingsten finden die Vorbereitungen sür die Inspizierung durch den kommandierenden Admiral statt und die Schiffe bleiben dazu im Hafen oder machen nur kleinere Fahrten in die Kieler Bucht. Tic Inspizierung füllt dann die nächste Woche aus, während welcher Se. König! Hoheit Prinz Heinrich mit S M S „König Wilhelm" sür vierzehn Tage das Geschwader verläßt, um an den Jubiläums- seierlichkeiten in England teilzunehmen Die Panzerschiffe verbleiben bis zum Schluß der Regatten des Kaiser!. Jachtklubs, bis zum 5. Juli, in Kiel und treten dann längere, die Herbstmanöver vorbereitende Fahrten in der Ostsee an Für ein größeres gefechtsmäßiges Schießen im östlichen Teil der Ostsee im August, bei dem Se Majestät wahrscheinlich anwesend sein wird, ist ein älteres Kauf fahrteischiff angekauft worden, welches bereits in voriger Woche nach der Werft Kiel geschleppt worden ist, um dort als Scheibe vorbereitet zu werden. — Die Abgg v Mendel-Steinsels und Gen. haben im preußischen Abgeordnetenhause einen Antrag ein- gcbracht, wonach die König! Staatsregierung aufgesordcrt werden soll, a) die amtliche Kontrolle für alles zum öffentlichen Verkaufe gelangende Fleisch in die Wege zu leiten; b) für die Fleischbeschau allgemein giltige Vorschriften zu erlassen; e) im Bundesrat dahin zu wirken, daß im Ausland geschlachtete Tiere sowie alle Fleischwarcn fremdländischen Ursprunges hinsichtlich der Kontrolle ebenso wie die des Inlandes behandelt werden sollen wesentlich ab Bisher hatte man teils durch die Reihe von Meeresstraßen, die zwischen der Westseite Grönlands und der Ostseite des nordamerikanischen Polar-ArchipelS nach Norden zeigt, teils zwischen Grönland und Island hindurch oder östlich von Island vorbei gegen den Nord pol vorzudringen versucht; Nansen dagegen wühlte die Nordküstc Asiens als die Basis seines Unternehmens Nansens Vorgänger setzten ihre Hoffnung auf die Möglich keit, durch die Eismassen hindurch in ein offenes Polar- meer zu gelangen und durch dieses oder bez Einschließung durch das Eis mittels Schlitten und Böten womöglich den Pol zu erreichen; Nansen wollte sich mit seinem Schiffe vom Eise einschließen und sich mit diesem willen los von einer von ihm vorausgesetzten Meeresströmung nach der Gegend des Nordpols treiben lasten Der Gedanke an das Vorhandensein einer solchen Trift war bei ihm durch Gegenstände entstanden, die, von der 1881 in der Gegend der Neusibirischen Inseln zu Grunde gegangenen Expedition der „Jeannette" herrührcnd, aus einer Eisscholle an der Südwestküste Grön lands bei Julianehaab «»geschwommen waren, und durch ein bei Godthaab, ebenfalls an der Westküste Grönland- gelegen, gefundenes Wursholz, von dem angenommen wurde, daß es von der Küste von Alaska stammen müsse. Nach Nansens Abreise wurde allerdings von Nordamerika aus nachzuweisen verbucht, daß die bei Julianehaab ge fundenen Gegenstände nicht von der Jeannette Expedition herrührten, und von anderer Seite wurde die Herkunft des Wurfholzes aus Alaska bezweifelt, allein cS blieben immer noch die anderen Gründe Nansens übrig, wie der sibirische Ursprung der Treibholzmassen an der Ostküste von Grönland und des auf dem Eise zwischen Grönland und Island gesunkenen Schlammes, ferner die Winde und Luftdruckverhältniste über dem Polarmeere und die trotz der starken Kälte geringe Dicke des Eises aus der sibirischen Seite des Polarmeeres im Vergleich zu den mächtigen EiSmasten an der Ostseite Grönlands Nansen dachte sich
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