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Uchrg. Donnerstag, 3. RovVr. 1864. Mcheistt: Täglich früh 7 «Hk. Anserste nxrdrn angenommen: bis AbendSS,Eon«- tagS bis Mittags IS Uhr: Marienstrage 18. Anzeig- in dics. Blatt«, da« jetzt in IvM« Exemplaren erscheint, finden eine cesolgrrich« Verbreitung. Moirnemenl: BietteljLhrlich 20?!^ bei unentgeldlicher 5!^-» serung in's Ha»r. Durch die König!. Pos? vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngri >1 Tageblatt für Unterhaltung und Mit> Druck und Eigeulhum der Hc: '«gere. /> Theodor Drobisch. E ' - _ ^ ^ Ueichardt. — Lcrantwottlichcr Redacteur: Julius Reichordt» Anseratenpreise: Flir den Raum rin» gespaltenen Zeile: t Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeilr L Ngr. Dresden, den 3. November. — Ihre Majestäten der König und die Königin nebst Ihrer König!. Hoheit der Prinzessin Sophie und Ihrer K. K. Hoh. der Erzherzogin Antoinette haben gestern Mittag Schloß Weesenstein verlassen und das hiesige Königliche Residenzschloß bezogen. — Heute Vormittag um 11 Uhr werden in der hiesigen katholischen Hofkirche die feierlichen Exequien für die verstor benen Mitglieder unseres allerdurchlauchtigsten Königshauses abgehalten. — In letzter Gewerbevereinssitzung wurden von Herrn Kaufmann Harnapp papierdünne Holzsourniere zu Carton- nagen-Arbeiten rc., sowie aus denselben gepreßte Holz-Imita tionen vorgelegt, die allgemeine Bewunderung erregten. Herr Fabrikdirector Pütter hatte das Modell eines schwedischen Kriegsschiffes mit vollständiger Takelage, welches früher der Schifffahrtsschule in Greifswalde gehörte, gekauft und schenkte es dem Vereine. — Herr Buchdruckcreifaktor Frah- nert legte ein Exemplar der Wiener Gewerbezeitung vor, deren Annoncen in 3 verschiedenen Farben gedruckt sind. Aus Brand wird die Bildung eines neuen Gewerbevereins gemeldet. Der Gewerbeverein zu Großenhain ladet zur Theilnahme an seinem Stiftungsfeste ein. Der Sekretär und ein Mitglied des Ver waltungsraths werden ersucht, im Namen des Vereins sich dabei zu bctheiligcn. — Der Vorstand der „gewerblichen Schutzgcmeinschaft' übersendet seine Berichte und ladet den Verein zum Beitritt ein. Der Verwaltungsrath soll erst Be richt erstatten. — Herr Heber theilt mit, wie man mittels eines Rotationsapparates dem Stahle seinen Magnet entziehen könne. — Herr Ed. Clauß aus St. Gallen legt ein dickes Buch mit Zeugnissen vor, welche sämmtlich sein Stahlhär tungsverfahren loben und erbittet sich, sein Rrcept für 10 Thaler abzulaffen und gegen Vergütung von 20 Thlrn. eine Probe vorzunehmen. — Herr Telegraphcn-Veamter Sehferth weißt in einem längeren, sehr sorgfältig ausgearbeiteten Vor träge nach, daß zur Telegraphie mehr gehöre, als Frauenar beit, und daß, ehe Frauen zum Telegraphiren verwendet wer den könnten, dieselben einen ganz anderen Bildungsgang durchmachen müßten, als es jetzt üblich sei. Der Vortragende berührt die Garantie, die das Publikum von einem Tclegra- Phen-Jnstitute verlangt, erwähnt einen Fall, wo in Folge der Weglassung eines Fragezeichens ein Schaden von 2000 Thlrn. und ein Proceß entstand, der bereits 8 Jahre spielt (Kaufen Sie 120 Ohm Oel f?>), und beruft sich darauf, daß Jeder, der einen Blick in den Geschäftsgang größerer Bureaux gethan, auch die Ueberzeugung müsse gewonnen haben, daß hier von rein mechanischer Arbeit nicht die Rede sein könne, daß hier mehr verlangt werde, als in mancher anderen Branche. Nicht nur das bloße Abschreiber: und Ucbersetzen telegraphischer Schriftzeichen, sondern auch geistige Fähigkeiten, Umsicht und Gewandheit gehöre dazu, um den von Seiten des Publikums jetzt, in der Zeit des allgemeinen Fortschritts, an das Tele grapheninstitut gestellten Anforderungen in jeder Hinsicht ge recht zu werden. Die Telegraphenbeamten dürften hoffen, daß man ihre Arbeit nicht mit Frauenarbeit identificire, daß man ihre Beschäftigung nicht für eine, gleichsam „des Mannes un würdige" halte. Wenn Annoncen, wie: „Eine Gouvernante, welche in allen (!) Wissenschaften gründlichen (!) Unterricht ertheilt, Französisch und Englisch ganz fertig (!) spricht, auch im Klavierspielen tüchtig (!) ist, sucht rc." nur einigermaßen die Wahrheit träfen, dann könne man eher von Anstellung der Frauen beim Telegraphendienste sprechen. Der Bildungs gang der Mädchen sei aber von dem des Knaben zur Zeit noch weit verschieden, und man werde nicht eher weitere An forderungen an das weibliche Geschlecht stellen können, als bis auch für dieses der Unterricht eine Umgestaltung, eine Bevor zugung der praktischen Seite erlangt haben werde, auch für dieses Fortbildungs- und Fachschulen aller Art errichtet sein würden. In England gebe es bereits Vereine, die solche Ziele erstrebten. — Wo man bis jetzt Frauen in der Tele graphie verwende, geschieht dies nur für den internen, nicht für den ausgedehnteren nationalen Verkehr, und nicht im Staats dienste. sondern im Dienste von Privatgesellschaften, auf dem Continentc, auch nur aushilfsweise unter Verantwortlichkeit der Väter oder Gatten. Nachdem der Vortragende noch zahl reiche Bedenken, die aus der Natur und Bestimmung der Frauen hervorgehen, gegen die Verwendung der Frauen in der Telegraphie hat sprechen lassen, kommt derselbe zu dem Re sultate: „So lange wir nicht durch Fachschulen speciell dazu vorgebildete Frauen haben, wird das Telegraphiren vorzugs weise und in der Regel in den Händen der Männer bleiben müssen und nur bei kleinen Stationen mit unbedeutendem Ver kehr, werden neben einem, als Vorstand fungirenden männ lichen Beamten, ein oder zwei Frauen zur Aushilfe möglicher weise vortheilhast verwendet werden können." Eine sich an knüpfende, lebendige Dthatte brachte keine wesentliche Aender-' ung in vorstehendes Resultat. — Vorvorgestern Nachts in der 12. Stunde erregte ein nächtlicher Auflauf auf detr Wall- und Wilsdruffer Straße, Altmarkt u. s. w. viel Aufsehen, welcher durch eine große An zahl junger Leute, ohngefähr 18 bis 20 an der Zahl, durch lautes Schreien, Zurufen, Fechten mit den Stöcken rc. verur sacht wurde. Der Skandal nahm dermaßen überhand, daß sich schließlich die Nachtwächter Hineinmengen, sämmtliche Lärmer zur Ruhe und zuletzt hinter die Frauenkirche bringen mußten Wie wir hören, waren diese junge Mannschaften sämmtlich hier studirende Polhtechniker. — Herr Geh. Rath rc. I>r. Carus, welcher gestern vor 50 Jahren in Dresden, durch Berufung in den königl sächs. Staatsdienst, seine Heimath erlangte, hat der hiesigen Armen versorgungsbehörde in Bezug hierauf 100 Thaler als Geschenk zur Vertheilung an würdige, verschämte Arme übergeben. — Bei beiden Expeditionen hiesiger Sparkasse wurden im verflossenen Monat Oktober 59,993 Thlr. von 2739 Par teien eingelegt und 53,015 Thlr. von 1607 Parteien zurück gezogen, dabei aber 590 neue Bücher ausgestellt und 342 erloschene zurückgeliefert. Die Kasse hatte sonach eine Mehr einnahme von 6878 Thlr. — s. Eine seltne und erhebende Feier fand am Mittwoch Statt; an diesem Tage waren es 50 Jahre, daß der Geheime rath rc. i>. Carus als Professor der mediz. chirurgischen Aka demie in den sächsischen Staatsdienst trat. Die k. k. Leopol- dinische Carolinische Akademie ergriff diese Gelegenheit, um die sen Ehrentag ihres verehrten Präsidenten durch eine besondere Feier zu begehen. Zu diesem Zwecke versammelten sich die vielen Freunde und Verehrer des Gefeierten Vormittags 11 Uhr in dem Hörsaale des naturhistorischen Museums im Zwinger, wo derselbe. von den HH. Staatsministcrn von Beust und von Falkenstsm begrüßt und durch eine längere Festrede des Herrn Hofrath Neichenbach auf die großen Ver dienste hingewiesen wurde, die sich der Jubilar durch seine Schriften und Thaten um die Wissenschaft, um das Vater land uud um die gesammte Menschheit erworben, und knüpfte der Redner hieran die Mittheilung, wie eine Anzahl Verehrer des Jubelgreises ihren Gefühlen keinen besseren Ausdruck zu geben vermocht, als durch die am heutigen Tage vollzogene Gründung einer Carus-Stiftung/ die den Zweck haben soll, jungen Männern, die sich im Geiste des Gefeierten den Wis senschaften zu widmen gedächten zu unterstützen und seinen Namen als Vorbild leuchten zu lassen. Nachdem der Jubilar hierauf in rührenden Worten gedankt, ergriff Herr Staats minister von Beust das Wort, um ihm Namen dessen, dem er als treusorgender Arzt Jahre lang zur Seite gestanden, im Namen Sr. Majestät des Königs, zu beglückwünschen, und ihm als Zeichen von dessen gerechter Würdigung seiner hohem Verdienste das Großkreuz des Albrechtsordcns zu überreichen. Seiten des Hannoverschen Gesandten ward ihm der Stern des Guelphenorden übcrbracht. Nachdem hierauf noch der Geheime Oberbcrgrath Nöpperath aus Bonn dem Jubilar durch einige herzliche Worte begrüßt, überreichte Herr Iw. Drechsler demselben im Auftrag der naturforschenden Gesell schaft in Moskau mit kräftigen begeisterten Worten das Dip lom zum Ehrenmitgliede derselben; schließlich brachte Herr Ober bürgermeister Pfotcnhauer im Namen der Stadt, deren Stolz und Zierde der würdige Jubilar noch lange bleiben möge, seinen Glückwunsch zu dem heutigen Ehrentage dar. Am Nachmittag versammelte ein heiteres Festmahl in den Räumen der Harmonie die zahlreichen Verehrer und Freunde um die Person des jugendlich rüstigen und allgemein verehrten Greises. — In Zwickau feierte am 1. d. M. der Direktor der dortigen Strafanstalt, Regierungsrath Ritter rc. d'Alinge, sein 25jähriges Staatsdicnerjubiläum Je weniger der Jubilar seinerseits geneigt gewesen, diesem Tage eine besondere Bedeu tung beizulegen, um so ergreifender mußte ihm die tiefgehende Theilnahme sein, welche sich an demselben in verschiedener Weise aussprach. Unter Anderm wurde ihm im Namen sämmt- licher Beamten der Anstalt ein kleines Capital überreicht als Grundlage einer künftigen d'Alinge-Stiftung, deren Interessen dafür verwendet werden sollen, armen Gefangenen, welche die verschiedenen Erziehungsstufen der Anstalt in vertrauenerweck ender Weise durchlaufen haben, den Wiedereintritt ins bürger liche Leben angemessen zu erleichtern. Möge der ausgezeich nete Mann, dem die Entwickelung des hiesigen Strafanstalts- Wesens so viel verdankt, die Freude haben, auch diesen seinen, wie wir hören, langgehegten Liehlingsgedanken recht bald ver wirklicht zu sehen. — Eine kirchliche Einsegnung gewiß seltener Art findet nächsten Sonntag in der hiesigen Krcuzkirchc statt. An die sem Tage tritt der alte erblindete 83jährige ehemalige Schuh machergesell Heinrich Hoffmann mit seiner 92 Jahre alten Gattin vor den Altar, an welchem sie vor fünfzig Jahren die Ringe wechselten. Die greise Jubilarin war vorher schon zwölf Jahre lang verhcirathet und Heinrich Hoffmann ist der zweite Ehegenosse, der als Soldat die Schlachten bei Jena und Danzig mitgekämpst hat, seit 32 Jahren aber in völliger Blindheit sein Dasein vollbringt. Die Jubilarin, im Jahre 1772 zu Dresden geboren, leidet seit länger denn drei Jahr- zehnden an der Gicht, ist aber geistig so gekräftigt, daß sie noch jetzt Gesangbuch-Lieder von zehn bis zwölf Versen aus wendig lernt und somit laut ihren Schöpfer preis't, dessen Gnade ihr ein so hohes Alter verliehen. Mit hoher Achtung und dennoch tiefer Wehmuth, betrachteten wir gestern das alte gute Mütterchen, das Lüttichau-Straße Nr. 14 im vier ten Stock wohnt. Fast hundert Jahre am Wege des Lebms und des Trübsals viel bis zu dieser Stunde. Vielleicht bricht durch den düstcrn Novembertag ein Heller Strahl der Freude, welch r das Herz erwärmt wie alter Wein, und diese Freuds, diesen erheiternden Genius des Lebens wollen wir dem treuSL.' alten Jubelpaare von ganzem Herzen wünschen. G — In der Nacht des 27. d. M. verunglückte auf 1<! Kohlenwerke der Herren Kraft und Lücke zu Bockwa der Haus besitzer und Kohlenarbeiter Wünsche aus Wilkau. Derselbe hinterläßt eine Frau mit zwei kleinen Kindern. — An dem selben Abende brannte das Wohnhaus, die Scheune und Stallung der verehel Paul in (Wendisch) Luppa bis aus den Grund nieder. Gegen 36 Schock Getreide, 40 Scheffel Kartoffeln, sowie der größte Theil des Mobiliars wurde von Flammen zerstört. Paul war während des Feuerausbruchs auf dem Felde, dessen Frau und deren Schwester bemerkten im Hause nicht eher etwas davon, als bis die Nachbarn zum Löschen kamen. Beim Heraustritt fiel ihnen das Feuer vom Dache bereits auf die Köpfe. — Tags darauf brach bei dem Gartennahrungsbesitzer Kretzschmar in Neutaubenheim, in einem Schuppen Feuer aus, durch welches in kurzer Zeit Schuppen und Scheune total, das Wohnhaus aber bis auf die Umfassungsmauern eingeäschert wurden. Die allerseits herbeigeeilte Hülfe hat glücklicherweise die Gefahr für die Nachbarn beseitigt. Die in dem Schuppen aufbewahrte, wohl etwas feucht eingebrachtc Streu soll zuerst gebrannt haben.— In der Nacht des 29. v. M. brannte das Wohnhaus des Maurer Dürr in Remse nieder. Das Feuer brach unter dem Dache aus und vermuthet man, daß cs durch die hölzerne Oesse entstanden sein könne. — Herr Professor Nr. Wollen hatte zum Besten der Stiftung für verwaiste hilfsbedürftige Töchter Kgl. Sächs. Staats-Beamten zum 7. November eine Vorlesung arrangirt, welche das interessante Thema behandeln sollte: Das Sprüch- wort in seiner Beziehung zum socialen Leben." Da aber Wider Erwarten gerade an diesem Tage, eine Wiederholung des Patti-Concertes stattfinden wird, so haben die bereits gedruckten Einladungsschreiben wieder kassirt werden müssen. Beregte Vorlesung ist sonach auf Montag den 14. November verlegt worden. — Dieser Tage kam in der Nähe von Großenhain der Fall vor, daß durch Phosphorlatwerge, mit der man Feld mäuse vergiften wollte, eine Kuh, ein Kalb und eine größere Anzahl Gänse, welche auf dem betreffenden Acker weideten, um's Leben kamen. — Vor etwa 9 Monaten war aus einem Gute zu Lehma bei Altenburg eine Kuh entsprungen, die den Weg in den Kammerforst gefunden hatte und dort trotz aller Bemühungen nicht wieder eingefangcn werden konnte. Durch den Genuß der Freiheit war das Thier allmählig in einen Zustand gro ßer Wildheit gekommen, durch die cs leicht hätte gefährlich werden können. Am letzten Donnerstag hatte sich daher ein? ziemlich zahlreiche Jagdgesellschaft zu seiner Verfolgung atts-r gemacht. Erst nach mehreren Treiben gelang es, das Thi». so zu stellen, daß cs durch 4 oder 5 Kugeln erreicht renk e»' legt ward. — Den mannigfachen Unannehmlichkeiten längerer Eisen- bahnfahrtcn, denen abzuhclfcn unmöglich ist, werden oft noch solche hinzugesügt, denen sehr wohl von einer für das Wohl befinden und die Bequemlichkeit der Reisenden fürsorglichen Eisenbahnvcrwaltung ein Ende gemacht werden könnte. Unter diesen Unannehmlichkeiten ist eine der größten die Mitnahme von Kindern, welche sich noch in dem hilflosen Alter der Säuglinge befinden. Wir sind außer Stande, alle die Vor fälle deutlich zu schildern, welche Reisenden in dieser Beziehung begegnen, aber auch ohne dctaillirte Beschreibung wird man sich denken können, wie oft das Auge, die Nase und das Ohr der Mitreisenden durch solche Kinder in der unangenehmsten Weise maltraitirt werden. Man b>stimme einfach ein beson deres Coupö für alle diejenigen Personen, welche mit Säug lingen reisen, und die Roth hat ein Ende. — Unglücksfälle in Folge des Durchgchens von Pferden kommen immer noch häufig vor; cs kann daher ein sicheret Anbindcn der Gespanne, sobald sic der Führer verlassen