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Ur. 14. Friedrich Georg Wiecks 1884. li. Sachsens Bergbau und das neue Berggesetz. Der erste Entwurf eines allgemeinen Berggesetzes für daS König reich Sachsen ist kurze Zeit nach seinem Erscheinen (im vorigen Jahre) zurückgezogen worden, da sich die öffentliche Meinung mit großer Entschiedenheit gegen die darin entwickelten Grundsätze aussprach, und gegenwärtig liegt den Landständen ein neuer Entwurf vor, über dessen Schicksal in den nächsten Wochen entschieden werden wird. Der Bergbau selbst bildete im Königreich Sachsen den Anfang von dessen kulturhistorischer Entwickelung, und Jahrhunderte lang war die Sorgfalt der Fürsten fast ausschließlich auf seine Hebung gerich- tet. Neben den reichen Erzen, die schon in den oberen Teufen reiche Ausbeute versprachen und den Zuzug von Kapital und Arbeitskräf- »ii aus allen Theilen Deutschlands in s Leben riefen, kam besonders der Holzreichthum des Gebirges dem neuen Erwerbszweige trefflich zu Statten. Edle und halbedle Metalle bilden selbst bei erschwerten Verkehrsmitteln einen leicht zu versendenden Handelsartikel; die hohen Preise der edlen Metalle wurden erst in ziemlich später Zeit durch den Silberreichthum der spanisch-amerikanischen Provinzen herabgedrückt und innerhalb des Landes ward der Bergbau durch zeitgemäße Gesetze geregelt, wirksam unterstützt und mit mancherlei Vorrechten ausgestattet. Die spätere Zeit war indessen für den säch sischen Bergbau nicht gleich günstig. Der Werthsverminderung der Metalle stand oft ein geringerer Procentgehalt der Erze und die höheren Abbaukosten größerer Teufen gegenüber; der Husfitenkrieg, der 30jährige und 7jährige Krieg Ichlugen dem Bergbau tiefe Wun den, da sie ihm das nöthige Kapital entzogen, nnd in Folge dessen ist es, abgesehen von einer kleinen Zahl gegenwärtig noch ziemlich reicher Gruben, weniger dem Reichthum der unterirdischen Schätze, sondern mehr der angestrengten Sorgfalt des Betriebs und, wie nicht genug hervorgehoben werden kann, den Fortschritten des Hüttenwe sens in der Aufbereitung armer Erze zu danken, daß die gegenwär tige Metallproduktion immer noch beachtenswerth ist. In der Haupt sache fehlt es aber dem sächsischen Metallbergbau — und zwar in allen seinen Branchen, vom Silber bis zum Eisen — an Betriebs kapitalien, um in den größeren Teufen die vorhandenen Wasscrmassen bewältigen zu können, um so viel als möglich anstatt der häufig feh lenden oberirdischen Wässer die Dampfkraft zn Hilfe zu nehmen, end lich um den Kleinbetrieb und seinen unwirthschaftltchen Abbau der Erzgängc zu beseitigen und einen möglichst concentrirten Großbetrieb an dessen Stelle zu setzen. Außer der Beschaffung billiger Absatzwege und Bezugsquellen mit Hilfe von Bahnverbindungen möchte jeden falls die Umwandlung der veralteten Einrichtung der Kuxantheile in die zeitgemäßere und präcisere Form der Aktiengesellschaften empfeh- lenswerth sein, und wird sich die Verwerkschaftung mehrerer Zechen zur Vereinigung der bisher zersplitterten Betriebsmittel auf eine oder wenige, aber dann auch energisch bebaute Gruben nur auf diesem Wege am leichtesten bewirken lassen. Weit günstiger haben sich dagegen die Verhältnisse für den Koh lenbergbau gestaltet, der in der Hauptsache auf das große Zwickauer Becken und den Plauenschen Grund und dessen Umgebung beschränkt ist. Der Bergbau auf brennbare Mineralien ist in Sachsen dem Berg regal nicht unterworfen, d. h. der Staat betrachtet sich nicht, wie bei dem Regalbergbau als Eigenthümer der unterirdischen Schätze, um sie dem glücklichen Finder abzutreten, sondern er erkennt das Verfü gungsrecht des Grundbesitzers über alle unter dessen Areal liegenden brennbaren Fossilien an, und dem entsprechend ist auch die Gesetzge bung eine weit freisinnigere. Während der Betrieb des Regalberg baus in fast allen Punkten der besonderen Genehmigung der Berg behörden, sowie einer umfassenden speziellen Kontrole der Beamten unterworfen ist, beschränkt sich der Staat bei dem Kohlenbergbau eigentlich nur auf die Ueberwachung gewisser für die Sicherheit der Anlagen und für die zu erhaltende Gesundheit der Bergarbeiter be rechnete Bestimmungen, der Betrieb selbst ist sonst freigegeben. Und gerade mit Hilfe dieser Freiheit des Betriebs, welche dem Unterneh mer gestattet, sein persönliches Interesse nach seinem eigenen Ermessen zu verfolgen, hat sich der Kohlenbergbau in Sachsen überraschend schnell gehoben, haben sich ihm zeitweise mehr als ausreichende Ka pitalien zugewandt, hat er die Konkurrenz der englischen und schlesi schen Kohlen, wie der Kohlen des Nuhrbeckens auch außerhalb der sächsischen Grenzen siegreich bestanden. Es mag zugegeben werden, daß der Kohlenbergbau durch die Lagcrungsverhältnisse der Kohlen in den Stand gesetzt ist, mit größerer Sicherheit auf eine gewisse Rentabilität zu arbeiten, während der Mctallbergbau keine Sicher heit hat, daß eine reiche Erzader plötzlich wider alles Erwarten in taubes Gestein verläuft, doch aus den Erfolgen, welche beide Er werbsbranchen in Sachsen aufzuweisen haben, läßt sich wenigstens die eine Thatsache erkennen, daß die Freiheit des Betriebs dem Koh lenbergbau ebensowenig nachtheilig gewesen ist, wie die sorgfältigste Ueberwachung und Bevormundung des »staats ungünstige Betriebs verhältnisse des Rcgalbergbaus nicht zu beseitigen vermocht hat. Vergleichen wir die Betriebsresultate beider Bergbaubrancheu