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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stad« und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Di-,Fettung ericheim täglich mt, Ausnahme der gelehUchen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis betrag, bet Abholung wöchentlich 45 Apf„ he, Lieferung frei Haus Nw. Postbezug monatlich 2.80 NM. Fm Falle Höherer Gewalt oder sonstiger Berr.ebsstorunge,, ha. der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Leitung oder Aüttmhlung des 'Bezugspreises^ - Anzeigenpreise und Nachlaßsätze bei Wieder. Holungen nach Preisliste Nr. 3 sin unseren Geschäftsstellen erhältlich). Bei Konkurs und Zwangsoergleich wird der für Aufträge etwa schon bewilligte Nachlaß hinfällt» Anzeigen sind an den Erscheinungslagen bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Berlag Mohr 5 Hoffmann. Druck Karl Hoffmann und E. L. Försters Erben. Verantwortlich für Oertliches u. Sächsisches. Unterhaltungsteil. Spor, u. Anzeigenteil Karl Hoffmann. Pulsnitz. ,ür Politik und den übrigen Teil Walter Mohr. PulSnitz. D. A. II.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstt.2 u. Adolf-Hitler-S^ Fernruf 513 u. 550. Das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 64 Montag, den 16. März 1936 88. Jahrgang Die erste Ratssitzung in London Frankreich ergeht sich in Klagen Die erste Sitzung der Tagung des Völkerbundsrares wurde vom Ratspräsidenten eröffnet. Er verlas die Tele gramme der französischen und der belgischen Regierung worin der Rat mit der durch das deutsche Memorandum vom 7 März geschaffenen Lage befaßt wird. Aufgabe des Rates sei es nun. diese Mitteilungen zu prüfen. Außenminister Eden begrüßte im Namen seiner Re gierung den Rat und sprach von der Bedeutung der ge genwärtigen Tagung, die in einer feierlichen Stunde zu- fammentrete und von deren Entscheidung die Zukunft ab hänge. England teile die Besorgnisse Frankreichs und Bel- mens. Er wolle im Augenblick nur sagen, daß ein unbe streitbarer Bruch des Vertrages von Versa-illes und des Locarno-Paktes erfolgt sei. Sache des Rates werde es sein eine Lösung zu finden. Die anderen Locarno-Mächte könn ten auf die volle Mitarbeit der britischen Regierung zur Festigung des Friedens aus solider Grundlage rechnen. Hierauf legte der französische Außenminister Klandin ausführlich den Standpunkt der französischen Regierung dar. Deutschland habe den Locarno-Vertrag für hinfällig erklärt und am selben Tage Truppen in die entmilitarisierte Zone entsandt, und zwar nicht, was zunächst erklärt wor- den sei, einige symbolische Abteilungen, sondern selbst nach amtlicher deutscher Mitteilung mindestens 30 000 Mann. Wenn sich Frankreich an den Völkerbundsrat gewandt habe, so habe es einer Pflicht entsprochen. Frankreich hätte das Recht gehabt, sofort von sich aus einschneidende Maß nahmen zu treffen. Frankreich habe sich an den Rat ge- vandt in dem Vertrauen, daß die Bürgschaftspflicht, die ich aus dieser Feststellung ergebe, erfüllt werde. Frankreich ei bereit, sein Material und seine moralischen Hilfsmittel ür eine Lösung zur Verfügung zu stellen. Die von Deutschland vorgebrachten Gründe, so führte Flandin dann im einzelnen aus, seien Vorwände. Die fran zösische Regierung sei bereit, durch den Haager Gerichtshof prüfen zu lassen, ob der Locarno-Vertrag mit dem fran- öosisch-sowjotrussischen Pakt vereinbar sein. Jedenfalls be zeichne der Friedensvertrag eine Verletzung der Entmilita- kisierungsbestimmungen als eine feindselige Handlung. Das Interesse des allgemeinen Friedens, der Bestand des Völkerbundes und der Grundsatz der kollektiven Sicherheit erforderten, daß die von Deutschland betriebene Politik der vollendeten Tatsache nicht zu einem internationalen Grund satz erhoben werde Fch fordere den Völkerbundsrat aus, so schloß Flandin, Zeuge des Bruchs des Artikels 43 des Ver- sailler Vertrages durch Deutschland zu sein. Den General sekretär des Völkerbundes ersuche ich, dies den Unterzeich nermächten des Locarno-Vertrages in Uebereinstimmung mit Artikel 4 dieses Vertrages mitzuteilen. Diese Mitteilung setzt die Bürgschaftsmächte in die Lage, ihre Beistandsverpflichtungen zu erfüllen. Der Völ- kerbundsrat wird seinerseits zu prüfen haben, wie er diese Aktion durch Empfehlungen an die Mitglieder des Völker bundes verstärken kann. Der belgische Ministerpräsident van Zeeland erklärte, er wolle die Ausführungen des französischen Außenministers lediglich vom belgischen Standpunkt aus ergänzen. Der Locarno-Vertrag sei eine der wesentlichsten Grundlagen der internationalen Rechtsstellung Belgiens ge wesen. Mit tiefer Trauer und unsäglicher Bitterkeit müsse sich Belgien jetzt an den Völkerbundsrat wenden, da diese Grundlage erschüttert sei. Deutschlands Vorwände hätten für Belgien überhaupt keine Bedeutung Nichts gebe Deutsch land das Recht, seine juristischen und tatsächlichen Bezie hungen zu ändern. Der Locarno-Vertrag habe für Belgien eine einzigartige Bedeutung gehabt, da er in geradezu idealer Weise alle Bürgschaften der Unverletzlichkeit zu bie ten schien. Nach belgischer Ausfassung bestehe der Vertrag noch immer, und zwar für diejenigen, die ihm treu geblie ben feien. Der Zusammentritt des Völkerbundsrats zur Prüfung der Anwendung des Vertrages beweise, daß diese Auffassung allgemein geteilt werde Belgien werde im Rate seine volle Mitarbeit zum Wie deraufbau der internationalen Beziehungen, die allerdings durch die gegenwärtige Krise vielleicht auf Generationen hinaus schwer belastet seien, zur Verfügung steilen. In nächster Zeit aber müsse doch wieder verhandelt und unter zeichnet werden. Van Zeeland schloß mit dem förmlichen Antrag, der Völkerbundsrat möge feststellen, daß ein Verstoß gegen den Locarno-Vertrag begangen worden sei, und sofort eine ent sprechende Benachrichtigung an die Locarnv-Mäckte. ins besondere an die Bürgen, ergehen lassen. Hierauf vertagte sich der Völkerbundsrat aus Montag, 16.30 Uhr MEZ.' Einladung an Deutschland Der Generalsekretär des Völkerbundes, Avenol, hat an Deutschland folgende telegraphische Einladung gerichtet: „Unter Bezugnahme auf das Telegramm das ich der Deutschen Regierung am 8. Marz sandte, ladt der Volker- bundsrat die Deutsche Regierung als eine vertragschließende Partei des Locarnovertrages ein, an der Prüfung der Zrage der Mitteilungen seitens der Regierungen Frank- reichs und Belgiens durch den Rat teilzunehmen. Der Rat Wird im St.-James-Palast am Montag, den 1S. Marz, um 3.30 Uhr nachmittags zusammentreten." Wie der ..Daily Telegraph" in einer Spätausgabe zu '«richten weiß, bereitet die englische Regierung einen nm- ajsenden Ariedensplan für Europa vor. der erwogen werden »Ne. sobald eine Grundlage für Verhandlungen zwischen den Locarno-Mächten und Deutschland hergcstellt sei. DieVor- schläge würden sämtliche Vorschläge Hitlers miteinbeziehen. Locarno-Mächte beraten nach Ratsbeschluß Ueber die letzte Sitzung der Locarno-Mächte wurde Mgende amtliche Mitteilung ausgegeben: „Der Ausschuß "er Minister der Unterzeichner- und Bürgschaftsmächte des Locarno-Vertrages trat im Foreign Office zusammen. Nach Einem weiteren Gedankenaustausch wurde beschlossen, die , Nächste Sitzung stattfinden zu lassen, sobald der Völker- bundsrat einen Beschluß über die Mitteilung gefaßt hat, b'e ihm von der französischen und der belgischen Regierung Unterbreitet worden ist. ErmdsWich bereit Die deutsche Antwort auf die Einladung Die Reichsregierung hat die vom Generalsekretär des Völkerbundes mitgeteilte Einladung zur Teilnahme an den Ratsverhandlungen in London wie folgt beantwortet: „Ich bestätige ergebenst den Empfang Ihres Tele gramms vom 14. März, in dem Sie mir mitleilen, daß der Rat des Völkerbundes die deutsche Regierung einladel, an der Prüfung der dem Rat von der belgischen und der französischen Regierung vorgelegten Frage teilzunehmen. Die deutsche Regierung ist grundsätzlich bereit, die Ein ladung des Rates anzunehmen: sie geht dabei von der Vor aussetzung aus. daß ihr Vertreter bei der Beratung und Beschlußfassung des Rates mit den Vertretern der Rats mächte gleichberechtigt fein würde. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir dies bestätigen würden. Außerdem muß die deutsche Regierung auf folgende grundlegende Tatsache Hinweisen. Ihr Vorgehen, das der belgischen und der französischen Regierung Anlaß zur An rufung des Rates gegeben hat. erschöpft sich nicht in der Wiederherstellung der deutschen Souveränität in der Rhein landzone. sondern ist mit umfassenden, konkreten Vorschlä gen für eine neue europäische Ariedenssicherung verbun den worden. Die deutsche Regierung betrachtet ihre politische Aktion als eine Einheit, deren Bestandteile nicht voneinan der getrennt werden dürfen. Aus diesem Grund kann sie an oen oerhanoiungen oes Rates nur lellneymen, wenn sie die Gewißheit erhält, daß die in Frage kommenden Mächte bereit sind, alsbald in Verhandlungen über die deutschen Vorschläge einzutreten. Die deutsche Regierung wird sich zu diesem Zweck mit der Königlich britischen Regierung in Verbindung sehen, unter deren Vorsitz die am Rheinpakt von Locarno interes sierten Mächte in London zu Beratungen zusammengetre ten sind. .. , Der Reichsminister des Auswärtigen: Freiherr von Neurath." Der Sonntag in London Der englische Außenminister Eden verbrachte den Sonn tao im Foreign Office. Auch Ministerpräsident Baldwin war in London geblieben, nm mit der Entwicklung in FühlnivH zu bleiben. Die beiden französischen Minister Flandin und Panl-Bonconr verbrachten den Tag außerhalb Londons, .wurden aber von ihren Sachverständigen auf dem Laufenden gehalten. Der polnische Außenminister Oberst Beck hatte im Laufe des Tages eine Unterredung mit dem deutschen Bot schafter von Hoesch. England wünscht lcine Abenteuer Ruhige Prestestimmen aus London Die Londoner Sonntagsblätter bringen durchweg eme hoffnungsvolle Stimmung von der festen Entschlossenheil Englands zum Ausdruck, sich kcinessalls durch die Tatsache der Einrichtung deutscher Ariedensgarnisonen in der frü heren' entmilitarisierten Zone in Abenteuer hineinmifche« zu taffen. Die Rede des Aührcrs in München» Sie in allen Blättern an hervorragender Stelle und aus führlich wiedergegebcn wird, hat offensichtlich in England eine große Wirkung gehabt, und die Zeitungen sind bemüht, ihren Lesern durch Heraushebung von ihnen besonders sympatischen und den deutschen Ariedenswille» offenbarenden Worten den deutschen Standpunkt näherzu bringen. Zusammenfasfend ist sestzustellen. daß die Son»- tagspresse bestrebt ist, sich vom französischen Standpunkt unabhängig zu machen. Der diplomatische Korrespondent des „Observer" führt aus, daß gesetzliche Verstrickung des Locarnovertrages und der Völkerbundssatzung praktisch absurd sei und daß man deshalb Zuflucht zum gejunden Menschenverstand genom men habe, Deutschland sofort an den diplomatischen Ge sprächen zu beteiligen. Bezc-chnend für die politische Stimmung am Sonntag ist die Auffassung Scrutators in der „Sunday Times", der sagt, der Durchschnitts-Engländer glaube nicht an die Wirk lichkeit der internationalen Krise. Der Durchschnitts-Eng länder sehe keinen Grund zum Streit. Scrutator erinnert an die Worte Baldwins, daß ein dauerhafter Friede nur in Europa durch einen Dreibund zwischen Frankreich, Deutschland und England gesichert werden könne und daß dies eine geradezu ideale Lösung sein würde. Wohl sprä chen die ideellen Gründe für Frankreich, aber alle realen und praktischen Gründe seien für Deutschland. Hitlers Vorschläge böten die beste und vielleicht einzige Gelegenheit, den Frieden Westeuropas für eine Generation sicherzu stellen. Garvin fragt im „Observer": Wer könne die Forderung ablehnen, daß jedes Volk innerhalb seines eigenen Landes Gleichberechtigung haben müsse? Wer von uns wünsche, daß der ansteckende Leichnam des Versailler Vertrages wie der auf unseren Rücken befestigt werde? Hitler habe die verrosteten Ueberbleibsel des Versailler Vertrages vernichtet. Der Sowjetpakt habe die ganze Lage verändert, die mit dem Locarnovertrag beabsichtigt war. Wieder finde sich Deutschland zwischen die eisernen Wände großer Militär bündnisse eingeschlossen. Es sei nicht im Interesse Engl.w noch im Interesse der Zivilisation, daß Deutschland und Groß-Britannien einander vernichteten, um die bolschewi stische Herrschaft in Europa und Men auszurichten. Es könne keine sichere und ehrenhafte ^qelung zwischen den Völkern geben als die zwischen Si und Starken. Amtlich« Teil Seite 4