Suche löschen...
Dresdner Journal : 28.09.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188909282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890928
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890928
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-09
- Tag 1889-09-28
-
Monat
1889-09
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 28.09.1889
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
SS? — > - sta»U>P>MtAt KM » U. so kt.. v«t «a» Lui»^. S»lN»vtu-» ko»t»»tult»» vivktvd. MPMoU » Ml.; »a>»vrd»It» L« ämrU^d«, 8«vt«« GM k«ck- axt 8t«op«I»»»viü^ vü«. NNr L» L»oi» «»« L«i1» U«n« Nvdrilt »0 kk. cki»2«U«»0k1, «M »ä LL«r»«M «Mpr. NaLoÜ»,. Le»«Uvtve>>, IA»U«U »tt L«r So»- »ä U«i«rMU« Ur. tRBt. Sonnabend, den 28. September, abends. DreMlerÄumal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: ^ofrat GÜo Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 188S. -UUUdM» V» ULdSMÄtE«««» EVllX» F^. vo«»i»«o>»r ä» vr—ü»«r ^o«r»t«, »Ev«, Xrw> - Vk« - -»«—I lr—I» ». N.t Laaeemelet- t ^o^«r, »«U» -Ml«, »r«, L«t»»t,-ri»»Xr» «. M M»»«K«» Lxt. »So««, v«t«-L«»»«»-»,rU»-rn»lkXr« «. «-«r»UU»rt: D«»-« M 0o., I«U>! aerlt»»: S. ZtaLer» «M-ä/ot-»,' >»»«««, v üe^l«t«r, LE« «. »u F. L«rot » 0«. «0MUt- I»v«äiGo» «— vr««ä»«« vr««», Lviag««»—« »0. W»r»q?r«G-L««GI»», Nr. UV», Aestellungm auf da« „Dresdner Journal" für da« nächste Vierteljahr werden zum Preise von 2 M. 50 Pf. angenommen für Dre-be«: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerftrahe Nr. 20), für «»«»LrtS: bei den betreffenden Postanstalten zum Preise von 3 M. A»t«»big»»ge« aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und es werden die Gebühre« im Ankündigungs teile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" find die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. Löuigl. Expedition des Dresdner Journals. Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Amtlicher Teil. Dresden, 28. September. Auf Allerhöchsten Be fehl wird wegen erfolgten Ableben- Sr. Königlichen Hoheit de» Jnfaaten August von Portugal und Algarbien, Herzog» von Coimbra, Herzog» zu Sachsen, am Königlichen Hofe die Trauer auf eine Woche vom 30. September bi» mit 6. Oktober d. I. angelegt. Nichtamtlicher Teil. Geographische Wachrichten. Wiesbaden, 27. September. (W.T.B.) Die Königin von Rumänien ist zu mehrwöchigem Sur- gebrauche hier eiugetroffen. Wi«u, 28. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Da« „Aremdevdlatt" äußert, e» sehe keine Änder ung in der Lage Serbiens Infolge de« radikalen Wahlsieges voraus. Die meisten an den Regier- ungSavtritt der Radikalen geknüpften Besorgnisse Härten keine Bestätigung durch den Verlauf der Begebenheiten gefunden. Ein radikales Kabinert werde, den Ruhebrdürfnissen Serbien« Rech nung tragend, weiterhin die Ordnung im Innern aufrecht erhalten und seine auswärtige Haltung so eiurichten müssen, daß weder dem Laud noch den ihm befreundeten Staaten Lerlegeuheiten er- wachsen würden. Wahrscheinlich dürfte auch die Ankunft der Königin Natalie das Laud aus dieser Entwickelung nicht herauSschleuderu. Versuche, die Köulgin in da« politische Getriebe hinein- zuzirhen, »ürdeu zwar nicht unterbleiben, doch die Königin habe durch ihr bisheriges Verhalten be wiesen, daß sie die Erfordernisse der Lage und ihre Pflichten erkannt habe. Der in ihrer weib lichen Sphäre verharrenden Mutter des König« seien aller Sympathien sicher, ein etwaige« Ver lassen dieser Sphäre hingegen könne Konflikte mit König Milan heranfbeschwören, während doch die Ruhe de« Laude« uud das Jutereff« de« jungen König« erforderten, daß die getrennten fürstlichen Gatten einander nicht mehr auf serbischem Bode» al« Gegner aeg««überträten. Rotterdam, 28. September. (Tel. d. Dre-da. Journ.) Gestern in den ersten Abeudsttmdeo rissen die Streikenden da« Straßenpflaster ans und de- warfen die Polizei und die Bürgergarde mit Steinen, so daß diese wiederholt von der Waffe Gebrauch machten. Mehrere Personen wurden dvrch Säbel uud Bajonette verwundet, worauf di« Orduuug wirdrr hergrstellt wurd«. Eine am Abend abgrhaltene Lersammluug der Streikenden beschloß, die Sozialisten von der Bewegung au«- zuschlirßen, die Ordnung zu dewahreu und die Arbeitenden nicht zu hindern. Die Absendung der Kavallerie au« dem Haag wurde abbestellt. Ein Marinedetachement ist angelavgt. Rotterdam, 28. September. (Tel. d. Drerdn Journ.) Die gestrige Versammlung der Streiken den zeichnete sich durch antisozialistische Kundgeb ungen au». Auf dir Frage deS Vorsitzenden, ob unter den Versammelten Sozialisten seien, rief dir Versammlung: „Nein. E« lebe baS Hau« Ora- nien!" Einige Arbeiter, welche sich sozialistischer Redensarten bedienten, wurden aus der Versamm lung entfernt. Rom, 27. September. (W.T.B.) Die „Rifor- ma" erklärt nruerdiugS, daß für die Budgets deS Krieg« uud der Marine keine Erhöhung verlangt worden sei, der Fiuanzminister habe somit keinen Anlaß gehabt, sich einer solchen zu widersetzen. — Der „Offervatore Romano" erklärt, der Tod deS Kardinals Schiaffino sei nicht unerwartet einge- treten. Der Kardinal habe seit Frühjahr an einer Darmkravkheit gelitten, die am vorletzten Mitt woch in die entscheidende Phase getreten sei uud am Montag nach regelmäßigem Verlauf deu Tod dtö Kardinals herbeigeführt habe. St. Petersburg, 28. September. (Tel. d. DreSdn. Journ) DaS „Journal de St. PöterS- bourg" erklärt das angebliche Telegramm der „Jvdspendance beige" vom 25. September über eine Lynamitexplofion avf dem Bahnhof in Peter- Hof für erfunden. An der ganzen Nachricht sei kein wahres Wort. Sofia, 27. September. (W.T.B.) Die Leiche Stojanows ist heute nachmittag mittels Sonder- zugeS hier eiugetroffen und mit großem Gepränge nach der Kathedrale überführt worden. Auf dem schwarz drapierten Bahuhofe fand ein Trauer- gotteSdievst statt, bei welchem der Priester der her- vorragendeu Eigenschaften de« Verstorbenen ge dachte. Bei der Überführung folgten die Minister, sowie die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden dem Lricheuwagen, welchem der Kleru«, eine Ab- teilvng Gendarmerie und eine Militärkapelle vorauSgingrn. Der Leichnam bleibt bis zur Über führung nach Rustschuck in der hiesigen Kathedrale beigrsetzt. Der Leichenfeier wohnte auch der serbi- sche Agent Body bei. vretdeu, 28. September. Au» Zentralasien. In Britisch-Jndien ist man gegenwärtig sehr eifrig mit militärischen Maßnahmen zur Sicherung der Grenzgebiete im Norden gegen feindliche Einfälle be schäftigt, uud zwar handelt e» sich dabei nicht sowohl um Schutzmaßregeln gegen räuberische Afghanen- stämwe, als vielmehr um umfassende Vorkehrungen gegen einen größeren und gefährlicheren Gegner. Daß dieser Gegner Rußland ist, braucht kaum besonder erwähnt zu werden. Einzig und allein da» langsame aber unaufhaltsame Vordringen der Rusten in Mittel asien bedeutet eine wirkliche Gefahr für England» Be ¬ sitzungen in Indien und es ist darum sehr wohl be greiflich, daß man in Kalkutta ernstlich darauf bedacht »ft, gegen den zu erwartenden moSkowitischen Ansturm von Norden her bei Zeiten die notwendigen Maß- nahmen zu treffen. Welcher Art dieselbe» sind, geht an» einem Berichte der Münchener „Alla. Ztg" her vor, den wir im nachstehenden folgen lasten: Den Staaten, die sich läng» Britisch-Jndien hin unter bl» Russisch-Asien ausbreiten, wird gegenwärtig euglischerseit» ein überaus lebhafte» Interesse entgegen- getragen, und da» eifrige Werben um Einfluß er innert an die Zeiten im ersten Jahrzehnt diese» Jahr hunderts, als Napoleon sich mit dem kühnen Ge- bauten trug, an Indiens Thore al» zweiter Ali rondei von der Landseite her zu pochen. Damals sollten Persien und Afghanistan von Frankreich abgezogen werden. Heute wird von Persien ganz abgesehen, und hinsichtlich Afghanistans rechnet die indische Staat»- kunst mit der Thatsachc, daß die BundeSgenosteuschaft seine» Fürsten unsicher ble»bt und daß die dortige Bevölkerung jetzt wie vor hundert Jahren nach einem Raubzuge und einer Plünderung der reichen indischen Städte lüstern ist. Britisch-Jndien ging deshalb daran, um Afghanistan auf drei Seiten einen Gürtel von Staaten zu ziehen, die von Indien abhängig werden und im Ernstfälle weder Afghanistan ncch seinen Ver bündeten zugänglich sind, sondern sofort mit eigenen Truppen besetzt werden töauen. Im Süden wurde Quetta, früher ein unbedeutender Flecken i» einem Belutschenstaate, in eine der stärkster» englischen Fest ungen umgewandelt, und seine in eigene Verwaltung genommene Umgebung wurde in den letzten Jahren der Au-gaog-punkt einer Eisenbahn, die vorerst nach Durchstechung de- Indien im Westen begrenzenden Gebirges an dessen Westfuß endet, bis sie im Be dürfnisfalle bis in die Ebene von Kandahar vor- getrieben wird. Die politische Wandlung, die sich durch diese Besitzergreifung und die hierdurch gelungene Ausschließung de» ganzen Grenzgebietes unter der Be völkerung vollzog, spricht sich in der neuen Ordre der indischen Armeeverwaltung aus, welche dieses Gebiet deu Sipahiregimentern der südlichen Armeecorps als Werbebezirk überweist, seitdem eS dort unter der Stei gerung der Arbeitslöhne durch die Anlage von Eisen bahnen, Kanälen u. s. w schwer hält, au- Judiern das Rekrutenmaterial zusammenzubringen. Im Norden find Indien gegen Zentralasien rauhe Gebirgslandschaften vorgelagert. Tie russischen Ossi ziere erachten diese Hochtbäler für ihre Kosakenhcere nicht mehr zu schwierig, seitdem sie die nördlich vor gelagerten Teile des „Daches der Welt", wie der Himalaya in der bilderreichen Sprache der Orientalen genannt wird, dem Zarenreiche eivverleibten. Die anglo indische Presse wollte einen Einfall von dieser Seite her für unmöglich halten; aber die Regierung erinnerte sich de- Urteil», da» einer der besten Kenner de» Gebirge» schon vor Jahrzehnten dahin abgab, e» sei unbedingt nötig, daß Britisch-Jndien sich unter den dortigen Bewohnern entscheidenden Einfluß sichere, soll die zentralasiatische Frage zu seinen Gunsten ge löst werden. Seit in Kaschmir englische Beamte ein- zogen, bringt fast jede indische Post die Nachricht, daß dieser und jener kleine Gebirg-fürst, dessen Land sonst alle Jahrzehnte einmal von sich reden machte, um britischen Schutz gebeten habe^ die Inhaber dieser winzig kleinen Gebiete, die ein paar Handvoll Waffen- sähige Leute stellen, scheinen einzuseheu, daß der Trotz, den sie dem kleinen Nachbar Kaschmir zeigen durften, gegenüber dem neuen Schutzherrn nicht mehr am Platz ist. Die Regierung hat neuerdings mehrere englische Offiziere in Staaten westlich von Kaschmir al- Zivil kommissäre abgeordnet und im vorigen Jahre gegen die Bewohner der sogenannten Schwarzen Berge den englischen Namen gefürchtet gemacht. Für die Armeeverwaltung ergab sich die Not wendigkeit, da» zugänglich gemachte Gebiet auch mili tärisch besetzen zu können, nnd die Mittel hierzu findet sie in den Truppe» der Basallenstaattu. Die Not wendigkeit, gegenüber de« Vordringen Rußland» eine nachdrücklichere Verteidigung de» Reiche» zu ermög lichen, war selbst den Vasallen Britisch-Jndien» klar geworden, und in den letzten Jahren boten die mäch tigsten derselben der Regierung Geld und Regimenter zur Verstärkung der anglo indischen Armee an. Die Regierung trat über diese Anerbietungen in weitere Unterhandlungen ein, und in seiner letzten großen An sprache, welche der abgetretene Bizeköuig Lord Dufferin am 17. November 1888 zu Pattala vor einer glän zenden Versammlung von Fürsten hielt, gab er ihr Ergebnis mit folgenden Worten bekannt: „WaS wir Vorschlägen, ist ein Ersuchen an diejenigen Fürsten, die in ihren Unterthanen ein besonder» gute» Sol- datenmaterial besitzen, einen Teil ihrer Truppen auf einen solchen Grad von Brauchbarkeit zu bringen, daß sie sich an die Seite der kaiserlichen Truppen stellen können. Hierzu bedarf es größerer Anstrengungen, da heutigen Tage- zum Felddienst in Waffen, Ausrüstung, Abrichtung und Verpflegung sehr hohe Anforderungen gestellt werden müsfeu. Diese auserlesenen Regimenter stehen im Frieden unter den Befehlen ihrer Fürsten, denen auch die Ernennung der Offiziere zustebt; wir stellen aus unseren Regimentern die Abrick ter und In spekteure, statten die Soldaten mit Karabinern und Hinterladern desselben Muster» aus, w'e eS die Kaiserlichen tragen, uud werden deu einzelnen fürst lichen Brigaden je eine Batterie von vier Geschützen zuteilen. Durch diese Maßregel giebt die Regierung vor der ganzen Welt den Beweis, daß sie den fürst lichen Herrschern in diesem Reiche hohe Achtung zollt und großes Vertrauen in ihre Anhänglichkeit an die Krone Englands setzt." Seither wurde eine eigene Jnspekteurstelle der Armeen der Vasallenstaaten mit einem entsprechenden Stabe geschaffen und eine gründ lichere militärische Ausbildung derselben durch die Ent sendung von Ober- und Unteroffizieren der anglo-in- dischen Armee als Abrichter in die Wege geleitet. Weiter ist in Lahor als eine Abteilung des dortigen Kollege das erste indische Kadettenhaus gegründet worden, um darin Söhne der indischen Großen zu Offizieren der Vasallen-Regimenter heranzubildev. Diese Regimenter sind der Kern einer Organi sation, die einer großen Steigerung fähig ist. Sämt liche Vasallenstaaten zusammen uvterhqlten eine stehende Armee von 100000 Mann; ihre 58 Millionen Unter thanen sind noch an den früheren Milizdienst gewöhnt, von dem die englische Verwaltung in ihrem Gebiete schon längst absah, und lieben militärisches Wesen; in vielen kaiserlichen Regimentern stellen sie ein volles Viertel aller Rekruten. Die Fürsten finden sich durch die Anerkennung ihrer Treue zu Kaiserin und Reich geehrt und empfinden eS als eine Beruhigung, daß unter der neuen Einrichtung eine Gewähr gegeben ist für nutzbringende Verwendung der großen Summen — durchschnittlich zwei Drittel aller Verwaltungs- ausgaben — welche sie jetzt gezwungen find, zur Be friedigung der Prunksucht der Großen ihrer Länder auf das Spielen mit Soldaten auszugeben. Tagesgeschichte. Dresden, 28. September. Ihre Majestäten der König und die Königin Verden Sich morgen, Sonntag, mittags über Freiberg und Bieneumühle nach dem Jagdhaus« Reheseld begrb«n und daselbst für einige Zeit Aufenthalt nehmen. In der allerhöchsten Begleitung werden sich befin den: Hofdame Gräfin Einsiedel, Flügeladjutant Oberst- lieutenant Schmalz. Feuilleton. Zwei Brüder. L» Erzählung von Sophie JunghanS. LSortsetzung.) „Sie umgehen meine Frage," bemerkte der Vor sitzende hierauf ganz freundlich. »Lassen wir dieselbe auf sich beruhen. Da ich aber jetzt gerade Gelegen heit habe, möchte ich Sie um Auskunft über einen anderen kleinen Umstand bitten. Haben Sie jemals in Korrespondenz mit Herrn Beitel Hirsch, früher hier wohnhaft, seitdem nach Kronau übergesiedelt, ge standen?" Amanda v. Löwenstein, mit einer hageren, aber nervigen und nur der alleroberflächlichstrn Beobachtung zart erscheinenden Gestalt, besaß einen dieser Körper- lichkeit entsprechenden Willen, einen Willen von zäher, schier unzerreißbarer Fieber. Und sie hatte seine ganze Kraft jetzt nötig, um da» lähmend« Entsetzen zu be- meistern, »selche» sich ihrer eben hatte bemächtigen wollen, wenn man sich eine Schachpartie denken könnte, »selche der eine mit einem ihm mehr al» ge- roachseuen Gegner nicht mit dem üblichen Endziel, so«d«r« um Leben und Tod spielt«, so wäre di« Ver fassung A«audeu» jetzt mit der de» ersten Spieler» zu vergleiche», welcher plötzlich an ganz unervarttter Stelle zu einem Zuge genötigt werden soll, deffe» , Folgen er noch mcht zu übrrsche» vermag, »veil die furchtbare Wichtigkeit de» AuSgauge» für th« die Klarheit seine» Geiste» zu trüben beginnt, zu einem Zuge, welcher vielleicht der erste von oenen ist, durch die er nun unausweichlich matt gemacht werden wird. Frau v. Löwenstern, ehe sie antwortete, »sagte einen raschen Blick hinüber nach dem Platze der Staatsanwaltschaft, nach Alexander Leupoldt. Ein Befremden, welches er bei dieser letzte», scheinbar ab- springenden Frage empfunden hätte, würde, wie sie glaubte, ihr nicht entgangen sein. Aber der Assessor hatte gar nicht aufgeblickt; er saß uud blätterte in seinen Akten, nahm eben ein Blatt, wahrscheinlich mit Notizen, von seinem Tische auf uud schien nicht» auf fällige» bemerkt zu haben. In Wahrheit war er so mit seiner nun demnächst zu beginnenden Red« be schäftigt, daß er diesem Eingang der heutigen Verhand lung, al» unwichtig im Vergleich zu dieser, seine volle Ausmerksamkeit uicht mehr geschenkt hatte. Die Dame fühlte sich durch die unbeeinträchtigte, fast behagliche Ruhe in der Haltung diese» ihre» Freunde» einigermaßen wieder gestärkt. ,La," erwiderte sie jetzt auf die Frage de» Vorsitzenden (au» dem ein fachen Grunde, »veil sie annehmea mußte, daß er ihr eine Unwahrheit hier würde sofort nachweisen können), und die Worte kamen klar und deutlich von deu blaß gewordenen Lippen. „Mein seliger Gemahl hat mich ein paar Mal beauftragt, in Geschäften, die er mit Hirsch hatte, an den Herrn zu schreiben. Diese längst erledigten geschäftlichen Angelegenheittn stehen doch wohl ab«r zu d«r gegenwärtigen Verhandlung in keiner Beziehung?" Der Vorsitzende überhörte die leise Empfindlichkeit, do» verletzte Zartgefühl der Witwe de» seligen Adal- bert uud ferner Schulden im Tose der Zeugia. „Während Sie bei Ihrer verstorbenen Tante lebten, haben Sie nicht mehr »u Hirsch in Beziehung ge standen?" fragte er, die Augen auf da» Konvolut von Papieren in seiner Linken geheftet. Wa» hätte Frau v. Löwenstern gegeben um einen Blick in diese Papiere. „Nein", sagte sie jetzt mit einer Art Verwegenheit. „Das heißt, so viel ich mich erinnere, nicht. Ich habe freilich im Laufe der zehn Jahre so viele Briefe für die Tante zu schreiben gehabt —" „Daß Sie meinen, e» könnte ein an Hirsch ge richteter Ihrem Gedächtnis entschlüpft sein," ergänzte der Vorsitzende. „Nein, von einer Korrespondenz in Angelegenheit Ihrer verstorbenen Tante, oder vielmehr einem Auftrage derselben, ist hier nicht die Rede." Damit schien die Vernehmung der Dame für heute beendigt. Es gab eine Bewegung am Tische der Richter und bei allen Beteiligten, wie sie eine kurze Pause ankündigt. Die Blicke begannen sich nach dem Platze de» Assessor» Leupoldt zu richten, welcher nach dem Barett griff und sich in dem Talar zurecht- schüttelte, deutliche Anzeichen, daß er nunmehr sprechen werde. Der Angeklagte hatte seinen Platz auf der schlim men Bank soeben eingenommen und sah verwahrloster und abstoßender an», al» je in seiner stieren Jnsich- Versunkenheit, ganz so, wie sich die Phantasie den Ver brecher wünscht. „Entsetzlicher Mensch," flüsterten die Helbuigcr Daure» auf der Galerie schaudernd, uud sie fanden e» ganz wie Laju», da» he,ßt unzart i» höch ste» Grabe, der arme» Löwenster» de» Anblick de» Mörder» ihrer Berva»dte» da aa» nächster Näh« zu- zumuten. Denn auch die Zeugin Amanda v. Löwen stein war im Saale geblieben; dem GerichtSdiever, welcher, al» ihre Vernehmung beendigt war, sie hatte hinausführen wollen, hatte der Vorsitzende einen Wink gegeben, da» sei nicht nötig; Frau v. Löwenstern blieb also allein auf der Zeugenbank, keine vier Schritte »seit von dem eingesriedigteu Platze de» AngeNagten, sitzen. Ihr war e» für den Augenblick lieber so. Sie hatte da» Bedürfnis, noch eine Weil« ruhig zu blei ben, äußerlich, uud sich zu sammeln. Wie war nur olle» gekommen? Konnte sie denn ihren Finger nicht auf die erste Spur legen diese» furchtbaren Wechsel», der mit ihrer Lage vorgegangen zu sein schien? Seit wann? Seit heute erst, oder etwa schon gestern, schon während der allerersten Sitzung? Der ersten Sitzung! Hatte dem» da» alle», wa» sie seitdem innerlich durchlebt hatte, an einem Tage statt- gefund«u, im Raume wenig«! Stunden? Einige», wa» gestern hier gesprochen worden war, kam ihr wie Mo nate weit zurückliegend vor. Hatte sie denn gestern schon etwa» wie Furcht empfunden? Nein! Und doch; ein Moment von gestern kam ihr jetzt wieder: E» war kein angenehmer Moment gewesen. Der Augen blick, da sie dem Manne dort zugegebeu hatte, daß fie iu der Todesstunde der Alte» gerufen habe ... daß iu dem Sterbezimmer gerufen worden sei. Sie hörte ihn jetzt wieder, den heiseren Ruf der Todesnot an» umklammertrr Kehle, deren letzten Laut eiserne Finger gleich darauf erstickt hasten. Ist e» nur «iu« Redensart, daß da» Haar sich sträub« bett» äußersten Entsetzen? Hat jemand schön solche» ge- sträabte» Hao» -eschen? Nm», jedenfalls falt, e»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite