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Wochenblatt für für fiir die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Witsdrusi. D*eiun-vierzigiree Jah^sang. 1883 Nr. 3« Freitag, den 13. Juli Erscheint wöchentlich 8 Mal < Dienstag und Freitag.) AbonnemeniSprriS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet w Pf. Inseratenannahme Montags u. Donnerstag« bi« Mitta, 18 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag. Nbonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostetet) Pf. Insrratenannahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Tngesgeschichte. Bismarck und der preußische Landtag haben Rom, wie bekannt, die äußersten Zugeständnisse gemacht, damit nur Friede werde. Was ist Rom's Antwort? Sie liegt in einer Note des päpstlichen Mi-> nisters Jacobini vor, welche eine „geringschätzige" und „spöttische" Kritik des betr. Gesetzes enthält. Das hat selbst die „N.A. Z." das, Organ Bismarcks, etwas in Harnisch gebracht. Sie antwortet: „Die veralteten diplomatischen Künste, wie sie in der aus dem kaufmänni schen Verkehre entnommenen Bemäkelung gegnerischer Angebote liegen, und welchen die römische Kurie in ihren antiken Traditionen an hängt, sind zu durchsichtig, um auf das weitere Verhallen Preußens Einfluß zu üben. Es wäre nicht nur schicklicher, sondern auch geschickter gewesen, wenn die jüngste römische Note unge schrieben geblieben wäre, zumal eine formelle Nöthigung, im jetzigen Augenblick eine solche zu erlassen, in keiner Weise vorlag. Die anspruchsvolle und nörgelnde Kritik, welcher sie Ausdruck gibt, kann keine andere Wirkung haben, als die, Preußen von weiterem Entgegenkommen abzuschrecken, weil ein neuer Beweis für die Unmög lichkeit, den anderen Theil zu befriedigen, damit geliefert wird." Am kaiserlichen Hofe zu Ems wurde, nach einem offiziellen Be richte, vor wenigen Tagen auch der Generaladjntant des Königs der Belgier, Generallieutenant Baron Goffinet, empfangen. Der General war, dem Vernehmen nach, im Auftrage feines Monarchen dort er schienen, um den Kaiser während seines Aufenthaltes in den dem Kö- ! nigreich Belgien nahen Reichsgebieten zu begrüßen. Diese Aufmerk samkeit erregt um so mehr Beachtung, so wird der „Allqem. Ztg." aus Berlin geschrieben, als dies das erste Mal bei der jährlich wie- derkehrenden Anwesenheit in Ems der Fall war. Es kann dies wohl ; als ein sicheres Zeichen dafür angesehen werden, daß sich die Anschau- § unge» in Belgien innerhalb des letzten Jahrzehnds gründlich geändert haben. Immer mehr bricht sich die Erkenntniß Bahn, daß man durch Anlehnung oder Hinneigung zu Frankreich nickits gewinnen kann, son dern daß Belgien nur in Deutschland den nothwendigen Rückhalt fin den und suchen sollte. Wie verlautet, ist in Brüssel sogar die Frage erwogen worden, ob nicht der König selbst den Kaiser in Ems be grüßen sollte. Der Kölner Männergesangverein war am vorigen Sonn abend von den Majestäten zum Liedervortrage nach Koblenz beschie- den. Gleich bei den ersten Akkorden, welche der Verein anstimmte, trat der Kaiser in den Saal und wohnte dem ganzen Konzerte, welches ungefähr eine Stunde dauerte, stehend bei. Der Kaiser, welcher in voller Uniform war, sah außerordentlich wohl und rüstig aus. Nach Beendigung des Programms erschien auch die Kaiserin im Weißen Saale, welche bis dahin im Nebensaale mit ihren Damen den Klängen der Lieder gelauscht hatte, und ließ sich den Dirigenten und den Vor stand des Vereins vorstellen, während der Kaiser an den Verein heran trat und sich längere Zeit mit den Vereinsmitgliedern unterhielt. Beide Majestäten sprachen sich äußerst lobend über die Leistungen des Vereins aus, insbesondere erkundigten sich dieselben auch nach der Londoner Reise des Vereins, indem sie ihrer Freude über die ehren volle Aufnahme, welche den Sängern in England geworden, Ausdruck gaben. Der Verein sang dann noch außerhalb des Programms „Die Wacht am Rhein". Der Kaiser zeigte sich über diese Zugabe erfreut, er hörte dieses Lied immer sehr gern, und wenn ihm einmal Jemand gesagt hätte, wir müßten jetzt eigentlich „Die Wacht an den Vogesen" singen, so meine er, wollten wir doch auch auf den Rhein stets ein gutes Auge halten. Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat, wie man aus Friedrichs ruhe schreibt, seine auf Sonnabend geplant gewesene Abreise nach Kis- singen wegen Unwohlseins bis auf Weiteres verschoben. Im Berliner Ostend-Theater erlebte am Sonntag das Publikum eine arge Enttäuschung. Auf deu Theaterzetteln, sowie auf rothen Extraplakaten war vor und nach der Vorstellung, sowie in den Zwi schenakten, wie gewöhnlich, „Großes Konzert" annoncirt. Eine schöne Absicht, aber es kam anders! Aus Gründen, welche seit einiger Zeit in dem Musentcmpel der Großen Frankfurterstraße eine schwerwiegende Rolle spielen, Rieb das Orchester stumm; die Musiker waren zwar erschienen, aber nicht, um auf ihren Instrumenten zu stnelen, sondern um dieselben — mit sich fortzunehmen. Also wieder ein Strike. Stuttgart, 7. Juli. Heute Mittag um 12 Uhr wurden infolge des in einer Möbelfabrik ausgebrochenen Strikes sämmtliche hiesige Möbelarbeiter von der Arbeit ausgeschlossen. Sechshundert Arbeiter sind außer Arbeit. Im Dorfe Satzberg bei Kassel sind am 10. d. M. 40 Gehöfte niedergebrannt. Der für den 24. und 25. Juli nach Eisenach einberufene deutsche Turn tag findet ein überaus reichhaltiges Berathungsmaterial vor. Wir heben aus der Masse der gestellten Anträge folgende hervor: Die Steuer zur Kasse der deutschen Turnerschaft von drei auf fünf Pfennige zu erhöhen; in die Turn- und Wettordnung die Bestimmung aufzunehmen: „Kein Turner darf in auffallender Kleidung erscheinen, die Entscheidung in zweifelhaften Fällen steht dem Ausschuß der deut schen Turnerschaft zu"; dem 14. Turnkreise (Königreich Sachsen) eine zweifache Vertretung im Ausschüsse der deutschen Turnerschaft zu ge statten; den Abgeordneten zum Turntag den vollen Betrag der Reise kosten 3. Klasse aus der Kasse der deutschen Turnerschaft zu bewilligen ; Schritte zu thun, daß den gut und allseitig ausgebildeten Turnern die aktive Militärzeit auf zwei Jahre verkürzt werde; aus der Kasse der deutschen Turnerschaft die Kosten der Herstellung einer dauernden Um friedigung an Vater Jahns Grab in Freiburg a. U. zu bestreiten, die turnerischen Feste so zu regeln, daß deutsche Turnfeste aller fünf, Kreis- und Gaufeste aller zwei Jahre, Vereinsfeste jährlich stattfinden. Ko bürg und Umgebung sind am vorigen Freitag Abend von einem wolkenbruchartigen Regen mit Hagel schlag sehr hart heim gesucht worden. Ein orkanartiger Sturm hatte Bäume entwurzelt, Dächer abgedeckt und das darauf folgende Gewitter brachte ungeheure Wassermassen unv starken Hagel. Schrecklicher aber sind die Ort schaften südwestlich von Koburg heimgesucht worden; der Hagel zer- tiümmerte nicht allein viele Fenster, sondern verwüstete auch noch die Fluren von fünf bis fechs Dörfern, deren Ernten, nach der „Kob. Ztg." vollständig vernichtet sein sollen. Die auf dem Festplatze des ersten Kriegerfestes in Hamburg anwesenden Wirthschaften, welche einen recht bedeutenden Pacht im Voraus entrichten mußten, haben sehr schlechte Geschäfte gemacht. Der eine Unternehmer berechnet seinen Verlust sogar auf 13,000 M. Die Wirthe beschlossen nun, einen Proceß gegen daS Komitee einzu leiten, weil es angeblich die vertragsmäßigen Bestimmungen nicht inne gehalten habe. Es sollten nämlich am zweiten und dritten Tage auf dem Festplatze verschiedene Feierlichkeiten abgehalten werden, die aber nicht dnrchgeführt wurden. Der Platz zeigte infolge dessen nur einen spärlichen Besuch. Aus Colmar meldet die „Straßb. Post": Auf einem Kartoffel- acher zwischen Kuenheim und Balzenheim soll der Koloradokäfer ausgetreten sein. Das Kartoffelkraut ist auf dem in Rede stehenden Felde mit einer Unzahl oranqegelb er Insekten bedeckt, deren gewölbter Rücken schwarz punktirt, während der vordere Theil schwarz gestreift ist. Das Insekt befindet sich noch in dem Larvenzustand und ist leider nicht zu verkennen, daß die hierher gebrachten Proben mit den Larven des Koloradokäfers eine große Aehnlichkeit haben; dieselben find der Kreisdirektion übergeben worden, welche sofort die erforderlichen Schritte zur Klarstellung der Sache thun und hoffentlich recht bald das Publikum von dem Resultat der Untersuchung in Kenntniß setzen wird. Alexandrien, 11. Juli. Innerhalb 24 St. in Damiette 52, Mansurah 102, Samaund 16, Shirbin 1, Tanta 2 Cholera-Todte. Der Streik in Staffordshire (England) hat nachgerade eine äußerst bedenkliche Gestalt angenommen. Bisher haben 25,000 Mann die Arbeit eingestellt. In West-Bromwich zogen 15,OM Mann unter Vorantragung eines die armselige Lage der Arbeiter symbolisirenden Knhschädels nach dem Gemeindeplatze, wo ein Meeting abgehalten wurde, welches beschloß, alle Eisenarbeiter des Distrikts aufzufordern, sich dem Streik anzuschließen. Daß diese Aufforderung sich nicht auf die Kunst der Ueberredung allein beschränkt, geht daraus hervor, daß gleich nach Schluß des Meetings 7000 Mann den in der Umgebung befindlichen Gußhütt.n einen Besuch abstatteten, wobei mit Gewalt die Feuer der Hochöfen verlöscht und die Arbeiter gezwungen wurden, sich zu entfernen. Die Polizei, welche einschreiten wollte, wurde ent waffnet, und die Truppe, deren Zahl sich inzwischen auf 10,OM ver mehrt hatte, zog hierauf nach Tipton, wo gleichfalls die Feuer der Hüttenwerke ausge^öscht und das Eisen auf den Hochöfen auslaufen gelassen wurde. Gegen Abend befanden sich die aufrührerischen Ar beiter auf dem Wege nach Maxley, und man trifft Vorbereitungen, um eine Militärmacht nach dem Distrikte zu entsenden, damit weitere Ausschreitungen verhindert werden. New York. Die enorme Hitze rief Kinderkrankheiten hervor, woran am 7. Juli allein 377 Kinder gestorben sind. Vaterländisches. — Se. Maj. der König wird die durch den Mylauer Unglücks fall unterbrochene Reise in nächster Zeit wieder aufnehmen; der „Crim- mitsch. Anz." von, 10. d. meldet unterm 9., daß ihm aus Dresden von kompetenter Seite folgendes hvcherfreuliche Telegramm zugegangen: Se. Maj. der König kommt nächsten Sonnabend nach Crimmitschau. — Es steht zu erwarten, daß die Königliche Reise ganz und gar in der ursprünglich von Mylau aus festgesetzt gewesenen Weise zur Aus führung gelaugt; es wird sonach Netzschkau, Elsterberg, die Rentsch mühle, von da aus die Elsterthalbrücke und dann Jocketa, Werdau und Crimmitschau, und zwar in der angegebenen Reihenfolge von dem Landesherrn noch besucht werden. An dem Plane der Bereisung eines Theils des Bezirks der AmtshauptmannschaftGroßenhain nichts geändert, vielmehr wird die Reise des Landesherrn ganz dem aufgestellten Pro gramm geniäß erfolgen. Se. Maj. wird, soweit jetzt bekannt ist, am 17. d. M. über Radeburg nach Großenhain kommen, hierselbst im Hotel de Saxe übernachten und am folgenden Tage die Weiterreise über Zabeltitz und Gröditz fvrtsetzen. In Stadt und Land rüstet man sich zu feierlichem Empfange des Monarchen; Behörden und Private treffen die umfassendsten Vorbereitungen, um auch äußerlich dem Einem Gefühle, dem Gefühle des Dankes gegen Gott und der Treue und Er gebenheit gegen den König Ausdruck zu geben. — Dresden. Se. Majestät der König empfing am Montag im hiesigen Residenzschlosse Deputationen der Städte Chemnitz, Leipzig und Crimmitschau in Partikularaudienz, um von denselben im Namen