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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896120701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896120701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-07
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Monat
1896-12
-
Jahr
1896
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DieM dt< Ltt« Klemm'S Lortim. (Alsreb HaHu), Universitätsstraße S (Paulihum), LouiS Löscht, Katharinenstr. IS, pürt. und König-Platz 7. VezxgSPrelS Ri H« Hanptexpeditton oder den im Stadt« bezirk nud d« Vorottru errichteten An«, gabrstellen abgeholt: vierteljährlich^»4.50, liger täglicher Zustellung in« Sotzanyes^afie 8. Dle Expedition ist Wochentag» uvoaterbrochea »«öffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Morgen-Ausgabe. MchMl-r.TWMatt Anzeiger. Ayttsvlatt -eH A-uigsicheu Mud- nud Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Motizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzrile 20 Pf». Reklamen unter dem Redaction»strich (-ge spalten) SO/H, vor den Famjlieunqckrichp-,1 - ^(SgespE) ' Größere Schriften laut unserem Breis - Verzeichnis Labellartschrr und' ZtMnlap nach Höherem Tarts! Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgtn Ausgabe, ohne Pöftbesördtrittig -O W -, mit «oftbesördervog ^-?lr- Annahmeschlui für Anzeigrrr: Aberzd-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morge n.Äu-gabe; -kächp»itzggh Bei den Filialen und Annghpreftellxtk j, ffy- halbe Stunde froher. Hlnreigeu sind stets an die Expedition -u richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 821 von sowie und Linden-Klötze Eschcn-Klötze Ahorn-Klötze Masholder-Klötz, 3-9 3-15 3-11 3-12 3- 11 6-12 2—L 8 4- 9 25— 101 am Mittenstärke n. 2—9 m Länge 19— 52 " " 20— 75 36-61 17—36 17—45 26- 46 21— 35 32-33 17-27 Bekanntmachuitg. Sparkasse tu der Parochie Schönefeld zu Leipzig-Reudnitz, Greuzstratze S. Der Zinsenberechnung und des Bücherabschlusses halber bleibt die Expedition unserer Sparkasse vom 1«. Pis mit 31. December 18S« für Ein- und Rückzahlungen auf Lpärbiichkr ge schlossen. Boni 2. Januar 1897 aN ist die Expedition wieder für oen regelmäßigen Sparverkehr Vormittag- bon 8 bi- 1 Uhr geöffnet. Leipzig-Reudnitz, 26. November 1896. Robert Liebert, Direktor. " Amtlicher^ Theil. Entsendung einer Sachvcrständigcn- Commission nach Ostasicn. Nach einer uns zugegangeaen Mittheiluug wird mit Unter- stützung der Regierungen demnächst eine Commission von Sach, verständigen nach Lstasten, namentlich auch nach Japan, entsendet werden, um die dortigen Productions- und Consumtions-Verhältnisse, sowohl jn Hinsicht aus die Möglichkeit einer Erweiterung des dies seitigen Absatzes dorthin als in Hrnsicht auf den unserer Industrie vou dort drohenden Wettbewerb zu erforschen. Obwohl wir nach Len im Laufe des Sommers vertraulich veranstalteten Erörterungen für die Industrie unseres Bezirks keine großen Erfolge von einer solchen Expedition erwarten können, wollen wir koch, dem an uns ergangenen Ersuchen entsprechend, nicht unterlassen, aus dieses Unternehmen hinzuweisen und alle Kauslrute und Fabrikanten, welche von der Commission die Beant- wortung bestimmter, für sie wichtiger Fragen erwarten zu können glauben, zu deren Einreichung au unsere Kanzlei, Neue Börse, Treppe L., l., auszufordern. Der Zeitpunkt des Abgangs der Expe- dition ist unsere- Wissen- noch nicht bestimmt, jedenfalls wird es räthlich sein, die Ausstellung der Fragen zu beschleunigen und sie Pis Mitte December einzureichen. Leipzig, den 2. December 1896 Dje Handelskammer. , A. TbieMe, Bors. Vr. Eensel, S. Ellern-Klütze unter den im Termine aushängenden Bedingustgen und der üblichen Anzahlung meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft aus dem obengenannten Schlage. Leipzig, am 5. December 1896. Les Raths ForftSepntation. Nutz- und Brennholz-Anction. Dienstag, Pc» 8. Dcceuiber d Js., sollen im Epnncwitzer Korst-Revier, und zwar 1 vo» Vormittags S Uhr an; 157 Fichtenstämme von 13—19 em Mltt.-Lt. u 10—19 m Länge, 63 «wsernklötze .15—28. . --3-4'^- . 4 Birkenklötze . 17/18 - ° - » 3'/z—6 - - 225 Stück Fichten-Tchirrhölzer, hieraus: II. von» Vormittags V-.11 Uhr ab: 79 Raum-Meter Kiefern- s und 29 - - Fichten- / sollen und 6 Langhaufen gegen die übliche Anzahlung und unter den im Termine aushängcn- dea Bedingungen an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: an, der Zw.nkauer Ehauffee tu »er Rühe von Lauck s Dampfhammer, Vormittags 9 Uhr. Leipzig, am 1. December 1896. Des RathS Korftpeputatiou. tlnkliotz-Auction. Mittwoch, »en 18. December d. I. sollen von Vormittags S Nhr an im Forstreviere Burgau im sogenannte» ver schlossenen Holze, dicht am Fusswege nach »er strotzen Eiche in Abih. S3n ' ' ' 64 Eichen-Klötze 42 Buchen-Klötze 98 Rüftern-Slötze 12 " 32 25 4 6 Apfelbaum-Klötze 2 Airschbanm-Klotze 10 Ellern-Klütze Montag den 7. December 1896. Sv. Jahrgang: Metternich und Hardenberg. Wenn die Weltgeschichte ein große-, mächtiges Gebäude ist, dessen Bausteine und Eisengerippe die Acten, die vsficiellen beglaubigten Schriftstücke über Thaten und Geschehnisse sind, so sind die Memoiren einzelner Personen das ArabeSkenwer!, die Verzierungen, die dein Gebäude den starren Cbarakter uebmen und da- Bild anziehend gestalten Man bat den» auch in dco letzten Jahrzehnten mehr Werth auf die Memoirenlitcratur gelegt und hat sie gepflegt, und unter dieser Pflege ist eine ganze Reibe neuer Bücher er schienen, in denen längst verstorbene Menschen ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Ansichten mit und über ihre Zeitgenossen nut mehr oder weniger Phantasie und Wahrheitsliebe niekcr- gelcgt haben. Zum Verständniß einzelner Charaktere, zum Verständniß gewisser Handlungen tragen diese Erinnerungen immer ihr Thcil bei, und erst aus ihren intimeren Auö- plaukereicn kann man sich so recht ein Bild der Menschen machen, die mehr oder weniger auf die Geschicke anderer ein wirkten. Die Kenntniß der intimeren Geschichte löst so manches Räthsel, das uns Zeitgenossen ausgeben, und eröffnet unS so manchen Blick in die Zukunft, wenn wir nur verstehen, in der Geschichte unsere Geschicke zu lesen. Neben den Memoiren spielen die Monographien in unserer Zeit der Specialisien eine Hauptrolle. Auch sic sind wichtig, indem sie daS Material sorgfältig zu einem Zweck sichten und ordnen und sich bemühen, dem Leser ein objcctives Bild deS GeschednisseS nach allen Seiten hin zu geben. Die Zeit der Befreiungskriege ist gelegentlich der 25jäh- rigen Feier der 70er Jahre mächtiger denn je vor uns ausgctaucht. Jn Frankreich siel sie mit dem Napo- leoncnltus zusammen und in Deutschland fand sie naturgemäß in dem Vergleich zwischen einst und jetzt ihre Würdigung. Wie in Frankreich der CultuS des ersten Napoleon zu einer ßie Republik fast beschämenden Hobe getrieben wurde, wie sich dort durch Viesen CultuS erst die russischen Kaisertage in vem Gemülbe deS Volkes vorbereiteten, so Hal umgekehrt in Deutschland die Feier unserer jüngsten Siegx die Erinnerung an die Schmack Deutschlands geweckt und so Manchen an die Einlösung einer Ehrenschuld gemahnt, zu der auch unser Lcipzio-r Völkcrschlacbtdenkmal gehört. Es ist daher nicht mehr rc»., als billig, wenn auch wir uns dann, wenn die Gelegenheit sich bietet, mit dem Kriege von 1813 befassen und einige Züge hervorheben, die das Verständniß für jene Zeit erleichtern. Ein jüngst in der Deutschen VcrlagSanstall erschienenes Buch „Aus den Tagen des Rheinbundes 1812 und l8l3" von I)r. Albert Pfister, Generalmajor ). D., gicbt quf Grund von Aktenstücken und weniger bekannten Schriften ein lebhaft ge zeichnetes Bild jener Heit. Der Titel besagt schon, baß das Buch nicht erschöpfend ist, daß es nur einen Theil jener Zeit behandelt, und zwar ist dies zumeist Württembergs Ver halten. Allein so manche andere Frage wird mit berührt, so manches Ereigniß in ein neues Licht, so manche bekannte Tliat- sache mit in das allgemeine Bild gestellt, so daß daö Buck sich als ein werthvoller Führer durch Deutschlands größte Erniedrigung erweist. Und bei all der Scham, die uns über jene Zeit in das Gesicht steigt, sehen wir doch, Paß erst diese Schmach kommen mußte, daß eist der Becher des Elends zur Nei^e geleert werden mußte, ehe sich der turop tontouieus in seiner ganzen Grvßö fundthat »nd die Herzen entflamsNte, die Waffen sieg reich macht?» Witz das Schlimmste von Deutschland ab zuballen sei, daS hat gewiß immer einen Theil der führenden Staatsmänner beschäftigt, aber die Verquickung territorialer, persönlicher nnh verwandtschaftlicher Interessen ließ cs erst dann zu einem energischen und allgemeinen Hanteln kommen, als der Krug des Elends überlief und die Natur unk eine fremde Nation uns zu Hisse kam. Das mögen auch Hardenberg und Metternich gefühlt haben, als sie in dem Kriege 1812 in Dresden beisammen saßen, als sie sahen, ryie die deutsche Nation, hie oftmals oberflächlich sich selbst und ihres inneren Werlhes vergißt, ober wenigstens ein Theil, dem Imperator zujubelte, der am 12. Mai in Dresden eingezogen war. Napoleon'« Reise von Mainz nach Dresden glich einem Triumphzugc. Am Wege standen überall verschüchterte Menschen, hoch und niedrig und Überboten sich in geschmacklosen Schmeicheleien. Deutsche Gelehrte überboten sich in Erfindungen von lateinischen Sätzen zu Ehren deS Unüberwindlichen, und jeder Franzose galt ihnen selbst als kleiner Napoleon. Wahrlich, cS wäre kes SckweißcS Werth, einmal zu untersuchen, wann denn eigentlich und auS welchen Gründen die Vorliebe für das Fremde und die erbärmliche Nachäfferei und Liebedienerei, die noch heute nicht ausgestorbeu ist, ihren Einzug in unser Vaterland hielten. Marie Louise, die Tochter des österreichischen Kaisers, der noch nicht lange seine deutsche Kaiserwürde niedergelegt batte, war ganz Französin geworden, sie hatte sich ihrem Baterlande, ihrem Teutschthum entfremdet, etwas Typisches, was sich schon früher ereignet halte, auch später ereignen und weiter er eignen wird, daß gerade die hochgestellten Personen dem fremden Wesen am zugänglichsten sind. Man findet ein echtes Naiionalbewiißtsein nicht immer bei allen. Nun sehe man sich den kleinen Mann im grauen Nocke an, wie ihm zum dritten Maie die deutschen Fürsten haltigen, ibn« zu Füßen lieaen, wie kas Volk in seiner großen Masse schweifwedelt und Alles nur einen Blick seiner Huld zu erwischen sucht, und auf der anderen Seite wende man seinen Blick zu den zwei Staats männern Metternich und Hardenberg, die still bei einander sitzen und ihre Gedanken austauschen, gute Freundschaft schließen und sich gegenseitig Muth zusprechen, weil sie erkennen, daß ein Ende dieser Sacke kommen muß. Preußen hatte Frieden schließen müssen, fes mußte RnßlanvsFeind werden, da eö Frank reichs Verbündeter wurde. Oesterreich dielt den Frieden in Pcleröburgnoch ausrecht, und wenn auch dieBeriebungenFriedrich Wilhelm'« zu Alexander immer freundschaftliche waren, so halfen diese doch nicht über die Lage der Dinge hinweg. Zu jener Zeit wußten beide Staatsmänner wahrscheinlich nicht, wie bald sich ihre Gefühle und Absichten in Tbalen uinsctzen sollten. Das geschah schon im September 1812. Zwischen Mai und September lag die Schlacht bei Barokino und Mitte September brannte Moskau. Von dem Aus gange des französischen Feldzugs in Rußland batte Hardenberg keine Ahnung, als er im September Metternich eine Ver sink ng zwischen ihnen Beiden Vorschlag, vertraulich eng, ohne Mittelsmann, um zu gemeinschaftlichen Maßregeln greifen zu können für den Fall der Noth. In seinem Briese führte Hardenberg auS, wie Preußen so sebr geschädigt sei, wie die Herren im eigenen Lande so gehaust hätten, und fährt dann fort: „Die Möglichkeiten, welche der Krieg zwischen Frankreich und Rußland darbieiel, geben Stoff zn vielerlei Betrachtungen. WelckcS wirb da- Ergehniß dieses Ringens sein, in das wir im Verein mit Frankreich verwickelt sind? Wenn Alexander feslbäit, wenn selbst die Sieze Frankreichs seine Kräfte nach und nach verzehren, wenn seine Heere in der schleckten Jahreszeit sich in fernen Landen festgebalten sehen, entblößt von Mitteln, umgeben von einer zahlreichen Be völkerung, der Alles, was sie hat, zur Waffe wurde, einem Volke, daS den Krieg als einen nationalen betrachten und mit Feuereifer dem Antrieb folgen würde, den man ihm gäbe,— könnte dann nicht das Genie Napoleon'S den Kürzeren ziehen und könnten die ungeheuren Streiikräste, über die er verfügt, nicht schließlich dentiock ausgebrauchk und an diesen Hinder nissen zu Sckandcn werden? Welches werden die Forderungen jein, welche dann Napoleon an'seine Verbündeken, insbesondere an Oesterreich und Preußen, stellen wird? Wo werde» sie ihre Sckranke finden x Welche Grenzen wetden spip unS selber ziehen müssen? Sollen wir ihm Alles überlassen, jyaH uns an Mitteln noch geblieben ist? Welche Mittel können angewendet werken, um uns ru retten? Niemals vielleicht bat es wichtigere und rugleich dornigere Fragen gegeben. Wollen Sie mich über Ihre Ansicht «nd Ihren Rath ins Klare setzen?" So der weitsichtige preußische Staatsmann fast mit Pro- phetengeisr zu einer Zeit, da nichts den SiegeSzug Napoleon's aufhalten zu können schien. DaS gemeinschaftliche Elend der Fremdherrschaft hat diejenigen unter sich nahe gebracht, die überhaupt noch etwas Weniges zu verlieren hatten, in den guten Tagen aber sich fern geblieben waren. Metternich tackle nicht daran, einen Sieg Rußlands an- zunebmen, er traulc diesem Lande und seinem Herrscher keine nachhaltige Kraft zn: er sei 1810 in Paris' gewesen unk habe damals schon den Ausbruch vorauSgesehen;' er sei ja nicht hintanzuhaltcn gewesen; auf Rußland aber wolle er nicht bauen. Ais Metternich ani 5. October 1812 es unter nahm, die Anfragen Hardcnberg's zu beantworten, ging er von anderen Voraussetzungen aus. „Auf den Brief, mit dem Sie mich beehrt haben, mein lieber Baron, hake ich nicht früher geantwortet, weil ich die ganz natürliche Gelegenheit abwarten wollte, welche mir die Rückkehr des Majors Natzmer bietet, um die Aufmerksamkeit der polnischen Spürbunde zu vermeiden. Aber wie Ihre Fragen beantworten?" Metternich unterwirft nun die Gegen wart und die wahrscheinliche Zukunft eingehenden Be trachtungen. — „Es bleibt unS hiernach nur übrig, uns abermals in unS selber zu verschanzen; in unseren eigenen Mitteln müssen wir die Hebel unseres Heiles suchen. Ich sage unseres Heiles, denn die Interessen unserer beiden Staaten trenne ich nicht und werde sie niemals trennen, obwohl ihre augenblickliche Lage in unzähligen Beziehungen eine durchaus verschiedene rsl. „Wir müssen trachten, herauSzukommen auS diesem Kampf, ihn zu beendigen mit möglichst geringem Schaden für die Erhaltung unseres Scheinbesitzes von augenblicklicher Unabhängigkeit. Wir müssen durch alle Mittel, die in unserer Macht sind, uns die Möglichkeit bewahren, eines Tages jene wahrhafte Unabhängigkeit wieder zn gewinnen, die sür die Staaten das ist, was die Gesundheit für den einzelnen Menschen. — Sie sehen, daß ich getreulich Ihrer Bitte folge. Ihnen ohne Mittelsmann zu schreiben. Ich bin ebenso sehr wie Sie dabei belbeiligt, unsere vertrauliche» Be ziehungen nicht bloßzustellen, und darauf hingewiesen, sie enger und enger zu knüpfen." So war der Grund für ein gemeinschaftliches poli tisches Programm zwischen Oesterreich und Preußen gelegt. Es war ein großer Schritt, daß der regierende Minister Oesterreichs das Fortbestehen der preu ßischen Monarchie als eine unerläßliche Notbwendkgkeit für Europa und Oesterreich durch Wort und Thal anerkannte. Darin kennzeichnet sich insbesondere seine eigentliche Ge sinnung Napoleon gegenüber. Der Feind Napoleon's mußte mit dem Jahre 1813 nothwendig Jeder sein, der die Existenz Preußens in sein Programm ausgenommen halte. Denn eS handelte sich 1813 einfach nm Sein und Nichtsein des preußischen Staates. Ja der Mitter- nacklstunde des 10. August 1813 hat mit dem Anschluß Oesterreichs an die Sacke Preußens und Rußlands daS jetzt ausgestellte Programm Metlernich's seinen Abschluß gefunden. Hätte Napoleon eine Ahnung von dem längst bestehenden Einverstäntniß der beiten Minister gehabt, so wllrhe er auf den Waffenstillstand im Sommer'1813 nicht ein gegangen sein. Zur heutigen Wahl in -er ersten WSHlerrlasse. Am heutigen Montag schließen mit der Wahl der Wähler der' ersten Classe die diesjährigen Stavtverokdnettn- wablen. Wir richten an die verhältnißmäßig kleine Zahl der Wahlberechtigten dieser Abrheilung die dringende Mahnung, vollzählig heute an der Wahlurne zu erscheinen. Wohl eia Jeder dieser Wahlberechtigten kennt die Folgen der heutigen Entscheipang. Sie bedeuten für Leipzig gesunden Fortschritt oder verhängaißvyllen Rückschritt. Den gesunden Fortschritt, welcher der aesammteu Stadlgemeinde in jedem Einzelnen ihr Angehörigen zu gute kommt, gewährleisten die Candidaten des „ComilSs ^7—7 ^74 ^„77 Postmeisters Lustspiel. Humoreske von Wilhelm Georg (Iserlohn). Nachdruck vkrioten. Der Postassistent Max Werner saß an dem einzigen Tisch seines ÄunggesellenheimS und schrieb an einem Lustspiel. Den Uniformrock bald aufgeknöpft, den Rickclkntifer auf der dünnen, kühn gebogenen Nase, nippte er ab und zu an dem Gläschen Lagerbier, das neben ihm stand, und zupfte dann in regelmäßigen Zwischenpausen an dem kleinen Scknurr- bärtchen, daS, nicht allzu viel versprechend, über der Oberlippe sichtbar ward. Eine fatale Situation daS — nachdem man sechs Stunden am Schalter anderer Leute Geld in Empfang genommen, den Bauern plausibel gemacht, daß die Briefmarken nickt unter dem Selbstkostenpreis abgegeben werden könnten, und manchen Brief als gewogen und zu sckw?r befunden — jetzt, nach deS Tages Last und Mühen, noch den Pegasus besteigen ünd in lieblichen Reimen ein Lustspirlcken zurecht zimmer», daS sollte man eigentlich einem junge», vikrundzwanzigjährigen Beamten am schönsten Tage im ganzen Monat, an dem vin besungenen Ersten, nicht zumukben! Doch die Fra» will — Mtv er gehorcht. Und war er eigentlich nicht selbst daran Schuld? fragte er * sich jetzt innerlich, an ftinein Federhalter nagend. Hatte sich der junge Assistent, der, in dem kleinen Städtchen al» Dichter langst bekannt, für jede Heckzeit ober Kiavtaufe, die in der „besseren" Gesellschaft gefeiert wurde, „lieben»wUrdigst" di? Fabrikation von Gedickten übernahm, nicht stlbst die ganze Snppe eingebrockt? Freilich, daS waren damals nur harmlose Gedicht«, aber dwsmal sollte «S etwa« ganz Be sonderes werden, ein Lustspiel, daS auf der Postmeisterin Geburtstag unter Mitwirkung mehrerer höherer Töchter vor möglichst großem Auditorium gespielt werden sollte. Er unk Tilli, deS Postmeisters Jüngste, mußte» natürlich die Glanz nummern spielen in dem Stück, vielleicht, so hoffte er im Stillen, ließe sich dadurch die Annäherung zwischen den Heiden Leutcken noch etwas inniger gestalten, Venn beim Comöbiespielen scklägt daS Herz lauter als sonst, und die Vernunft bat hinter den Couliffrn wenig genug Raum. Gelang eS dem jungen Verliebten, Vie Gunst seines „Alten", wie der Postmeister trotz seiner besten Jahre vom Brief träger bis zum Assistenten herauf genannt wurde, zu erwerben, dann war die Festung gestürmt, denn „sie" liebte ihn, das Geständniß hatte er ihr beim Eislauf vor einigen Wochen erpreßt. Aber wo die Verse hernchmen und »echt stehlen; wie poetische Gedanken spielen lassen, wenn man sich jahre lang nur den unglückseligen Abschnitt 5 der Dienstanweisung eingrpaukt, diese- „Buck- der Bücher" für jeden Postschweden, als LiedlingSleclure ooleiw volens gewählt hat! Herrn Werner riß die Gevuld. Mit einem Fluch gab er dem anzefanaenen Manuscripl einen Stoß, daß eS m die entfernteste Ecke deS Zimmers flog, und zündete sich dann mit nervöser Unrube eine Cigarette an. Da pochte es an die Tbtir, die gleich darauf geöffnet wurde, und pfeifend, die Hände in die weiten Titschen seines UniforuimbÄtrlS ver graben, erschien fein College Kuhlmann. Kuhlmann wat, WLS Phlegma und Behaglichkeit an betraf. ein Genie. Kein Mensch im Städtchen entsann sich, jemals auf diesem Antlitz eine ZorneSfalte gesehen zu Haden, und Eingeweihte versickerten, daß sewst die letzten drei Tage deS MoNatS — wo „MoseS und die Propvelen" bei idm seltene Gäste waren — nicht seinen Gleichmurh zu er schüttern vermochten. Nachdem er seinen hatbverzweiselken Freund und Collegen Max kurz begrüßt, warf er ^ich in ven alten Lehnstuhl, das Schmuckstück der würdigen Wirthin Werner's, daß eS in allen Fugen krachte, und sandte seinem Freunde einen halb mitleidigen, halb schadenfrohen Blick zu, da er nnx allzu gut mußt?, was hier die Uhr ge schlagen hakte. „Wieder 'mal vom Pegasus gefallen, Mäxchen?" meinte Fritz Kuhlmann mit leisem Spott. „Hilf mir, Fritz, xette mich", antwortete der unglück liche Dichter wimmernd, „oder zwei Menschenleben gehen zu Grunde!" Statt aller Erwiderung zog Kuhlmann eine Zeitung quö der Tascke, deutete quf ein blau angcstricheneS Jnserqk und laS triumphirend: Bureau für Geleaenbeit-aebicht«. Gelegenheitsgedichte, Toaste, Lunspitle für F-nniliensestlichkeiten werden billigst ünd diScttt aagefetiigt von W Müller, Schriftsteller, Mülheimerstr. 12, Hof 2 Lteppen. „Hier ist die Poesie für ein Spottgeld zu kaufen", knurrte Kuhsmann, seinem Collegen die Zeitung dickt p»ter die Nase ballend, „uno ich will drei Mal hinter einander für Dich Nachtdienst thun, wenn Hl» Nicht auf diese Seife mit Glanz LUS der Patsche kommst." Werner freute sich wie ein Kind am WeibnachtStag- Flugs ward Pie Briefmappe aus dem Tische LuSgtbxeitet und daS tzustspiel in der „FabrjZl' bestellt. Fesselqd, in Vexseff, in der Rococozeit spielend und nickt über dxeißig Minuten wahrend — also lastete der Bestellzettel. I» dem PostscviptUM hieß es alSdaan noch: „Selbstverständlich soll daS Ganre al- mein Eigentbum gelten' weshalb Sie auf dem Umschlag deS Manuscriplö meinen Namen notiren wollen." „Abgemacht!" rief Max erleichtert. „Es lebe die Poesie, e« lebe Tilli!" „E» lebe auch der Dichter, unser Dichter!" ergänzt« Kuhlmann und um seine Mundwinkel zuckte eS eigentbümlick. „Im Ukbrigen kann ich Dir noch mitrheiltn, daß auch der Alte etwas für den Abenv zu dichten scheint. AlS ich ihn vor hin aufstichte, sah ich ein angefangrnes Potm auf seinem Schreibtisch liegen, und mindesten- S Minuten stand ich an der Thür, ehe er Mick nur bemerkte. Ich wußte erst ga nickt, was mit dem guten Mana los war: mtt allethank Gestikulircn rückte er auf feinem Stuhle hin und her unk recitirte dabei: Gott grüß Euch, Herren und Damen all, Meine Dort« sind nichk leerer Schall, E» braust wein Raf wie Donnerhall . . . Da erlqubte ich mir die gqnz schlichter»« Bxmerkuna daß die letzte Strophe wobl nicht ganr correct fei, denn ick hätte in der Schule „Die Wacht am Rhein" LnherS gelernt Süthend fuhr er mich an, ob ick mir erlauben wollte, sein: GeisteSproducte zu kritistrea? Na, weißt Du, ich hielt es für das Geratbenste, mich schleunigst auf französisch zu empfebsty. Er will, wie tr mix noch nachrief, nut Dir in Wettbewerb treten und sei» Stück mit dem Deinigen bei der ersten Leseprobe vertragen lassen. Deshalb schone di: Groschen nicht, versprich Demem Berliner DiHter womöglich noch ei» Trinkgeld, damit Du etwas extra Stimmungsvolle»- bekommst." — „Die Götter wollen eS", declaptirle Max. couversirte alödayn flink den Bxief »nd steuerte nach wenige:, Misjuten Arm i» Urpi Kuhlmann dem .Fkothen Ochsen ru, um nach getaner Arbeit sich de» Lebens ungetrübt: Freude in der Kneipe zu Theil werden zu lassen. Just zur selbigen Stunde hatte auch der Herr Postmeisu. daS Dickten satt. Gar zu gern hätte er seiner lieben Gatt'i die Freude gemacht und den Lorbeerkranz aufs eigene Hanx: gesetzt, denn diesem jungen, halb verrückten Max Wern:, gönnte er den Triumph de» Abend» am allerwenigsten, ab.r der Pegasus ist nun einmal ein störrisches Thier, da« sich selbst mcht dem Postamstrr voa Karl»h«im fügen wist,
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