Suche löschen...
Dresdner Journal : 30.09.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187509302
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18750930
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18750930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-09
- Tag 1875-09-30
-
Monat
1875-09
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Journal : 30.09.1875
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
SV 22« Donnerstag, de« 1875 September DrkMlNÄMlMl Verantwortlicher Nedacteur: Hof I. G. Hartmann in Dresden. Der „St.-A." theilt in dieser Beziehung heute Folgen ü«vd— tritt k«t «»- 8t»wp«I»a»ot»l«U IÜQ»u. ^Mrliok; L U»rk 50 kk. tiivrvtovüuwwvrv: 10 kk. I»»«r»to»pr«l»or küc ckev N»u« »io« o«o»lt»o«o?vtittoil«: »0 ?t. vot»r „kio^«»Wlt" äi« L«i^: 50 ?k. 7'üglicüi aut ^o»o»tuo« ä« 8ooo- 006 kvivrtvgs, XdsoU» Mr U«o kolgvväeu T'vg. Tagesgeschichte. Dresden, 29. September. Sc. Majestät der Kö- nig werden heute Nachmittag, von Nehefcld kommend, hicrselbst eintreffcn, im königl. Ncsidcnzschlosse das Diner rinnchmcn und Abends 7 Uhr 40 Min. in Begleitung des Flügeladjutauten Major v. Minckwitz nach Wien abreisen, um infolge einer Einladung Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich an den nächster Tage bei Eisenerz (in Steiermark) abzuhaltcnden Gemsjagden Theil zu nehmen. Die Rückkehr Sr. Majestät wird zum 5. Oc tober erwartet. Amtlicher Theil. Seine Königliche Majestät haben dem Arbeiter in der Haugkschen Hutfabrik zu Leipzig, Eduard Schramm, die zum AlbrechtSorden gehörige Medaille in Silber huldreichst zu verleihen geruht. Mitgliedern des Reichstags verschiedener Parteien über den Werth der Handelsgerichte ausgesprochen worden, mindestens als sehr zweifelhaft hinstrllcn, dass der Reichs tag sich dem Votum seiner Justizcommission über die Handelsgerichte anschließen wird. — Der verantwortliche Nedacteur einer Zeit schrift (Zeitung) ist »um Zeugnisse verpflichtet, wenn nicht in dem Inhalte des betreffenden Artikels, sondern in der persönlichen Stellnng des Einsenders Abonnements - Einladung. Auf das mit der nächsten Nummer beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Journals" werden Bestellungen zu dem Preise von 4 Mark 50 Pf. angenommen für Dresden links der Elbe bei der unter zeichneten lLzpadition, für Dresden rech? s der Elbe in der Bach'- scheu Buchhandlung (Hauptstraße 22) und für auswärts bei den betreffenden Postanstalten. Ueber die Verhandlungen de« bevorstehenden sächsischen La ndtagS, sowie über die de-deut schen Reichstages wird das „ Dresdner Jour nal", wie bisher, schnell und ausführlich berichten. Die Ziehungslisten au-gelooster königl. sächs. StaatSpapiere, sowie die Gewinn listen der königl. sächs. Lande-lotterie werden im „Dresdner Journal" vollständig und Zug um Zug veröffentlicht. Ankündigungen aller Art finden im „DreSd- ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung. Die Jnsertionsgebührcn werden im Jnscratentheile mit 20 Pf. für die gespaltene Petitzeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubrik „CingesandteS" sind die JnsertionSgebühren auf 50 Pf. pro Zeile sestgestellt. Königl. Expedition des Dresdner Journals. n Lfanitatett«', 6oQ»uü«ion5r d« Drv«ta« Sourrurl«; «d«oä«.: Fort, >«U» ». v v.rU»: A /nvatickeA Nr,««: L Schott«,- : / Lürvau; Vdsvurit,: »>.: L a. F 0. »ei>« UucNN , DauL«<50o., SörUt». /«v-D., L»vv»v«r: O »«1,: Lüttig «S Oo., Da«L« <S Oo., v»«d«r: Mi«,! Oxpettt. tt«r»a,xed«rr Xüni»I. lürpectitioa 6« Vrv»6ll« I)r«ä«n, Llarxaretkenitr»»»« Ho. 1. des mit: Der verantwortliche Redacteur S. batte den Inhalt eines von dem kvnigl. Commissar für die bischöfliche Vermögen-Ver waltung an die königl. Regierung gerichteten Schreiben- in seiner Zeitung veröffentlicht und wurde, weil diese Veröffent lichung eine Verletzung des Amtsgeheimnisse- involvirte, vor den Untersuchung-richter vorgetaden, zur Ablegung eine- Zeug- nisses über diejenige Person, durch welche ihm der Inhalt de- gedachten Schreibens milgetheilt worden S lehnte ein Zeug- niß ab uud wandte sich beschwcrdesührend zunächst an da» ApvellationSgericht uud sodann, da dieser Gerichtshof seine Beschwerde al» unbegründet zurückwie», an da» Overtribunal. In seiner Beschwerde bezog sich S. u. A auf § «58 Rr. « der Criminalordnung, nach welchem die Theilhaber an dem Ver brechen, worüber ein Zeugniß erfordert wird, zur Ablegung eines Zeugnisses unfähig sind — und im Anschluß an diese Bestimmung auf 8 20, Absatz 2 dcs Ncichspreßgesttzes, nach welchem der vecantwortliche Redacteur einer Druckschrisl wegen der durch dieselbe begangenen strafbaren Handlung al» Thäter bestraft werden soll, wenn nicht durch besondere Umstände die Annahme sciuer Thäterschaft ausgeschlossen wird. Das Ober- tribunal erachtete jedoch diese Einwürfe für grundlos und wies demgemäß die Beschwerde zurück. „Die strafrechtliche Verantwortlichkeit de- Redacteurs al» Thäter", führt da» Ober- trcbuoal in seinem Beschlusse aus, „beschränkt sich, wie sich auS dem 8 Sc) de» Rcichspreßgesetzes erzieht, jedenfalls auf den Fall, wo die Strafbarkeit durch den Inhalt der Druckschrift begründet wird, und kann sich selbstverständlich auf einen solchen Fall nicht erstrecke», in welchem diese Strafbarkeit nnr in der persönlichen Stellung dcs Einsenders als Beamten und in der diesem obliegenden Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit ihre Begründung findet, in welchem also eine Handlung in Frage ist, an welcher eine strafrechtliche Verantwortlichkeit de» Re dacteur» als Thäter undenkbar und somit deren Annahme ausgeschlossen ist Hiernach kann, da im vorliegenden Falle lediglich nur die Vernehmung dcö Beschwerdeführers zur Er mittelung desjenigen Beamten in Frage steht, durch dessen Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Mittwoch, 89 September. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) Die „Prov.-Corr." bestätigt den bestimmten Entschluß Sr. Majestät de« Kaisers, von Baden-Baden au« die beabsichtigte Reise nach Italien anzutreten, und meldet, daß dieselbe vor aussichtlich in den ersten Tagen nach dem 10. Ok tober stattfinbet und Fürst BiSmarck und Graf Moltke den Kaiser begleiten werden. München, Dienstag, 28. September, Nach- mittags. (W. T. B.) Der bayersche Landtag ist deute durch den Prinzen Luitpold eröffnet worden. Der Eröffnungsfeierlichkeit wohnten zahlreiche Mitglieder des Reichstages, sowie fast sämmtliche Abgeordnete der Kammer der Abgeordneten bei. Die Wahl de« Präsidium« der letzteren findet morgen Statt. München, Mittwoch, 29. September. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) In dcr Abgeordnetenkammer waren heute sämmtliche Abgeordnete anwesend. Zum Präsidenten wurde v. Ow, zum Bicepräfi- deuten Kurz gewählt. Die Abgg. Jörg und v. Soden wurden zu Sekretären der Kammer er nannt. Sämmtliche Gewählte find Ultramontane. Die ultramontanen Abgeordneten haben 78, die liberale» 78 Stimmen abgegeben. Die liberale Partei stimmte für v. Stauffrnberg, Schloer, Loui« nnd Dürschmidt. Wien, Dienstag» 28. September, Abend«. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung de« Budget- au«schuffe« der österreichischen Delegation legte der Kinaarminister Arhr. de Pretis da- Kinanzexpos^ vor. (Vgl. die ausführlichen Mittheilungcu untcr „Ta- gesgeschichte.") Wien, Mittwoch, 29. September. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) Gestern ist hierselbst zwischen Re- gierunasdelegirten und Bevollmächtigten der Dux- Bodenvacher Eisenbahn ein Protokoll unterzeich net worden, wonach die Dnx Bodenbacher Bahn mit dem 1. Januar 1878 al« ein neue« Unter- nehmen an die Regierung übergeht. Der Venvaltungsrath der Dux-Vodenbacher Bahn tritt alle Gesellschaftsrcchtr an das Negierung-unternch- mm ab, welches alle Lasten und Schulden übernimmt; das Regierungsnnternehmen wird Aktiengesellschaft, deren Nominalcapital zu zwei Fünfthcilen in Aktien, zu drei Fünftheilm in Obligationen besteht und Staatsgarantie genießt. Die Aktionäre der Dux-Bodenbacher Bahn er halten für vier Aktien rinc Obligation dcs neuen Un ternehmens mit halbjährigem Ztnscoupon. (Vgl. drn Jnsrratentheil.) Bedeutende Manufacturfirmen sind insolvent geworden. Die Passiven betragen gegen 700,080 Fl. E« find meistentheil« englische und französische Fabrlkplätze dabei betheillgt. Wien, Mittwoch, 29. September. (Tel. d. DrcSdn. Journ.) Da« „Tel. Eorrespondenzbureau" meldet au« Belgrad: E« verlautet, die Pforte habe der hiesigen Regierung amtlich die Benach richtigung zugehrn lassen, daß die türkischen Trup- pen eine kleine Insel im Drinafluffe besetzen wer den, welche bi«her streitige« Eiaenthum zwischen Serbien und der Türkei war, sich jedoch faktisch im Besitze Serbien« befand. türkischen Regierung die erste Verbesserung der Lage de« Orient« herbeiführen. New - Dork, Dienstag, 28. September, Vormittag«. (W. T. B.) Neueren Nachrichten au« Fall-River zufolge hat zwar eine große, von etwa 10,000 Baumwollarbeitcrn besuchte Versammlung stattgefunden, dieselbe ist aber in vollkommener Ruhe verlaufen. (Vgl. untcr „Tagcsgeschichtc.") Dresden, 29. September. Wie die „Dresdner Nach- chtcu" mittheilen, wird für den bevorstehenden Land- g eine Interpellation an das Finanzministerium wegen S vor Kurzem bewirkten Verkaufs von Staats- aPieren beabsichtigt. Wir glauben, daß es einer lchen Interpellation nicht bedürfen wird, da sich unter Heu Vorlagen, die den Kammern sofort nach ihrer Lonstituirung zugrhcn werden, eine ausführliche Mit- thcilung über jene Finanzoperation befindet. Aus der selben wird sich unter Anderem auch ergeben, daß die Angabe, die Papiere seien zum Course von 93 begeben worden, ««richtig ist. * Berlin, 28. September. Se. Majrstät der Kai ser begiebt sich heute Abend nach Baden-Baden, wo morgen das Geburtsfcst Ihrer Majestät der zur Zeit daselbst weilenden Kaiserin gefriert wird. — Die ver einigten Ausschüsse des Bundesraths für das Land- Heer und die Festungen und für Rechnungswesen ver sammelten sich heute zu einer Sitzung. — Der „St.-A." meldet heute amtlich die Verleihung dcs schwarzen Ndler- vrdens an den General der Infanterie v. Werder, tommandirrndrn General des ArmeccorpS, und an den kaiserl. russischen General Grafen«. Kotzebue, Gencralgouvcrneur von Warschau. — Der Botschafter dcs deutschen Reichs in London, Graf Münstrr, hat sich heute früh von hier wieder nach Derneburg begeben. Gestern wurde derselbe auch vom Kronprinzen in Pots dam empfangen. — Die von der Reichsjustizcom mission ernannte Subcommission wird, wie die „Post" hört, am kommenden Freitag zu einer Sitzung zusammentrcten und gedenkt in derselben die ihr zu Theil gewordene Aufgabe zu erledige». Ihre Thätigkeit wird tm Allgemeine» als keine vergebliche betrachtet. Denn man darf nach den Ansichten, welche von zahlreichen St. Petersburg, Mittwoch, 29. September. (Tcl. d. Dresdn. Journ.) Da« „Journ. de St. Pe- tersbourg" constatirt, daß auch die Türkei heute da« Reformbedürfuiß anerkenne. Namentlich habe der Großwesir die Nothwendigkeit von Reformen für alle ReichStheile und Volksstämwe erkannt und solche vorzuvehmev ^Mvffrn. Alle Welt habe ein Interesse Beamten und in dcr diesem obliegenden Verpflichtung daran, diese Avnckr zu be EN und ru unter- Amtsverschwiegenheit die Strafvarkrit begründet ist (Beschluß des Obcrtribunals vom 9. September d. I.). dinete ostensiblen diplomatischen Pression - enthalten und Vertrauen in die Absichten de« Sul- tan« bezeugen. Ihre diplomatische Action müsse sich auf Mithilfe zur Beruhigung dcö Aufstande« und gemeinsame Erforschung geeigneter Institu tionen beschränken. Diese Aufgabe sei zwar eine schwierige, übersteige aber nicht die Kräfte der Diplomatie. Die jetzige Krisi« werde durch da« Zusammenwirken dcr fremden Cabinete mit der ... 1» strafbare» Bruch dc» Amt-gebtimuifft- der Inhalt de» ae- dachtcn Schreiben- der Redaktion bekannt geworden ist, für die Ablehnung eine» Zeugnisse» von dem verantwortlichen Re- dacteur diese- Blatte- auch aus den § 2», 2 ei»., be». den 8 »5« Nr- S der Erim -Ord. schon deshalb nicht Bezug ge nommen werden, weil eS hier an der Vorau-setzung de« 8 -v, 2 ott der Möglichkeit einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit de» RedacleurS als Thäter gebricht." Brc«lau, 28. September. Kürzlich brachte rinc Zeitung dir Notiz, daß in einer katholischen Diöcese bereits von mehr als 20 Geistlichen die bekannte Gthorsamsrrklärung abgegeben worden ist. Die „Schl. Ztg." kann diese Mitthcilung bestätigen und dahin vervollständigen, daß jene katholische Diöcese die Diöcese Breslau ist. Frankfurt a. M., 28. September. (Fr. I.) Die am 21. d. M. tu Wiesbaden gepflogenen Unterhand lungen über die in Aussicht genommene Vereinigung des Stadtkreises Frankfurt mit dem communalstandi- schen Verband des ehemaligen Herzogthums Nassau sind insofern resultatlos geblieben, als das angrstrcbte vertragsmäßige Uebereinkommen bezüglich dcr beidersei- tigcn Richte und Pflichten in dem einheitlichen Verband hauptsächlich an einer finanziellen Frage sich zerschlug. Es wird daher die Regelung des von dcr Staatsrrgie- rung in bestimmte Absicht glnvmmenen engeren Ver hältnisses zwischen Frankfurt und Nassau der Gesetz gebung Vorbehalten bleiben. Straßburg, 25. September. Die Bezirkstage in Unter- uud Oberelsaß und Lothringen sind «ach Be endigung ihrer Arbeiten, die ohne jeden störenden Zwischenfall verliefen, für dieses Jahr wieder geschlos sen worden. Wie herkömmlich, gab der hiesige Bezirks tag, in Erwiderung der Einladung des Bezirkspräsidenten, den Spitzen dcr Verwaltungsbehörden, darunter der Oberpräsident, ein Festmahl im Gasthof zur „Stadt Paris", das deu harmonischsten Verlauf nahm. Be- zirkstaaspräsident Julius Klein hielt dabei, wie man den „H. N." schreibt, eine eingehende Rede, welche von der unumwundensten Anerkennung der RegierungSthätig- kcit durch den Bezirkstag Zeugnisi gab. Stuttgart, 27. September. Wie bereits telegra phisch gemeldet wurde, erfolgte heute Vormittag 11 Uhr in Eannstadt die feierliche Enthüllung des Köui g - Wilhelm - Denkm als. Die „Allg. Ztg." erhält die nachstehende Schilderung de- Verlaufes des Festactcs. Ihre Majestäten dcr König und die Königin und die sämmtlichen Kinder des verewigten Königs Wil helm, sowie mehrere der Enkel und die anderen anwe senden Prinzen und Prinzessinen des königl. Hauses wohn ten der Feier mit dem gcsammten Hofstaat bei; ferner die Vertreter des Heeres, sämmtliche Dirnstzweigc der Staats verwaltung, der Präsident dcr Zweiten Kammer und dcr ständische Ausschuss die Stadtbezirks- und Gemeindebehör den von Stuttgart, sowie die von Eannstadt mit dem Denkmalscomite. Ihre Majestät die Königin dcr Nieder lande war mit dein Prinzen von Oranten erschienen, ferner die Prinzessin Marie, die Prinzessin Friedrich und deren Sohn, Prinz Wilhelm, die Prinzessin Her mann von Sachsen-Weimar mit Gemahl und dem älte sten Sohn, dem Prinzen Wilhelm, der Herzog Wilhelm Eugen von Württemberg, die Herzogin von Urach und deren beiden Söhne. Die Herzogin Vera war durch Unwohlsein abgehaltcn. Prof. Halbig uud Gießerei- inspcctor Ferd. Miller waren auf die königl. Tribütte geladen. Nach der von Prof. Daiber gehaltenen Fest rede, welche die Verdienste dcs verewigten Königs um das Land und insbesondere um Eannstadt hcrvorhob, wurde das Denkmal untcr Gesang und Musik und 25 Kanonenschüssen, sowie dem Geläute der Glocken ent hüllt, und von dem Vorstand des Comitvs, Rcaierungs- rath und Obcramtmaun v. Kcgelcn, dem Vorstand dcr Stadt Eannstadt, Stadtschultheißen Rupp, übergeben. Hierauf verließen die allerhöchsten und höchsten Herr schaften die Tribüne und umgingen das Denkmal, nach dem 30 Festjungrauen Kränze an demselben nirdergclcgt hatten und während die Königshymne unter Musik begleitung gesungen wurde. Damit war die Feier zu Feuilleton. Redigiri »o» Otto vauck. Ein russischer FälschungSproceß. Die Affairr Kowner und Bujarin, die mittelst eines gefälschten Ehecks der St. Petersburger Discontobank die Moskauer Kaufmannsbank um 168,000 Rubel betrogen, ist auch in Deutschland näher bekannt und besprochen worden. Aber nicht deshalb verdient dieser eben in Moskau gegen Kowner. beendete Proceß selbst das In teresse deutscher Leser, sondern auS ganz anderen Grün den *). Schon die Verhandlungen selbst förderten eine Menge culturhistorischer Eigenthümlichkeiten des russi schen öffentlichen Gerichtsverfahrens zu Tage; der ex <Meic> vom Veriheidiarr constatirte, in Rußland zu Tage tretende Judenhaß, und die czuL-i durch den Vrr- thridiger befürwortete Judenverfolgung verdienen eine grwisse Beachtung. Ader am meisten muß drn deutschen Leser die Eharaktcrdarstrllung Kowncr's selbst, des An geklagten, wie sie sich aus seinen Reden und Handlun gen crgtebt, fesseln. Er» der selbst Jude und in dürf tigen Verhältnissen in einer lithauischen Judrngemeindc geboren und erzogen und feinem Glauben treu geblieben ist» entpuppt sich als jener langjährige Mitarbeiter des „Golos", der alle diese fulminanten und berüchtigten, nnLnziclltn und commerzirllen Leitartikel geschrieben hat, die diesem Blatte die Verachtung dcr ganzcn russtschrn *) Nur diese Erüude, die wir gleichfalls al- pjychalo-isch und social iutereffa»t anerkennen, Nicht aber da» niedrige Z». tereffe. welche» der Skandal von Fälsch»ng-vroceffen und Eri- «ivaUloücn überhaupt gewährt, vcranlavt an» Mr MiUö-r- l»»g de» vorstehenden Eorrcspündenzartikel» an» de» Wiener „R. Fremdeablatt". soliden kaufmännischen und Börsenwelt zugezogcn und. jetzt, wo cs bekannt ist, daß ihr Autor und der Fäl scher Kowner ein und dieselbe Person sind, dieses publi- cistische Organ so gut wie todt gemacht haben. Er, der Jude, schrieb diese Pamphlete, welche die finanziellen und industriellen Krisen Rußlands dem deutschen Kauf mannsstand und Bankierthum in Rußland, das er durch aus mit dem Judeuthum identificirt wissen wollte — obgleich doch in Rußland kaum 2 Procent Kaufleute jüdischen Glaubens sind — Schuld gaben. Er, der Jude, bewarf Deutsche» insbesondere Berliner Finanz- größen, deren Credit und Achtbarkeit über jedem Zwei fel erhaben sind, weil ihre Operationen Rußlands Eisen bahnbau und russischer Bodencultur zu Gute kommen, mit Schmähungen, weil er sie jüdischer Abstammung glaubte. Er endlich, dcr als Leitartikelschreiber mit fanatischen Phrasen sür die Ehrlichkeit und Solidität nationaler russischer Kaufmannschaft plaidirte, hinteraing auf schlaueste Weise und mit, von langer Hand vorbereitetem Schurkenstreich das ihm geschenkte und mit gutem Ein kommen verbundene Vertrauen. Das ist ein psycholo gisches Näthsel! Auf der Anklagebank dcs Moskauer Geschworncn- gcrichts sitzt der Jnquisit Albert Kowner, neben ihm, in dunkler bescheidener Kleidung seine mitangeklagte jetzige Frau und frühere Geliebte, Sophie, geborene Kanne gießer ; — Kowner hat sich bekanntlich im Gcfängniß mit ihr trauen lassen. Er ist sehr bleich und hält sich etwas gebückt, wohl infolge der Verwundung beim Selbstmordversuch. Er sieht wett jünger aus, als er ist, fast wie rin zwanzigjähriger Mensch. Das unbe deutende Gesicht wird erst intelligent, wenn er spricht. Seine Aussprache des Russischen verräth drn in Polt» geborenen Juden. Seine Dialektik ist sonderbar naiv, aber sehr gewandt und macht so lange Eindruck auf dir Gcschwornen, bis dcr Staatsanwalt mit fchneidigcr Kritik ihre Sophismen bloßlegt. Dir Angeklagte ist ganz gebrochen und in Thränrn aufgelöst. Ihre Aussagen, aber auch ihre sich fort uud fort documcntirrnde An hänglichkeit an den Angeklagten machen einen sehr guten Eindruck. Zwei Geudarmeu stehe» mit blanken Säbeln neben beiden Angeklagten. Der Gcrichtssaal ist an» 16. September, dem Tage dcr Verhandlung schon seit 8 Uhr Morgens — anderthalb Stunden bevor die Angeklagten hcrcingeführt wurden — bis auf den letzten Winkel ge füllt. Die näheren Umstände, welche dcr Anklage zu Grunde liegen, sind schon veröffentlicht worden. Als Angestellter dcr St. Petersburger Discontobank mit allen Beziehungen und Usancen derselben bekannt, hatte er eine Anweisung in dcr Höhe von 168,000 Rubel auf die Moskauer Kaufmannsbank gefälscht, diese durch seinen Verwandten, dcn Kowno'schen Juden Herz Bujarin einkassireu lassen, und sich dann von dieser Summe den Löwcuanthcil cin- gcheimst. Auf dcr Flucht wurde er mit seiner Gelieb ten, bei der man 10,000 Rubel in einem Uuterrockc eingeuäht fand, in einem Gasthause Kiews arrctirt, wobei er sich durch Revolvcrschüffe zu entleiben vcrsuchtc, aber sich nur eine nicht lebensgefährliche Verwundung bribrachtc. Dem Eomplicc» Herz Bujarin gelang cS über die Grenze und wahrscheinlich nach Dentschland zu .entfliehen und ist dieser, trotz Steckbriefe und Prämieu- zustchnung für die Jnhastirung, bis jetzt nicht ermittelt worden. Die Verlesung dcs Anklageactes dauert nur eine halbe Stunde. Er rrcapitulirl die von dem Ange klagten durch offenes Geständniß bestätigten Umstände, wie sie aus der Voruntersuchung bereits bekannt sind, und formulirt die Anklage. Neu und interessant sind eigentlich nur die Motive, die den Angeklagten zu dcr Fälschung brwogcn, und die wörtlich seinem ersten in dcr Voruntersuchung abgelegten Geständnisse entnommen sind. Kowner wollte mit Hilfe dieser Fälschung 1. selbst ständig werden, 2. die Möglichkeit erringen, seine Ge liebte Sophie Kannegießer zu heirathru, die ihm nur ihre Hand reichen wolle, wenn er ein reicher Mann ge worden , 3. sich an dcui Dircctor dcr St. Petersburger Discontcbank rächen, dcr ihn unfreundlich behandelt habe, 4. die Zukunft seiner Kinder erster Ehe sicher stellen und seinen armen Verwandten helfen, und end lich 5. von dem gestohlenen Gelbe überhaupt einen „besseren Gebrauch" machen, als die Moskauer Kauf- mauusbank, für die, nach dcr Ansicht Kowurr's, 168,000 Nubcl doch nur eine Bagatelle waren. Der Angeklagte erhält das Wort. In seiner langen Verthridigungsrede, die nicht ohne oratorische Wendun gen und dramatische Effecte ist, bemüht sich Kowner nachzuweiscn, daß er zu diesem Verbrechen durch ein Zusammentreffen vieler unglücklicher Umstände gedrängt worden sei. Einer nngebildcten, bettelarmen jüdischen Familie entsprossen, sei es ihm durch Fleiß und Lern- bcgierdc gelungen, sich eine verhältnismäßig bessere Le bensstellung zu erringen; dennoch seien seine Einnahmen doch zu gering gewesen, um in St. Petersburg eium seiner Stellung entsprechenden Familicnhaushalt zu bestreiten; unterdessen sei er mit dcr Familie Kanneglcßer bekannt geworden und habe dort seine jetzige Frau kennen ge lernt und sich in sic verliebt. Aber um sie heimzuführrn und sie glücklich zu machen, habe er Vermögen nöthig gehabt; ein anderer Weg, zu Gelbe zu kommen, als der von ihm versuchte, habe sich ihm nicht geboten, und das habe ihn jetzt auf die Anklagebank geführt, erbitte um Berücksichtigung dieser mildernden Umstände. (Schluß folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite