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WeM für Msdmss Thamdt. Mm, Menlehn vad die KWtMdm. Imtsblalt für die Kgl. Amtshauptmannschaft Meißen^ für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruffs Inserate werben Montags, Mittwochs m» freitags bis spätestens Mittags s2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O s)f. pro dreige» spaltene Lorpuszeile. sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt» Erscheint < wöchentlich dreimal u. zwar Dien^'i tags, Donnerstag und Sonnabends., Bezugspreis viertel), s Mk. 30 P>f., durch die Post bezogen s Mk.55j)f. Einzelne Nummern sO Pf. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. U. Berger daselbst. Ro. 1». Dienstag, ös« 22. Januar 18SS. Bekanntmachung. Vie Grtsbehörben werden an die umgehende Einreichung der noch rückständigen, zufolge früherer Bekanntmachungen nach Ablauf eines jeden Jahres bis Mitte Jonna» hier einzusendenden Ueberstcht über die vorhandenen Hiebkinder ber. des Fehlscheines hierüber erinnert. Meißen, den 18. Januar 1895. Königliche Amtshauptmannschaft. I. A. Mensel, Bezirksassessor. Bekanntmachung. Die Feier des Geburtstages Sr. Maj. unseres deutschen Kaisers soll seitens der Schule erst Montag, den 28. v. M., vsrni. sv Nh» durch einen Festaktus in der Turnhalle feierlich begangen werden. Die hiesigen Behörden, insbesondere der Schulvorstand, die Eltern und Erzieher der Kinder, sowie alle Freunde unseres Schulwesens werden hierzu ganz ergebens! eingeladen. Der Direktor der städtischen Schulen. Gerhardt. als einziger Nest zurückgeblieben ist. Und daß leider auch eine der sozialistisch-revolutionären Scylla bedroht. Die gemäßigten für die Sache des Deutschthums und des Protestantismus be ¬ nehmen, § 2 desselben beseitigt sehen wollte. Als ob nicht auch der einzelne Jesuit stets im Interesse des gesammten Ordens arbeitete! Ebenso ist bei dem Antrag Förster über mündliche oder schriftliche vertrauliche Anfrage wird er aber gern antworten. Der Jesuiten antrag ist nun wiedereinmal im Reichs tag zur Verhandlung und in zweiter Lesung zur Annahme ge langt. Das Zuzeständniß der Zulassung der Redemptoristen, welche unter anderer Firma dasselbe lehren und thun, wie die Jesuiten, hat das Centrum nur noch begehrlicher und steges- gewisser gemacht. Nicht ohne Grund rechnet dasselbe darauf, durch das sortwährende Aufrollen der Jesuitenfrage den Bun- deörath mürbe und das deutsch-evangelische Volk müde zu machen. Derselben Taktik verdankt es ja die Aufhebung so vieler Kulturkampfgesetze, von denen das Jesuitengesetz fast noch sehen worden, das zwischen ausländischen und inländischen Je suiten kein Unterschied ist: beide dienen nur dem Papstthum und Rom ist ihr eigentliches Vaterland. Es lohnt sich auch wohl kaum, die vom Centrumsabgeordneten Hompesch ins Feld geführten Anschauungen zu beleuchten. Die Jesuiten würden wohl selbst am ersten den Ehrentitel „deutscher Bürger" mit Entrüstung zurückweisen, und was die Jesuiten, welche ja das Mark und die Blüte ver römischen Kirche sein sollen, als Vor kämpfer für Religion, Sitte und Ordnung gegenüber der So zialdemokratie leisten, hat erst kürzlich der frühere Jesuit Hoensbroch an den Verhältnissen Belgiens gezeigt, „wo die so zialdemokratischen „Legionen" unter den Fenstern der Hunderte von Kirchen und Klöstern ihren Parademarsch in die Kammer antreten. Das Centrum mit seiner hetzerischen Agitation hat in mehr als einem Falle und an mehr als einem Orte in Deutschland der Sozialdemokratie die Wege geebnet, und die Sympathie Liebknechts für die Jesuiten ist deshalb wohl be greiflich. Es ist wieder die alte Brüderschaft der Schwarzen und Rothen, der Polen und Elsässer, denen sich einige andere Abgeordnete anschlossen, welche die Annahme des Antrags er möglicht hatte. Hoffentlich erfolgt bei der dritten Lesung na mentliche Abstimmung, damit das deutsche protestantische Volk weiß, welche Abgeordneten seine Sache vertreten und welche nicht. Hoffentlich wird auch das deutsch-evangelische Volk diese Abstimmung des Reichstages nicht ruhig über sich ergehen lassen, sondern deutlich zeigen, daß es das Jesuitenge setz in seinem ganzen Umfange aufrecht erhalten wissen und nichts gemein haben will mit den Künsten jener so kurzsichtigen und doch so selbstbewußten Realpolitik, welche um materieller Interessen willen geistige Errungenschaften gleichmüthig preiS- giebt. Uebrigens fehlt es dem ultramontanen Freudenbecher nicht an einem Tropfen Wermuth; der Bundesrath hat sich in seiner Zurückhaltung nicht beirren lassen und ist aus seinem Schweigen nicht herausgetreten. Möchte er auch weiterhin fest bleiben gegenüber dem Drängen des jederzeit zu Handelsge schäften geneigten Centrums und nicht etwa um den Preis der Annahme der Umsturzvorlage jene zurückkehren lassen, welche allezeit die Pioniere des Umsturzes und die Väter der großen französischen Revolution gewesen sind, die Jesuiten! Nach Erledigung des Jesuitenantrages hat sich der Reichs tag zunächst mit der ersten Lesung der Novelle zu den Justizgefetzen beschäftigt, welche Berathungen am Sonn abend mit Verweisung der Vorlage an eine Commission endete. Es handelt sich bei der gedachten Novelle um wichtige undwün- schenswerthe Reformen im Justizwesen des Reiches, vor allem um die Entschädigung unschuldig Verurtheilter und die Ein führung der Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern erster Instanz, und recht erfreulich ist es darum, daß die Ge neraldebatte über die gedachte Regierungsvorlage mit Bestimmtheit die Aussicht auf eine Verständigung in Sachen der geplanten Justizreformen eröffnet hat, mögen auch in Einzelheiten noch Meinungsverschiedenheiten vorhanden sein. Am bedeutsamsten war wohl die Freitag-debatte. In ihr sprach zunächst Abg. Lenzmann von der freisinnigen Volkspartei, ein hervorragender Jurist, der auf Grund seiner reichen praktischen Erfahrungen eine sehr drastische Kritik an unseren bestehenden Rechtsverhält nissen übte und im Weiteren trotz seiner geäußerten Sympathie für die Tendenzen der Novelle erhebliche Abänderungsanträge zu derselben seitens seiner Fraktionsgenossen verhieß. In gewand Der Prasl-entenwechsel in Frankreich. Nach hartem Wahlkampfe und unter stürmischen Protest kundgebungen seitens der Sozialisten und Ultraradicalen ist Felix Faure, der Marineminister im bisherigen Cabinet Dupuy, vom französischen Congreß zum Präsidenten der Re publik an Stelle Casimir-Periers gegenüber dem Radicalen Brisson gewählt worden. Hiermit hat die überraschende Re gierungskrisis, welche sich in Frankreich an die wuthlose Ab dankung Casimir-Periers knüpfte, zunächst wieder ihren äußer lichen Abschluß erhalten und zur Vervollständigung der neuen Regierung in diesem Lande bedarf es nur noch der Neubildung des französischen Cabinets, welche wohl im Laufe der nächsten Tage erfolgen wird. Die Wahl Felix Faure's zum neuen Staatsoberhaupt Frankreichs bekundet, daß jenseits der Vo gesen noch einmal die maßvollen und besonnenen Elemente den Sieg über die immer stärker auftretenden radikalen Strömungen davongetragen haben, daß die Republik noch einmal Halt auf ihrer cffenbar stets weiter nach links gleitenden Bahn gemacht hat. Denn der jetzige Präsident gehört gleich seinem Vor gänger der gemäßigt-republikanischen Richtung an und es steht darum auch unter seiner Präsidentschaft die Fortsetzung der bisherigen Regierungspolitik in der Republik zu erwarten. Da der hat denn die Berufung Faures an die Spitze der Re publik in allen besonnenen Beoölkerungskreisen Frankreichs leb hafte Genugthuung hervorgerufen und auch die öffentliche Meinung des Auslandes beurtheilt die Erwählung Faure's im Allgemeinen sympathisch, da man überall davon überzeugt ist, er werde die friedliche internationale Politik Carnots und Casimir-Periers fortführen. Im Uebrigen ist der neue Prä sident der französischen Republik politisch allerdings noch nicht besonders heroorgetreten, trotz der verschiedenen' ministeriellen Stellungen, die er bereits bekleidete. Persönlich gilt er als ein durchaus ehrenwerther Charakter und als ein Mann von großer Willens- und Thatkraft, wofür der Umstand zeugt, daß er sich in sozialer Beziehung von einem armen Schreiber zum Chef eines ber größten und reichsten Handlungshäuser und Rhederei geschäfte der Seestadt Havre emporschwingen konnte. Ob aber die bedenkliche innere politische Lage Frankreichs eine Festigung erfahren, ob es dem neuen Staatsoberhaupte gelingen wird, dec Republik den ihr so nöthigen inneren Halt wiederzugeben, das möchte freilich schon jetzt zu bezweifeln sein. Auf der einen Seite wühlen die sozialistischen und ultraradikalen Elemente immer rücksichtsloser an den Grundlagen des heutigen republikanischen Frankreich-, auf der anderen Seite setzen auch! wie die zuversichtliche Kundgebung des orleanistischen Thron- präsidenten an den Senator Buffet beweist, und vielleicht werden sich nächstens auch die bonapartistischen Throncandidaten den Franzosen wieder in Erinnerung bringen. Freilich scheinen weder der junge Orleans noch die jetzigen bonapartistischen Prätendenten das Zeug in sich zu haben, die Republik zu stürzen und von neuem die legitime Monarchie oder das Kaiser- tbum an deren Stelle zu setzen, aber die Franzosen sind ja in ihren politischen Neigungen das unberechenbarste Volk der Welt, und eine einzige kühne That dieses oder jenes französischen Thronprätendenten könnte leicht genügen, ihm mit einem Schlage die Sympathien der großen Massen in Frankreich zu gewinnen. AnderseiiS arbeiten die Rothen jenseits der Vogesen immer offener auf die Errichtung der sozialen Republik hin und so slehl sich das Staatsschiff der französischen Republik gleich mäßig von den Strudeln ber monarchistischen Charybdis wie Tagesgeschichte. Im Berliner Residenzschlosse fand am Sonntag das große Krönungs- und Ordensfest statt, dasselbe nahm den ge wohnten glänzenden Verlauf. Mit dem genannten Feste haben die Winterfestlichkeiten am Berliner Hofe ihre Einleitung erfahren, ihren Beschluß pflegt bekanntlich der fast historisch zu nennende Fastnachtsball im Königlichen Schlosse zu bilden. Ein Jahr ist etwa verflossen, als Kaiser Wilhelm II. die historische Flasche Steinberger Cabinet zum Fürsten Bis marck nach Friedrichsruh sandte, welche, nach der vorange gangenen schweren Erkrankung des greisen Staatsmannes, die Versöhnung zwischen dem Monarchen und seinem früheren ersten Staatsmanne besiegelte. Fürst Bismarck kam am Tage vor dem kaiserlichen Geburtstage nach Berlin, und der Kaiser erwiderte den Besuch im Sachsenlande. Wieder ist ein Flügcl- adjutant des Kaisers in Friedrichsruh gewesen, und auch der Reichskanzler Fürst Hohenlohe war dort. Daß Fürst Bismarck zum 27. Januar, oder etwas früher oder später, wieder nach Berlin kommt, erscheint wohl im Hinblick auf den schweren Trauerfall als ausgeschlossen, den wir vor Weihnachten in seiner Familie erblickten. Man bat nun gesagt, es sei nicht unmöglich, daß Fürst Bismarck in den preußischen Staatsrath wieder eintreten könne, falls diese Körperschaft zur Begut achtung von landwirthschaftlichen Reformgesetzen wieder in nächiter Zeit nach Berlin berufen werden sollte. Fürst Bis marck erweckte den preußischen Staatsrath in den letzten Le bensjahren Kaiser Wilhelms I. zu neuem Leben, der damalige Kronprinz Frieorich Wilhelm und später Kaiser Friedrich ward Präsident des Staatsraths, Fürst Bismarck Vizepräsident. Seit dem Ausscheiden des eisernen Kanzlers aus dem Reichsdienste ,st ber preußische Staatsrath nicht wieder berufen worden. Es ist gegenwärtig auch kein Präsident der Körperschaft vorhanden, da Fürst Bismarcks Ehrenamt mit seinem Rücktritt vomReichs- kanzlerposten erlosch. Natürlich würde nichts eine Wiederer- ! nennung hindern, aber man bezweifelt, und wohl mit Recht, ob Fürst Bismarck wieder eine solche Ehrenstellung annehmen Republikaner hätten wahrhaftig allen Anlaß, gegenüber dieser § denkliche Schlaffheit um sich greift, hat der Antrag Rickert be- ! Doppelgefahr einig zu sein, statt dessen gestatten sie sich den! wiesen, welcher, um dem Jesuitengesetz seinen Stachel zu § Luxus unheilvoller Spaltungen mit der Betreibung egoistischer ' ...... ..... ! Sonderintcressen. An dieser Klippe dürfte über kurz oder lang i vermuthlich auch die Präsidentschaft Faure's scheitern und nach her wird allem Ermessen nach die der faulenden dritten Re publik schon seit Jahren drohende politische Staatskatastrophe wohl endlich eintreten. die monarchistischen Parteien ihre Wühlarbeiten gegen die Re-^ — publik fort. Ja, der junge Herzog von Orleans glaubt m wird. So lange seine Gemahlin noch lebte, wäre er mit läßlich des Präfidentenwechsels seine Zeit schon jetzt gekommen, dieser vielleicht noch einige Male zu den kurzen Staatsraths- sessionen nach Berlin gekommen, heute wird ej^kaum noch Neigung hierzu haben. Den Posten eines unverantwortlichen Rathgebers der Krone liebt der alte Herr nicht, auf eine