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Nummer 64 3«. Iahrg. st. Dienstag, 1«. März 1937 Rede Schachts auf -er Hauptversammlung -er Reichsbank Sie Votfchaster VelglenS, Sowjettußlan-S und Italiens bei Delbos Im Fall« von höher«« Kewalt, V«cb»t, «Intrrlendec Brlrirb»» störvn4«n hat d«r B«-Irh«r »de« WerbunglrrlbrNd« ketw Anlprüche, fall« dt« Zeitung In brschrönkikm Umfang«, vec- fpöl«< oder nicht erscheint. Erfüllungsort lst Dresde» Erscheint « mal wöchenllich. Monailiche« Bejugsprei, durch Trüg«« «Inschl. « Pfg b»». tv Psg. Trögerlohn 1.70; durch di« Post 1.70 «lnschliehlich Postiiberweisungsgebllhr, zuzüglich S« Psg. Post-B«st«llgeld. Ümpl-N,. 10 Psg., Sonnabend- u. Festlags^lr. » Pf«, tlbbesiellungen müssen spöiesten, «im Woch« vor Ablauf de« Pc^szeit sch-Isillch beim Verlag eingegangrn fein. Unser» Iriige, dllrsen kein« Abbestellungen «nigegennehmen, Äi'tstleitung: Dresden.«^ Polierst«. 17, Fernruf «711 «.«SU Eeschlslsst-ll«. Druck und v«rlag: Eerniant« Buchdrucker«! » «erlag Ih. n S. Winkel, Polierst«st« 17, Fernruf «ül», postfche«: «r 10», Bank: Stadtbank vr«d«, §kr. «7« Aktuelle Probleme -er deutschen presse Magdeburg, 16. März. Im Nahmen der Tagung der Reichspressekammer bei der Gaukulturwoche Magdeburg-Anhalt sprach der Leiter des Reichs verbandes der deutschen Presse, Hauptmann a. D. Wilhelm Weih, über aktuelle Probleme der deutschen Presse. Er führte u. a. aus: Die Prcssepolitik des nationalsozialistischen Staates ist le diglich eine Fortsetzung der nationalsozialistischen Staatspolitik auf dem Gebiet der öffentlichen Publizistik. Das Deutsche Reich hätte seine Wehrsreiheit und das Rheinland nicht zurückerhatten, es hätte keine imponierende Luftwaffe aus dem Nichts heraus ausbauen können, es hätte keine Autostrassen und Monumen talbauten, es wäre heute noch in den Fesseln der Kriegsschuld lüge. und der Versailler Vertrag wäre heute noch Bestandteil der Verfassung, wenn sich die Leitart>kl"r der deutschen Presse so wie früher verantwortungs- und disziplinlos aller dieser Probleme bemächtigt hätten Sie hätten sie zerredet, bevor an ihre Durchführung auch nur hätte gedacht werden können. Der Wert der journalistischen Elgenarbeit. Bei aller politischen Konzentration, die die Presse des nationalsozialistischen Reiches stark gemach' hat. darf man nicht vergessen, dass das geistige Niveau der deutschen Zeitung be stimmt wird durch die s o u r n a I i st i s ch e Initiative. Sie ist das Wertvollste, was heute in der deutschen Presse erhalten werden mutz. Es darf nicht dazu kommen datz man sich in den Redaktionen daran gewöhnt, kritiklos und instinktlos nach den Direktiven zu arbei'en, die dem Scbristleiter von irgend einer der vielen Pressestellen und Presseämter täglich aus den Schreib tisch gelegt werden. Man darf cs hier wieder einmal aus sprechen: Wir haben zu viele Pressechefs im Deutschen Reich. Ich fürchte, datz der Nutzen dieses Zustandes für die Presse und vor allem für das Lesepublikum im umaekehrten Verhältnis zu dem Material- und Personaleinsatz stebt. der dafür ausge wendet wird Und die Zeit, die in den Redaktionen lediglich damit verbracht werden mutz, um alle offiziellen und inoffiziel len Wünsche zu befriedigen oder miteinander in Einklang zu bringen, märe nicht selten einer belferen Sacke würdig. Die Zeit ist nun einmal in einer Schristlcitung kostbar Das Mor- genblatt mutz heraus, und die Züge warten nicht darauf, bis ein vorsichtiger Referent die Rede seines Herrn und Meitzers nach sechsmaliger Umarbeitung endlich für druchsertig hält. Noch etwas soll in diesem Zusammenhang kurz gestreift werden: das ist die Empfindlichkeit und Humorlosigkeit aller iener, die sich heute für irgend etwas verantwortlich fühlen. Wenn heute z. B. ein Berichterstatter aus einem Kongretz der Handelsschiffs kapitäne den Einbruch einer leicht alkoholisch gestimmten Fest stimmung gewinnt und dem in seiner Zeitung Ausdruck gibt, so liegt am nächsten Tag bestimmt ein geharnischtes Protest schreiben des zuständigen Fachverbandes aus dem Redaktions tisch. Oder wird in einem Bericht über eine Snnntagsvormit- tagsparade der Freiwilligen Feuerwehr bei der Aufzählung der Ehrengäste der Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse ver gessen. dann beschwert sich am nächsten Tag sicher ein Mann, der in der Komwunalverwaltung mit der Lektüre der Zeitun gen beauftragt itt. Oder wenn ein Schriftleiter eine kleine und harmlose Geschickte von der Badesaison auf der Insel Juist veröffentlicht, dann hält sich der Kurdirektor von Juist per sönlich für beleidigt, weil er vorher nicht gefragt worden ist, und beschimpft auf einem badeamtlichen Briefbogen seitenlang die deutsche Presse im atzoemeinen und die zuständige Schrift leitung im besonderen. Vielleicht soll man die Dinge nicht tra gisch nehmen, aber sie werden bedenklich in dem Augenblick, in dem sie mit der Drohung verbunden werden können, datz man widrigenfalls die Machtmittel von Partei und Staat in An spruch nehmen werde. .<äier geht es nickt nur mehr um d«e Bresse selbst, sondern um dos Ansehen von Partei und Staat. Alle die- fenigen. die es angcht, sollen eines nicht vergessen: der natio nalsozialistische Staat hat seiner Presse eine Aufgabe übertragen, deren Erfüllung mindestens ebenso wichtig ist, wie die Eristenz der Menschen, die In ihren Organisationen mit der bcrufs- mähigen Verfolgung der Presse beauftragt sind. Was können Partei und Staat tun, um der Presse auch Ihrerseits die Stellung zu geben, die sie gerade Im öffentlichen Interesse haben mutz? Der Nationalsozialismus hat dafür ge sorgt. datz die Kontrast- und Ueberwachungsmatznahmen der Presse nach einem zielbewusst aufaebauten System vor sich gehen. Wir haben ein eigenes Ministerium mit einer grotzauf- gebauten Prcsscabteilung, von der aus die gesamte Bresse ma teriell und personell im denkbar weitgehendsten Masse geleitet und dirigiert wird Wir haben die Pressekammer mit ihren grotzen Vollmachten zum Eingriff In die Verlags- und Besitz verhältnisse der deutschen Zeitungen Wir haben den Reicksner- band der deutschen Presse, dem mit seiner Berufsgerichtsbarkeit Bombenanschlag «egen die Kathedrale von Montpellier Parls, 16. März. An einem der Haupteingänge der Kathedrale von Montpellier explodierte in den Abendstunden des Montag «ine Bombe, di« von unbekannten Tätern dort nie dergelegt worden war. Durch die Gewalt der Explosion wurden nicht nur die Kirchtttr und das Innere der Kirche be schädigt, sondern auch sämtliche Fensterscheiben der umliegenden Häuser zertrümmert. Eine genaue Untersuchung ergab, datz es sich um eine runde Bombe von etwa 15 cm Durchmesser gehandelt haben mutz, die wahrscheinlich von einem Nichtsachmann hergestellt worden war. In zuständigen Kreisen fragt man sich, ob es sich nicht um einen anarchistischen Anschlag handele. Gerade in der letzten Zeit seien zahreiche Anarchisteii nach Montpellier gekom men. was schon häufig zu Beunruhigungen in der Bevölkerung Anlab gegeben habe. Berlin, 1k. März. In der Hauptversammlung der Reichsbank, in der der bekannte Abschlutz für 1938 mit wieder 12 Prozent Dividende, davon 8 Prozent in bar, genehmigt und die Wahlen zum Zentralausschutz gemätz den Vorschlägen gutgeheitzen wur den, ergriff Rcichsbankpräsident Dr. Schacht das Wort zu folgenden Ausführungen: In diesen Monaten, in denen wir besonders häufig den Blick auf die fett der Machtergreifung verflossene Zeit richten, ist viel über ihre Ziele, Sorgen und Erfolge gesagt worden. Ich möchte mich darauf beschränken, aus der Fülle der Auf gaben, die in der zurückgelegten Etappe an uns herantraten und gebieterisch eine Lösung verlangten, diejenigen herauszugreisen und zu beleuchten, an der die Reichsbank in allererster Linie mit zuwirken berufen war. Das ist die Finanzierungsauf- gäbe, die in ihren Anfängen vorwiegend ein Aufbringungs problem darstellte, die aber mit. fortschreitendem Krediteinsatz an das Währungsproblem rühren mutzte. Ich darf heute feststellen, datz wir, obwohl das Kreditoolu- inen über den ursprünglich übersehbaren Rahmen hinaus ausge weitet werden mutzte, die finanziellen Dinge dies« vier Jahre hindurch sowohl ausbringungsmätzig als auch währungspolitisch gemeistert haben. Damit haben jene Propheten autzerhalb unserer Grenzpfähle Un recht bekommen, die uns schon lange den Zusammenbruch von Wirtschaft und Währung vorausgesagt haben. Es Hilst diesen falschen Propheten nichts, datz sie nun die Meisterung unserer bisherigen Finanzlerungsvorhaben hier und da als ein „Wun der" bezeichnen. Für «inen Finanzpolitiker gibt es keine Wun der. Wir wissen sehr gut, auf welchen Gebieten unsere Mittel unerschöpflich sind und auf welchen cs höchster Klugheit bedarf, um mit dem nur spärlich Vorhandenen die gesteckten Ziele zu erreichen. Wir haben nie einen Zweifel darüber gelassen, datz die Finanzierung zu diesen letzteren Gebieten gehört, allerdings auch nie darüber, datz wir trotzdem an dieser Frage nicht schei tern werden, weil und solange wir nicht ins Blaue hinein finan zieren. Das Besondere und Schwierige der deutschen Lage liegt nur darin, datz infolge von Krieg, Inflation, Reparationen und Tnstem-Mitzwirtschaft die kapitalmätzige Untermauerung der deutschen Wirtschaft mangelhaft lst. Dle Reichsbank kann für sich in Anspruch nehmen, datz sie das Finanzierungsproblem in seiner grundsätzlichen Bedeutung mit grösster Sorgfalt geprüft hat, datz sie die Rückwirkungen, die sich aus der eingeschlagenen Kreditpolitik ergeben, ständig beobachtet und datz sie an ihnen ihre jeweiligen Entschlüsse im mer wieder neu ausrichtet. Diese Elastizität bedeutet nicht das Aufgeben von bewähr ten Erkenntnissen, die von jeher die Grudlage unserer Wäh rungspolitik bilden. Wir wissen, datz für unsere Finanzierungs politik hinsichtlich der Wirkungen der Krcditausweitung auf die Tcsamtwirtschaft Grenzen bestehen. Die Grenzen liegen insbe- Frankreich versucht Druck aus Belgien Lebhafter Bekleb am Qual d'Orsay Part», 18. März. Der Quai d'Orsay entwickelt« am Montag «in« recht leb hafte diplomatisch« Lätigkrit. Der Autzenminister «mpsing hin tereinander di« Botschaft«! B«lgi«ns, Sowjetruss- lands und Italien», wobei dl« Erörterungen über dl« Westpaktpläne auf d«r Tagesordnung standen. In Pari ser politischen Kreisen meint man, di« Unterredung zwischen Autzenminister Delbo» und dem belgischen Botschas- t e r habe als weitaus wichtigst« zu gelten, da von der Haltung Belgiens sehr viel abhänge. Di« Bestrebungen der Brüsseler Re gierung, voll« Neutralität zu bewahren, da» heitzt die Sicherheit des Landes wohl von den Grossmächten garantieren zu lassen, selbst aber nicht an irgend einem Garantiepakt zugunsten dieser Mächte teilzunehmen, habe ln Pari» starke Beunruhigung aus gelöst, da die militärischen Abkommen zwischen Frankreich und Belgien einerseits und zwischen England und Frankreich an dererseits damit in Frage gestellt würden. Der „Jour" erklärt mit frommem Augenaufschlag, die srcmzösische Regierung wolle nicht den Eindruck erwecken, als ob sie einen Druck auf Brüssel dusübe, und sie ziehe «» W M H M Anzelgrnpieke: dl« llpaMa« « mm dr«It« Z«U« v Ps, , ! ! W I Illk FamIIIenan,eigen » Psg. Für PlaywllnIH« können ->l, k«in« E«wöh, Ulstw, Volkszeitung oor, London die Führung der Verhandlungen zu überlassen. Demgegenüber sagt „Petit Journal" offen, dle gestrige Unter redung habe in erster Linie den Zweck gehabt, Londons Be mühungen, Belgien zu einer Aenderung seiner Auffassung zu bewegen, zu unterstützen. Man kabe je doch zum mindesten bisher den Eindruck, datz diese Bemühungen keinen Erfolg gehabt hätten. Dle Unterredung des Autzenmintsters Delbos mit dem sowjetrussifchen Botschafter galt selbstverständlich dem Schicksal des französisch-sowjetrussischen Paktes. Am Rande bemerkt „Pe tit Journal" zu der Gesamtfrage, man dürfe sich auf alle Fälle in Londoner diplomatischen Kreisen nicht einbilden, die Achse Berlin—Rom schwächen zu können. Hitler und Mussolini hätten im Gegenteil die Gelegenheit, die ihnen die Antwort an Lon don bot, ergriffen, um noch einmal ihrer Solidarität Ausdruck zu geben. Die Verhandlungen Uber einen neuen Westpakt seien auf jeden Fall schon jetzt äusserst schwierig. Der Aussenpolitiker des „Excelsior" schreibt, die französische Regierung werde unter kei nen Umständen ihre Politik regionaler Abkommen im Rahmen des Völnerbundspaktes ändern. Hierunter falle auch der sran- zösisck-lowjetrussisische Pakt. Aussenminister Delbos habe sehr wakrscheinlich den sowjetrufsischen Botschafter am Montag von diesem Standpunkt unterrichtet. Mm Manz- md MhrimgSpvM „Mr -aden die finanziellen Dinge dle Wen vier Jahre hindurch gemeistert" Sparsamer Einsatz der verfügbaren Mittel sondere da, wo die Kreditpolitik aufhört, ein wirtschaftlich ge sundes Verhältnis zwischen Geld- und Gütermenge als allein massgebend gelten zu lassen. Die Reichsbank sieht es als ihre Ausgabe an, diese Grenzen, die es vorsichtig abzulasten gilt, einzuhalten. Innerhalb dieser Möglichkeiten jedoch haben wir versucht, alle Mittel heranzuziehen und sie so zu leiten, dass ihre Ver wendung mit möglichst grossem Nutzen erfolgen konnte. Das ganze Geheimnis, woher denn eigentlich das Geld für un sere grossen Vorhaben, wie Arbeitsbeschaffung und W e h r h a f t m a ch v n g, kommt, ist in Wirklichkeit nichts an deres als eine Angelegenheit der finanziellen Disziplin. Wie es nicht immer die zahlenmässig grössten Heere sind, die Schlachten gewinnen, sondern oft genug die straffe Führung einer kleinen Armee die Entscheidung erzwingt, so kommt es auch bei Knap pen finanziellen Mitteln in erster Linie darauf au, wie sie eingesetzt werden. Bereits in den ersten Monaten nach der endgültigen Machtergreifung wurden alle Fäden des deut schen Geld- und Kapitalwesens in einer Hand vereinigt und damit eine Handhabe gewonnen, durch die der Geld- und Kapi talmarkt in seiner Leistungsfähigkeit entscheidend gesteigert wurde. Obenan stand die E m i s s i o n s b e s ch r ü n lr u n g. Hinzu kamen die Neuordnung des Bank-, Kredit- und B ö r s e n w e s e n s, die nach und nach auf alle Kredit beziehung ausgedehnte Zinssenkung, durch die allmählich das überhöhe Zinsniveau in Deutschland abgebaut weichen konnte, ferner die Ordnung der öffentlichen, insbe sondere der kommunalen Haushalte und schliesslich eine Reihe von kleineren Einzelmassnahmen. ^Fortsetzung aus Seite 2.)