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7S. Jahrgang. ze 2SS Donnerstag, S1. Juni 19S5 Gegründet 18SS rra»t<mlchrift! »»<«>«««« »«»»«n Fernlprecher-Sammelnummer: SV S41 Rur für U«i,t„eIpUtcher SO 011 vom ». bi» so.Juni lsrs bei täglich ,weimalig-r Zustellung iret Hau» 1. <)6ZUg5^Wö0UÜk Bostbe,ug«vrei» für Monat Juni ».40 Mark ohne P°st,uste»ungigebühr. " v ^ ° °»,n,»,m.«me» 1« »fennig. «usteehalb »re,den» 1» »,»»«„. Die Anzeigen werden nach Goldmar! »ü Via-, sur au-wärtS 40 Pfg. ya Anzeigen-Pretie: >» P,«., außerhalb«» d>- »o SSO Pfg. Offertengebühr so Pfg. »inielnummer gen werden nach woldmark berechnet: die einipaltige so mm breit« Zelle .. 5g"mfa" für au»wLrt« »o Pfg. Familicnan,eigen und Stcllengeiuche ohne Rabatt -- 2>u. gg mm breite ReNamczeile «00 Pfg., außerhalb Auswärtige Aufträge gegen Borauibezahiung. SchrifNeltung und HauPigefchSstlsteN«, «arieustraße 38/42 Druck und «erlag von Liehfch « «eichardt in Dre«d«n Poftlcheck-ikonto 10S3 Dretben Nachdruck nu, mi, deutlicher Quellenangabe (.Dresdner Nachr.>>,»lästig. — Unverlangt« Schriftstücke werden nicht ausbewahrt. Berlin feiert die Atlantik-Bezwinger. Begeisterter Empfang auf dem Flugplatz. (Dra-tmeldung unsrer Berliner Schrtftleitung.) Flughafen Berlin-Tempelhof. 20. Juni. Je näher die -weite Nachmittagsstunde rückt, um so beängstigender wird der Betrieb im Flughafen Tempcihof. Nahezu N Stunde braucht man, um sich im Kraftwagen bis dahin durchzu- kämpsen. Die anderen Verkehrsmittel kommen kaum noch in Frage. Die Straßen sind verstopft. Die Schupo erhält mit Mühe und Not ein Mindestmaß von Verkehr aufrecht. Soll man die Tausende zählen wollen, die heute den ehe. maligen Rtesenexerzierplatz des kaiserlichen Deutschland be- Völkern, obwohl nicht ganz unerhebliche Eintrittspreise ge nommen wurden? Gegen 2 Uhr will es scheinen, als ob noch ein kräftiger Regenguß drohe, und bedenklich richtet die Mehr zahl der Zuschauer, die im Vertrauen auf das leidliche Sommerwetter den Regenschirm zu Hause gelassen haben, die Micke nach oben. Aber der Himmel hat noch ein Einsehen. Die Lautsprecher dröhnen: Die Ozeanflieger haben eben Staaken passiert. Kurz darauf erscheint das Vorgeschwader — es mögen an zehn Flugzeuge gewesen sein — am Himmel und kreist im groben Bogen über Flugplatz und dem Zentrum der Haupt stadt. Es folgt das Hauptgeschwader von ungefähr zwölf Flu»z«asrn. und als alle den Flugplatz umkreisen, gesellen sich abermals eine Anzahl von Maschinen dazu, so daß der blaugrane Himmel von einem Schmetter« und DrShneu von wohl bis KN Flugzeugen erfüllt ist. In diesem Augenblick donnern Böllerschüsse. Ganz niedrig fliegend, kommt die .Europa" über das Flnghasengelände dahingebraust, zieht eine Schleife ftadtwärtS. «m dann plötzlich anf dem Erdboden an- zngelange«. Die Uhr zeigt L.1K Uhr. Tücher und Hüteschwenken der vielen Tausende, begeisterte Zurufe. Während die Maschine vor das Ehrenpobium rollt, intoniert die Reichswehrkapelle, die dort aufgestellt ist. das Deutschlandlied. Die Reichswehr nimmt Haltung an. Die verwitterte „Europa", die vergeblich einmal schon zum Ozean fluge ansetzte, rollt heran. Die Photographen eilen herbei. Hauptmann Köhl entsteigt unter dem brausenden Jubel der Bevölkerung, und während die Menge das Deutschlandlied ansttmmt, als erster in seiner grauen Regenjacke dem Flug zeug. Er nimmt die Mütze und grüßt zu den Zuschauern hinüber. Dann entsteigt Fttzmaurtce dem Flugzeug. Freiherr v. Hünefelb, der auf der anderen Seite ausgesttegen ist, kommt um das Flugzeug herum. Die Flieger müssen dann noch dem Ansturm der Kino-Operateure standhalten, die Auf nahmen von den Fliegern am Flugzeug machen. Darauf werbe» die Flieger zu dem Festpodium geleitet, wo ein kleines Mädchen ihnen Blumensträuße überreicht und sie mit einem Gedicht begrüßt. Inzwischen sind mit dem neuesten Junkersgroßflugzeug, daS sonst aus der Strecke Berlin—Paris geflogen wirb, die Angehörige« der Flieger eingetroffen. FrauKöhl steigt aus und erhält einen riesigen weiß-blauen Blumenstrauß, den Gruß der engeren bayrischen Heimat. Frau Fitzmaurice, ebenfalls den Arm voll Blumen, führt ihr Tüchterchen an der Hand, das sich» wie es scheint, hoffnungslos mit einem Teddybären wahrhaft riesigen Formats abmüht. Geschenke werden herbetgebracht, Blumen und Süßigkeiten. Freunde und Bekannte sind herbeigeetlt. Die beiden jungen Frauen strahlen am Ehren tage ihrer Männer. Auf der Tribüne beginnt indessen das übliche Be grüßungSspiel, weniger auf die örtliche Wirkung als auf daS Rundfunkpublikum berechnet. Lautsprecher schreien die Reben, die gehalten werden, über den ganzen Platz. Zuerst ergreift das Wort Vizekanzler Hergt, der neben dem Reichs finanzminister Dr. Köhler steht. Man steht den Präsidenten des Reichstages Löbe, den Vizepräsidenten Graes, den Reichskanzler a. D. Luther, den Berliner Oberbürger meister Böß, ferner den Vertreter des ReichSverkehrs- ministerS, Ministerialdirigent Brandenburg, die Berliner Gesandten Bayerns und Württembergs usw. Nobile von Maddalena aufgefunden. Vizekanzler Lergk führt u. a. aus: Im Namen der Reichsregierung und zugleich im Namen der preußischen, bayrischen und württem- belgischen Regierung heiße ich Sie, meine Herren Köhl, Fitzmaurice und Freiherr von Hünefelb, in der Hauptstadt des Deutschen Reiches willkommen. Je tiefer wir vom Schicksal getroffen sind, um fo höher schlagen unsere Herzen, wen» tapfere Pioniere des Deutschtums vor der Welt beweisen, datz wir ««gebeugt im Bölkerwettstreit um die groben Knltur» fortschritte ««seren Mann zu stehe« wissen. Mit Stolz und Freude erleben wir nun die Heimkehr unserer Landsleute und den Besuch ihres vortrefflichen irischen Ge- führten, der mit ihnen in Stunden höchster Gefahr , und höchsten Glücks zum Kameraden auf Tob und Leben ver wachsen ist. Wenn wir heute Ihren Flug als die erstmalige Bezwingung des Ozeans von Ost nach West feiern, so wollen wir zugleich derer gedenken, die in westöstlicher Richtung den Weg über das Meer gefunden haben. Auf deutschem Boden, hier auf diesem Platz, konnten wir im vorigen Jahre den hervorragenden amerikanischen Flieger Ehamberltn Proviant un- Ausrvslungsgegenstän-e aus -em Flugzeug abgeworsen. Amun-sen im nördlichen Eismeer nolgelandet. Oslo, 20. Juni. Wie au» kingsbay gemeldet wird, ist es jetzt Major Maddalena gelungen, das Lager Nobiles aufzuflnden und Proviant und Ausrüstungs- gegenstände abzuwerfen. Rom, 20. Juni. Amtlich wird bestätigt, daß es am Mittwoch Maddalena gelungen ist. 300 Kilo- gramm Lebensmittel und Material über Nobile ab zuwerfen. Maddalena kehrte um 12,30 Uhr nach kingsbay zurück. Der erste Versuch Waddalenas vergeblich. Rom, 20. Juni. Ein Funkspruch der „Citta di Milano" meldet, daß Dienstag 5,25 Minuten Maddalena zur Suche nach Nobile gestartet und um 11 Uhr 45 Minuten unver richteter Dinge wieder zurückgekehrt sei. Er habe Nobile trotz eifrigen Suchens nicht finden können. Wie aus Kingsbay gemeldet wird, ist das italienische von Mat«, Peuc« geführte Flugzeug, sowie das aus Schweden zur Beteiligung a» der» Rettungsversuchen eutsandte Flug, zeug gestern kurz nach Mitternacht eingetroffen. (W.T.B.) Berlin, 20. Juni. Wie ans Kopeuhage« gemeldet wirb, ist nach dort eingelaufenen Meldungen das Latham-Flugzen«, mit Amnndsen an Bord, im nördlichen Polarmeer z« einer Notlandung gezwungen worden. Amnndsen hat dringend um sofortige Hilfe gebeten. Das Schicksal -er „Bremen". Quebeck, 20. Juni. Der Direktor der Kanadischen TranS- kontinentalen Luftverkehrsgesellschaft. Louis Cuisinier. der das erste Flugzeug nach Greenly Island gesteuert hatte, um Hauptmann Köhl und seinen Gefährten Beistand zu leisten, erklärt, baß der gestrandete Eindecker „Bremen" auf der Insel bleiben wird, bis die deutschen Versicherungssachverstän digen eingetroffen sein werden. Dann werde bas Flugzeug verpackt und nach Deutschland verschifft werden. Die „Bremen" sei zwar ernstlich beschädigt, könne aber für wet tere Flüge wieder instand gesetzt werden. lW. T. B.j Fräulein Boll gibt auf. Fräulein Voll hat ihren West- Ost-Flug wegen schlechten Wetters anfgegeben. Sie will die „Columbia" nach Paris bringen, um dann yon Ost «ach West den Ozeanflug zu wagen. begrüßen. Jetzt haben Sie dem amerikanischen Volke unter den schwierigsten Verhältnissen den Gegenbesuch geleistet, und mit Genugtuung stellen wir fest, daß beide Flüge die Gefühle gegenseitiger Achtung und Freundschaft zwischen den beiden Ländcrn nur haben stärken können. Mit Stolz dürfen wir anssprechen, datz Sie mit deut schem Flugzeug und deutschem Motor Ihre Tat vollbracht habe«, und cs ziemt sich wohl, auch der Tätigkeit jener Konstrukteure «nd Arbeiter z« gedenke«, die «nter Leitung von Prof. Junkers Ihnen das ge eignete Werkzeug geschaffen haben. Meine Herren, Ihre Namen werden in der Geschichte des Flugwesens für alle Zeiten rühmend genannt werden. Froh bewegten Herzens dürfen Sie sich mit uns zu der Feier ver einigen, die Ihnen das deutsche Volk bereitet. Wenn Sie der Jubel umbraust, so wollen Sie daraus die Gewißheit entnehmen, daß unser Volk nie aufhören wird, die Männer vor allem zu ehren, die eine mutige Tat höher stellen als ihr Leben: und damit nochmals: Seien Sie auf bas herzlichste willkommen! — Der Rede Hergts folgte ein drei maliges Hurra, woran sich, von Tansenden gesungen, das Deutschlandlied anfchlietzt. Der Berliner Oberbürgermeister begrüßt hierauf die Flieger im Namen der Reichshauptstadt. Dr. Böß führt die begeisterte Anteilnahme der Berliner und der Besucher der Stadt Berlin an dem Ozeanflug darauf zurück, daß die Berliner und die Deutschen stolz darauf seien, daß wieder eine Tat vollbracht worden sei, die das deutsche Selbstgefühl hebe. Jedes einzelne Ereignis, das eine Tat eines Deutschen vorwärts führe, stärke in uns das Vertrauen in unsere Kraft und entlocke uns Dank und Bewunderung. Scderl E-zelleuA Dtto Sammann f Köhl im Namen -er Flieger. Ein Aufhorchen geht durch die Menschenmassen. Kurz, mili tärisch. -och mit vor Bewegung zitternder Stimme spricht Köhl. Soldat vom Scheitel bis zur Sohle, bescheiden selbst in der Stunde des Triumphes, seiner ganzen Erscheinung nach das, was man einen Prachtkerl nennt. Kurz gedrungen Figur und Schädel, Adleraugen, braungebranntes energisches Gesicht, das ist der Mann, der am Steuer jener Maschine saß, die erstmalig den Ost-West-Flug über den Ozean vollbrachte. Er kommt vor Bravos und Jubel zuerst kaum zu Wort. Er und seine Begleiter kehrten aus dem sportbegeisterten Amerika zu einem ungeahnten und unverdienten Empfang zurück. (Widerspruch.) Sie hätten ihre Ausgabe unter nommen im Vertrauen auf deutsche Arbeit und aus Liebe zur Heimat. Sie dankten Gott, dem Allmächtige», für das Gelingen des Unternehmens und brächten heiße Grüße aus Amerika und von den Deutschen Amerikas. Er dankt besonders dem amerikanischen Botschafter für das, was Amerika den Fliegern gegeben hat. Möge die Brücke dnrch die Luft von Deutschland nach Amerika, die über Irland führt, beste« besten Piloten er vorstelle (Hurra!) immer mehr sich festigen. Das «alte Gott! (Immer wiederholter Beifall.) Wieder wird „Deutschland über alles" gesungen. — Nun nimmt Fitzmaurice bas Wort auf englisch. Er dankt für den wundervollen Empfang in Berlin und endet auf deutsch mit „Herzlichen Dank!" Auch seinen Worten folgt anhaltender Beifall. Baron ». Hünefelb schließt sich Köhl darin an, baß es fast zu viel sei, was ihnen geboten werde. Er begrüße herzlich als erfreuliches Symbol, -aß ihm die Blumen überreicht seien von der kleinen Tochter des Ministerialdirektors im Reichsverkehrsministerium, Brandenburg, der selber alter kour-Is-msrits-Flieger sei. Die Vaterlandsliebe der Bürger der Bereinigten Staaten überbrücke drüben die Parteien. Gefreut habe er sich, daß in Bremen Stahlhelm, und Reichsbanner. Deputationen zur Begrüßung erschienen seien. „Wir wollen bas Vaterland ehren, lieben und schätzen, ohne Unter- schieb der Partei, wenn der Ruf ergeht. Hoch Deutschland!" In Hünefeld spricht der Politiker. Seine Rede ist die eines entschlossenen Nationalisten. Immer wieder unterstreicht er das Nationale dieser Leistung. Seine Rede bedeutet aber auch gleichzeitig einen Friedensschlub mit de« RekchSverkehrsminifterinm, denn man entsinnt sich, Saß der RetchsverkehrSmtnister Koch dem damals bevorstehenden Ozeanfluge nicht gerade hold war. Der Erfolg hat für die Flieger gesprochen und mit den ersten Worten, die man hierüber in Berlin spricht, wird die Streit axt begraben. Herr Löbe steht daneben und lächelt sauersüß, während bet Hünefelds, wie auch bet den Reden der anderen Flieger immer wieder Hochrufe laut werben, schwarz-weiß-rote Fahnen in der Luft geschwenkt werben und der Jubel keim Ende nehmen will. Die Botschafter sprechen, dankend, bewundernd, die ^üm dritten Male" erklang das Deutschlandlied. — Unter stürmische Kundgebung erfolgte nun -ie Run-fahrt im Auto an den gedrängten Rethen des Publikums entlang. Die Spitze der Flieger im Auto sind so hoch angebracht, daß sie von allen Setten gut zu sehen sind. Die Autos sind mit Kränzen und Blumen überladen. Die Flieger vergaßen ihre Damen mttzunehmen, sür die ein Sonbrrwagcn beschlagnahmt