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Dresdner Journal : 12.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189704127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970412
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970412
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-04
- Tag 1897-04-12
-
Monat
1897-04
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 12.04.1897
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VezagSpret«: Für Dresden vierteljührlich: »Mark bvPf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer- halb des Deutschen Reichel Poft- und Slemprlzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Däglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr -Anschluß: Nr. 1298. Dresdner Zonrnal. Autüu«tguu«e,»dkhre»r Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift »o Ps. Unter „Eingeiuudt" die Zeile «0 Pf. vei Dabelleu- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Heran-geter: Königlich« Expedition de« Dresdner Journal« DreSdcn, Zwingerstr so. Fernspr.-Anschluß: Nr 1298. M84 Montag, den 12. April, abends. 18S7. Amtlicher Teil. Srlltuuuuqen, Versetzuvgev rc. tm öffeutlicheu Dienste. Bei der Post-Berwaltung ist ernannt worden: Laping, zeither Postverwalier in SauperSdors, als Postassistent im Bezirke der Kaiser! Oberpostdirection zu Leipzig. Nichtamtlicher Teil. Tie Neichsratsverhandlungen über die Lprachrnverordnungen haben, wie uns aus Wien geschrieben wird, einen außergewöhnlich nachhaltigen und tiefen Eindruck auf die Öffentlichkeit hinterlassen. Die Erbitterung der Deutschen über den äußerlich erfolglos verlaufenen allgemeinen Ansturm ihrer Vertreter gegen jene Re- gieruugserlasse richtet sich ganz besonders gegen die deutschklerikale Hilfstruppe des Ministeriums Badeni, ohne deren Zustimmung die Regierung nicht den Mut gehabt haben würde, sich an dem sprachlichen Besitz stände der Deutschbvhmen in so waghalsiger Weise zu vergreifen. Es wird nun offenkundig, daß diese slawen freundliche deutscheAbgeordnetengruppe ihre Zustimmung zu den Sprachenverordnungen dem Ministerium in binden der Form noch vor der Inszenierung der so glücklich und rasch verlaufenen Regierungskrisis erklärt hat. Der Pakt zwischen den Jungtschechen und der deutsch klerikalen Dipauli-Gruppe, auf dessen Basis sich die erzlibcralen Jungtschechcn mit den klerikalen Schild trägern der Reaktion in der Reichsratsmehrheit zu sammengefunden haben, ist in seinen Einzelbestimmungen geradezu mit den Händen zu greife«. Der Haupt redner der Jungtschechen, vr. Herold, hat den Haupt punkt dieses Bündnisvertrages enthüllt, indem er in seiner Rede die liberalen Deutschen in Böhmen darüber zu beruhigen suchte, daß der freiheitlich organisierten Volksschule in Böhmen, wo sie von den Vertretungen der beiden Volksstämme behütet werde, keine Gefahr drohe. Aus diesem nur dem Schulwesen in Böhmen von der leitenden tschechischen Mehrkeitspartei ausgestellten Schutzbriefe ist zu folgern, daß die freiheitliche Schule in den übrigen Kron ländern, wo deren liberale Verfechter in den Land tagen nicht die Mehrheit bilden, gefährdet erscheint, was doch nur dann möglich sein kann, wenn die Gesetzgebung über die Volksschule der Kompetenz des Reichsrates entzogen und den Landtagen überwiesen („verländert") wird. Daß es den Jungtschechen ganz gleichgiltig ist, wie die Volksschule in den Kron ländern mit deutscher Bevölkerung eingerichtet wird, darüber haben sie seither niemanden im Zweifel gelassen, und ebenso sicher ist es, daß ein von deutschklerikaler Seite ausgehender Antrag auf „Verländerung" der Volksschulgesetzgebung, der die Autonomie der Kronländer erweitern würde, bei den Ttschechen ohne Unterschied der Parteien stets, also auch ohne vorherige Abmachungen mit den Deutsch- klerikalen, rückhaltslose Zustimmung findet. Es wird nm auch klar, warum die Deutschklerikalen bei ihrem Eintritte in die Reichsratsmehrheit so leichten Herzens auf die Einführung der konfessionellen Schule in ganz Österreich verzichtet und in dieser ihrem Herzen nächstliegenden Angelegenheit sich Selbstverleugnung aufsrleqt haben. Sie haben sich mit der Einführung der konfessionellen Schule in den Alpenländern begnügt, weil sie erkannt haben, daß in den übrigen Kronländern diese „Schulreform" einfach für absehbare Zeit nicht durchführbar ist, weil dort niemand nach den Kunst und Wilsenschaft. K. Hoftheater. — Altstadt — Am Palmsonntag: Mit Allerhöchster Genehmigung: Große Musikaufführ ung zum Besten des Unterstützungsfonds für die Witwen und Waisen der König!, musikalischen Kapelle. Tas diesjährige Palmsonntagskonzert begann, wie schon mehrere vorher nnd zuletzt das im Jahre 1895, mit der Perwandlungsmusik und Schlußszene des ersten Aktes aus „Parsifal" von R. Wagner. Mit Wohlklang und würdigem Ausdruck vorgetragen, machten die beiden Stücke wiederum eine allgemeine Wirkung, namentlich das zweite, das in mystisch-religiöser Erhebung eine heilige Abendmahlsfeier der Gralsritter poetisch darstellende Tongemälde, trotzdem sein höchster Eindruck zweifellos an die Szene gebunden ist Den Waqnerschen Bruchstücken folgte die große Totenmesse (Requiem) von Hector Berlioz, die am Aschermittwoch ihre erste Aufführung in Dresden gefunden hatte. Die gestrige Wieoergabe stand auf der Höhe der ersten, manche Stellen lamm unter der außerordentlich beschwingten Leitung Hrn. Schuchs zu noch freierem und feinerem Ausdruck. Nur der Solist Hr. Carlen erreichte infolge Unpäßlichkeit nicht die schöne Wirkung, womit er die Hörer beiin ersten Male im Zar^tus erfreut hatte. Glänzend spielte die König!. Kapelle, und mit voller Hingabe, mit sorgsamster Ab stufung und Lebendigkeit des Vortrags sang der aus dem Großen Philharmonischen Chor (Curt Hösel), der Dreyssig- schen Singakademie, dem Männergesangverein „Liedergruß" der oberen Chorklaffe des Königs Konservatoriums (Eugen Krantz), dem Hoftheatersingechor sowie den König! Hof kirchensängern und Kapellknaben der katholischen Hoskirche gebildete Chor — Das Haus war leider nicht ganz gefüllt. Reue Romane. (Schluß.) Der neueste Roman „Villa Falconieri" von Richard Voß (Stuttgart, Verlag von I Engelhorn, 1897) Segnungen der von der katholischen Geistlichkeit be herrschten Volksschule ein Bedürsnis empfindet und der Versuch auf Klerlkalisierung der Schule auf ein mütigen Widerstand der Bevölkerung stoßen müßte. Die Stelle in der Thronrede, in welcher die Er weiterung der Autonomie der Kronländer in Aussicht genommen wird, sollte freilich nicht auf die Absicht der Regierung durch die Veränderung der Volksschul gesetzgebung auch im klerikalen Lager Freunde und Stützen zu gewinnen, zurückgeführt werden, da in der Thronrede das Festhalten der politischen Macht- faktore an der freien Volksschule ausdrücklich her- vorgehoben worden ist, aber man wird es ernst lich dem Ministerium Badeni verargen, wenn eS, auf die Unterstützung der ohne Zuthun der Regierung zu stände gekommenen slawischklerikalen Reichsratsmehrheit angewiesen, deren Verlangen auf Verländerung des Schulwesens nachgeben wird. Der Pakt, den die Deutschklerikalen mit den Jung tschechen abgeschlossen haben, verheißt den letzteren auch noch zahlreiche andere nationale Errungenschaften, und zwar die Ausdehnung der Sprachenverordnungen auf Mähren und Schlesien, die Errichtung einer tschechischen Universität in Brünn, Verstaatlichung des tschechischen Matice Gymnasiums inTroppan, Erteilung des Oeffentlichkeitsrechtes an die tschechische Komensky Schule in W en und — die unmittelbar bevorstehende Ernennung des jungtschechischcn Abg. vr. Kaizl zum tschechischen Landsmann - Minister. Alle diese schönen Sachen können die Tschechen erhalten, ohne daß der Reichsrat um seine Zustimmung dazu angegangen wird, da diese „Schenkungen" im Verordnungswege, wie dies bei den Sprachenverordnungen der Fall war, realisiert werden können. Tie kretische Frage wird nun wohl bald ruhig entschlafen sein. Nicht etwa, daß dort unten durch die gewaltige „gemeinsame Aktion der Mächte" Ruhe geschaffen worden sei! Im Gegenteil geht es auf der Insel lebhafter denn je zu; Mord und Totschlag, Brand und Verwüstung meldet der Telegraph täglich von neuem. Aber alle an den Schicksalen und dem gegenwärtigen Elende Kretas Be teiligten, Griechenland sowohl wie die Türkei und die vereinigten Möchte, werden aller Voraussicht nach binnen kurzem keine Zeit und keine Lust mehr haben, sich um die Felseninsel zu kümmern. Denn andere Ereignisse drängen sich in den Vordergrund. An der griechisch-türkischen Grenze sind die Gegner, die sich dort nun schon seit Wochen kriegsbereit gegenüberstchen, miteinander handgemein geworden, und jede Stunde kann die Nachricht von dem Ausbruche des lange schon erwarteten Krieges zwischen der Türkei und Griechenland bringen. Wie fast alle Nachrichten, die bisher über die Vorgänge vor Kreta, in Griechenland selbst und an der türkisch-griechischen Grenze verbreitet worden sind, sich durch Unklarheiten und Ungenauigkeiten aus zeichneten, so gewähren auch die Meldungen über die jüngsten Vorgänge kein klares Bild. Daß nach der einen Hälfte der Meldungen die Griechen die armen Unschuldigen und Angegriffenen sein sollen und alle Schuld den Türken zusällt, während die übrigen Nachrichten gerade das Gegenteil besagen, daß ferner beide Parteien sich als die glänzenden Sieger be trachten, ist nicht gerade verwunderlich. Aber be fremdend ist jedenfalls d e Thatsache, daß es bisher anscheinend noch n cht möglich gewesen ist, festzu stellen, ob griechische reguläre Truppen oder nur die berühmten griechischen „Irregulären" sich mit den Türken im Kampfe befunden babcn. Möglich ist es, daß die Beteiligten selbst nicht recht genau wissen werden, ob sie eigentlich Reguläre oder Irre guläre sind. Was die bohe Pforte anlangt, so er- ist sowohl nach der Seile des Inhalts als nach rer der Form außerordentlich typisch sür den Dichter, für gewisse Krankheiten der Zeit und für den wundersamen Übermut, der am Ende dieses Jahrhunderts pessimistische Weltvcr- achtung und sybaritischen Genuß zu unfruchtbarem Bunde paart Ad Bartels hat in seinem Buche „Die deutsche Dichtung der Gegenwart" die Dramen und Romane von Richard Voß scharf und hart, aber nicht ungerecht als „die Krone der Decadence" bezeichnet und das schwer wiegende Wort gesprochen: „Voß hat bis auf diesen Tag kein Werk geschrieben, das auch nur eine gesunde Faser hätte und, was das schrecklichste ist, die Züge wahren Leidens, die bei ihm unverkennbar sind, vermischen sich mit dem äußersten Raffinement und wieder mit der aller- gewöhnlichstrn Effekthascherei, sodaß man sich bei aller An erkennung einer gewissen Begabung des Dichters zugleich gequält, angeekelt und erbittert fühlt" Leider ist auch die „Geschichte einer Leidenschaft", die Voß in „Villa Falconieri" erzählt, nicht danach angethan, dies Urteil wesentlich zu verändern. Denn was an diesem Buche wiederum vor züglich ist: die glänzende, farbenschwelgerische Schilderung des Schauplatzes, eines alten wunderbaren Hauses auf den immergrünen Abhängen des Albanergebirges, hoch über FraScati und der feierlichen römischen Campagna, die Tiefe einzelner Stimmungen, die Kraft des Ausdrucks für müde, schmerzliche und verzweifelte Gefühle, der sichere Blick in gewisse Falten kranker, zwischen Himmel und Hölle auf und abzuckender Seelen, das alles kennen wir aus früheren erzählenden Dichtungen von Voß, und einen Fortschritt über solche Einzelvorzüge, einen Fortschritt zur männlichen Reife und inneren Wahrhaftigkeit zeigt „Villa Falconieri" nicht Denn eS handelt sich wieder um „verfehltes Leben", wieder um eine der „zertrümmerten Existenzen", die es so zahllos giebt wie der Sand am Meer „ES geht alles so einfach zu: Du bildest dir ein, ein Wipfel zu sein, der ermatteten Wanderern Schatten spendet, und eines schönen Tages ent deckst du zu deinem höchsten Erstaunen, daß du an dem klärt sie es ihrerseits für erwiesen, daß ihre Truppen von regulären griechischen Truppen angegriffen worden seien. Der Vorwand zur Eröffnung des Krieges ist also gegeben. Vergegenwärtigt man sich die Erfolge der euro päischen Diplomatie, die sie bei der verhältnismäßig unbedeutenden kretischen Frage erzielt hat, so kann es einem jedenfalls himmelangst werden, beim Ge danken an die bevorstehende Musik des europäischen Konzertes, wenn eS nun wirklich zu einem regelrechten Kriege zwischen Griechenland und der Türkei kommen sollte, zwischen diesen beiden Mächten, die beide zwar nichts — vor allem kein Geld — zu verlieren haben, deren offene Feindschaft aber vollauf hinreichen kann, Europa in zwei feindliche Heerlager zu spalten und den Weltsrieden aufs schwerste zu gefährden. Tagesgerichte. Dresden, 12. April. Se. Majestät der König haben Sich heute vormittag von Baden Baden zum Besuche der Frau Herzogin Amalie von Urach, geb. Herzogin in Bayern, König!. Hoheit, nach Stuttgart begeben. Bon Stuttgart wollen Se. Majestät heute nachmittag 6 Uhr IO Min. nach Friedrichsfeld reisen und daselbst mit Ihrer Majestät der Königin zur gemeinsamen Rückreise nach Dresden zusammentreffen. Die Ankunft Ihrer Majestäten in Dresden-Neu stadt erfolgt morgen, Dienstag, vormittags IO Uhr 15 Min. mit dem fahrplanmäßigen Schnellzuge. Vom hiesigen Leipziger Bahnhofe werden Ihre Majestäten mittels Sonderzuges nach Haltestelle Strehlen fahren, um in der König!. Villa Strehlen Wohnung zu nehmen. Dresden-» 12. April. Hr. Polizeipräsident Le Maistre ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat heute die Leitung der Königl. Polizeidirektion wieder über nommen. Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser nahmen, wie schon gemeldet, am Sonnabend an dem Diner bei dem Königl. Sächs Gesandten vr. Grafen von Hohen- thal und Bergen teil Am gestrigen Sonntage be suchten Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin vormittags den Gottesdienst in der Gnadenkirche und wohnten nachher der Leichenfeier für den verstorbenen Staatssekretär vr. v. Stephan im Lichthofe des neuen Postmuseums bei. Zur gestrigen Frühstückstafel waren Einladungen ergangen an den Königl. Preuß. Gesandten in Brüssel, Grafen v Alvensleben, an Ihre Excellenz die Lberhofmeisterin v. Winterseldt und an den Königl Preuß. Gesandten in Oldenburg, vr. v. Bülow. Zur Äbendtasel waren keine Einladungen ergangen. — Prinz und Prinzessin Heinrich werden sich, entgegen früheren Bestimmungen, im Juni zum Jubiläum der Königin Viktoria nach London begeben. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt offiziös: Heinrich XXII., regierender Fürst von Reuß älterer Linie, hat, sobald er bei seiner Rückkehr aus dem Süden von der in seiner Abwesenheit durch einen fürstlichen Be amten in Greiz veranlaßten verletzenden Behandlung der preußischen Landesfarben erfahren hatte, in einem eigen händigen Schreiben Sr. Majestät dem Kaiser sein leb haftes Bedauern über das Vorkommnis ausgedrückt und daran die Mitteilung geknüpft, daß der Mißgriff des be treffenden Beamten durch Enthebung desselben von der ihm anvcrtrauten Stellung geahndet worden sei. Se. Majestät der Kaiser haben darauf in einem Antwort schreiben dem Fürsten Seinen Dank für diese Mitteilung ausgesprochen und den Zwischenfall sür erledigt erklärt. — Auch für die ernste Presse wird diese Angelegenheit nunmehr als erledigt gelten müssen — Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe gedenkt Mitte nächster Woche sich nach Baden-Baden zu begeben um dort die Osterlage zu verleben. Tie Fürstin zu Hohenlohe beabsichtigt heute nach Paris zu reisen. — Tie Beisetzung des verstorbenenen Staatssekre tärs vr. v Stephan hat gestern mittag in feierlicher Götrerbaum der Kunst nur ein winziges, armseliges Blättlein bist. Ein einziger heißer Sommrrtag verdorrt dich; ein einziger rauher Windstoß reißt dich ab. Tu ver wehst in alle Winde" Und immer wieder bildet der Konflikt der Künstlerseele mit der Welt das große Problem, die Schilderung von Leiden, die „vielleicht eingebildet sind, aber gelitten werden", die Vertiefung der Geschichte Immer wieder, in hundert Variationen, hören wir die Schmerzens- laute: „Ich sage euch: die Kämpfe und Leiden eines Künstlerlebens, welches aus Zweifeln besteht, lösten sich nicht ausdcnken Tas Dasein wird zur Oual, Oual ist jede Stunde. Man möchte einen Flammenbrand entzünden und ist nicht fähig, der Asche seines Unvermögens auch nur einen Funken zu entlocken. So wenigstens glaubt man selbst Und was man selbst glaubt, ist schließlich maßgebend Kommt zu solchem Mißverhältnis zwischen Wollen und Können, zwischen Erstrebtem und Vollbrachtem eine völlige Unerfahrenheit in Menschen und Dingen, ein ewiges Bedürfnis, Menschen und Dinge sich anders zu malen als sic sind, die ganze Welt in bengalischer Be leuchtung zu erblicken, so ist der Konflikt zwischen einer hyperempfindsamen Künstlernatur und einer von banaler Gesundheit strotzenden Menschheit beinahe eine Not wendigkeit." Und um dies zu erweisen, zieht sich ein italienischer Dichter, Graf Campana, in die Einsamkeit der Villa Falconieri zurück und läßt sich zunächst von einer rätsel vollen und tiefunglücklichen Frau fesseln, deren bisherige LebenSgeschichtc eine Kombination aller erdenklichen Ab scheulichkeiten ist, die an einem Weibe verübt werden können Cola Campana hat wohl eine Ahnung oder die Anwandlung einer Ahnung, daß er unver antwortlich handelt, al« er sich selbst aufgiebt, er weiß „der Bauer, der im Schweiße de» Angesicht« sein Feld bebaut, der Tagelöhner, der sein mühselige« Tagewerk redlich vollbringt — sind im Vergleich mit solchem Sohn de« Weltschmerzes nicht nur achtbare Weltbürger, sondern Weise stattgefunden Der Lichthof de« Neubaues de« Postmuseumö war in würdiger Weise mit schwarzem Tuch, Flor, Kränzen und Kandelabern dekoriert Die Pfeiler, die die Galerien stützen, waren mit den Fahnen aller der jenigen Staaten geschmückt, die dem Weltpostverein bei- getreten sind. Morgens gegen H8 Uhr wurde der Sarg au» dem Arbeitszimmer des Heimgegangenen nach der Rotunde de« Lichthofes getragen und daselbst aufgebahrt Zu Häupten des Sarges lagen die Kränze der Kaiser!. Majestäten, Sr Majestät des Königs von Sachsen, Sr Königl. Hoheit des Prinzregenten von Bayern, des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe, der Städte Ham burg, Bremen und Frankfurt a M. rc. Weiter bemerkte man noch Blumenspenden vom Fürsten von Bulgarien, vom König von Serbien, vom König von Rumänien und von dec Firma F. A Krupp in Esten. Vor Beginn der Trauerfeier füllte sich der Lichthof mit den zur Feier ge ladenen Personen Es wurden u. a. bemerkt: Reichs kanzler Fürst Hohenlohe, die Minister v Boetticher, Thielen, Bosse, Brefeld, v Miquel, Staatssekretär v. Marschall, der sächsische Gesandte Graf Hohenthal, der baye rische Gesandte Graf Lerchenseld, Oberbürgermeister Zelle, Stadtverordnctenvorsteher vr. Langerhans, Polizei präsident v. Windheim, StaatSminister a. D. v. Delbrück. Geh. Rat v Lucanus, Pros. v. Bergmann, der öster reichische Botschafter v. Szoegyeni-Manich und viele andere. In der Rotunde nahmen die emgeladenen Personen Platz, in der ersten Etage die höheren Postbeamten mit ihren Damen, in der zweiten Etage die Unterbeamten Die Angehörigen des Verstorbenen saßen links vom Sarge. Um 12 Uhr 40 Min. trafen beide Kaiserliche Majestäten ein. Sofort nach dem Eintritt in den Lichthof gingen Ihre Majestät die Kaiserin auf die Witwe des Ver storbenen zu und reichte ihr die Hand Auch Se Majestät der Kaiser richteten alsdann an Frau » Stephan Trostes- worte. Nachdem die Majestäten rechts vom Sarge Platz genommen hatten, begann die Feier mit Gesang. Hier auf sprach Lberkonsistorialrat v. Dryander das Gebet Die Leichenrede, in welcher der Verstorbene als treuer, kluger Haushalter bezeichnet und in der die großen Ver dienste des Heimgegangenen beleuchtet wurden, hielt gleich falls Oberkonsistorialrat v. Dryander. Nach Schluß der Rede ertönte wiederum feierlicher Gesang, worauf Ober konsistorialrat v Dryander das Schlußgebet sprach Die Kaiserlichen Majestäten verabschiedeten Sich hierauf von der Witwe, von den Töchtern und vom Schwiegersöhne, dem Hauptmann v. Napolski, und begaben Sich in das Schloß zurück Unterdessen hatte sich in der Leipziger Straße der Leichenzug formiert Mehr als 7000 Postbeamte hatten sich in der Wilhelmstraße aufgestellt und marschierten an der Spitze des Zuges. Es folgte die Musikkapelle der Postillone; dann kamen wiederum Postunterbeamie, dann der Bläserchor der Unterbeamten des PostzeitungSamts, Post- und Tele graphenbeamte aus Berlin, Deputationen von Post» und Telegraphcnbeamten aus den Provinzen, Unterbeamte des Reichspostamts mit Palmwedeln, die Träger der Orden des Verstorbenen. Dann kam der Leichenwagen, der in prachtvoller Weise mit Kränzen und Blumenarrangements geschmückt war und von vier schwarz behangenen Pferden gezogen wurde Es folgten drei Wagen mit den Kränzen. Direkt hinter diesen fuhren die Wagen Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, die Wagen der Angehörigen des Verewigten und der Wagen des Geistlichen. Ten Schluß des Zuges bildeten Abordnungen der Firma Siemens u. Halske. Am Grabe auf dem Dreisaltig- keitSkirchhofe wurde ein kurzes Gebet gesprochen und der Sarg in die Gruft gesenkt. Der ganze Weg, den der Leichenzug passierte, war von einer dichten Menschenmenge eingesäumt — Während die Freisinnige Vereinigung sür die Neichstaysersatzwahl in dem durch den Tod des Ab geordneten Köpp freigewordenen Reichstagswahlkreise Wies baden den Landgerichtsrat Dovc als Kandidaten auf gestellt hat, will die Freisinnige Volkspartei den Landtagsabgeordneten Wintermeyer aufstellen, um mit dem sozialistischen Kandidaten, der bei der letzten Haupt wahl die höchste Stimmenzahl (6258) erhielt, in die Stichwahl zu kommen Tas Zentrum stellt den früheren Bürgermeister vr. Würmeling auf. Auch diese Partei, die bei der letzten Hauptwahl 5027 Stimmen zählte, hofft in die Stichwahl zu kommen. Köpp siegte nur durch das Kartell der Nationalliberalen, der Konservativen und auch nützliche Mitglieder der Gesellschaft." Aber was melancholisches Temperament, sybaritische Neigung, in land schaftlicher Schönheit zu schwelgen, Hang zur Träumerei und Einsamkeit vielleicht nicht bewirken könnten, vollendet die schmerzliche Teilnahnie des Dichters am Geschick der schönen Maria Mariano Um sie dem Leben zu erhalten, reißt sie Campana, der nicht Leidenschaft, sondern nur tiefstes, werkthätiges Mitleid mit der schönen Unglücklichen empfindet, in seine Arme, und sie teilt seine Verborgenheit in der Villa Falconieri Da er sie nicht glühend liebt, wie sie ihn, so gehen die beiden Menschen, die sich der ganzen Welt gegenübergestellt haben, doch ohne die letzte, innerste Zusammengehörigkeit durchs Leben und neben einander Ker. So kann es denn geschehen, daß der Dichter, der die Mittagshöhe des Lebens überschritten hat, in die Netze einer zweiten unverstandnen Frau, der Prinzessin von Sora, fällt, die sehr jung, sehr schön und natürlich auch sehr unglücklich ist. Da sie, die Prinzessin, ein Tage buch in Briesen an ihre englische Freundin, die Herzogin Vere de Vere, führt, so erfahren wir bis aufs Pünktchen überm I, was in der Seele und in dem Blute dieser „Mondaine", dieser großen Dame vorgeht, die sich selbst als eine durch und durch herzbestrickende Thörin, halb Sphinx, halb Sirene, bald Engel, bald Teufel schildert Daß sie, Viviane von Sora, darauf verfällt, der armen Maria ihren Tichtergrasen abzuringen, Campana mit der großen Leidenschaft zu erfüllen, die die Männer widerstandslos zu treulosen Freunden, Gatten, Söhnen, zu Vernichtern ganzer Existenzen macht, wird sein Verhängnis. Da« ihre kann es nicht werden, indem die Liebe in ihr so rasch erlischt, al» sie aufgelodert ist. Sie zieht sich er barmungslos zurück, wird Ehrendame der Königin; Cam panas im Rausch des vermeinten neuen Glückes geschaffenes Drama „Frühling" fällt trotz des Spieles der Assunta Neri durch, und so geht der Poet den modernen Dichter- «artyrerweg durch d« Gehirnerweichung, den Irrsinn zum Selbstmord Er stürzt «us Tusculum von dem Felsen
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