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»r. 28. Jiriedrich Georg Wiecks 1865. Deutsche Ueber das Verhältnis) der Torfwirthschaft zur Industrie. Bon Prof. IB. August Bogcl. Es ist in neuerer Zett wiederholt die Frage aufgeworfen worden, ob die Torfgewinnung überhaupt oder nur unter besonderen Neben umständen mit dem Namen „Industrie" bezeichnet werden könne. Die Beantwortung dieser Frage ist insofern nicht ohne Bedeutung, als hiermit die Art der Besteuerung des Torfbetriebes nahe zusam menhängt. Nach nnscrm Dafürhalten ist es unstatthaft, die Torfbe- rcitung in die Klasse der industriellen Gewerbe zu zählen, sic ist viel mehr als eine landwirthschaftliche Nebenproductiou zu betrachten. Zur Begründung dieser Ansichtmuß vorAllem hervorgehobeu werden, daß das Austorfen stets einer durchgreifenden Cultur des Bodens vor ausgehen muß, so daß also die Entfernung des Torfes in der That nur als eine Borbereitung, als ein Beginn der landwirthschaftlichcn Operationen auftritt. Daß man hierbei den Torf als laudwirthsckaft- liches Nebenprodukt verwenden kann, ist ganz gleichgültig, um so mehr als in manchen Gegenden der ansgcstockene Torf unmittelbar auf dem Felde verbrannt wird. Wie man auch den Begriff „Industrie" feststelleu will, so viel ist doch gewiß und von keiner Seite bestritten, daß die bloße Einsamm lung roher Naturprodukte oder die Erzeugung von solchen noch keine Industrie ist. Landwirthschaft, Biehzncht, Jagd, Fischerei, die Samm lung wilder Früchte, die Fällung von Holz und dergl. sind keine In dustrie, — auch dann nicht, wenn sie im großartigsten Maßstabe ge schehen. Die Natur und der Charakter dieser Beschäftigungen wird dadurch nicht verändert, daß mau sich hierbei mehr oder minder ver vollkommneter Werkzeuge bedient. Wenn nun aber Landwirthschaft an und für sich keine Industrie ist, so wird sie es auch dadurch nicht, daß der Landwirth statt des einfachen rohen Pfluges einen verbesser ten oder statt des letzteren einen Dampfpflug in Gebrauch nimmt. Ebenso wird selbstverständlich die Jagd nicht dadurch zur Industrie, daß der Jäger statt des Bogens und der Pfeile eine im hohen Grade verbesserte Jagdflinte besitzt. Die Fischerei wird dnrch Anwendung der künstlichen Fliegen und verfeinerten Angelgeräthschaftcn ebenso wenig zur Industrie, wie durch die künstliche Fischzucht. Das Wahre der Industrie liegt darin, daß ein schon bestehendes Product durch menschliche Thätigkcit eine Beränderung erfährt, wel che nicht blos eine Erhöhung seines bisherigen Werthes und seiner Brauchbarkeit, sondern auch seine ursprünglichen Existcnzverhältuisse betrifft. Erst wenn cs sich darum handelt, den gesammelten oder ! hervorgebrachtcn Naturprodukten eine von ihrer natürlichen Form ! wesentlich verschiedene neue Gestaltung zu geben, wie z. B. aus Ge- treide Mehl zu bereiten, Thierhäutc zu Leder, Holz zu Brettern Lehm zu Ziegelsteinen, Wolle zu Gcspiunst oder Alcidungöstvffcn, Sand und Alkalien zu Glas, Erz zu Metall zu verarbeiten rc. be ginnt die eigentliche Industrie. Hiernach ist klar, daß der Torfbetrieb, wenn man auch bisweilen im täglichen Verkehr ungeeigneter Weise den Ausdruck „Torfin dustrie" gebraucht, in keiner Beziehung zu dem eigentlichen Industrie zweigen gerechnet werden kann. Er steht unbedingt auf derselben Li- nie wie die Land - und Forstwirthschaft. Die Gewiunuug und Trock nung des Torfes, sie mag nur auf ganz einfache oder eine etwas com- plicirte Weise geschehen, ist ebensowenig, ja selbst noch weniger Jn- j dustrie, als die Sammlung und Enthülsung von Getreide, oder das Fällen und Trocknen von Holz. Wenn eine bessere Bearbeitung des Torfes, als sie im einfachen Style möglich ist, hinsichtlich seines Aggregatzustandes, sei cs durch Comprimirung oder irgend Verinin- , derung seines Volumens mittelst einfacher oder complicirter Vorrich- I tung bewerkstelligt wird, so ist begreiflich hierdurch an seiner Natur und Wesenheit nichts verändert, seine ausschließliche Anwendung als Brennmaterial ist dieselbe geblieben. Wollte man die Bereitung des Maschiuentorfcs in die Klasse der industriellen Gcwcrbsthätigkciten versetzen, so müßte man nach meinem Dafürhalten mit demselben Rechte diese Beförderung auch dem Landwirthe zu Theil werden las sen, wenn er einen Dampfpflug oder eine Dampfdrcschmaschine in den Kreis seiner landwirthschaftlicken Arbeiten cingcfiihrt hat. Wäh rend Land- und Forstwirthschaft neben der Ansammlung ihrer Pro dukte die stystcmatischc Hervorbringung derselben bezweckt, ist die Torfwirthschaft wenigstens bis jetzt noch nicht einmal auf dieser Stufe angelangt, sie beschränkt sich auf die Einsammlung eines schon vor handenen ganz rohen Naturproduktes. — Die Hornsby'sche Dampf-Dreschmaschine, welche auf der Stettiner Ausstellung vor allen übrigen Bewerbern den höchsten Preis, die goldene Medaille, davon trug. Wie die Dampstraft eine Umwälzung in den Fabriken und Werk stätten der Menschen, in seinen Land- und WasservcrkchrSwegcu her- vorgcrufeu, und die althcr gewohnten Gebräuckc und Betriebsmittel in den Hintergrund gedrängt, so hat sie sich, wenn schon nicht ganz ohne Kampf, auch ans dem Gebiete der Landwirthschaft Geltung zu macken 2»