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Rr. SS. Dreizehnter Jahrg. Lrschnnt: «glich früh 7 Uhr. Snsrrate Verden angenommen: bis Abends 6,Sonn tag» b>, Mittag« 12 Ubr: Marienkraße 13» Anzeig. in dies. Blatte Kaden eine erfolgreich« Verbreitung. Auslage: «»««« Exemplare. Montag, 2. Märj 1868. Tageblatt sür Unterhaltung und Geschäftsverkehr Mitredacteur: Theodor Drodisch» Bruü orrd ligenthnm der Herausgeber: ^lkpsch sr t!tklchlrri>t. Ve anrwortltchrr Nednerenr. JuttUS Retllsardt« Fbonnemeut: vierteljährlich 20 Ngr. bei unentgeldlicherLi«- sernng in'» Han«. Durchdie König! Post vierteljährlich , Sih Einzelne Stummer« 1 Ngr Inseratenpreises girr den Raum eure« gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eilige» jandr" die Zeile S Ngr Drerde», den 2 März. — Heute erstattet Se. k. H. der Kronprinz in der ersten Kammer wiederum ein Referat und zwar über Chaussee-, Hoch- und andere Bauten. Die Vorschläge der Finanzdeputalion der ersten Kammer schließen sich fast allenthalben den Beschlüssen der zweiten Kammer an. — Tagesordnung für die 7 > öffentliche Sitzung de Ersten Kammer, Montag, den 2. März 1868, Vormittags I l Uhr: 1) Wahl cincs Mitgliedes für die erste D-'put'twv; D Bericht der zweiten D put-ckion über Abteilung L. des Ausgabebudgets, den Bauetat betr. — Tagesordnung der N2. öffentlichen Sitzung der Zweiten Kammer, Mortag den 2. Mürz 1868, Vormittags II Uhr: I) anderweiter Bericht der zweiten Deputation über den Gcsetzknswurf, Gewerbe- und Person alstcuer betr. 2) Be> ruht der ersten Deputation über das k Decrct, die Erhöhung >>er Pensionen ouS der Prediger-Wittwen- u: d Waiscn- kaffe betreffend. — Während der Stadtrath in den neuen Anlagen vor dem Dohnaischen Schlage j ht schon Bänke zum Ausruh n sür die Spaziergänger errichtet hat, ermangelt der Große Garten immer »och derselben. Dafür sieht man sehr oft auf den kalten Steinen, die als Füße süc die Holzbänke dienen, alte Leute, müde von der Bewegung, sitzen. Man sollte meinen, was der Commun möglich ist, wäre auch dem Fiscus nicht unmöglich. — Als Hauptmotiv für die Einführung des Wechsel stempels führte der Finanzminister von Friesen an, daß die Staats kaffe dringend Geld gebrauche. In dieser leidigen Lage befänden sich jetzt wenigstens in Mitteleuropa mehr oder weniger alle Staaten. Es gälte dies keineswegs von den Staaten des norddeutschen Bundes allein, sondern in gleicher Weise von . Frankreich, Oesterreich, Italien, Süddeutschland, Belgien und Holland. Also die Staatskasse brauche Geld, und die Negierung habe die Aufgabe, unter den vorliegenden g-gcbcnen Verhält- n ffen Gelb zu schaffen. . . . Man habe eingewendet, daß der norddeutsche Bund in der nächsten Zeit ein ähnliches Gesetz einsühren werde, und daß daher kein Grund vorhanden sei, der die sächsische Negierung nöihigc, übereilt damit vorzvgehen. Dies liege aber mit solcher Bestimmtheit noch nicht vor. In der That sei noch keine Gewißheit vorhanden, daß in der nächsten Zeit die Sache durch den Bund zur Entscheidung gebracht werden werde. — Auf der Stiftsstraßs machte vorgestern ein hüsiger Bahnarbriter den Versuch, sich in seiner dort gelegenen Woh nung mittelst eines Messers die Pulsadern zu öffnen. Man kam aber noch rechtzeitig dazu, um ihn an der Vollend ung seines Selbstmordversuches zu hindern Er wurde in das Krankenhaus gebracht, und dürfte seine Heilung wohl außer Zweifel stehen Was ihn veranlaßt zu seinen Selbstmord gedanken, das steht vorläufig dahin. — — Mittelst Extrazuges kam vergangene Mittwoch Abend die KunstreitcrgesellschaK des Herrn Ncnz hier durch Dieselbe reiste von Berlin, wo sie längte Zeit Vorstellungen gegeben hatte, nach Wfin. Unter dem P-rsonale befand sich eme Ne gerin, angeblich eine afrikanische Königstochter. — In einem DestillationSaeschäst auf der kleinen Bnidsr- gaffe kam eS am Sonnabend zwilchen einem in Neustadt in Ä-beit stehenden Echlcssergesellen uad einem gelben Dienfi- m-.nn zu einem Srreit über frühere Handwerksburschenverhält wsse. Es blieb natürlich nicht beim blosev Streit, mau schritt zu Thätlichkeiten, umsomehr, als die Parteien nicht gerade im n»chlerr>sten Zustande sich befanden. Dabei wurde ocr Schlosser- geselle rucht blos im Gesicht verletzt so daß, als er sich u»S vorst llte, seine Physiognomie eine roihgezeichnete Landkarte z°iUe, sondern er wurde auch in die Hand gestochen u»d ihm der Daumen f-st durchgebissen. Die Sachs wird natürlich an ^ B- zukSgerichtSstelle ihre längere Fortsetzung, fieil ch in ruhiger,r Weise finden. Ueber den Verlauf der am 27. v M. vor dim K B-zuksgericht abg-hafiencu EiaipnuchsverhauKung na der Pri vatklagesache des Herrn Adv. Siegel, Nedacteur der Constitu- 1'onellen Zeitung, gegen Herrn Buchdruck,reibesitzer Gärt ec, Nedacteur der Seifenblasen, geht uns folgende nähere Mit- theilunz zu. Die Verhandlung war zwar öffentlich, aber un sere vorherige Notiz, daß dieselbe g-hsim statisinden mrrde, war insofern eine ganz begründete, als der von Seit.n deS M'tanklägerS l'r. Löwenthal gestellte Antrag auf Ausschluß drr O-ffentlichkeit, erst kurz vor tum Te'mine wieder zurück- geoommen, uns davon ab,r keine Kcnntniß zugegangen war. — Den Gegenstand der Anklage b treten die beiren dekanrtm Bilder in Ne. 29 der Seifenblasen vorigen JahrcS, in wel chem ersten die Redaction der Eonst. Zntnng in allegorischer F gur, welche eine Mütze mit der Aufschrift: „um jeden Preis" trä,t und den Schlauch einer Spiitze führend, auf die „Sei f-nblasen" spritzt, während im zweiten Bilde eine ähnliche F'gur, welche von Se fenblasen gezwickt und g-quält, vor einer G-stali, die einen bekannten Staatsmann darzustellen scheint, in wehmüthig-r, hülsesuchendcr Stellung sieht, wobei eine Sei fenblase über der Tasche ler ersieren einen Z-tkl mit der Auffchrist: , 30 Silbe li"gc c-mpf." hält. — Ado Siegel hatte darin die Beschuldigung gesunden, daß er im preußischen Solar stehe und von Preußen bestochen sei u. s. w., und deshalb dis ConfrScation dcS betreffenden Blattes beantragt, welche auch erfolgte. — Der Nedacteur der Seifenblasen ward wegen die ser Bil'ec, welche ols P.sqaill angesehen worden warer», zu 100 Thlr. Geldstrafe verurtheilt, während er von ein,r gleich zeitig von irr. Lowsuthal gegen ihn erhobenen Anklage srei- gelprochen wurde. — Von allen Seiten war Einspruch erho bei, worden. -- Die A--k äger verlangten Erhöhung der Strafe, Le: Angeklagte aber Feerspnchung — Der Vertreter der An kläger, Herr A-v Hendel, suchte nachzuwrisen, daß die Bilder rwihwcndig den Vorivurf der Käuflichkeit sür Herrn Adv. Sie gel enthalten müßten, daß derselbe damit eines strafbaren Ver- rathes an seinem Vaterlande beschuldigt werde, währ-nd er doch seinen Ruhm und seine Ehre in seine völlige Unabhängigkeit setzen müsse. — Die Bilder seien Vcrläumdungen und als solche um so schwerer zu bestrafen, ivcil ein Zeitungs-Nevactcur auf das Vertrauen des Publikums angewiesen sei. — Der Verrheiviger des Angeklagten, Herr Adv. Gerlach, dagegen suchte den Strafantrag auS sachlichen und juristischen Gründen zu widerlegen, indem er nachzuweisen bemüht war, daß die Deutung, welche den Bildern vom Ankläger gegeben werde, nicht aus den Bildern heraus, sondern nur mit Hülfe äußerer, in den Bildern nicht angedeuteter Thatsachen, in die Bilder hinein erklärt werden könne, denn dieselben sagten nichts da von, von wem und wofür Herr Adv. Siegel Geld erhalten habe. — Und wenn man den Zettel mit der Aufschrift: „30 Silberlinge empf." in Zusammenhang mit der Person des An klägers bringen wolle, was aber nach der Zeichnung keineswegs nothwendig sei, so könne man darin doch gewiß nicht die Be- züchtigung eines StaalSverrathS, sondern höchstens den Sinn finden, daß der Ankläger als ein „Judas" habe bezeichnet werden sollen. — Das sei aber nur eine Injurie, keine Ver- läumdung und als Beleidigung sei sie straflos, weil sie von dem Ankläger alsbald eriviedcrt worden sei. Uebrigens müsse man berücksichtigen, daß bei dem politisch verschiedenen Stand punkt der Eonstitutionellen Zeitung und der „Seifenblasen", die Haltung der Nedactron der ersieren seit dem Jahre 1866 den letzteren wohl als eine unpatriotische und mit den Pflichten der Treue gegen Vaterland und Königshaus unvereinbare habe erscheinen können. Der Vertherdigcr li st hieraus aus verschiedenen Exemplaren der Eonstrtut. Ztg. Stellen vor, um zu belegen, wie sehr der Nedacreur d-rselbcn bemüht gewesen sei, sei» engeres Vater land dun Prcußcuihum gegenüber herabzusetzen, wodurch na türlich das sächsi che Vaterlandsgefühl habe empört werden müssen. Endlich aber auch sei es wahr, daß die Nedaction der Eonstitut. Ztg. im Jahre 18 .6 Inspirationen und Subventio nen von dem preußischen Negimente erhalten habe. — Er be nennt Zeugen dafür daß Herr Ado Siegel zur Zeit der preu ßischen Okkupation in ununterbrochkncm Veikchr mit dem preu ßische-. Civ.l Comm'.ffariat gestand n und von Herrn von Wurmb Depeschen, MillheKungen und Instructionen aller Art erhal ten habe. — Die Nedaciion selbst sei in direete Abhängigkeit von dem preußischen Preßbmeau dadurch getreten, daß sie in der Person des De Löwenihal, welcher seine Bezahlung von diesem erhalten habe, einen Emisiair jenes Bureaus als Mit redacteur ausgenommen Hab:. — Schließlich erwähnte er noch weiter gehende Verhandlungen, vie wir j-doch nicht eher für wahr halten und nachsprechen wollen, bis sie durch Abhörung der da<übcr benannten Z-ugen au ßer Zweifel gestellt sein werden. Der Vertreter des Herrn Adv. Siegel konnte sich über döse Tha saßen na türlich nicht sofort erkläre» da er darauf licht vorbereitet war, bezeichnte jedoch die Quellen, aus denen sie geflossen seien, als s.hr unsaubere. Weit.re Erörterungen darüber wer den vorläufig voraussichtlich nicht stattsinden, da das Bezirks gericht dieselben aus den vorliegenden Fall für einflußlos er klärte. Nach langer Be athung des Gerichtshofes ward ein Erkenntniß eröffnet, wodurch auf Gärm rS Einspruch die Strafe von 100 Thlr. auf 30 Thlr. herabgesetzt, dagegen auf Löwenihals Einspruch eine Strass von iOTHlr. zuerkannt wurde. D>e EntschcidungSgründe sollen Donnerstag den 5. März, Nachmittag 2 Uhr, in öffentlicher Sitzung publizirt werden. Königliche- Hoftkeater. Sov'ub.nd am 29- Februar. Nachdem im Laufe wcr->g-r Monate Glucks „Armide" und „Jphigenia auf Tauris" auf unserer Hosbuhne in Seen« gegangen feierte sie v- »gestern er en wahren Triumph mit der ,Alceste". Wenn c» wahr ist daß j der Mensch, vielleicht also auch jeder m „schliche Verem, emen Schutzengel besitzt, so schwebte ein solcher vom ersten Aufheben deS TaktstockeL bis zum letzten Niederrauschen der Gardin: über diesem un sterblichen Werke musikalischen G-isteS. Ehe wir tn Kürze über diesen glänzenden Sieg berichten, möge Folgendes zw Erläuteruag dienen. — Gluck widmete diese Oper dem Groß- Herzog von Toscana, später Leopold ll., und schrieb dabei Folgendes: „Als ich die Musik zur Alceste zu schreiben unternahm, setzt: ich mir vor, sie durchaus v»n all den Mißbräuchen zu b.freien, welche eingeführt entweder durch übel berathene Eitelkeit der Sänger oder durch allzugroße Gefälligkeit der Componisten seit langer Zeit die italienische Oper verunstaltet und aus dem prächtigsten und schönsten aller Schauspiele da- lächerlichste und langweiligste gemacht haben. Ich dachte die Musik wieder auf ihre wahre Bestimmung zu beschränken, der Pdssie z» dienen für den Ausdruck und für die Situationen des Gegenstandes, ohne die Handlung zu unterbrechen oder sie durch unnütze, überflüssige Verzierungen zu erkälten, und ich glaubte, daß sie das nämliche thun solle, was über eine ganz richtige und wohl angelegte Zeichnung die Lebendigkeit der Farben und der sohlverthsilte Coatrast von Licht und Scharten thun, w:lche daza dienen, die Figuren zu beleben, ohne ihre Umrisse zu alterirsn. Ich habe also einen Dar» stelle» weder in der größten Wärme des Dialogs durch Ab- wartea eines langen Zwischenspiels aufhalten, noch ihn mitten im Worte auf einem günstigen Vccrl anhalten wollen, um eetweder in einer langen Passage mit der Beweglichkeit firner schonen Stimme zu glänjen ober abzuwarten, daß das Orchester ihm Zeit gebe, den Arhem zu einer Crdsnz zu schöpfen. Ich habe nicht geglaubt, über den zweiten Theil einer Arie, der vi lleicht gerade der leivenschaftlichste und wichtigste ist, rasch hinweg eilen z i sollen, um Platz zu haben, regelmäßig vier Mal die Worte des ersten za wiederholen ua» die Arie da enden zu lassen, wo vielleicht nicht der Sinn endi.t, um dem Sänger die Begremlichkeit zu geben, sehen zu lass:», daß er ui so und so viel Weisen einen Gang nach Laune zu variiren vermag; kurzum, ich Habs gesucht, alle jene Mißbrauchs zu verrannen, gegen welche seit lange: Zeit der g:su rde Menschen- verstand unü oie Vernunft vergeblich geschrieen haben." Was also Gluck gedacht und ausgesprochen, erfüllte er mit der Macht seines Geistes, wad gleich wie vor neunzig Jahren seine „Alceste" die Hörer entzückt, so geschah es jetzt w eserum uad zwar durch eine Ausführung, die des höchsten Lobes würdig ist. Noch nie schloß sich eine Woche so ruh«, voll, wie in t diesem Werke, eigrmlich zu groß für eine Wochen schau, weil es eine Weltschau von Gedanken gilt. Uav wrr es gehört, wie jüngst die „Annise", der wird em z ve'terllfi- k-ld und tragt d e Fesseln des despotischen Geistes. In erster Reihe der Darstellenden steht Frau Kainz Prause als Alceste, welche sich mii dieser » nendl'ch schwierigen Barth»: den Beifall im Staun eroberte uud damit die ganz: Macht ihrrS Gesanges entfaltete. Zweimal nach dem eisten und dreimal nach dem zweiten Acte gerufen, man fühlte sich in das Scala- Theater nach Mailand versetzt. Eben so verdienstlich wirkte Herr Bachmann als A?metob. Man ?ö mte sich fragen: hat das glückliche GastPiel in Manchen seine Schwingen er starkt? Nach nie gmg er so mit seiner schönen Kraft heraus und sein Miterschemen nach dem Hwoo-ruf im zwecken Act rechtfertigte sich vollkommen. Zum Dritten: Herr Scaria als Hcrku es. Es würde in der That schwer halten, auf deut schen Bühnen einen Zweiten zu finden, der d.m Herkules in äußerer Erscheinung und Ausdruck des Gesanges so rrprä'en tirt Herr Degele. Oberpriester, Herr Eichberge«, Tya- natoS, Herr Scharfe, Apollo, H:rr Rudolph, Ecanoer, sowie Fräulein Guilleaume, ein Mädchen, griffen v:r> drcnstooU nebst den Chören und dem Billct in das Ganze ein u d wir wünschen, daß Herr Kapellmeister Rietz immer e.n so freudiges Gesicht zügt, als es an diesem Abend nach Be endigung dieser Op:r geschah. Sen Verdienst um die En- stuistrung und Lertr ng derselben sei h erdruch noch besonders !>ne»lannt. Theodor Drobisch. Kleine Wochenschau. Also auch „E," Hinüberl Wie, ruft die erstaunte Welt, der Beherricher Frankreichs ? Nein, dieser nicht, der erfreut sich noch seivrs Daseins, sondern ein anderer Herrscher, der geraume Zeit lang wie ein Alp auf dem Kopse der schönem Hälfte des Menschengeschlechts ruhte und diesen verunstaltete — der Chignon. Hier kann man wieder einmal sehe», daß der heilige Later in Nom, obs ton er nicht verheirathet ist, in manchen Dingen ein weit mächtigerer Mann ist, als die ge summte civrlijirte Mäm.erwelt zusammen genommen. Was hat letztere geeifert und gezetert gegen diese kolossale, abgeschmackte, aller Harmonie des w.'lbüchen KopfeL hohnsprechende nichts, würdige Haarlüge am Hi.terhaupte der verehrte» Frauen und Töchter; was hat die sechste eurepärsche Großmacht, die Proste, sich sür Mühe gegeber, diese rkelenegeade Infusorien«