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Mörser« GrenOote r Im Falle höherer Gewalt (Krieg oder sonstige Störung des Betriebes) hat der Bezieher keinen Anspruch auf Liefemng oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückgabe des Bezugspreise». Der Adorf« Grenzbot, gelangt jeden Wochent. nachm. zur Ausgabe, für den nächsten Tag vorda. ttert.—Anzeigen nach Tarif.—Postscheck-Konto 87366 Leipzig. — Fernruf Rr.1t. «egr.1888 Die» Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt. Mannschaft Oelsnitz i. Vogtt., des Amtsgericht», der Amtsanwaltschaft und de» Stadtrate» zu Adorf im Vogtland MtlMrg. LcüdtM MiMaulen Mb«srE Rtmlengklin, Schönberg, Siebenbrmm, SM WohlbaA u. das libr. obere Bg«. Sonntag« »tu» ttluftrtortr üntorhaltunv«-etlagr Druck und Verlag: Otto Meyer, Adorf (VogL), Bergstraße 14. — Verantwortlicher Schrifüeit«: Otto Meyer, Adorf (Vogll.) Tageblatt «. Anzeiger! Adorf lVoglsi, Bad Eisler, Bad Brambach, Arnsgrün, Breitenfeld, Bergen, Freiberg, öder- u. llntergettmgrün, Kermsgrün Nr. 2SV Sonnabend, Von 1^. Dezember 1929 96. Jnl^rg. Was gibt es Aeues? — Im Reichstag trug am Donnerstag der Reichs« »anzler das Finanzprogramm der Reichsregierung vor. — Der Preußische Landtag geht an diesem Freitag m die Wethnachtsferien, die bis zum 21. Januar dauern sotten. — Der Reichsverband der deutschen Industrie veran staltete in Berlin eine große Kundgebung zur Frage der Finanzreform. — Zum Bundespräsidenten der Schweiz wurde Jean Marie Musy, zum Vizepräsidenten Dr. Häberlin gewählt. — Zum zweiten schweizerischen Bundesrat wurde im vierten Wahlgang Nationalrat Meher gewählt. — Die Bank von England hat wider Erwarten ihren Diskontsatz von 5»/, v. H. auf 5 v. H. ermäßigt. — Die Raubmörder Baginski und Libuda, die den «Viehhändler Lasch aus Chemnitz ermordet hatten, wurden in Cchneidemühl zum Tode verurteilt. — In Mülheim hat eine Firma durch fingierte Rech nungen größere Beträge von der Stadtverwaltung erhalten. — Bei einem Zusammenstoß eines Autobusses mit Üner Straßenbahn in London wurden fünf Personen ge tötet, 26 verletzt. — Bei den Kämpfen gegen die meuternden Zuchthäus ler im amerikanischen Zuchthaus Auburn wurden acht Gefangene und ein Wärter getötet. 'ürchtung, - Die französische Kammer hat sich in den letzten ^agen mit dem Militärhaushalt beschäftigt, dabet wurde wieder einmal di« deutsche RetLSwebv Wenn besonders bei der Deutschen Volkspartei «egen die Annahme des Sofort-ProgrammS starke Be« senken bestehen, so erklärt sich das aus der Best M die 14 Punkte Müller—Hilfe Uv di° 14 Punkte Müller-H ilferdingS Anetzlich ein ganz anderes Aussehen annehmen könn- M, wenn man jetzt zwei Punkte herauSgreist, an denen Ae Regierung besonders interessiert »st. Unter den uvrigen 12 Punkten sind so manche, besonders die Steuersenkungen, die dem Finanzminister weit weniger Hm Herzen liegen. Man hat ja schon einmal mit 14 funkten recht trübe Erfahrungen gemacht. Das waren A berüchtigten 14 Punkte Wilsons, die in Per- Milles zum guten Teil in ihr Gegenteil umgebogen wurden. Die letzte Woche. Die Weih nachtskrise ist da! Am Mittwoch hat sich die Reichsregierung entschlossen, sich dem Reichstag in offener Feldschlacht zu stellen. Dement- hat der Reichskanzler am Donnerstag dem Reichstag das Frnanzprogrnmm der Regierung mit den 14 Punzen Vorgelegt, und nunmehr haben die Par teien das Wort. Voraussichtlich am Sonnabend wird die Entscheidung fallen. Entweder erhält die Regie rung das geforderte Vertrauensvotum - oder der Rücktritt ist unvermeidlich. * Wenn man von einer offenen Feldschlacht spricht, so ist das freilich nicht so ganz wörtlich zu nehmen. Allem Anschein nach Plant die Regierung nur eine Durchbruchsschlacht an einzelnen Stellen ihrer Finanzfront, während im übrigen der Stellungskrieg weitergehen soll. Bereits am Mittwoch wurde eifrig an einer Formel gearbeitet, wonach der Regierung ganz allgemein das Vertrauen ausgesprochen werden soll. Gleichzeitig sollen sich die Regierungsparteien zur Annahme des Sofor t-Program ms verpflich ten, das nur die Erhöhung der Tabaksteuer und die Be tragserhöhung für die Arbeitslosenversicherung um fassen würde. Alles andere soll dagegen in der schwebe bleiben. In den nächsten Tagen wird es sich zeigen, ob es möglich sein wird, die Regierungsparteien auf diese Formel zu Vereinen. Vorläufig ist man dabei, im vor aus nach dem Sündenbock zu suchen, falls die Eini- Hung nicht zustandekommt. Bon der Linken wird die Deutsche Volkspartei beschuldigt, daß sie die Regierung Mengen will, während andererseits die Deutsche Volks- Partei die Sozialdemokratie beschuldigt, daß sie nicht °te Verantwortung übernehmen will für ern Pro- öramm, das ihr eigener Minister ausgestellt hat. Das Zentrum, die Bayerische Volkspartei und die Demo kraten dürften der Annahme des Sofort-ProgrammS Auw Schwierigkeiten bereiten. Wenn auch die Baye ssche Volkspartei das Programm Dr. Hilferdings als Ganzes ablehnt, so würde sie doch wohl die Tabaksteuer wnnehmen. Erst bei der Biersteuer gerät die baye ssche Volksseele ins Kochen, und deshalb hat man oiese — übrigens auch in Norddeutschland unbeliebte ^Steuer wohlweislich aus dem Sofort-Programm ans- geschieden. mit genommen, um an der T der preußische Minister für MuM und WanzrMm. Riesenkundgebung des ReWverbandes der Deutschen Muttrie Geheimrat Duisberg, der zunächst die Gäste begrüßte, führte u. a. aus: Wenn heute das Unternehmertum aus dem Gefühl sei ner Vcrantwortungspflicht heraus erneut seine war nende Stimme erhebt, so geschieht das nicht aus Nei gung zum Pessimismus, sondern aus dem Zwang her aus, in den uns die vollständig verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik der letzten Jahre gebracht hat. Noch halten wir eine Umkehr für aussichtsreich, noch lebt die Wirtschaft, wenn auch im allerschärfsten Kampf uni ihre Existenz. In der heutigen Reichstagssitzung wer den die Finanzvorschläge der Regierung vorgelegt wer den. Das ist wenigstens ein Lichtblick in dieser trost losen Lage, wenn wir uns auch mit dem, was geboten werden soll, nicht in vollem Umfange einverstanden »erklären können, weil wir in den Vorschlägen der Re gierung die große wirtschaftspolitische Linie einer Finanzreform vermissen. Kompromisse Helsen uns nicht mehr. Es geht ums Prinzip, ums ganze System. Reichswirtschaftsminister Dr. Moldenhauer der alsdann das Wort ergriff, gab seiner Meinung Ausdruck, daß die kapitalistische Weltwirtschaftsordnung noch nicht ihrem Ende nahe sei, er glaube vielmehr, daß auch das kapitalistische Wirtschaftssystem dazu berufen sei, die Gesundung in Deutschland wieder herbeizu führen. Natürlich sei dieses System gewissen äußeren Wandlungen unterworfen, und zu diesen Wandlungen «ehöre auch die Sozialpolitik, die das System beein flussen könne. Auf der anderen Seite schwebe aber eine Sozialpolitik, die keine Rücksicht auf oas kapita listische Wirtschaftssystem und auf die Wirtschaft nehme, im luftleeren Raum. Zur Frage der Finanzreform erklärte dann der Minister: Das Programm, das die Reichsregierung vorgelegt habe, werde vielen unzu länglich erscheinen. Man möge aber den Versuch nicht mit Kritik zudccken, damit er nicht im Keime erstickt werde. Man müsse daran denken, daß dieser Pro gramm zustandegekommen sei in einem Kabinett, in dem vier sozialistische Minister sitzen. Es sei der ernste Wille der Reichsregierung, die sen Plan in allen Punkten durchzuführen und sich nicht ejwa ans das Sofort-Programm zu WZchränken. Wen» er, der Reichswirtschaftsministcr, das Gefühl hätte, daß dem so sei, so würde er die Verantwortung für sein Amt keinen Augenblick weiter tragen. Alsdann sprach der erste Hauptreferent Georg Müller-Oerlinghausen über „Wirtschafts- und Sozial politik". Darauf hielt Dr Paul Silverberg ein Referat Wer „Steuer- und Finanzpolitik", wobei er davon ausging, daß Industrie, Handel und Land wirtschaft unter einem empfindlichen Mangel an Be triebs- und Anlagekapital leiden. Nach einer Kritik der bisherige« Finanzwirtschaft forderte er eine Beseitigung der Lohnsteuer und voll ständige Aufhebung der KapitalertragSsteuer. ES fei «Stig, deu Genußmittelverbrauch i« größerem Umfange -nm Steuerträger zu machen. Die Privatwirtschaft, die individualistisch-kapital listische Wirtschaft könne nicht mit Erfolg betrieben Werden, wenn der Staat eine kollektivistische Wirtschaft und insbesondere eine sozialistisch-kollektivistische Steuern und Finanzwirtschaft treibt. Solange dieser innere Widerspruch bestehe, würden vor allem auch die aus ländischen Verpflichtungen des Reiches nicht durch Ueberschüsse der Zahlungsbilanz abgedeckt werden können. Der Aoungplan werde der Ausgangspunkt zur Selbst täuschung über die wirkliche Lage Deutschlands sein, wenn, auf ihn gestützt, Etatkunststücke diese Lage ver schleiern. Dr. Silverberg stellte folgende grundsätzliche For derungen auf: Förderung der privaten Kapitakbildung durch sparsamste Ansgäbenwirtschaft der öffentliche« Ha^», Steuerumleg«ng «ach volkswirtschaftliche« Ge sichtspunkten, Reform der Finanzwirtschaft. An die Reserüte schloß sich eine ausgedehnte Aussprache. Am gleichen Tage, an dem die Reichsregierung ihrem Finanzprogramm vor den Reichstag trat, veranstaltete der Reichsverband der Deutschen Indu strie in der Berliner „Scala" eine Kundgebung für eine Reform der deutschen Wirtschafts- und Finanz politik. Schätzungsweise 2500 Mitglieder waren der Einladung gefolgt, so daß sich die zunächst in Aussicht genommene Krolloper als zu klein erwies. Der Reichs außenminister sowie der Reichswirtschaftsminister hat ten sich trotz h, - - - - er starken Inanspruchnahme die Zeit — der Tagung teilzunehmen. Auch : Handel und Gewerbe hatte sich eingesunden. Die Grundlage der Verhandlungen bildete die Denkschrift des Reichsverbandes „Auf stieg oder Niedergang?" als Schreckgespenst an bi« Wand gemalt. Es ist ja für unser 100 000-Mann-Heer sehr schmeichel haft, wenn man ihm in dem bis an die Zähne ge rüsteten Frankreich soviel Beachtung entgegenbringt. Aber was der Berichterstatter, Oberst Fabry, über unsere Reichswehr und ihre Offensivkraft sagte, ist doch Au schön, um wahr zu sein. „Wir werden" — so führte er aus — „dte Deutschen mit keinerlei Mitteln davon abhalten können, eine kriegerische Nation zu sein. Der Versailler Vertrag hat Deutschland eine Berufs- d. h. Angriffsarmee auferlegt. Wir dagegen müssen eine Berteidrgungsarmee heranbilden. Von der deutschen Armee weiß man, daß sie von einer Stunde zur ande ren über viermal 100 000 eingeübte Soldaten ver fügen kann, die in wenigen Stunden bedeutende Schäden im französischen Grenzgebiet anrichten kann. Angesichts dieser Gefahr müssen wir ausreichende Verteidigungs maßnahmen schaffen. Es handelt sich darum, die erste Zone an der Grenze zu befestigen und hinter ihr für bewegliche Truppen als Deckung für einen möglichen Einbruch zu sorgen." Ser Sirett um da- Sofort-Programm. Noch keine Einigung. Im Reichstag fand Donnerstag vormittag eins Besprechung der Führer der Regierungsparteien statt, zu der zeitweilig auch Reichsfinanzminister Dr. Hil ferding zugezogen wurde. Die Besprechung blieb, wie verlautet, ohne Ergebnis. Von der Deutschen Volks- Partei wurde erklärt, daß es ihr nicht möglich sei, da? Sofort-Programm mitz«machen. Umstritten ist auch die Frage des Umfanges des Vertrauensvotums, das die Regierung von den Parteien verlangt. Das Zen trum ist bereit, auf den Boden der Regierungsvor schläge zn treten, macht aber zur Voraussetzung, daß! alle Regierungsparteien sich dem anschließen. Im Anschluß an die Parteiführerbesprechung trat die Fraktion der Deutschen Volkspartei zusammen. Di« übrigen Regierungsparteien verschoben ihre Sitzunger bis nach Schluß der Plenarsitzung. * Oberfohren Gras Westarps Aachfolaer. Der neue Vorstand der deutschnationale „ Reichstagsfraktion. Die deutschnationale Reichstagsfraktion nahm no oer Sitzung am Donnerstag die Neuwahl des Frak, tionsvorstandes vor. Durch Zuruf wurde einstimmiltz der Abgeordnete Dr. Dberfohren zum ersten Kraktions- vorsitzeuden gewählt. Ebenfalls durch Zuruf wurde», einstimmig die Abgeordnete,» Verudt und Koch-Düssel dorf mit den Aemteru der stellvertretenden Vorlitzcndeu betraut. Die Herren nahmen die Wahl an. Dr. Oberfohren dankte seinem Vorgänger, dem Grafen Westarp, mit warmen Worten sür die nie versagende Mitarbeit und die immer bekundete Opferfreudigkeit, mit der er sei» Amt geführt habe. Die Fraktion nahm dann die Neu besetzung der Ausschußstellen vor. Um den Finanzdittator. Koalitions-Plänkeleien im Haushaltsansschuß. Der Haushaltsausschutz des Reichstages beschäf tigte sich am Donnerstag im Rahmen der Beratungs der Haushaltsordnung mit dem volksparteilichen An trag über die Festlegung der Stellung des Rerchsspar- kommissars. Di« Sozialdemokrat«,» erklärten, »ah sie das Bor- geheu der Volkspartei als einen Borstotz gegen die Arbeitsgemeinschaft der Regierungsparteien betrach tete«, der eine Unterstützung »er anderen Parteien nicht gefunden habe. Die Sozialdemokraten müßten den Antrag aus verfassungsrechtlichen, praktischen und poli tische,» Gründen ablehnen.