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(WMatl und Anzeiger. Amtsöl'att -er König!. Amtshauptmannschast Großenhain, des Königs. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von langer <L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 27. Donnerstag, den 4. März 1886. 39. Jahrg. « — - Srickcinl in Rieja wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. — AöonnementSpreiS vierteljährlich I Mark 2b Psg — Bestellungen nehmen alle Kaiser!. Ponanft »en Postboten, die Srxcdiiwnen in Airsa und Ttrebla 18. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem auSgebreitcien Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, ervmen w" uns bis TaaS vorder Vorinittaa« ll Ubr JnscrtionSvreis die dreigespaltenc CorpuSzeile oder deren Raum lv Psg. Bekanntmachung. Die auf den Monat Januar d. I. im Hauptmarktorte Großenhain festgestellten Durchschnittspreise für Marschfourage betragen: 7 M. 38 Psg. für 50 Kilo Hafer, 3 <- 35 - - 50 - Heu, 2 - 50 - -- 50 - Stroh. Große nhain, am 27. Februar 1886. Die Königliche Amtshanptmannschaft. O. i. v. Nitze, Rg.-Ass. Tn. Auf Antrag der Erben der verstorbenen Frau Charlotte verw. Zenker soll das zu dem Nachlaß der Letzteren gehörige, im hiesigen Ort auf der äußeren Großenhainer Straße gelegene Haus- und Gartengrundstück, in welchem bisher Schankmirthschaft betrieben worden ist, verkauft werden. Kauslicbhaber werden ersucht, ihre Gebote schriftlich und versiegelt bis znm 1. April lsd. Js. in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amts gerichts, woselbst die Kaufsbedingungen zur Einsicht ausliegcn, niedcrzulegcu. Die Bieter sind bis zum 6. April 1886 an ihre Gebote gebunden. Riesa, am i. März 1886. Das Königliche Amtsgericht. K.-Ralh Sinz. E. Nach Verordnung des Königlichen Ministerium des Innern vom 11. Februar dieses Jahres sind zur Erstattung derjenigen, verlagsweise aus der Staatskasse bestrittenen Beträge, die an Entschädigungen nach dem Reichsgesetze vvm 23. Juni 1880 für die wegen Seuchen auf polizeiliche Anordnung getödtcten vder nach dieser Anordnung gefallenen Thiere, beziehentlich nach dem Gesetze vom 22. Februar 1884 für die an den Folgen der Impfung um- gestandcncu oder wegen dieser Folgen zu schlachten gewesenen Rinder zu gewähren gewesen, beziehentlich an Berwaltungskosten erwachsen sind, auf jedes der consignirten er Rinder ein Jahresbeitrag von einem Pfennig b. Pferde - - - dreizehn Pfennigen Zu entrichten. Die im hiesigen Stadtbezirk, einschließlich des Rittergutes, wohnenden Besitzer von Rindern und Pferden werden hiervon mit dem Bemerken in Kenntnis; gesetzt, daß in den nächsten Tagen die obenbezeichneten, auf die Anzahl ihrer Viehbestände entfallenden Beiträge von ihnen eingeholt werden. Riesa, am 1. März 1886. Der Stadtrath. Steger. Pilz. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Der„Univers" will wissen, Laß zwischen dem Papst und dem Fürsten Bismarck in jüngster Zeit wieder ein schriftlicher Gedanken-Aus- tausch stattzefunden hat. Auch heißt es, daß Bischof Dr. Kopp sich demnächst nach Rom begeben wird, um mit dem Papste über die kirchenpotitische Fiage zu konferiren. Der Erbgroßherzog von Baden, der Enkel des Kaisers, ist an Gelenkrheumatismus erkrankt. Infolge der angeblichen Hindernisse, welche die jetzige Zusammensetzung des Reichstages dem Gange der Gesetzgebung sowohl im Reiche, als in den Einzel staaten bereitet, werden angeblich in hochstehenden politischen Kreisen Aenderungen der Reichsverfassung vielfach erwogen. Die Meldung klingt indessen nicht wahrscheinlich. In dem dem Reichstage zugezangenen Gesetzentwurf, betr. die Ausprägung von Zwanzigpfennigstücken in Nickel, wird hervorgehoben, daß auch die silberne Zwanzigpfennigmünze bis ans Weiteres im Verkehr zu belassen ist, um nicht den Mangel an solchem Klein geld zu erhöhen. Eine Kanalvorlage, betreffend das erweiterte Pro- ject eines Kanals von Dortmund nach den Einshäfen und das neue Project, Verbindung der oberen Spree mit der Oder, soll nach den neuesten officiösen Mit- theilungen dem preußischen Landtage noch in Lieser Session vorgelegt werben. Nach übereinstimmenden Meldungen ist der Hos- secrelär des Königs von Bayern nach München zurück gekehrt, ohne mit seinen Bemühungen um ein Arrange ment betreffs der königlichen Civillrste in Berlin, Ham burg und Frankfurt ein Resultat erzielt zu haben. Doch soll er noch nicht alle Hoffnung aufgegeben haben, La in München von neuem verhandelt werden soll. Es ist jetzt als sicher zu betrachten, daß Oesterreich, Rußland und Deutschland sich nicht offiziell an der zur Säkularfeier der großen Revolution geplanten Pariser Weltausstellung betheiligen werden. Deutschland hat seine im Jahre 1878 gemachte Erfahrung nicht zu bereuen. Es betheiligte sich bekanntlich nicht an der damaligen sehr glänzenden Pariser Weltausstellung. Und die Folge davon ist gewesen, daß gerade seither Frankreich, England u s. w. gar vernehmlich über den drückenden Mitbewerb Deutschlands klagen. Frankreich. Der in Paris lebende, im Lan- desverrathsprozesse Sarauw öfter genannte Hansen, der die militärische Spionage in Deutschland und Österreich leitete «.und auch wohl noch leitet), ist von der Regierung zum Offizier der Ehrenlegion ernannt worden. In Südfrankreich löst ein Streik den andern ab. Kaum ist in Decazeville, das vor Kurzem erst der Schauplatz empörender Scenen gewesen ist, in dem Kampf zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine kurze Waffenruhe eingelreten, da treffen auch schon wieder beunruhigende Meldungen aus jener Stadt ein. Wiederum ist ei» neuer Streik ausgebrochen, welcher fast den ganzen Ort umfaßt. Die Streikenden ver langen die Entlassung eines Ingenieurs, Namens Blazy, sowie die Erhöhung ihrer Löhne und drohen, im Falle der Verweigerung ihrer Forderungen die Feuer in den Oefen auszulöschen. Es sind Truppen abzesandt, um dies zu verhindern. England. Gerüchtweise verlautet, England wolle die Insel Kreta von der Pforte käuflich er werben. Einer der neuen Minister weigert sich beharrlich, den Unisonnrock anzuziehen, der altem Herkommen ge mäß von den Ministern bei Galagelegenheiten getragen wird. Dieses Kabinetsmitglied soll erklärt haben, daß es noch niemals einen Frack besessen habe und nicht geneigt sei, in Hofuniform zu erscheinen. Ein gleicher Fall ist bereits früher vorgekommen, auch John Bright hat sich seiner Zeit beharrlich geweigert, eine mit goldenen Treffen besetzte Uniform anzuziehen, und man gab sich schließlich bei Hofe zufrieden. Dänemark. In Jütland sind Steuerverweige- rungen und infolgedessen Auspfändungen ziemlich all gemein geworden. Diese Pfändungen, in den Augen des Volkes verfassungswidrige Gewaltakte, haben eine sehr gereizte Stimmung erzeugt, so daß die Steuer- cxekutoren aus mehreren Dörfern unverrichteter Sache wieder abziehen mußten. Italien. Eine allgemeine Krisis ist im italie nischen Ministerium zum Ausbruch gelangt. Grund ist ein starkes Defizit im Staatshaushaltsetat. Von dem Ausgang der Debatte darüber wird das Schicksal des Kabinet Depretis abhängen. Spanien. Aus den Nordprovinzen wird ge meldet, es herrsche unter den Karlisten eine bemerkens- werthe Unruhe. Die Behörden lassen infolgedessen die Grenze streng bewachen, da man Wasfenschmuggel ver- muthet. Die Garnisonen der nördlichen Städte sind verstärkt und die strategisch wichtigen Punkte besetzt worden. RttHland. In Moskau hat sich dieser Tage ein aus 20 Schulmädchen bestehendes Komitee ge bildet, um Sammlungen „für die durch die Regierung verfolgten Personen" zu veranstalten. Die Schulvor steherin verbot die Sammlungen, mußte aber schließlich, da sie keinen Gehorsam fand, die Polizei herbeirufen. Am Tage darauf fand man einen Entwurf zu einem Schriftstück, welches im Namen des „Weiblichen Revo lutions-Komitee von Moskau" gegen das obenerwähnte Verbot protestirte. Verhaftungen scheinen nicht statt gefunden zu haben; immerhin aber bleibt der Vorgang für die jetzigen Zustände in Rußland recht charakte ristisch. Türkei. Nach einer Konstantinopeler Zuschrift der „Pol. Corr." herrscht sowohl in den Kreisen der Pforte, als im Palaste eine gedrückte, unsichere Stimmung und das unbestimmte Gefühl, als ob von irgend einer Seite gegen die Türkei etwas unternommen werden sollte. In erster Linie richtet sich das Mißtrauen gegen Rußland, welches gegenwärtig in Kleinasien den Armeniern gegenüber eine sehr versöhnliche Haltung be kundet und auf dessen Agitation auch die in Ost- rumclien zu Tage tretende Unzufriedenheit gegen das türkisch-bulgarische Uebereinkommen zurückgeführt wird. Die Pforte hat sich infolgedessen an Deutschland und England gewendet, um deren gute Dienste behuss Er zielung eines Einvernehmens mit Rußland in An spruch zu nehmen, von welcher Action man einen endlichen Abschluß der bulgarischen Frage erwartet. Zur Lage auf der Balkanhalbinsel. Die Friedensverhandlungen ziehen sich schrecklich in die Länge. In der Sache ist man einig, aber über die Form kann man sich nicht verständigen. — Einen > Schritt zurück bedeutet für Griechenland, daß das