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91k. 179 Hauptschrifkletter: Dr. Evert-, Leipzig Dienstag, den 9. April Verlag: Dr. Reinhold L Co., Leipzig 1918 " ' — ' - " . —, - - - _ - . .... , , - - . Am Oife-Aisne-Kanal Der deutsche Heeresbericht AmNich. Großes Hauptquartier, S. AprU Westlicher Kriegsschauplatz An der Schlachifront entwickelten sich vielfach lebhafte Artilleriekumpsc. Auf dem Südufer derOife griffen die Truppen der Generale von Scheeler und Wichura den Feind erneut an. Zwischen der Oife und Folembray stießen sie öder die Ailette dis zum Oife-Aisne-Kanal vor. In heftigen Kämpfen nahmen sie den zah verteidigten Wald östlich von Guny. Sie erklommen im Angriff von Hlorden und Osten her die steilen Hänge der Höhen östlich von Loucy-le-Chateau und er stürmten stark ausgebaute Stellungen des Feindes. Quincy und Landricourt wurden genommen. Nach besonders erbittertem Kampf fiel heute früh auch das festungsartige Coucy-le- Chateau. Im März beträgt der Verlust der feindlichen Luftstreitkräste auf dem westlichen Kriegsschauplatz 23 Fesselballone, 340 Flugzeuge, von denen 158 hinter unseren Linien, die übrigen jenseits der gegne rischen Stellungen erkennbar abgestürzt sind. Wir haben im Kampf 81 Flugzeuge und 11 Fesselballone verloren. Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts Neues. Der Erste Generalquartlermeister. Ludendorff. (M.L.-B.) 2V6VV Tonne« versenkt "<-. Berlin, 8. April. (Amtlich.) Unsere U-Boote haben an der Ostküste Englands, im Aermelkanal und der Irischen See neuerdings fünf Dampfer und vier englische Fischerfahrzeuge mit zusammen zwauzlgtaosend Dr.-Reg.-To. versenkt. — Die Dampfer waren ohne Ausnahme bewaff- net und tief beladen, darunter ein besonders wertvoller Frachtdampfer von 6000 Br.-Reg.-To. Ein Dampfer wurde aus stark gesichertem Geleitzug herausgeschossen. Den Hauptanteil an den Erfolgen hat Kapikänleutnant Hundius. Der Chef des Admiralstabes der Marine. Die englische Arrasstellung gefährdet Basel. 9. April. (Eig. Drahlbe richt.) Dem „Basler An zeiger" zufolge geben die englischen Berichte ein weiteres Zu rückweichen bei Billers und Bretonneux zu. Die Lage der Engländer ist besonders hier schwer gefährdet, da jeder Durchbruch in Len Rücken der Arrasstellung führt. Die Kämpfe nörd lich der Somme verdienen erhöhtes Interesse, wenn nicht schon wieder, wie es den Anschein hat, neue größere Ueberraschungen be vor stehen. Weiler schreibt dos Blatt: Mit der Erreichung des Waldes von Arrachie sind die deutschen Truppen der wichtigen Bahnlinie Amiens— Clermont der letzten Linie, die Amiens direkt mit Paris verbindet, bis auf fünf Kilometer Luftlinie naheqerückt, womit allein schon ihr Benutzungswert erheblich herabgedrückt wird. Neuerdings liegt auch diese Bahnstrecke unter schwerem deutschen Feuer. Ls sei im Hinblick auf die jetzt wohl rasch heranreifende Entscheidung von außer ordentlich wichtiger Vorbedeutung, daß im Gegensatz zu früher es jetzt die schwere und schwerste deutsche Artillerie sei, die auf dem Schlachtfelds das Zepter führe. Der Umstand, daß man trotz der Reserven FochS nach kurzer Atempause an der schon bekannten Angriffsstelle der englisch-französischen Front wiederum zum Angriff geschritten sei, loste darauf schließen, daß man sich schon jetzt deutscherseits stark genug fühle, die Entscheidung zu erzwingen. Haag, 9. April. (Eigener Drahlberichl.) Aus London wird gemeldet: Der Kriegskorrespondent Gibbs meldet von der fran- ,'öslschen Front: Der Feind halt fortwährend Abschnitte unserer Front unter schwerem Feuer. Es ist sehr wohl möglich, daß die Deutschen von neuem einen Versuch unternehmen werden, nnsere Verteidigungsstellung in der Nähe von Arras zu umzingeln und zu gleicher Zeit einen Durchbruch nach Arras zu bewerkstelligen. Falls sie südlich der Somme Erfolg hätten, würden unsere Stellungen von Albert bis zum Ancrekal unhaltbar «erden. Zürich, 9. April. (Eig. Drahlberichl.) Der „Neuen Zürcher Zeitung" zufolge haben die belgischen Truppen an der Front gegenwärtig «ine Linie von 30 Kilometern zu halten. Der belgische General Moranvillet reorganisiert die Truppenbestände und bat eine besondere belgische Reserve geschaffen. Zürich, S. April. (Eig. Drahlberichl.) Der „Zürcher Post' zufolge besagt ein neuer Havaskommentar, daß die fürchterliche Schlacht überall weiter tobe, und daß die Infanteriekämpfe sehr heiß durchgeführt werden. Der Feind Kämpfe mit größerer Erbitterung ols je zuvor. Bei Morisel habe er an verschiedenen Punkten weiteren Geländegewinn gemacht, doch gehörten diese Zwischenfälle zu den unvermeid'ichen Aenderungen der Lage. Genf, 9. April. (Drahlberichl.) Die Ungewißheit, die in Frank reich über die weiteren Operationen an der Westfront herrscht, findet ihren Ausdruck in der gestrigen Havasnote; darin wird ausgesührt: Es liegt kein Anlaß vor, der di- Absicht Hindenburgs erraten laste. Auch di« Vorstöße südlich von Chan n» lasten kein« bestimmte Deutung zu. Die französisch« Heeresleitung sei der Ansicht, daß das Gros der deutschen Reserven noch immer vor Amiens massiert sei und dort einen Hauptschlaq versuchen werde. Haag, 9. April. (Eigener Drahtbericht.) Aus Welling, ton (Neuseeland) wird gemeldet: Der Premierminister Massey hat mitgeteilt, daß die Regierung von Neuseeland infolge der von Lloyd Georg? erhaltenen Zuschrift nach Kräften zur Verstärkung der Neuseeländer Truppen auf der Westfront beitragen wird. Im Laufe der nächsten Wochen werden im Parlament diesbezügliche Regie rungsvorlage« mttgetetkt «erbe». Ei« spanischer Friedensschritt- Genf, 9. April. (Eigener Drahtbericht.) Der Madrider „Imparclal" schreibt, daß die spanische Diplomatie bei den Kriegführenden behufs Einstellung der Feindseligkeiten bzw. Schließung eines Waffenstillstandes Schritte unter nehmen wird. Die englische Gewalttat an Holland Britische Verschleierungsversuche. Haag, 9. April. (Eigener Drahtbericht.) Das Hollandsehe Rieuws-Bureau meidet: Neuler veröffentlichte jüngst ein Interview mit dem Vertreter der War Trabe Board Hayward über die Verwen dung holländischer Schiffe. Die holländische Regierung hat nunmehr mitgeteilt, daß dieses Interview von Reuter nicht richtig wiedergegeben worden sei. Nach Reuter sollte der holländisch« Ver treter in London mitgeteilt haben, daß Holland Abmachungen auf der Basis, wie sie in London festgestellt worden seien, nicht genehmigen könne, weil Deutschland sich dem widersehe. Die holländisch« Re gierung hält demgegenüber daran fest, daß ihr Vertreter in Londou tatsächlich ans dieser Basis im Namen seiner Regierung Vor schläge gemacht hak. Diese wurden aber von den alliierten Regierungen abgelehnt, weil sie die Bedingungen der holländischen Regierung bezüg lich der Verwendung holländischen Schiffsraums für die Fahrt zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, die von Holland aus Neutralitäts rücksichten gestellt wurden, nicht annehmen konnten. Daß keine Ver einbarung zustande gekommen ist, hat seinen Grund darin, daß die Alliierten die Bedingungen, die Holland für die Verwendung seiner Schiffe gestellt Hot, für unannehmbar erklärten. „Nieuws Bureau" berichtet weiter: Nachdem seit einem Monat zwischen Holland und England keine Schiffsverbindung bestanden hat, ist gestern abend ein Geleit zug aus 15 Schiffen aus London» hier eingelroffen. An Bord dieser Schiffe waren viele Kapitäne und Mann- schäften von in englischen Häfen beschlagnahmten holländischen Schiffen. Die Besatzungen dieser Schiffe waren empört über das Auftreten der Engländer. Als diese Schiffe in London lagen, kamen britische O'fiziere an Bord und erteilten den holländischen Kapitänen den Befehl» sich bereit zu halten, innerhalb weniger Stunden mit der gesamten Bemannung ihre Schiffe zu verlassen. Dies Hot am 25. März staltqesundcn. Auch die Ladungen, verschiedener Schiffe wurden gelöscht, und mit dem jetzigen Geleitzuqe kam nur ein kleiner Teil der Ladungen nach Holland mit. Auf einem Schifte befanden sich 63 aus England auSgewiesene Deutsche, nämlich ein Mann und 62 Frauen und Kinder, und 18 Oesterreicher, 14 Männer und 4 Fronen, an Bord. Blutigs NnsuhsK in Griechsntand Bern, S. April. (Eigener Drahlbericht.) Das „Berner Tagblatt" meldet aus London: In Südgriechenland ist «in« be denkliche, gegenVenizelos gerichtete Gärung z« verzeichnen. Es Haden sich blutige Unruhen abgespielt. Da di« Aufrührer über Geld und Waffen verfügen und Abzeichen mit dem Bilde des Königs Konstantin auf der Brust tragen, wird dieser als der Urheder der Revolte angesehen, weshalb auch gegen ihn non Staats wegen Anklage «rhoden wurde. Zuweilen erscheinen deutsche Flugzeug« über de» Golfe von Patras, die Proklamation«,, adwerfe«. Die Alli ierte« Griechenland« «tternehar« Schettt« zur Unterdrückung der pagjia- ruugsfeia dttcheu Erheduu^ Altes und neues Wahlrecht in Preuße» Von Dr. Conrad, Halle. Heute tritt das preußische Herrenhaus zusammen zu Beratungen, die für das Schicksal der Wahlrechts vorlage wichtig werden dürsten. Der beste Weg, um zu einer Verständigung zu gelangen, scheint mir die geschichtliche Betrachtung zu sein, die das Be stehende unbefangen würdigt, uni von hier aus den richtigen Blick für die Forderung des Tages zu gewinnen. Die Auflösung des alten Reiches im Jahre 1800 gewährte den Linzelstaaten die rechtliche Möglichkeit, sich einheitliche Formen zu geben; doch wirkten die alten Zustände noch lange nach. So führte die Preußische Gesetzsammlung noch bis Ende 1906 den Titel- Gesetzsammlung für d i e Kgl. Preuß. Staaten, und das Ministerial blatt für die innere Verwaltung trug die entsprechende Bezeich nung sogar bis Ende 1907. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Bundesstaaten erhielt Preußen erst 1848 bis 1850 eine moderne Verfassung. Damals wurde das Abgeordnetenhaus die Vertretung des Volkes als der comribuens-plebs, der Steuerzahler. Einheitliches Prinzip der Berechtigung wurde das Einkommen. Blicken wir vom jetzigen Standpunkte auf die abgelaufenen 70 Jahre zurück, so springt in die Augen, daß die Verbindung des Wahlrechts mit dem Besitze nicht Unbeträchtliches geleistet hat. Der Besitz des Staatsbürgers ist ein starkes Gegengewicht gegen Krone und Negierung; er wirkte vielfach im Sinne der Oppo sition, so in der Konfliktszeit, und des Fortschritts in Handel und Wandel. Er ist etwas in der Erfahrung Gegebenes und genießt im Volke Ansehen. «Bessere Kreise" und wohlhabend« Kreis« sind noch heute Wechselbegriffe. (Leider! Die Schriftltg.) Der Liberalismus nimmt die Dermögensungleichhett als Tatsache hl» und sichert die Erwerbs- und Besitzfreiheit. Das schließt nicht aus, daß er sich auch mit dem Sozialismus ehrlich vertragen kann. In dem Streben danach gelangt die Regierungsvorlage dazu, den Besitz als Wahlrechtsfaktor auszuschalten, weil sonst weite Kreis« des Volkes alluzsehr entrechtet werden. Die Opposition gegen die Regierungsvorlage bis in di« Mittelparteien hinein ist verständlich. Während die Krone die selbe bleibt und alle Zinnen und Zinnchen, zum Beispiel die Obersten Hof-, Oberhof- und Hofchargen aufrechterhält, verlangt sie eine radikale Aenderung der Volksvertretung. In der Tat erscheint es unmöglich, daß eine Reform an den Gliedern erfolgen soll, ohne daß das Haupt daran teilnimmt. Reformen der Regie rung sind ja denn auch bereits in Aussicht gestellt und ungebahnt, vielleicht folgen nach dem Kriege auch Reformen im eigensten Be reich der Krone selber. Der Kapitalismus wird zweifellos, wenn er auf die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses keinen merk lichen Einfluß mehr hat, dessen Tätigkeit mit kritischen Augen be trachten und in seinem Sinne einzugreifen suchen. Aber liegt darin nicht vielleicht ein neuer Reiz unseres zukünftigen politischen Lebens? Was für die Bildung bisher als recht galt und auch, nach dem Verzicht der Regierung auf das Pluralwahlrccht, weiter gelten soll, daß auch sie nämlich als Grundlage eines verstärkten Wahlrechtes nicht in Bettacht kommt, dürfte nunmehr auch für den Besitz billig sein. Leben wir doch in einem Volke, das von sich' aus den Gebildeten dem Reichen in der eigentlichen Wertschätzung immer noch vorgezogen hat! Daß der Krieg mit seiner Forderung an alle Volkskreise, das Leben einzusetzen, die Geltung des allgemeinen, gleichen Wahlrechts ungemein erhöht hat, steht uns allen vor Augen. Don diesem Angelpunkte aus wird es der Regierung, wenn sie fest bleibt, leicht gelingen, die Vorlage durchzubringen. Bestärken muß sie die Tatsache, daß sie damit an den Freiherrn von Stein anknüpft, der schon 1808 ein« „allgemeine Nationalrepräsentation' ins Auge faßte und 1810 den König bewog, eine solche zu verheißen. Wie die Protestanten Luther den Katechismus, so verdanken die Reichsdeutschen das Reichstagswahlrecht Bismarck, «als Frankfurter Tradition", wie er selbst bekannt hat. Aber aller Autoritätsglaube ist mißlich, und der Deutsche hat sich nie das Recht freiester Kritik seinen größten Volksgenossen gegenüber nehmen lassen. «Unter allen politischen Behauptungen und For meln zugleich die größte und umfassendste", sagt der alte Georg Waitz in seinen Grundzügen der Politik, «ist die von der all gemeinen Gleichheit der Menschen; leicht gesprochen, aber ebenso leicht widerlegt oder verspottet, enthält sie doch eine gewaltige Kraft, welche fort und fort arbeitet, um sich Geltung zu verschaffen, welche dann aber freilich in der natürlichen Beschaffenheit der Dinge ihre notwendige Grenze findet." Diese notwendigen Grenzen verkennt nun m. E. das Reichsgericht keineswegs; wenigstens sondert cs einige hundert Reichsangehörige aus, denen es wichtige Obliegenheiten nicht als bloßen Beauftragten ihrer Wähler, sondern als Gesamt-Volksvertretern überträgt. So schließt es sich den anderen Grundrechten ebenbürtig an, beispiels weise der privaten und öffentlichen Rechtsgleichheit. Denken wir an den Schuh des Lebens: der beste Schuh des wertvollsten Lebens ist eben Heilighaltung des menschlichen Lebens überhaupt. An sich aber ist gewiß nicht das Leben jedes einzelnen Staatsbürgers dem jedes anderen gleichwertig. So ist es auch mit dem Wahlrecht. Wennniemandüberganqenoderbevorzugtwird, ist der beste Spielraum der Betätigung auch für dieBestengegcben! Im Mittelalter bestand ols Buße für die Tötung eines Menschen ein außerordentlich verschiedenes Wehrgeld, das bei den Vornehmsten am größten war. Ilnd doch waren Bluttaten an den Großen an der Tagesordnung. Zutreffend führt Iafirow am Schluffe seines noch heut« lesens wert« Buches «Das Dreiklassensystem' aus, daß die größten Er- foö-e, dte die preußisch« Gesetzgebung und tste preußisch« sVerwai-