Volltext Seite (XML)
Deiblatt zur „Sächsischen Elb-Zeitung". Verantwortlicher Nedactcnr rind Verleger: Ludwig Donath in Schandau. Motto: Di, stehst und starrst die Wildnis, an, Wo ferner sich kein Weg will zeigen. Die PreisfLueke. Novelle von L Mühlbach. (Fortsetzung.) Mit finsteren Blicken, mit gerunzelter Stirn trat der Minister in das Zimmer seiner Tochter, und ihre sichtbare Aufregung, ihre glühenden Wangen erfüll ten ihn zum ersten Male mit bangen Ahnungen und Erwartungen. Er hatte bis fetzt nicht die Ätöglich- kcit geahnt, daß Antonie wirklich für diesen fungen, unbekannten Schwärmer und Träumer Ernst Waller ein lebhafteres Interesse hegen könnte, er würde es als eine Unmöglichkeit znrückgcwiesen haben, däß die ser junge Mann, welcher nichts war und nichts be deutete, jemals daran denken könnte, sein Schwieger sohn zu werden. „Antonic," fragte er finster, „wie kommt cS, daß der junge Waller die Erlaubniß hat, Dich täg lich besuchen zu dürfen?" Ohne ihr Zeit zu einer Antwort zu lassen, fuhr er rascher fort: „Ich muß Dich iu der That bitten, diese Besuche ein wenig seltener werden zu lassen, damit die Welt keinen Anstoß daran nimmt." „Und wenn sic cs thätc?" fragte Antonie mit leichtem Achselzucken. „Ich sollte denken, mein Va ter, ein Minister sei mächtig genug, um die Welt nicht scheuen zu dürfen und ihre Lästerzungen nicht zu fürchten." „Thörichtcs Kind," sagte, der Vater mit einem mitleidigen Lächeln. „Ein Minister, ist manchmal machtloser, unselbstständiger, als irgend ein anderer Sterblicher, ein Windhauch der öffentlichen Meinung beherrscht ihn; das Schwert des Damoklcs hängt immer über ihm, und jede Stunde. kann die letzte seiner Größe sein. Jeder Zusall kann ihn in das Nichts und in die Vergessenheit zurückschlcudcrn. Ach, die Menschen beneiden uns. Sic wissen nichts von unsern durchwachten Nächten, unsern abgehetzten Ta gen, unserm ewigen Hin- und Hergeworfenwerden zwischen höherem Willen und eigener Ueberzeugung. Mit Harren wirst du nichts erreichen, Nnr vorwärts! brich dir selber Bah». G. Keil. Sic sehen nur oie glänzende Schale und schmecken nichts von dem bitteren Kern." „Weshalb alsdann sich von diesem bittern Kern vergiften lassen?" fragte Antonic. „Wirf ihn fort und mache Dich f..i von dieser erdrückenden Last." Der Minister zuckte verächtlich die Schultern. „Damit mein Nachfolger das Werk zerstöre, wel ches ick begonnen, damit er vernichte, was ich auf gebaut? Nein, nein, die Größe und die Macht muß Mein bleiben, damit ich' vollenden kann, was ich an- gcfangcn! Und Du, Antonie, Du mußt mir dazu helfen!" „Ich, mein Vater?" „Du, Antonic! Du mußt uns mit starken, un zerreißbaren Banden an den Thron fesseln, Du mußt bewirken, daß meine Stellung fest und gesichert sei, damit ich endlich ein wenig Ruhe, eine ungestörte sorgenlose Nacht des Schlummers finden kann! Du mußt bewirken, daß cS eine Art Ehrensache für un sern Fürsten wird, mir die höchste Charge, welche er zu verleihen hat, zu geben und zu belassen! — Der Graf Waldemar wirbt um Dich und hat heute Morgen feierlich bei mir um Deine Hand angehalten!" Äntonic brach in ein lustiges Gelächter aus. „Der arme hinkende, stotternde Graf ist also plötz lich flügge geworden," sagte sie, „und kommt als Amor zu mir herangeflattert! Ach, ich danke für das Glück, dieses AmorS Psyche zu sein! Du hast ihn doch sofort abgewiesen, Papa?" „Abgcwie'scn?" Du weißt, in welcher nahen Bc- Mchung er zu unserm Fürsten steht!" „Ich weiß!" rief sie ungeduldig. „Er ist des Fürsten natürlicher Soh», und der Fürst liebt ihn leidenschaftlich, vielleicht gerade darum, weil der arme Gras so häßlich und so gebrechlich ist!" „Du begreifst also," sagte ihr Vater iu stren gerem Ton, alö Aotonie ihn jemals von ihm gehört hatte, „Du begreifst also, daß ich ihn nicht abaewie- scn habe! Dieser Korb würde mich um mein Porte feuille und um die Gunst des Fürsten bringen!" „Das heißt," fragte Antonie mit flammendem