Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 21.09.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188609215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860921
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860921
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-09
- Tag 1886-09-21
-
Monat
1886-09
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 21.09.1886
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
M SIS. — « ZakrMg. Sächsischer Dienstag. 2i. September ML AVonnementspreiS: Der »»parteiische — jeden Wochentag «bend (mit dem Datum de- folgenden LlÄ>Ä> ^n,eiM^^m>t""^e!blrttern' kostet monatlich 60 Psg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Bororten, sowie bei der Post. (Eingetragen unter Nr- 4638.) Im3. u. 4. Quartal erscheint für Abonnenten Verlag: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei. Chemnitz. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. JnsertionSpret-: Raum einer schmalen Lorpulzeile 18 Pfg^ Bevorzugte Stelle (lspalt.Petitzeile) SV Pf. Bei Wiederholung großer Lnnone« Rabatt- Bei Bestellungen von Auswärts wolle N" JnscrtionSbetrag (in Briefmarken) bei" (je 8 Silben Korpusschrist bilden««. 1 ) Annoncenannahme nur bi« Bo« Inserate nehmen «über de» Be ^ Expedition die Annoncen-Bnreanx aw> Expedition und »edakti»»: Chemnitz, Theaterstraße Xr. S. Ltlegramm-Adr.: Wiede'« Anzeiger, ChemM. F ernsprechstelle Rr. lN. KkiMtt: Täglich ein UnlerlMnngslilatt M>> ftmmstisih itiustmlrs SomilMbllllt „Lustiges Bilderbuchs. «el-geaphifch- Nachrichten. «om IS. September. Staßbnrg. Der Kaiser und die anderen hier anwesenden Fürstlichkeiten wohnten hente «ormittag 10V, Uhr de« Gottesdienste in der nrne« Kirche bei. Der Pfarnr Lebloi« sprach da« Gebet, der Pfarrer Hoerler hielt di« Predigt, welcher da« Eoavgelinm über den barmherzige» Samariter z» «runde gelegt war, der Pfarrer Kopp sprach da« Schlnßgebet und den Segen. Beim Gebet erhob sich der Kaiser und blieb bis znm Schluss« desselben aufrecht stehe«. Der Kaiser wnrde anf der Fahrt zur Kirche wie bei der Rückfahrt vo« der in den Straße» versammelten Volksmenge mit lebhaften Zurufen begrüßt. Straßburg. Vom Bürgermeister «nd von der Deputation de» GemelnderatbkS in Metz, welch« gestern Abend an der kaiserliche» Tafel theilnahmen, find dem Kaiser zwei Originalbrirfe de» Kaisers Karl V. als historisch denkwürdige Urkunden znm Ge schenk mit dem Bemerke« überreicht worden, daß dieselben di« letzten Briefe seien, welch« ei« früherer deutscher Kaiser au di« Stadt Metz gerichtet habe. Der Kaiser nahm die beiden Urkunden eingehend in Augenschein und dankte hnldvollst fü, die ihm dargebrachte Gabe. Bei dem gestern Abend bei dem Kaiser stattgrhabten Thee hatte der Kaiser zu Ehre« de» Prinzen Ludwig vo« Bayer«, der gestern zum Chef de» preußischen zweite« «iederschlesischeu JnfanterleregimentS Nr. 47 ernannt worden ist und in der Uniform dieses Regiment» dem Lheezirkel beiwohnte, die Uniform seine» bayerischen Infanterie regiment» angelegt. Prinz Ludwig vo» Bayer« hat hente früh die Rückreise nach Münch«« angetreten. Der Kronprinz gab demselben bis znm Bahnhof« da» Geleite. Mit demselben Zuge haben auch Grneralfeldmarschall Graf Moltke «nd General v. Stiehl« Straßburg verkästen. Wien. Gin «euer Brief des Krakau«, „Lzas', der angeblich offiziösen Ursprungs sein soll, bezeichnet die inner« «nd äußere Lage Oesterreich» al» beunruhigend. Er fignalifirt Stürme in den Dele gationen und prophezeit wichtige Personal-Veränderungen. Pari». Der ume franzöfische Botschafter Herbette wird am 2. Oktober nach Berlin abreise» und seine Familie i« November Nachfolgen; diese letztere ist über di« Annahme der nene» Stellnng sehr unglücklich. Herbette selbst betrachtet den Posten als Provisorium und behält sowohl seine hiesige Sommer- als auch die Pariser Stadtwohuung bei. Er hat es verschiedentlich selbst zu Freunden an-gesproche«, daß rr mit dem Kabinet Freycinet stehe und falle, und rr scheint daher besten Stellung für nicht besonder» gesichert zu halten. Auch die Freundeskreise halten Herbette, bei feiner geringen Gewohnheit, zu rrpräfentire«, für den Berliner Posten durchau» un geeignet. Rom. Die Regierung hat di« Abhaltung de- Katholikenkou- gresteS z» Lueea, de» am 22. September stattfindeu soll, verboten. Brüssel. Nach dem vo« General Brialmont auSgearbeitrteu Plan« wird die MaaSbesestignug di« ganz« Linie Nawnr-Lüttich um fassen. Die bisher dort bestehenden Fort» wüsten als unbranchbar niedergerlffe« werde». London. Gladstou« ist heute Vormittag hierher zurückgekehrt. Politische Rundschau. Chemnitz» den 20. September. Deutsches Reich. In Berliner politische« Kreisen glaubte «an, der Richtentsendung des Konprinzeu al» Stellvertreter» de» Kaiser» nach Metz politische Gründe unterschieben zu müssen. Durch die nachträgliche Entsendung de» Kronprinzen find indrß alle dies bezüglichen Bermnthunge« und damit auch ein kurioser Artikel de» gouvernementalen .Deutschen Tageblatt«»' in Berlin entkräftet, da» in gesperrtem Druck behauptete, der französische KriegSminister Boulanger trage sich mit dem Plaue einer plötzlichen Ueber- rumpelung von Metz und Straßbnrgl — Wen« vo» der Redaltio« eine» großen konservativen Blatte» solcher Unsinn in die Welt gesandt werden kann, daun sollte man von solche» Redak tionen allerdings eine« staatlichen Befähigungsnachweis verlangen. — Die Ehe de» russischen Thronfolger» mit einer Tochter de» deutschen Kronprinzen soll nach der „E. L.' beschlossene Sach« sein. Vorläufig wird e» sich empfehlen, in die Richtigkeit dieser Meldung starke Zweifel zu setzen. — Entgegen einzelnen AnSlassnnge« in einem Theile der deutsche» Press« über die Ernennung de» Herrn Herbette zu« Bot schafter in Berlin ist di« „E. C.' in der Lage, zu erklären, daß e» die erste Obliegenheit de» neuen Botschafter» sein wird, dem Fürsten Bismarck di« friedfertige Disposition der französischen Regierung zu betonen. E» gewinnt in deutschen RcgierungSkreise« allgemach die Meinung di« Oberhand, daß General Boulanger sich nachgerade all- znsehr von seine« ehrgeizige« persönlichen Abfichte« hinrrißeu laste und dadurch die Regierung bloSstelle. — Der BundeSrath hat gestern, wie der osficielle Bericht ergiebt, nicht nur die Verlängernng de» Belagerung»-Zustande» über Berlin, sondern auch über Hamburg-Altona und Umgebung be schlossen. — Der letzte in Berlin bestehende ArbeiterbezirkSvereiu hat sich, nachdem alle übrige» auf Grund de» Sozialistengesetze» ver boten worden find, mit der Motivlrung, daß er allein keine Gnade wolle, selbst aufgelöst. — In einem offiziöse» Artikel fordert di, .Norddeutsche' auf, der Nativ» alliberali»«»» solle de« Bewei», daß er den Freisinnigen überall entgegenzntreten entschlossen sei, dadurch erbringen, daß er zusammen mit den Konservativtu den durch Ludwig Löwe'» Tod er ledigten ersten Berliner RrichStagSwahlkrei» erobere. Oesterreich-Ungarn. Herzog Alexander von Oldenburg ist anf der Reise von Rußland nach Wien; di« Reise hängt muthmaßlich mit der bulgarischen Thronfolgefrag« zusammen. — Am Sonnabend ist der ungarische Reichstag wieder eröffnet worden. Im Abgeordueten- hanse brachte der frühere Minister Horwath eine Interpellation über die bulgarische Frage ein, welche zu wissen wünscht, ob da» aus wärtige Ministerium vorher und unter gewisse» Bedingungen sich mit der Entfernung de» Fürste« Alexander au» Bulgarien einverstanden erklärt habe, ferner, ob sich Rußland der Allianz zwischen Deutschland «nd Oesterreich-Ungarn augeschloffen habe, endlich, welche Stellung Deutschland für deu Fall «iunrhm«, daß Oesterreich - Ungar» gegen eine Ausbreitung de» russische« Einfluss«» in den Balkanländern Stellung nehmen müßte. Auf die Antwort der Regierung darauf kann man gespannt sein. Spanien. Die Madrider Correspoudencla, ein ministerielles Blatt, meldet von karlistische« Wühlereien an der östlichen Pyreuäen- grenze; einige Emissäre de» Don Karls» find in de» Grenzstädten gesehen. — Auch Spanien ist jetzt von der Furcht vor deutschen Spionen angesteckt worden. Wie au» Madrid geschrieben wird, ver suchen die spanischtn Oppofition-blätter, an» dem Besuche de» deutschen Militärattaches, de» Hauptmann» vo« Deines, in Mahon Kapital zu schlagen. E» wird behauptet, der deutsche Osfieier habe Pläne aller befestigten Orte und Hauptpunkte der Inseln ausgenommen. Wozu wohl? Frankreich. General Boulanger sollte bei den Manöver« geäußert haben, e» ist Zelt, die Defensivpolitik anfzugrbeu und eine offensive Politik zu befolgen. Der General erklärt nun, er habe nur vo» offensiver Taktik, nicht von offensiver Politik gesprochen. — Frankreichs Drängen nachgebend, hat der Papst die Ernennung eine» Nuntius in China auf unbestimmte Zeit verschoben. Cardinal Agliardi, welcher für Peking ansersehen war, geht nun «ach Ostindien, nm dort die katholische Hierarchie einzurichten. — Ministerpräsident Freycinet wird Ende d. M. die Stadt Toulouse besuchen. — In Sauveterre, in dessen Nähe die Manöver de» 18. Korps stattfanden, wurde wieder ein „Spion' verhaftet. Es stellte sich aber heran», daß e» «in französischer ZeitnngSberichterstatter war. Rußland. Die bulgarische Nationalversammlung hat nach dem Wunsche ihrer Regierung ein Ergebenheitstelegramm an den Zaren gesandt, aber sie hat auch die Kühnheit gehabt, in einer Adresse an die Regierung ihrer wahren Herzensmeinung kräftig Luft zu machen, indem sie die Verschwörung gegen Fürst Alexander ent schiede« verurtheilte, dem Fürsten selbst aber die höchste Anerkennung aussprach. Das hat In Petersburg tief verdrossen. Da» Regierungs blatt „Petersb. Journal' sagt, nun sehe man, wie nvthig die Ent- senduug de» General Kaulbars nach Sophia sei Hoffentlich werde e» diesem gelinge«, durch seine Ratschläge Bulgarien au» der herrschenden Krisis zn befreie«. — Geradezu unverschämt wird jetzt die Moskauer Zeitung, da» Organ des Panslavistenhauptmann» Katkow. Das Blatt sagt, dl« russische Armee sei reorganifirt, ein Piewna könne nicht wieder Vorkommen. Rußland könne, gestützt auf seine Armee, der Zukunft ruhig entgegensehe». Die Diplomatie werde die» beachten und einsehen müssen, daß auf der Balkanhalbinsel ge schehen werde, wa» Rußland für nöthig halte. Die Zeit der Concessione« sei vorbei» di« Manöver bei Brest vor dem Kaiser seien ein Examen für di« Armee gewesen, da» di« gewünschten Resultate ergeben. Größere Deutlichkeit können wir nicht verlangen! Orient. Eine Deputation der Nationalversammlung kn Sophia hat dem dortigen russische» Vertreter Neklindoff die Glückwnuschadreffe an den Zaren, welche von der Versammlung beschlossen ist, überbracht. Bei dieser Gelegenheit hat der Consul den Bulgare« die eindringliche Warnung gegeben, nicht» zu thuu, wa» gegen Rußland sei. Er sagte, Rußland könne nicht einmal dem Gedanken an die Rückkehr des Fürsten Alexander Raum gebe«, dessen Abreise in de« Augen der Petersburger Regierung eine Garantie für die Wohlfahrt der Landes sei, und fuhr dann fort: „Eine weitere Garantie liegt in Ihnen selbst, die Sie durch Weisheit «nd Mäßigung schwere Gefahren abweude» können. Die kaiserliche Regierung hat der gegenwärtigen Regentschaft »och nicht ihre Anerkennung gegeben. Letzter« kann die bulgarische Regierung nur erreichen durch die Klugheit und Unpartei- lichkeit seiner gegenwärtigen Regenten, der Mitglieder der National versammlung.' Wonach sich also die Bulgaren zu richten haben. — Die an der Verschwörung gegen Fürst Alexander betheiligte« Offiziere find nach Sophia gebracht, wo die Untersuchung weiter geführt werden soll. — Nach Eröffnung der Sonnabendfitzung der Versammlung schlug «in Abgeordneter die Abhaltung «ine» TedeumS zur Feier de» Jahrestages der Revolution in Philippopel vor. Sämmtliche Abge ordnete begaben sich darauf nach der Kathedrale und wohnten dort der vom Bischof von Mazedonien abgehaltenen kirchlichen Feier bei. — Für die Mitglieder der Regentschaft wnrde ein jährlicher Gehalt von je 24,000 FrkS. bewilligt. Die Wahlen zu der in Tirnowa zu- sammentretende« großen Nationalversammlung, die den neuen Fürsten wählt, find auf de» 11. Oktober festgesetzt. — Am Sonnabend Abend vereinigten sich etwa 60 Abgeordnete ans Anlaß der Jahrestage- der Revolution von Philoppopkl zu einem Festessen, bei welchem ein Be- grüßnugStelegramm an den Fürsten Alexander beschlossen wurde. In Philoppopel selbst fanden große Festlichkeiten mit feierlichem Dank gottesdienst und lebhaften Ovationen für den Fürsten Alexander statt. Die Moskauer ZekMlEMW heftige Angriffe gegen den bulgarischen RegentenStambulow, der dir Srele der rnffenfeiudlichen Partei ist. Stam- bnlow war darnach Zögling einer Odeffaer geistlichen Seminar», wurde aber au» diesem wegen Nihilismus «nd wegen des Verdacht», an eine» politischen Verbrechen betheiligt zu sein, entfernt. Bei der Gegen revolution habe Stambulow Depeschen gefälscht, indem er Nachrichten verbreitete, der Zar habe dem Fürsten verziehe«, und daraufhin seien erst da» Land und viele Garnisonen dem Mrsien wieder zugefallen. Ob diese Behauptungen in Allem wahr find, weiß man natürlich nicht. Wahr ist aber, daß di« ruffeusrenndliche Berrätherregierung «och ganz andere Fälschungen vorgenommen, ganz andere Dinge ge- trieben hat. -knS -em -k-ichStag -NU. Berlin, dt« IS. September. Der Gesetzentwurf betr. di« Verlängerung de» dentsch-spanischen Handelsverträge» wurde gestern «ach längerer Debatte in 1. und 2. Lesung angenommen und zwar einstimmig. Der letzt« Gegenstand der Tagesordnung ist di« Berathnng der Darlegung der könig lich sächsischen Regierung übe» die ans Grund de» Soeialistengesetze» getroffene« Anordnungen. (Ver hängung de» kleine» BelagernugSznstande» über die Stadt Leipzig) Abg. v. Vollmar (Soc.-D«m.): Die diesmalige Vorlage läßt Alle», wa» in dieser Beziehnng dageweseu ist, weit hinter sich zurück. Man hat sich seit Bestehen de» Soeialistengesetze» keine große Mühe in der Begründung der Handhabung desselben gegeben, aber in jedem Jahr« ist di« Ausmerksamkeit. die «an anf diese Begründung ver wendet hat. eine geringere geworden. Di« Reglern«-«» wollen unter jeder Bedingung de« Belagerungszustand habe« und da müsse« Gründe vorhanden sein; st- find ja auch billig, wie Brombeeren. Wa» hat sich nun Alle» seit dem Jahre 1878 in der Handhabung de» Gesetze» geändert! Jedenfall» ist doch an» den Ereignisse« der letzten Jechre ersichtlich, daß man jede Streikbewegung unterdrücken will. I« Jahre 1878 war das noch ganz ander», da sagte man, wenn die Arbeiter sich über die Interessen ihre» Stande», ihre» speciellen Arbelt-zweige» berathen wollten, dann stehe dem nicht» im Wege, nur die bös« Politik sollt« aus diese« Erörterungen »eg bleiben. So ist e» ge« komme«, daß die FachvereinS-Entwickelnug eine ziemliche Bedeutung gewonnen hat. Aber jetzt ist auch da» schon unbequem. Alle», »a» Arbeiterverein heißt, mag er auch noch so geringfügig sein, ist vo» vornherein verdächtig, bet der sächsische« Regierung besonder». Wird in irgendeiner Versammlung etwa» gesprochen, wa» der Regierung nicht genehm ist, so ist dieselbe sofort aufgelöst. Ganz besonder» hat sich die sächsische Regierung gq>rn di« Streikbewegung gestemmt. Sie hat in einzelnen Fällen einfach die Streikkassen eoustScirt. Bet solchem Vorgehen werden Sie dem Arbeiter nicht glaublich machen» daß Sie etwa» in seinem Interesse thu» wollen, «amentlich dann nicht, wenn Sie einen Paff«» in Ihre BegründungSschristen aufnehmen werden, daß die Streik», wenn auch nicht immer, so doch häufig von dem Gefühl de» Neides und der Begehrlichkeit hervorgerufe« worden. Etwas Eigenthümlichere» ist mir «och nicht vorgekommeu. Die Ar beiter streben danach, ihre Stellung zu verbessern, daun heißt«», sie find neidisch. Wenn aber die Arbeitgeber versuche«, Bortheil« zu er lange«, dan« ist da» christlich. Im Bericht ist ferne» davon gesprochen, welch' groß, Gefahren di« Bersammlnuge« darbieteu. Ja, wo exlstireu denn noch Versammlungen der Arbeiter? Jede» halbweg» verfäng lich« Wort ist doch, wen« die Versammlungen überhaupt gestattet werde«, Grund, fie aufznlösen. Einen weiteren Grund mnß dl« Be hauptung abgebe», daß da» Reich»gericht gegen Drohungen lebens gefährlichen Inhalt» geschützt werde» müßte. Warum müssen wir denn nicht auch geschützt werden? Gegen ««» ist von Seiten der Anarchisten ein TodeSurtheil erlassen worden und Sie sehen» daß wir un» noch all« sehr wohl befinde«. Ich glaube auch nicht, daß wir durch ein derartige» Urtheil erreicht werden, solche Drohungen find siet» äußerst leere. Einer der Hauptgründe aber für die Verlänger ung de» Leipziger BelagernugSzustaude» soll der sein, daß ei« gesächr- licher Manu von Leipzig adgereist ist. (Heiterkeit). Bisher hat man e» für bedenklich gefunden, wenn ein gefährlicher Man» in einem Orte de» BelagerungSznstande» sich niederließ, jetzt reist der unange nehme Mensch fort und jetzt muß deshalb der Belagerungszustand aufrecht erhalte» werden. (Heiterkeit). Di« Regierung hat ja Hand haben genug, um das Leien unangenehm zn machen, aber fie sollte «S wirklich nicht versuche«, die Benutzung dieser Handhaben z« be gründen. Wa» fie darin leistet, ist immer schwach, und fie sollt« nn» deshalb für di« Folge mit ihren schriftstellerischen Bersnchen ver schonen. Sie sollte einfach sagen: Wir Haien di« Gewalt und weil wir fie haben, deshalb drücken wir Euch nieder. Abg. Viereck (Soe.-D«m): Ich finde, daß nachgerade die R«ich»regi«rnug resp. di« sächsisch« Regierung mit dieser Denkschrift da» Koalitionsrecht der Arbeiter illusorisch macht. Schon bei Be« rathung de» Soeialistengesetze» hat der Abg. Bebel daranf hiugewiesen, daß die Folgen diese» Ausnahmegesetz«» eine Unterdrückung aller Bestrebungen der arbeitenden Klaffe» fein müssen, auch derjenigen, welch« sich auf de« Boden der heutige« Verhältnisse bewegen, daß di« Koalitionsfreiheit vollständig anfhört» würde. Herr v. Bennigsen allerdings betonte damals, daß die Koalitionsfreiheit unter allen Umständen aufrecht erhalten werden müsse, und noch vo» Kurzem sagte nn» der Abg. Bamberg««, welchen Werth er auf diese Freiheit lege. Wo aber find dieser Denkschrift gegenüber die politischen Frennde de» Herrn Bamberger? Kein Wort de» Tadels findet man in den dtutschfreifinnigen Zeitungen über diese Denkschrift. Die Fachvereine solle« jetzt einfach der Willkür anSgeliefert werden. I» der Denkschrift steht zwar, daß die Fachvereine Leipzigs von 21 anf 3V gestiegen find, man hat aber nicht erwähnt, daß «in Fachverei» nach dem andere« aufgelöst wird und daß man Jeden, der sich ln den FachvereinSversammluugen bemerkbar macht, schleunigst answeist. Da» heißt doch einfach eine Aushebung de» Koalition-recht», «nd ich meine, die freisinnige Presse hätte wohl Beranlaffnng gehabt, anf da» Schriftstück in dieser Beziehung aufmerksam z« machen, ei« Schriftstück, da» gewissermaßen rin Stoß in da» Herz der liberale» Politik ist. Man hat un» vorgeworfen, wir betriebe« böswillig« Obstruktionspolitik. Wenn wir an jeder Action verhindert werden, wenn mau auf die Thatsache allein hin, daß wir einen Congreß der Partei im AnSlande abgrhalte» habe», ein Urtheil fällt, da» in den juristische» Annalen einzig dasteht, so können Sie e» nn» nicht übel »ehmen, wenn wir unsere Angelegenheiten hier im Reichstage er örtern. Mich hat zu unserem Vorgehen namentlich auch der Grund bestimmt, daß für mich die Nothwendigkeit vorlag, mich bei meinen Wählern zu informiren, wie sie über diese» Schriftstück denke». Persönlich konnte ich mich in der kurzen Zeit nicht mit meine« Wähler« in Verbind»»- setze», ich trat also mit ihnen in einen brieflichen Verkehr, aber trotz der angestrengtesten Bemühnnge« ist e» mir nicht gelungen, die uöthigen Informationen zn erlange«. Nnr ein Brief ist mir zngegangen, in welchem daranf hingewiesen ist, daß die Polizei in der „Bomben- und Granaten-Bersammlung', die i« Bericht« erwähnt wird, in außerordentlich provocatorischer Weise aus getreten ist. E» ist mir darin versichert worden, daß die Aenßernugen zwar in ähnlicher Weise, doch nicht in de« schroffe« Wortlaut ge fallen find, wie hier angegeben ist. Wen« die Sache so schlimm gewesen wäre, wie fie hier geschildert ist, dann möchte ich doch dem überwachende» Beamten deu Borwurf machen, daß er die Versamm lung nicht ausgelöst hat. Aber darum kümmert man sich bei de» Abfassung solcher Schriftstück« nicht mehr. E» werden von der Regirrnog geradezu in frivoler Weise Gefahren heransbeschworeu... Präsident v. Wedell-PieSdorf: Ich kan» einen solchen Borwurf gegen di« verbündeten Regierungen nicht erhebe» lasse« und ruf« de» Abgeordneten deshalb zur Ordnung. (Beifall recht»). Abg. Viereck (forlfahrend): Auf dal Wort kommt eS ja nicht an, jedenfalls find wir an eine» Stell« angelangt, wo der tragische Thril aufhört «nd der komische beginnt. Da» Socialistengesetz wirkt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite