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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die ZK Sächsische Elvzntung enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Siad«, rats zu Bad Schandau, des Hauptzollamts Bad Schandau und des Finanzamts Seb- Nitz. H e i m a t z -' > u n g für Bad Schandau mit sciucu Ortsteilcn Ostrau und Postel- witz und die Landgemeinden Altendorf, Goßdorf mit Kohlmühlc, Kleingießhübel, Krippen, Lichtenhain, Mittclndorf, Porschdorf, Prossen, Nathmannsdorf mit Plan, Ncinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Weudischsährc. Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke, Bad Schandau, Zaukenstr. 134. Fernsprecher 22. Postscheckkonto: Dresden Nr. 33 327. Vemeindegirokontor Bad Schandau Nr. 12. Geschäftszeit: wochentags !48—18 Uhr. Sächsische Schweiz Die Sächsische Elbzeitung erscheint an jedem Wochentag nachmittags 4 llbs Bezugspreis: monatlich frei Haus 1.85 RM. (ciuschl. Botengeld), für Selbst abholcr monatlich 1.05 RM., durch die Post 2.00 NM. zuzügl. Bestellgeld. 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Denn nirgends mehr sind militärische Verbände oder auch nur be waffnete Banden kriegerischer Stämme vorhanden, die Wil lens oder in der Lage wären, den wohlgerüsteten und tak tisch klug geführten italienischen Truppen irgendwelchen ernsthaften Widerstand entgcgenzustellcn. Die Plötzlichkeit des militärischen Zusammenbruchs auch der abessinischen Südsront scheint zu beweisen, daß das abessinische Volk nicht nur am Ende seiner Kraft, sondern auch am Ende seines Willens zur Verteidigung angelangt ist. Die Prophezeiun gen mancher Politiker und vieler Vierbank-Strategen, das; die Italiener den klimatischen und geländemäßigen Schwie rigkeiten nicht gewachsen sein würden, sind durch die Tat sachen widerlegt' worden. Es ist gar kein Zweifel,' daß nach der Ucbcrnahme des italienischen Oberkommandos durch Badoglio eine Angrisfsstrategie entwickelt worden ist, die unter Einsatz der Flieger- und Tankmaffe alle Schwierig keiten überwand. Gewiß konnten die abessinischen Heer haufen hinsichtlich ihrer militärischen Ausbildung und -rer wassenmäßigen Ausrüstung zu keiner Zeit als ebenbürtige Gegner einer modernen Armee angesprochen werden. Ihre Vertrautheit mit dem Gelände und ihre Fähigkeit, Gelände- und Verpflegungsschwicrigkeite» in erstaunlichster Weise zu überwinden, vermochten trotzdem das Uebergcwicht der Waf- scnausrüstung der italienischen Truppen nicht annähernd auszugleichen. Hinzu kam aber noch ein weiteres. Der Negus von Aethiopien war zwar der Herrscher über alle Stämme seines Landes, doch war er nicht der Führer eines national geein ten Volkes. Zwischen den einzelnen Stämmen herrschte zum Teil blutige Fehde, zwischen den einzelnen Ras Eifersucht und Mißgunst. Im übrigen fehlte es auf abessinischer Seite an einem einheitlichen Oberbefehl, der in der Lage gewesen wäre, dem Gegner seinen Willen aufzuzwingen. Der Außen stehende vermochte sich über die militärischen Vorgänge um so weniger ein Bild zu machen, weil die von Addis Abeba ausgcgebenen Tagesberichte in der Regel nur wenig mit der wirklichen Sachlage etwas zu tun hatten. Der Negus hat, nachdem er offenbar über die militä rische Lage und über die Stimmung des Volkes ein hinrei chend klares Bild gewonnen hatte, als einzigen Ausweg die Flucht ins Ausland gesehen. Die Frage, ob er auch end gültig auf seinen Thron und damit auf sein Land verzichtet hat, ist im Augenblick noch nicht geklärt, doch scheint, als ob er versuchen wollte, auf diplomatischem Wege bzw. über den Völkerbund das Schicksal seines Landes zu wenden. Es ist kaum damit zu rechnen, daß er damit irgend etwas erreichen wird. Italien ist heute unbestrittener militärischer Sieger, und es wird nach allen bisherigen amtlichen Verlautbarun gen diesen militärischen Sieg restlos politisch auszuwerten bemüht sein. Die Sanktionspolitik des Völkerbundes hat nicht ver macht, den Siegeslauf der italienischen Armeen aufzuhalten. Und wenn jetzt die Gesandtschaften der Sanktionsländcr in Addis Abeba Badoglio ersuchten, so schnell wie möglich in Addis Abeba einzurücken, um der völligen Vernichtung der abessinischen Hauptstadt Einhalt zu tun, wenn selbst fran zösische und englische Truppen zum Schutze der Europäer nach Addis Abeba entsandt wurden, dann wird der Welt eine Tragikomödie völkerkundlicher Sanktionspolitik vor Augen geführt, wie sie grotesker nicht sein kann. Das ita lienische Volk steht im Siegesrausch über die vollständige Niederwerfung des abessinischen Widerstandes. Es weiß, daß der Duce an seinem Wort nicht rütteln lassen wird, daß an der vollständigen Annexion Abessiniens nichts geändert werden wird. In der unangenehmsten Lage befindet sich neben dem Negus zweifellos der Völkerbund. Baldwin hat angesichts seines völligen Versagens von der Notwendigkeit einer „Jn- venturaufnahme über die Lage des Völkerbundes" gespro chen. Bisher vermag sich wohl niemand im Völkerbund darüber Rechenschaft zu geben, was nun eigentlich geschehen soll. Denn daß er durch eine papierne Erklärung Italien an der Auswertung seines militärischen Erfolges in Abes sinien wird hindern können, glaubt in Genf kein Mensch. Wohl aber sagt man sich nicht mit Unrecht, daß inan nicht gut zu allem Ja und Amen sagen kann, nachdem man in Dutzenden von Sitzungen, Protokollen und Noten festge stellt hat, daß Italien sich Abessinien gegenüber nicht richtig verhalten habe . . . Irgendwie muß der italienisch-abes- sinische Konflikt auch im Völkerbund eine Erledigung fin- den. Mögen sich über das Wie die Völkerrechtler und Völ- kerbundsjuristen den Kopf zerbrechen. Zur Zeit ist ein verhandlungsfähiger Repräsentant Abessiniens jedenfalls überhaupt nicht vorhanden, so daß weder Italien noch der Völkerbund in dör Lage sind, „Frie densverhandlungen", falls sie überhaupt geführt werden sollen, einzuleiten. In englischen Kreisen soll teilweise die Meinung bestehen, daß Abessinien als selbständige Macht aufgehört habe zu bestehen, nachdem der Negus und alle seine Staatsmänner Addis Abeba verlassen und die abes sinische Hauptstadt von italienischen Truppen besetzt worden ist. Es ist anzunehmen. daß voni italienischen Oberkom mando eine provisorische Regierung eingesetzt wird, die aber dem italienischen Kommando unterstehen würde. Wenn, was verschiedentlich behauptet wird, Abessinien als - selbständiger Staat nicht mehr vorhanden ist, die Sanktio- ' nen aber seinerzeit beschlossen wurden zum Schutze Abes- j siniens, dann sind inzwischen die Sanktionen zwangsläufig hinfällig geworden — ganz abgesehen davon, daß sie nie mals die beabsichtigte Wirkung l-attcn — nnd der Bölkcr- bund steht sonckt auch hier vor einer Tatsache, an der er nichts mehr zu ändern vermag. Die wichtigste Erfahrung hat sich für den Völkerbund aus dem italienisch-abessinischen Konflikt zweifellos insofern ergeben, als nicht nur Kriege durch ihn nicht verhindert werden können, sondern daß auch Staaten trotz beschlossenen Schutzes ohne jeglichen Schutz bleiben müssen, wenn ein starker Wille sich über papierne Beschlüsse hinwegsetzt. Das Liguidationsverlangen Bald- wins ist also durchaus berechtigt. Italiens Endsieg Einzug Badoglios in Addis Abeba In ganz Italien ist der Siegesjubel riesengroß. Ueber- all in Stadt und Land flattert die Trikolore, läuten die Glocken nnd heulen die Sirenen, überall strömt die Bevölke rung in den Straßen und aus den Plätzen zusammen, um den Endsieg über das niedergezwungene abessinische Kaiser reich in überströmender Freude festlich zu begehen. Die italienischen Truppen sind am Dienstagnachmillag 4 Uhr, abessinischer Zeil, d. h. um 2.45 Uhr MEZ. m i t starken Streitkräften in Addis Abeba, die Hauptstadt des eroberten abessinischen Reiches, eingezo- gcn, begrüßt von den aus schier verzweifelter Lage geret teten Europäern, und empfangen von der einheimischen Be völkerung, die sich demütig dem Eroberer unterwarf und ihn als Sieger anerkennt. Rach der Flucht des seitherigen Herrschers und mit der Einnahme der abessinischen Hauptstadt gilt für Italien der Krieg als beendet. Die nun noch notwendigen militärischen Maßnahmen sind lediglich als Säuberungs aktionen anzusehen. Au» Rar Raüibu seWchtet > Der Befehlshaber der abessinischen Südarmee, Ras : Rassibu, der zusammen mit seinem Berater, dem türkischen General Wehib Pascha, ein halbes Iahr lang den Truppen des italienischen Generals Graziani heftigen widerstand leistete, hat nun gleichfalls seine Sache für verloren gege ben, und ist über die Grenze gegangen. Von Direbaua kommend, traf der Heerführer mit seiner Begleitung in Dschibuti ein. Damit sind alle noch vorhan- i denen Reste der abessinischen Heere ihrer Führer beraubt. ! Der Vereinigung der italienischen Armeen steht nichts mehr ' im Wege. General Graziani befindet sich mit seinen Trup- l pen bereits auf schnellem Vormarsch nach Norden. „Es ist durchaus fraglich", meint der diplomatische Kor- ! respondent des „Daily Telegraph", „ob Abessinien erwarten ! kann, eingeladen zu werden, als ein unabhängiger souverä- ! ner Staat am Natstisch Platz zu nehmen." Dieser Punkt § könne vom Völkerbundsrat entschieden werden, da es keinen ' Präzedenzfall dafür gebe. Man rechne damit, daß Italien, noch ehe der Völkerbundsrat über die Lage in Abessinien beraten wird, eine provisorische Regierung in Addis Abeba einsetzen und ben Krieg als beendet erklären werde, ferner, daß Mussolini eine Regierung ähnlich der in Französisch- Marokko in Abessinien einsetzen und General Graziani zum Gouverneur ernennen werde. Badoglio, so vermutet das Blatt weiter, werde nach Italien zurückberufen werden, so bald die gegenwärtigen militärischen Operationen beendet seien. Mussolinis nächstes Ziel, nachdem er seine Absicht in Abessinien erreicht habe, sei, die Spannung zwischen Italien und Großbritannien zu beseitigen, soweit das in seiner Macht liege, und zu versuchen, wieder gute Beziehungen zwischen den beiden Nationen herzustellen. Der diplomatische Korrespondent der „Morning Post" ! ist der Ansicht, daß weder Großbritannien noch Frankreich s besonders dazu bereit seien, dem Völkerbund die Beseitigung < der Sühnemaßnahmen vorzuschlagen. Die kleineren Staa- ! ten andererseits seien gewöhnlich nicht gewillt, die Jnitia- , tive zu ergreifen: nichtsdestoweniger nehme man an, daß j Mittel und Wege gefunden würden, die es möglich machten, ' wieder normale Beziehungen mit Italien aufzunehmen. Frankreichs Wünsche j Das Parisex „Oeuvre" bringt eine Reihe von Gedanken j zur Abessinien-Frage, bei denen man die Tatsachen nicht leicht l von den Vermutungen scheiden kann. Zunächst erklärt das , Blatt, dis englische Regierung habe erfahren, daß die italie- I nische sich um eine Abdankung des Negus bemüht hätte, um den Urenkel Mcneliks schleunigst auf den abessinischen Thron zu erheben und ihn bereits im Mai in Genf mit dem italienischen Friedenscntwurf unter dem Arm vor den Völ kerbund treten zu lassen. Um dies zu vereiteln, hätten die Engländer dahin gearbeitet, daß Haile Selassie bei Verlassen des Landes nicht abdankte. Der große Hebel, den Frankreich und England bei den kommenden Verhandlungen gegen Italien anselzen könnten, sei die Finanzfrage, denn Italien habe sich buchstäblich fi nanziell zugrunde gerichtet, und wenn cs aus der Eroberung Ruhen ziehen wolle, sei es vor allein auf finanzielle und wirtschaftliche Erleichterungen angewiesen. Im übrigen bezeichnet das Blatt die französischen Wünsche hinsichtlich der Zukunft Abessiniens wie folgt: 1. Italien dürfe in Abessinien keine Vergünstigungen erlan gen, die über die hinausgehen, die Frankreich bei der weni ger blutigen Eroberung Marokkos dort für sich erlangt habe. Frankreich wünsche in Abessinien also keine faschistischen Experimente, die dem wirtschaftlichen Grundsatz der offenen Tür für den Handelsverkehr zuwiderlaufen. '2. Es müsse Italien untersagt werden, in Abessinien ein Kolonialherr auszuheben, das über die Ausmaße einer Polizeitruppe hin ausginge. 3. Vor allem müßten die Unabhängigkeit und Sicherheit des französischen Somali-Hafens Dschibuti ge währleistet und die Belange der französische» Eisenbahn von Addis Abeba nach Dschibuti durch einen Vertrag gewahrt werden, der einen Schleuderwettbcwerb gegen diese franzö sische Eisenbahn durch etwa von italienischer Seite einzurich- tcnde Beförderungsmittel unterbinde. GeneralaWe« der italienWen Bolle; Nom, 6. Mai. Der vom itnlicmschcu Regierungschef am Montag in der Kammer »»gesagte Gcncrnlappcll des italienischen Volkes zur Entgegennahme der Siegesbotschaft Mussolinis über den Einzug der itnlieuischen Truppen in Addis Abeba wnrde Dienstagabend abgchaltcn. Ab 17.15 Uhr rief die geschichtliche Glocke des kapito linischen Tnrms und riefen mit ihr die Glocken nnd Si renen im ganzen Land die Bevölkerung auf, sich in den Parteilokalen einziifinden, um gemeinsam zu den Ver- sammlungspunkten z.» marschieren und über den Laut sprecher die Worte Mussolinis zu hören. Alle Geschäfte ha ben sofort geschlossen. Die Kammcrsitzung wurde abge brochen. „Abessinien ist italienisch" Mussolinis Ansprache auf dem Generalappell Kurz vor 8 Uhr abends trat Mussolini auf den Balkon des Palazzo Venezia, van der nach Hunderttausenden zäh lenden Menge mit stürmischem Jubel begrüßt. Unter dem tosenden Beifall der Menge verkündete Mussolini: „hört mich an! Marschall Badoglio telegraphiert: Heule, 5. Mai, bin ich an der Spitze der siegreichen Truppen um 4 Uhr in Addis Abeba eingerückt." „Während der dreißig Jahrhunderte seiner Geschichte", so führt er weiter aus, „hat Italien viele denkwürdige Stun- oen erlebt. Aber die heutige ist eine der feierlichsten. Ich kündige dem italienischen Volk und der Welt an: Der Friede ist wiederhergestellt. Nicht ohne innere Ergriffenheit und nicht ohne Stolz spreche ich nach sieben Monaten harten Kampfes dieses große Wort aus. Allein, es ist dringend notwendig, hinzuzusügcn, daß es sich um unseren Frieden, um den römischen Frieden han delt. der in folgender einfachen, unwiderruflichen.