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Schönburger Tageblatt Dienstag, Sen 29. September 1896 Filialen: in illtstadtwaldendurg dn Herr» Kaufmann Otto Förster; in Kausungen bei Herrn Fr. Zanaschek; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wollenburg bei Herrn Ernst Röjche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Ämtsblcrtt für den Stadtrath zu Maldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenfteiu-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdocf, Langen- leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, OKrwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. »»scheint Lil der Tage u«ch Sonn- und Festtagen. »nuahme von Inseraten für die nächster- scheinende Rnrnmer bi» mittags 12 Uhr. Wer Abonnement-preiS beträgt vierteljähr lich 1 Mö. SS Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 16 Pf., Einges. 26 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergass« 291 ü. Wttterungsbericht, ausgenommen am 28. September, nachm. 4 Uhr. Vsrometerstaud 759 MM. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermvmeterstand -4 12" E. (Morgens 8 Uhr -ft 13 .) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 76"/°. Thanpnukt 4- 8 Grad. Windrichtung: West. Daher Witternngsaussichten für den 29. September: Trübe bis halbheiter, Neigung zu Niederschlägen. und § M-endm-er MsN-er "Waldenburg, 28. September 1896. Am gestrigen Tage hat der Kaiser Franz Josef von Oesterreich in Gegenwart zahlreicher Fürsten und Ver treter von Fürsten die Eröffnung des Eisernen Thores durch einen feierlichen Act vorgenommen. Damit ist der größte Fluß Europas, die Donau, nach Beseitigung der Stauungen und Klippen am Eisernen Thor zu einem wahren Lebensstrome geworden. Der Suezkanal, der Kaiser-Wilhelmkanal und die Schiffbarmachung der Donau am Eisernen Thor, das sind die größten wasserbautech nischen und für den Schiffsverkehr wichtigsten Leistungen der alten Welt in diesem Jahrhundert und seit vielen Jahrhunderten. Die Eröffnung des Eisernen Thores ist wieder eine der großen Kulturarbeiten, deren Bedeutung man bereits vor langer, langer Zeit erkannt hat, deren Schwierigkeiten aber allen Anstrengungen Trotz boten, bis man erlähmte und die Leiden wieder Jahrhunderte lang ertrug, die man doch nun einmal nicht beseitigen zu können glaubte. Endlich noch ein Entschluß, Studium und Benutzung aller neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse und praktischen Erfahrungen, Opferwilligkeit und Zähigkeit, und das Werk ist gethan und ein neues wirkliches Ruhmesblatt ist der ideale, ein unberechenbarer Gewinn ist der prak tische Lohn. Mit der ihnen eigenen Kühnheit dachten bereits die praktischen Römer an die Beseitigung der Schwierigkeiten, die an der unteren Donau die Natur ihren Eroberungs zügen in Gestalt der Felsbildungen des sogenannten Eisernen Thores in den Weg gelegt hat. Cäsar, Augu stus und noch andere Imperatoren machten Versuche, die aber nur dem römischen Unternehmungsgeist und auch dem damaligen technischen Können alle Ehre machten, die jedoch nicht durch den Erfolg belohnt wurden, der thatfächlich damals unmöglich zu erreichen war. Die der Schifffahrt so gefährlichen Untiefen, Wirbel und Kata rakte, Riffe, Felscnbänke und Felsenspitzen konnten zur Nömerzeit, konnten kaum noch vor einigen Jahrzehnten durch Menschenkraft und Menschenkunst beseitigt werden. Erst die neuen Sprengmittel, die neuen Maschinen, die r den Ingenieuren gegebene Möglichkeit, auS den so zahl- reichen Mitteln und Erfahrungen neue Combinationen zu schaffen, waren im Stande, zu beseitigen, was man schon so lange zu beseitigen wünschte. Im freien Strom wurden bis Ende 189b 288,655, im Eisernen Thor selbst 367,816 Kubikmeter Felsen entfernt. „Steinwurf" ergiebt 782,330 Kubikmeter, Steinwurfausgleich 136,275 Kubikmeter, gemischtes Ma terial ward 262,083 verbraucht. Dazu kommen Stein pflasterungen circa 70,000 Nieter, andere Steinarbeiten 11,000 Meter, Holzgeländer 3000 Meter, endlich wurde eine Brücke erbaut. Eigenartige Bohrschiffe und Bagger gelangten zur Verwendung, Stahlbohrer bis zum Gewicht von 12 Tonnen wurden gebraucht. Diese Daten führen gewiß eine beredte Sprache. Diese Gesammtarbeiten haben aber auch die ursprünglichen Voranschläge der Kosten bedeutend überschritten. Die präliminirten neun Millionen Gulden sind auf mehr als das Doppel angewachsen. Das Gesammterforderniß bis zur gänz lichen Vollendung der RegulirungSarbeiten erhöhen sich nach den bisherigen Berechnungen auf rund 18,600,000 Gulden, und wer weiß, ob auch dieser Betrag nicht noch überschritten werden wird. Die bisherigen Berechnungen stützen sich auf die be züglichen Ergebnisse bis zum Schluß des Jahres 1895. Obgleich aber die feierliche Eröffnung des Eiser nen Thores jetzt stattfindet, sind die Regulirungsarbeiten doch noch keineswegs als vollständig beendigt anzusehen. Vielmehr werden diese Arbeiten erst im Jahre 1898 zu ihrem gänzlichen Abschluß gelangen. Daß die feierliche Eröffnung gleichwohl bereits erfolgt, erklärt sich nicht allein dadurch, daß die Hauptaufgabe erfüllt ist, und daß die neue Wasserstraße, die in einem acht Kilometer lan gen, drei Meter unter den tiefsten Wasserstand reichen den offenen Kanal besteht, und daß der Kanal mindestens theilweisc auch von großen Schiffen schon befahrbar ist, sondern vornehmlich dadurch, daß man in Ungarn den sehr begreiflichen Wunsch hatte, dieses kulturell und wirth- schastlich in gleicher Weise hochbedeutsame Werk als einen Theil der Tausendjahrfeier zu bezeichnen und in die Millen- narfestlichkeiten einzubeziehen. Das eigentliche Eiserne Thor — gefährlich war die Fahrt auf der Donau schon lange vor diesem Thor — hat eine Länge von ungefähr drei Kilometer. Hier fließt der Strom mit einer Geschwindigkeit von 10—15 Fuß in der Sekunde und einem Gefälle von 16 Fuß. Eine Felsenbank von mächtiger Stärke zieht sich theils unter, theils über dem Wasser hin und verursacht einen weithin vernehmbaren gewaltigen Sturz und überaus viele Wirbel. Zahlreiche Felsenbänke und Riffe durchziehen außerdem den Fluß nach allen Richtungen und verursachen un zählige weitere Strudel. In diesem Chaos der Natur ist jetzt durch die Kunst Ordnung geschaffen, und unge fährdet werden nunmehr die Schiffe von Ulm bis ins Schwarze Meer fahren können. Die Donau ist erst jetzt gewissermassen dem Weltverkehr übergeben wor den, und die Userstaaten werden den Segen bald verspüren. Wem aber haben wir, d. h. Europa, dies zu verdanken? Nun, es ist eine der nachträglichen segensreichen Folgen des unheilvollen russisch-türkischen Krieges. Der unselige Krieg hat viel Blut gekostet; ob es sich Bulgariens wegen verlohnt hat, das viele Blut zu vergießen, möchten wir bezweifeln. Wirklich zu gute ist der Krieg nur Oesterreich ge kommen. Es hat von Europa den „Auftrag" erhalten, Bosnien und die Herzegowina zu besetzen. Diesen Auf trag hat es zu allseitiger-Zufriedenheit, nicht zum wenigsten zur Zufriedenheit der Bosniaken und Herzegowiner, aus geführt. Auf demselben Berliner Congresse hat Oester reich auch das Mandat zur Regulirung des Eisernen Thores erhalten. Auch diesen Auftrag hat es jetzt aus- gesührt, und so haben wir eines der schönsten Friedens werke geradezu einem brutalen Kriege zu verdanken. Das Blut, das in jenem Kriege vergossen wurde, wird eingebracht werden durch die Beseitigung der tückischen Gefahren im Donaustrome. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser gedenkt bis Anfang October in Rominten zu verweilen und sich dann nach Jagdschloß HubertuS- stock in der Schorfhaide zu begeben. Ueber die Dauer des Aufenthalts dort sind feste Bestimmungen noch nicht getroffen. Am 18. October wohnt der Kaiser der Feier an der ?orta tvöslxkuliea bei. Der Kaiser erlegte in Rominten am Donnerstag einen Zwölfender und am Freitag einen Sechzehnender. Der Kaiser verlieh dem Prinzen Albert von Sachsen, sowie dem Prinzen Albert von Belgien den Schwarzen Adlerorden. Die commandirenden Generale des 4. und des 5. Nrmeecorps, v. Seeckt und v. Hänisch, werden, wie es heißt, noch vor Neujahr ihren Abschied erhalten. An Zöllen und Verbrauchssteuern sind in der Zeit vom 1. April bis Ende August d. I. 279,282,329 Mk. zur Reichskasse gelangt oder 17,080,847 Mk. mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Der Spiel kartenstempel erbrachte 582,664 Mark, mithin 29,728 Mark mehr. Der „Hamb. Corr." hört aus Berlin, daß infolge der Ausdehnung des Waheheaufstandes eine Vermehrung der Schutztruppe in Ostafrika in Erwägung kommen könnte. Als erstes Kriegsschiff der Levante-Expedition dampfte am Sonnabend das Schulschiff „Stosch" von Kiel aus um Skagen herum nach dem Mittelmeer ab. Die Kundgebungen gegen die Handwerkerorgani sations-Vorlage häufen sich in bemerkenswerther Weise. Besonders wollen weitere Kreise Süddeutschlands nichts von der Zwangsorganisation wissen. Bisher hatte das Centrum sich den zünstlerischen Wünschen stets sehr ge neigt gezeigt; aber auch hier scheint eine Schwankung im Anzuge zu sein. Das leitende klerikale Organ, die „Köln. Volkszeitung", macht gegenüber dem aus gewerb lichen Kreisen erhobenen Widerstande auch seinerseits Be denken geltend. Von der Einführung des Befähigungs nachweises will das genannte Blatt gar nichts wissen, weiter führt es aus, daß man sich nicht verhehlen könne, daß in Süddeutschland einschließlich Bayerns in weiten Handwerkertreisen eine starke Abneigung gegen die Zwangs innungen besteht, desgleichen bei den Regierungen. Das Blatt erklärt ferner, daß auch die bisherigen Innungen in Süddeutschland verhältnihmäßig geringen Anklang ge sunden und daß überhaupt nur ein Zehntel des deut schen Handwerks den Innungen angehöre. Gewiß liegt das zum Theil daran, daß vielen die Innungen in ihrer jetzigen Gestalt bedeutungs- und werthlos scheinen; un bestreitbar ist aber auch, daß viele Handwerker ausge sprochene Gegner des Jnnunzswesens sind. Nunmehr sollen sie alle in die Innungen hineingezwungen werden. Mit allzuoielen widerspänstigen Elementen werden aber die Innungen übel daran sein. Nach der Vorlage soll von der Errichtung einer Innung Abstand genommen werden, wenn die Mehrheit der betheiligten Handwerker widerspricht. Die letzte Handwerkererconferenz wollte diesen Zusatz gestrichen haben, also unbedingten Zwang auch gegen die Mehrheit anwenden. Das Kölner Cen trumsblatt glaubt jedoch nicht, daß dabei etwas Gutes herauskommen würde, und meint überhaupt, man solle vorerst nicht die Vorlage mit mehr Zwang und Privi legien belasten, als unbedingt nöthig ist; man solle viel mehr die nicht innungsfrcundlichen Handwerker zunächst möglichst gelinde anfassen. Hat man sie mit guter Art in der Innung, so könne man sie allmählich erziehen und ihnen Gemeinsinn und Freude an der Jnnungs- thätigkeit beibringen. Zur Feier der Eröffnung des Eisernen Thores bringt die „Nordd. Allg. Ztg." einen aus dem Aus wärtigen Amte stammenden Artikel, in dem es heißt: Mit der feierlichen Eröffnung hat sich ein Act vollzogen, welcher durch seine Bedeutung für den Handelsverkehr zwischen Mitteleuropa und dem Osten den Rang einer welthistorischen Bedeutung beanspruchen darf. Vom Saume des Schwarzwaldes bis zu den Fluthen des Pontus ist für die Schifffahrt auf der Donau vollkommen-freie Bahn geschaffen. Nachdem die Regierung des Königreichs Ungarn schon früher weder Mühen noch Kosten gescheut, um aus dem Strombett alle Hindernisse des Verkehrs zu cnt-