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Mchmh-KitW Verantwortlicher Redakteur: Psul Jehnc in Dippoldiswalde. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannfchaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte nnd die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welch« bei bei bedeutenden Auflage det Blattes «ine sehr wirk' same Verbreitung find«^ werden mit 1v Pfg. di« Spaltenzeile oder ver« Raum berechnet. — La« bellarisch« und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Lheile, die Spaltenzetl« MPfg. Die „Weißeritz - Zeitung" «rscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Nr. 84. Donnerstag, den 18. Juli 1889. 55. Jahrgang. Der Mall der Derwische in Egypten. Die Egypter wie die Engländer sind aus dem Phlegma, mit dem sie bislang die Vorgänge im Lager der Mahdisten betrachteten, durch den plötzlichen Vor stoß einer mahdistischen Streitmacht in das eigentliche egyptische Gebiet höchst unangenehm aufgeschreckt wor den. Noch vor einigen Tagen wußte Oberst Wood house, der englische Oberbefehlshaber der im Süden Egyplens stehenden egyptischen Truppen, von einer empfindlichen Schlappe triumphirend zu berichten, welche dieselben den Derwischen, wie man kurzweg die ge- sammten Anhänger des jetzigen Mahdi Abdallah Cha- lifa bezeichnet, beigebracht haben sollten. Nach der einen Version wären infolge dessen die Derwische zum Rückzüge genöthigt, nach einer anderen Angabe sogar vom Nil abgeschnitten und in die unfruchtbaren Gegen den östlich von Wady Halfa gedrängt worden, wo die Feinde wegen Wassermangels angeblich schon haufen weise verschmachtet sein sollten. Offenbar hat aber Oberst Woodhouse seinen Siegesbericht ganz gewaltig aufgeputzt, denn jetzt müssen englische Meldungen selbst zugeben, daß die Heerschaaren des Mahdi trotz alledem sich nicht auf dem Rückzüge befinden, sondern sogar schon bedenklich weit in das eigentliche Oberegypten eingedrungen sind, wo sie nach den letzten Berichten bis in die Gegenden von Abu Simbel am linken Nil ufer, etwa 10 geographische Meilen nördlich von Wady Halfa, vorgedrungen waren. Sie haben den letztge nannten befestigten Platz, den äußersten vorgeschobenen Posten der anglo-egyptischen Macht gegen Süden, ein fach umgangen und wollen jedenfalls im Nilthal weiter abwärts dringen, wo ihnen erst das 30 Meilen weiter abwärts gelegene verhältnitzmäßig stark befestigte Assuan ein vorläufiges Halt gebieten würde. Englischerseits erkennt man vollkommen den Ernst der Lage und find von Kairo schleunigst englische und egyptische Bataillone nach Oberegypten beordert worden, wohin auch von Malta und von Cypern englische Regimenter ungesäumt abgingen; außerdem dürsten von England Truppen verstärkungen nach dem Pharaonenlande abgesandt werden. Das Heer der Derwische wird auf mindestens 6000 Mann geschätzt und da die Streiter des Mahdi bei jeder Gelegenheit Proben des sie beseelenden todtes- verachtenden, wild-fanatischen Muthes abgegeben haben, so steht dem englisch-egyptischen Heere, das den Schaaren des Mahdi vermuthlich bei Assuan entgegentreten wird, ein neuer blutiger Strauß bevor. Bei der überlegenen Bewaffnung und Taktik des englisch-egyptischen Heeres ist an der Niederlage der Mahdisten kaum zu zweifeln und diese kann sich leicht vernichtend gestalten, wenn alsdann Oberst Woodhouse mit der Garnison von Wady Halfa den geschlagenen Feinden entgegenrückt, die hiermit zwischen zwei Feuer gerathen würden. Aber es ist auch unumgänglich nothwendig, daß die Partei gänger des „falschen Propheten" ihren verwegenen Vorstoß durch eine entscheidende Niederlage büßen, ein mal, um ihnen die Lust zu einem ferneren gleichen Versuche gründlich auszutreiben, dann aber auch, um auf die egyptische Bevölkerung selbst Eindruck zu machen. Denn es sollen unter derselben, hauptsächlich unter den geplagten Fellahs, hier und da Zeichen einer neuen Gährung zu bemerken sein und der Einbruch der Der wische ist selbstverständlich nur geeignet, diese bedenk liche Stimmung zu vergrößern und es läßt sich noch gar nicht sagen, wohin das Erscheinen der Mahdisten auf dem Boden deS eigentlichen Pharaonenlandes führen kann, wenn ihnen nicht schleunigst eine gründ liche blutige Lektion ertheilt wird. Wie es überhaupt möglich war, daß die Engländer die ihnen unversehens aus den Leib gerückte mahdistische Gefahr so über sehen konnten, bedarf auch noch der näheren Auf klärung. Wahrscheinlich hat man eS hier mit der alten britischen Nachlässigkeit im Varposten- und Kundschafter dienst zu thun, welche den Engländern in ihren Feld zügen speziell im Sudan schon mehr wie einmal theuer zu stehen kam. Vielleicht beschäftigten sie sich auch viel zu sehr mit den Dingen an der Zanzibarküste und übersahen hierbei ganz die Zusammenziehung starker mahdistischer Streitkräfte im Süden von Wady Halsa, sodaß sie durch den Vorstoß der Gegner freilich über rascht werden mußten. Im Grunde genommen ist man indessen in den Londoner leitenden Kreisen gar nicht so unzufrieden mit den neuesten Ereignissen an der egypkischen Südgrenze. Dieselben geben England, gegenüber dem erneuten Andrängen der französischen Negierung, daß die englischen Truppen vertragsmäßig aus dem Nillande endlich zurückgezogen werden müßten, einen recht plausibelen Vorwand ab, seine Streitkräfte noch länger am Nil zu belassen und somit das reiche Pharaonenland auch ferner in seiner Hand zu halten. Selbst in Frankreich wird man nicht zu leugnen ver mögen, daß einzig die Anwesenheit der englischen Truppen Egypten vor einer Ueberfluthung mit den Heerschaaren des Mahdi zu schützen vermag und was die Zukunft anbelangt, so werden die Engländer immer wieder einen Grund aufzufinden wissen, durch welcken sie ihren Verbleib in Egypten beschönigen können, für jetzt aber ist ihnen hierzu der Einfall der Derwische ein höchst willkommenes Mittel zum Zwecke! .Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 17. Juli. Wir waren in un serem Festberichte bis zum Königssrühstück gekommen, das bei dem noch rechtzeitig klar gewordenen Himmel in der That höchst angeregt und gemüthlich verlief. Auch während des Nachmittags und später hielt gnädig der Himmel seine wohlgefüllten Schläuche verschlossen und ermöglichte so die Ausführung des mit viel Mühe und Sorgfalt vorbereiteten reizenden Festzugs, der — jedenfalls angeregt durch den Dresdner Wettinsestzug — in einem farbenreichen Bilde die Wehrhaftigkeit der Dippoldiswaldaer Bürger in alter und neuer Zeit darstellte. Voran ritt aus stattlichem Rosse in glän zender Stahlhaube ein in buntes, kostbares Festgewand gehüllter Marschall, dem wehrhafte Bürger, gleichfalls in Stahlhaube, mit Partisanen ausgerüstet, folgten, während weiterhin auch die alte Schloßflinte mit langem Bajonnet als Waffe vertreten war, bis end lich unsere modernen Schützen mit ihren Hinterladern den Zug vervollständigten und den mit Guirlanden, Topfgewächsen und Kränzen geschmückten Festwagen begleiteten, in dem der Schutzpatron der Stadt, St. Dippold, umgeben von weißgekleideten mit grünen Schärpen umgürteten Jungfrauen, thronte. Der Wagen, gezogen von 4 stattlichen, buntaufgeschirrten, mit weißgrünen Schabracken geschmückten Rossen, deren Führer in nettem Phantasiekostüme einherschritten, brachte eine sehr hübsche Wirkung hervor und erregte den lauten Beifall der zahlreichen Zuschauer, die viel fach äußerten, vaß ein derartiger glanzvoller Aufzug hier noch nicht stattgefunden habe. Inmitten des auch den Verein „Glück zu" mit ausnehmenden Zugs fuhren in stattlichem Landauer die „heiligen 3 Könige", bis auf Weiteres das letzte Mal in ihrer vergänglichen Würde prangend. — Auf der Aue war viel Leben, auch zahl reiche Sommerfrischler aus der Umgegend besuchten unser Volksfest, bei dem, wie immer, das Stangen klettern der barfüßigen Schuljugend besonderen Beifall fand. Inzwischen nahm das Schießen nach Scheibe und Vogel seinen Fortgang; auch die Müllerschüler hatten ein Vogelschießen veranstaltet, das fröhlichen Verlauf nahm, und dem Könige (Hartmann) kolossale Ehrenbezeigungen einbrachte. — Die abendliche Illumi nation konnte, ungestört von nassen Wolkenspenden, sich voll entfalten und noch bis um Mitternacht war bei milder Temperatur der Festplatz belebt. Wie lange Jünger und Jüngerinnen der fröhlichen Tanzmuse bei der schmetternden Blasmusik der Stadtkapelle im Schieß- haussaale den Reigen schlangen, entzieht sich der Kennt- niß des Berichterstatters. — Der Dienstag, in früher Morgenstunde noch klar und hell, steckte in seinem Ver laufe allerdings soviel verschiedene Gesichter auf, daß der Erfolg des letzten Festtags sehr fraglich erschien; indessen that der Wind seine Schuldigkeit, die Wolken zu zerstreuen und das nasse Erdreich zu trocknen. Während fröhliche Kinderspiele, von besonders dazu befähigten Schützenbrüdern geleitet, den Festplatz be lebten, fiel nach vielen trefflichen vorarbeitenden Schüssen endlich der- Rest des Vogels durch den Meisterschuß des bisherigen Reiterkönigs, Herrn Stephan, von seinem erhabenen Standpunkte herab, geschossen allerdings im Auftrage des nicht anwesenden Herrn Erbgerichtsbes. Eichler-Schönfeld (dessen Marschall Herr Kaufmann Jäppelt wurde), während auf der Scheibe Herr Schützen vorsteher, Schneidermeister Heinrich ssn., durch einen tadellosen Nagelkernschuß die Königswürde errang, da Herr Rechtsanwalt Weinert, in dessen Vertretung der Schuß gethan worden war, nicht in der Lage war, dieselbe anzunehmen. Zum Scheibenmarschall hatte sich Herr Fabrikbesitzer Grützner geschossen. — Nach dem somit der Höhepunkt des Festes erreicht war, eilte dasselbe seinem Ende zu. Doch entsprach der Einzug dem fröhlichen Verlaufe durch allgemeine Theilnahme - auch der Nichtschützen, durch Illumination und Ab brennen bengalischer Flammen und lautem Zuruf. Auf dem Markte löste sich der Zug auf, an die Vergäng lichkeit aller Lust und Freude mahnend, nachdem Herr Hauptmann Wendler den Dank der Schützengesellschaft ausgesprochen und Herr Kantor Hellriegel dem Vater lande ein Hoch geweiht hatte. — Das diesmal zeitiger als sonst staltfindende Feuerwerk ehrte den Verfertiger, Herrn Pyrotechniker Heller-Dresden, durch Mannig faltigkeit der Lichteffekte, sowie durch rasches Abbrennen. Lauter Beifall belohnte auch diese zur Belustigung der massenhaft anwesenden Zuschauer wesentlich dienende Schlußnummer des Festprogramms. Glücklicherweise hielt das Wetter aus und ermöglichte den weiteren Aufenthalt in den Zelten, obschon ein ordentlicher Ueberzieher ein keineswegs zu verachtendes Garderobe stück für den Genuß des Kehraus war. Das Fest war gelungen, wir wünschen gleich guten Erfolg im näch sten Jahre! — Zur Milchkur haben sich 39 Kinder, 13 Knaben und 26 Mädchen, angemeldet, welche heute Nachmittag durch Herrn Bezirksarzt vr. Erler, der sich freundlichst dazu bereit erklärt hatte, auf ihre allge meine Körperbeschaffenheit untersucht wurden. Sollten die Mittel ausreichen, so dürste eine Verlängerung der betr. Kur auf 4 Wochen eintreten. — Ueber den nach der letzten Nr. d. Bl. bei dem Gewitter am Nachmittag des 12. d. M. durch Blitz schlag getödteten 67 Jahre alten Gutsauszügler Georg Friedrich Schüller geht der Redaktion noch folgende Mittheilung zu: Der Genannte ist in der Nähe seiner Wohnung von dem tödtenden Strahle in dem Momente getroffen worden, als derselbe bei der Rückkehr vom Felde zwischen zwei Linden getreten ist, um Rast zu halten. Der Blitz ist zunächst in die eine der beiden - Linden gefahren, hat den Strohhut Schüllers durch löchert, dessen Backenbart versengt und die linke Seite des Körpers theils verwundet, theils verbrannt. Die im Geldtäschchen des Erschlagenen vorgefundenen Silber und Kupfermünzen sind gänzlich zusammengeschmolzen. — Seit einiger Zeit werden künstliche Kaffee bohnen in den Handel gebracht, welche den gebrann ten natürlichen Kaffeebohnen so ähnlich sind, daß eine betrügerische Beimengung zu den letzteren stattfinden kann. Nach der von einem Chemiker ausgesührten Analyse enthalten die gedachten künstlichen Bohnen: Wasser und Feuchtigkeit 5,,«°/«, Aether-Extrakt 2,7»«/», Wasser-Extrakt 27,»«»/«, stickstoffhaltige Bestandtheile 11,««°/», Zucker 1,9««/», Asche 1,77«/», Kaffeln 0,-»«/». In der Glasur findet sich sehr viel (Eisen blau färben der) Gerbstoff mit Harz. Der hohe Stickstoffgehalt rührt von Lupinen, das Kaffeln au» Kolanüssen her. Die Kaffeehändler, sowie das Publikum mögen daher beim Einkauf von Kaffee vorsichtig sein. Auf