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Wochenblatt für für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Einundvierzigster Jahrgang. 1^!. Nr. 59. Dieustag, den 26. Ml Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag) AbonnementSpreiS vierteljährlich I Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag. AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Tagesgeschichte. Die preuß. Regierung interessirt sich jetzt außerordentlich für Wasserwege, was früher nicht in gleichem Maße der Fall war. Es sind von ihr verschiedene wichtige Kanal-, theils Neu-, theis Er weiterungsbauten in Aussicht genommen, und dem nächsten Landtage soll darüber eine umfassende Denkschrift zugehen. Auch über Reguli- rung der Warthe, Saale, Unstrut und Ems sind entsprechende Denk schriften in Vorbereitung. Es ist daraus ersichtlich, daß die Regierung ein systematisches Vorgehen in Betreff der Wasserstraßen beabsichtigt. Auf der Berliner Verbindungsbahn unweit TempeiHof fand am 19. nachmittags ein Zusammenstoß zweier Eisenbahnzüge statt, bei welchem 8 Wagen zertrümmert wurden und mehrere Verwundungen vorkamen. In dem pommerschen Städtchen Neustettin hat infolge von Reibungen zwischen dem jüdischen Redakteur der dortigen Zeitung und einem Hauptantisemiten der Stadt in der Nacht vom 17. und 18. ein bedeutender Krawall statt gefunden. Mehrere Läden, sowie die Druckerei der Zeitung wurden zerstört, 30 Personen verhaftet. Der Neustetliner Krawall, eine Frucht der Henricischen Juden hetze, wird auch in Negierungs-Kreisen sehr ernst genommen. Es steht zu erwarten, daß ein besonderer Kommissar zur Führung der Untersuchung in jenen Ort entsendet werden wird, der jüngst durch seinen Synogenbrand nnd jetzt wieder eine so überaus traurige Be rühmtheit erworben hat. Auch ist davon die Rede, daß die Stadt eine Garnison erhalten soll, die um so nvthwendiger geworden ist, als Handel und Industrie au jenem Knotenpunkte dreier Bahnen sich un gemein gehoben haben. Der Henricische Humbug hat durch die Ex plosionen niedrigster Volksinstinkte einen schweren Stoß erlitten. Frankreich führt den Schulzwang ein. Die Einführung dieses Gesetzes wird epochemachend sein. Bekanntlich leistet Frankreich in Bezug auf den höheren und den technischen Unterricht Bewunderungs würdiges, aber im Elementarunterricht nimmt es keine hohe Stufe ein. Wenn künftig obligatorisch die Kinder ausreichenden Elementar unterricht erhalten, so ist das einer der wichtigsten Schritte auf der Bahn der Kultur. Vorläufig erregt das Gesetz keinen allgemeinen Jubel; vielmehr machen sich — es ist dies die Begleit-Erscheinung aller Wohlthaten und Fortschritte im Volksleben — kleinliche Bedenken in Masse geltend. Der Schulzwang ist namentlich auf dem Platten Lande nicht populär, wo die Kirche den Bauer an seiner kitzlichsten Seite zu packen verstanden hat, indem sie durch religiöse Verbände, die sog. Schulbrüder und Schulschwestern, den Elementar-Unterricht gratis ertheilen ließ, um sich damit die Herrschaft über die Jugend zu er halten. Der Bauer soll nun, von Staatswegen, Geld für etwas aus geben, was er bisher bei der Kirche scheinbar umsonst hatte. Wenn Frankreich das Land der allgemeinen Schulpflicht geworden ist, büßt die katholische Kirche einen erheblichen Theil ihrer Herrschaft über das Volk ein. Darin liegt die Bedeutung dieser tiefgreifenden Neuerung. In London fand am 18. d. Abends ein öffentliches Meeting von Delegirten des daselbst geheim tagenden revolutionären Kongresses statt, an welchem Delegirte aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Oesterreich, der Schweiz und Amerika cheilnahmen, u. A. Louise Michel, Fürst Krapotkin, Schaub. Von denanwesendendeutsch amerikanischen Sozialisten wurden heftige Reden gehalten und in den vom Meeting beschlossenen Resolutionen Protest gegen die Verurthei- lung Mosts eingelegt. Petersburg, 23. Juli. Es taucht hier ein höchst überraschendes Gerücht auf. Nachdem Großfürst Nikolaus, dessen militärische Lauf bahn man für immer beendet hielt, plötzlich wieder nach Petersburg zurückgekehrt, wird mit ziemlicher Gewißheit behauptet, die Herberu fung des Großfürsten stehe mit der Absicht im Zusammenhang, ihm den Posten eines Oberkom mandi re nden der Truppen der Garde und des Petersburger Militärbezirks wieder zurückzugeben. Der Grund dieses so Plötzlichen Umschwunges seiner Situation soll die bevorstehende Enthebung des Großfürsten Konstantin vom Amt des Präsidenten des Rcichsraths sein, als dessen Nachfolger der gegenwärtige Ober- kommandirender Großfürst Wladimir in den Reichsrath eintreten soll. Das Gerücht scheint um so glaubwürdiger, als es in fast allen unter richteten politischen Kreisen auftritt. Das Schicksal der wegen Theilnahme an dem Attentate gegen den Kaiser Alexander II. ebenfalls zum Tode verurtheiltcn Jesse Helfmann hat sich nun entschieden. Der russische „Negierungsbote" veröffentlicht einen kaiserlichen Befehl, durch welchen die gegen die Jesse Helfmann erkannte Todesstrafe in lebenslängliche Zwangsarbeit umgewandelt wird. Der türkische Sultan hat, wie aus Konstantinopel mitgetheilt wird, die gegen Midhat Pascha ausgesprochene Todesstrafe in eine Ver bannung nach Taif bei Mekka umgewandelt. Nach New-Dorker Meldungen sind zufolge der abnormen Hitze in der letzten Woche in Cincinnati 414 Personen am Sonnenstich gestorben. Vaterländisches. — In der am 13. d. M. stattgefnndcuen siebenten Sitzung des Bezirksausschusses der König!. Amtshauptmannschaft Meißen wurde u. a. Folgendes berathen und beschlossen: In Folge der von dem Rittergutsbesitzer v. Schönberg auf Rvthschönberg und Wilsdruff erhobenen Einwendungen das Gesuch des Lohgerbermeisters Wilhelm Jltzig in Wilsdruff um Genehmigung der beabsichtigten Leimsiederei anlage in dem ihm gehörigen Lohgerbereigrundstücke zur öffentlichen mündlichen Verhandlung. Nach Gehör des Unternehmers und des Sachverständigen befand der Ausschuß, daß die Entscheidung in dieser Angelegenheit zu vertagen und zunächst noch ein sachverständiges Gut achten darüber einzuhvle» sei, inwieweit die nach dem beznksärztlichen Gutachten durch jede Leimsiederei staltfindeude gesundheitswidrige Ver breitung üblen Geruches auch bei einer solchen Leimsiederei zu be fürchten steht, zu welcher nach Maßgabe der vom Unternehmer gege benen Beschreibung des fraglichen Gewerbebetriebes lediglich Lcderäb- fälle benutzt werden. Ferner e klärte sich der Bezirksausschuß mit der Gewährung eines unverzinslichen Darlehns von 600 Mark aus dem Bezirksvermögen an die Gemeinde Herzogswalde behufs Wieder herstellung der durch die jüngsten Hochflächen dort an Wegen, Ufern, Brücken rc. entstandenen Schäden einstimmig einverstanden und soll dem nächsten Bezirkstage hiervon Miltheilung gemacht werden. Weiter beschloß man einstimmig, dem Gesuche um Unterstützung 5 unbemittelter, bei de» vorgedachten Hochfluthen schwer geschädigter kleiner Haus-und Feldbesitzer in Herzogswalde dadurch zu entsprechen, daß denselben aus der von der Bezirksversammluug seiner Zeit zu Nothstandszwecken zur Verfügung gestellten Summe der Betrag von 500 Mk. als Bei trag zur Wiederherstellung der au ihren Grundstücken entstandenen Schäden verwilligt wird, welcher je nach Höhe des von dem Einzelnen erlittenen Schadens zur Vertheilnng gelaugt. Dagegen wurde das aus gleicher Veranlassung angebrachte Gesuch um Unterstützung eines Helbigsdorfer Grundbesitzers abgelehnt, weil man denselben als hilfs bedürftig nicht ansehen konnte. — Die Bestätigung der Wahl Bebels ist nunmehr definitiv er folgt. Die „Leipziger Zeitung" meldet offiziös: „Dem Vernehmen nach hat das Königliche Ministerium des Innern befunden, daß die Wählbarkeit des im 23. ländlichen Wahlkreise mit Stimmenmehrheit zum Abgeordnete» für die zweite Kammer der Stäudevcrsammluug gewählten Drechslermeisters Angust Bebel, dasern er die auf ihn ge fallene Wahl auuehme und sich auf die von dem Gewerbebetriebe seiner Ehefrau (vergl. H 3 des Einkommensteuergefetzes vom 2. Juli 1878) zu entrichtende Steuer berufe», diese auch mit der seinen oder ohne solche allein schon die Summe von 30 Mark erreiche» sollte, nicht zu beanstanden sei. Da Herr Bebel diesen Voraussetzungen inzwischen bereits entsprochen hat, so ist ihm, wie wir hören, von dem betreffenden königl. Wahlkommisfar die in H 33 des Wahlgesetzes vom Dezember 1868 gedachte Legitunationsurkunde als erwählten Abge ordneten des 23. ländlichen Wahlkreises ausgestellt worden." Wie nothwendig die Verhängung des „kleinen Belagerungszu standes" über die Stadt Leipzig und den gleichnamigen amtshaupt- mannfchaftlichen Bezirk war, laßt sich aus einer Mittheilung der „Leip ziger Ztg." ersehe». Hiernach war die Organisation der Leipziger Sozialdemokratie in umfassender Weise vollendet. Die Sozialdemo kratie hat unter Anderem in 25 Orten der Leipziger Amtshauptmann- schaft nicht weniger als 76Gemeiuderathsmitglieder aus ihren Reihen gewählt, woran in erster Linie die gewerbethätigen Vorstadtdörfer um Leipzig partizipiren. Bei der Berathung des Organisationsplanes soll die Möglichkeit einer allgemeinen Erhebung für den Fall, daß man das Asylrecht in der Schweiz und andere Freiheiten aufhebe, ausdrück lich in Betracht gezogen worden sein. — Freiberg, 21. Juli. Heute Vormittag 11 Uhr erfolgte im Garte» der „Union" die Eröffnung der Gemerbeausstellung vor einem zahlreiche» Kreise geladener Gäste, darnnter die Vertreter sämmt- licher hiesigen königlichen und städtischen Behörden mit einem vom „Bürgergesangvereiu" und der „Liedertafel" vorgetragenen, vom Stadt- rath Lange gedichteten und vom Musikdirektor Eckhardt in Musik gesetzten Lied. Hierauf hielt der Vorsitzende des Gewerbevercins, l)r. Nippold, die Festrede, welche mit einem Hoch auf König Albert schloß und übergab sodann l)r. Nippald den ihm vom Stadtrath Lange überreichten Schlüssel an den Vertreter der Stadtgemeinde, Stadtrath Rößler, welcher die Ausstellung eröffnete. Unter den Klangen der Sachfenhymne ordnete sich der Zng zum Ausstellungs lokal selbst, welches durch den Vertreter der Stadt geöffnet wurde. Orgeltvn empfing die Ankommenden und nach Absingung des Liedes „Nun danket Alle Gott", ergoß sich das zahlreiche Publikum über alle Räume der Ausstellung. — Sozialistisches. Am Mittwoch Morgen fand man in Schneeberg an verschiedenen Häusern geschriebene Zettel angeheftet, die Hochs auf Bebel 'die Kommune und Aufreizungen aller Art ent hielten. Die Polizei ayudet eifrig nach den Verbreitern dieser Plakate. Aus alledem aber geht hervor, daß die Sozialdemokratie alle An strengungen machen wird, um im XIX. Wahlkreise (Stollberg-Schnce- bng) den: Agitator Liebknecht wieder zum Siege zn verhelfen. — Von einem sehr bedeutenden Schadenfeuer wird aus See ligstadt berichtet. Am Dienstag Mittag brannte es plötzlich in der Mitte des Dorfes; vermuthlich hatte man den Kindern im dortigen Armenhause das Koche» des Essens überlassen nnd dabei war ein Essenbrand entstanden, welcher bald das ganze Hans einäscherte. Der ziemlich heftige Südwestwind trug das Feuer weiter, in rasender j Schnelligkeit waren bald drei Häuslermohnungen, ein Garten nnd ein