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DWDMWMWU Woche»- »u- KachrichtsblM zugleich iWD-AnzeiM für HohnSorf, Nöhlitz, BmÄ-rf, Rösdorf, 8t. KB»», Hcinrichsort, Marie»»« mö Miilse«. Amtsblatt fSr -e« Stadtrat zu Lichtenstein. — —-— — 4«. Jahrgang. —-—— Nr. 86. Mittwoch, den 16. April 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (nutzer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen anher der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die vierge>palte«t Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. »»«IMMiikWIIMMMIWIWl !! „MI Tagesgeschichte. Lichtenstein. Heute Mittwoch abend findet im Kaufm. Verein im Saale des goldnen Helm hier der letzte Vortrag in diesem Halbjahr statt. Herr Schuldirektor G. Gesell aus Chemnitz, welcher schon im vor. Jahre durch seinen fesselnden Vortrag die Zuhörer alle für sich gewonnen hatte, wird am heutigen Abende eine „Wanderung in Ober italien" seinen Zuhörern schildern. Es sei daher an dieser Stelle ganz besonders darauf aufmerksam gemacht und der Besuch dieses Vortrags empfohlen. *— Uebersicht über die bei den Sparkassen in der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau im Monat Februar 1890 erfolgten Ein- und Rückzahlungen: Sitz der Kasse. Einzahlungen. Rückzahlungen. Barbe stand am Schlüsse d. Monats. An zahl. Betrag. An zahl. Betrag. Glauchau. . 839 109944 639 95938 160909 Meerane . . 1034 72683 437 62349 37260 Hohenstein . 523 42745 323 36506 60887 Ernstthal. . 175 22242 109 13375 31168 Lichtenstein. 639 51658 339 52974 22805 Callnberg. . 75 4508 20 3417 11210 Zusammen in sechs Kassen. 3285 303780 1867 § 264559 324239 — Im nächsten Jahre soll bekanntlich das Ar- I beiter-, Jnvaliditäls- und Altersversorgungsgcsetz in I das Leben treten. An den Ausführungsbestimmungen, bei welchen den Landesverwaltungen ein breiter Spiel raum gelassen ist, hat man seit geraumer Zeit in ein gehendster Weise gearbeitet, doch haben sich dabei vielfach größere Schwierigkeiten herausgestellt, als man anfänglich erwartet hatte. Nach den jetzt einge gangenen Berichten sind in den meisten Bundesstaaten die auf die Ausführungsbestimmungen bezüglichen Arbeiten sehr weit vorgeschritten, in einzelnen sind dieselben bereits abgeschlossen. An der Förderung der allgemeinen Bestimmungen hat das Reichsversicherungs amt einen wesentlichen Anteil; mit dem Inkrafttreten des Gesetzes wird sich der Geschäftsumfang des Amtes erheblich erweitern, es heißt auch, daß eine Vermehrung der Arbeitskräfte erforderlich werden wird. — Dresden. Der Verein zur Massenver breitung guter Schriften hat, wie Z 1 seiner Satzungen sagt, den Zweck, dem deutschen Volke, namentlich dessen ärmeren Schichten, guten und wohlfeilen Lesestoff so wohl unterhaltender, wie belehrender Art zuzuführen, um dadurch auf die sittliche und geistige Hebung des Volkes hinzuwirken. Allen Parteibestrebungen bleibt es fern. Seinen Zweck sucht er zu erreichen durch Vervielfältigung und Herausgabe geeigneter Schriften in großen Auflagen, Verbreitung derselben durch vom Verein angestcllie Kolporteure, Verkaufsautomaten und andere Mittel, Veranstaltung von Verteilungen der Vereinsschriften in Vereinen, Fabriken und dergl. mit Hilfe der beteiligten Personen und Körperschaften. Er überwacht nach Möglichkeit das Kolportagewesen. Am Sonnabend abend fand in Außendorf's Restaurant die konstituierende Versammlung des Dresdner Vereins statt, welcher Zweigverein des vor kurzem in Weimar begründeten Hauptvereins werden wird. Der Verein zählt gegenwärtig bereits 209 Mitglieder. Die Mit- glieoerzahl wächst täglich und es ist zu hoffen, daß recht viele wohlgesinnte Männer und Frauen sich zur Mitgliedschaft anmelden werden. Es geschieht dies am einfachsten durch Einsendung einer Karte an den ersten Schatzmeister, Buchhändler Rudolf Heinze (Kauf- mann'sche Buchhandlung, Breitestraße), welche die An meldung enthält und die Erklärung, daß man einen jährlichen Beitrag, dessen Höhe man selbst bestimmt, der aber mindestens 3 Mk. sein muß, zu zahlen sich verpflichtet. — Die Heiratslust war im alten Leipzig unter Umständen eine bedenkliche Sache, weil sie den Liebhaber sogar um Kopf und Kragen bringen konnte. Im Jahre 1361 verordneten der Bürgermeister und die Ratsleute nach städtischer Willkür: Wenn eine Jungfrau oder junger Gesell als Bürgerskinder sich ohne ihrer Eltern Wissen und Willen verlobten, ver loren sie ihr Erbe bis auf das Pflichtteil. Heiratete der Freier die Jungfrau nicht, so mußte er das Weich bild der Stadt auf hundert Jahre und einen Tag ver lassen. War aber der Freier ein unansässiger Bürger oder von auswärts eingewanderter Mann und er ließ die Tochter des angesessenen Bürgers, mit der er sich verlobt hatte, sitzen, so kostete es ihm den Kopf. — Glauchau, 12. April. Von heute ab ist hier für 21 zur hiesigen Amtshauptmannschaft gehörige Orte die Hundesperre angeordnet worden. — Die Niederlegung des hiesigen Mntelthorturms ist schon ziemlich vorgeschritten. In der hierbei herabgenom menen kupfernen Kugel befanden sich verschiedene interessante Schriftstücke, von denen besonders eine von den seinerzeitigen Ratsmitgliedern unterschriebene Mitteilung vom 19. Juli 1770 zu erwähnen ist. Darin werden zunächst die in den Jahren 1741—1770 entstandenen Feuersbrünste und Wasserschäden in der Stadt verzeichnet. Weiter werden noch sonstige außer gewöhnliche Vorkommnisse in dieser Zeit geschildert, darunter folgendes: Im Jahre 1756 hatte die Stadt infolge des in Kursachsen angesponnenen Krieges ansehr viel Einquartierungen und Durchmärschen zu leiden. Auf einmal rückten 15,000 Mann Kaiserliche und Reichsvölker ein. Hierdurch ist nach dem Kriege eine furchtbare Teuerung entstanden, sodaß der Scheffel Korn auf 25—27 Thaler zu stehen kam und das Achtgroschenstück nur noch 3 Groschen gegolten hat. Am 24. Mai 1769 sind 600 Mann kursächsische Exe kutionstruppen eingerückt, um die von dem gräfl. Schönburg'schen Haus zu beschaffenden 60 Rekruten zu fordern. Weiter wird mitgeteilt, daß der Handel und Wandel damals sehr darniedergelegen habe. Das Leinewebergewerbe habe sich damals zusammengesetzt aus 167 Meistern, 24 Gesellen und 1 Lehrling mit 109 gangbaren Stühlen; Tuchmacher waren 66 Meister mit 49 gangbaren Stühlen vorhanden. Am Schluß bringt das Schriftstück ein Verzeichnis der Angehörigen der gräfl. Familie und der jeweiligen Beamten rc. der Stadt Glauchau. Aus heiterem Himmel. Erzählung von Gustav Höcker. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Sie sollten so nicht sprechen," versetzte Frau Schröter im Tone sanften Vorwurfs. „Sie wissen recht gut, daß unser verstorbener Pfarrer den Sepp in sein Herz geschlossen hatte und ihn mit seinen eigenen Kindern unterrichtete. Der ehrwürdige Herr sagte mir, daß der Sepp einen offenen Kopf besäße und unbedingt einmal die Universität besuchen müsse." „Als aber der Pfarrer starb," entgegnete der Revierjäger, „da war's mit aller Herrlichkeit vorbei. Der Unterricht hörte für den Jungen auf, und er sollte Ihnen nunmehr im Geschäfte an die Hand gehen, mit Ihrem Warenkram die Messen und Jahrmärkte besuchen —" „Ich meinte es gut," fiel Frau Schröter ein, „er hätte mit seinem offenen Kopf das Geschäft in die Höhe bringen können." „So aber wollte das Bürschlein höher hinauf," widersprach Kempf, „und deshalb ist er Ihnen davon gelaufen." „Sollte er mich ganz vergessen haben?" seufzte Frau Schröter. „Das wohl nicht, er dürfte vielmehr der trüben Zeit recht oft gedenken, wo er sich dem Willen seiner Pflegemutter zu fügen hatte." Die Augen der ältlichen Frau füllten sich mit Thränen, was den schadenfrohen Kempf veranlaßte, mit seinen Beschuldigungen fortzufahren. Vergebens richtete die Lammwirtin an den Rotbart das Ersuchen, endlich das unerquickliche Gespräch abzubrechen, oder wenigstens den Kummer und Schmerz der Frau Schröter nicht noch zu steigern, das reizte den Revier jäger nur noch mehr, er erging sich gegen die be dauernswerte Frau in heftigsten Vorwürfen und würde noch lange nicht aufgehört haben, wäre nicht Edwin plötzlich aus der dunklen Ecke in den Hellen Vorder grund gekommen. Er sah sehr bleich aus und schien hoch erregt zu sein. Bei seinem Anblick stieß Frau Schröter einen Ruf der Ueberraschung aus. Sie er faßte die Hände der Wirtin und flüsterte derselben etwas zu. „Die Aehnlichkeit ist mir auch schon ausgefallen," erwiderte Frau Riecke, „aber er verweilt zum ersten Male in dieser Gegend." „Es wäre auch des Glückes zu viel," fuhr Frau Schröter fort, ohne den Blick von dem jungen Manne abzuwenden. „Glauben Sie?" ließ sich die höhnische Stimme Kempfs von neuem vernehmen. „Ich meine, Sie müßten eine Rückkehr eher fürchten, als wünschen." Frau Schröter bebte sichtlich zusammen. Eine eigentümliche Unruhe überfiel sie, die sie vergebens zu bcmeistern suchte, bis sich endlich Edwin ihr näherte, ihre Hand ergriff und in weichem Tvne sagte: „Durch meine Wirtsleute erfuhr ich, daß ich mit Ihrem Sohne große Aehnlichkeit haben soll." Die Angeredete nickte heftig; sie war so über rascht, daß sie kein Wort hervorzubringen vermochte und erst, nachdem der junge Schauspieler ihr Trost zugesprochen hatte, stahl es sich leise über ihre Lippen: „Auch der Klang der Stimme gemahnt mich an ihn."! Kempf sah die Dazwischenkunft Edwin's offenbar i nicht gern. Die Schadenfreude hatte schnell einem zornigen und zugleich furchtsamen Gesichtsausdruck Platz gemacht, am liebsten würde er das Weite gesucht haben. Das Blut stieg ihm zu Kopfe, es flammte vor seinen Augen und in den Ohren begann es zu sausen und zu brausen, als ob sich draußen ein Orkan an den Ecken des Hauses bräche. Er vernahm von dem kurzen Gespräche, das Ramberg mit den Frauen führte, kaum ein Wort und als sich Frau Schröter verabschiedete und in Begleitung der Wirtin das Gast zimmer verließ, da wollte der Revierjäger den Beiden nach. Doch die kräftige Hand des Schauspielers riß ihn zurück. „Hier geblieben — Feigling!" donnerte Edwin, ihn gleichzeitig gegen die Wand drückend, „noch habe ich ein Wörtchen mit Dir zu reden. Ich weiß jetzt, daß Du mich dereinst betrogen und irregeführt hast, ja, daß Du sogar vor einer unerhörten Lüge nicht zu rückschrecktest, die meinen ehrlichen Namen mit Schmutz besudelte. Die Zeit der Täuschungen ist jetzt aber vorbei nnd ich werde Dich zur Rechenschaft ziehen; bis dahin verschwinde aus meinen Augen — elender Schuft!" Nach diesen Worten öffnete er die Ausgangs thür, durch welche der Revierjäger mit außerordent licher Schnelligkeit verschwand. Es hatte nicht in Edwins Absicht gelegen, sein In kognito jetzt schon fallen zu lassen, allein der gerechte Zorn über des Jägers Spott und Hinterlist riß ihn fort. War es doch jener elende Mensch gewesen, welcher ihn nach des Pfarrers Tode gegen die Pflege mutter aufgehetzt und ihn zu seiner Flucht verleitet hatte, indem er den Ehrgeiz des Knaben aufstachelte