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s--- Freiberger Anzeiger d« bi» Nachmittag» t Ubr für die nächst, «scheinmdt Nummer angenommen. Tageblatt. Pret» vlttleljLhrllch »Ngp- Inserate werben di« gespalten« Zelle »der deren Raum mitS Pf: berechnet. Amtsblatt des Königl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Königl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg, Sayda und Brand. 1861 Dienstag, den 27. August. 2W Tagesgeschichte. Leipzig. Der JniiungSzopf macht in seinen letzten Tagen noch wundersame Kapriolen. Die Leipziger Kramerinnnng, welche vor Kurzem einen berühmten Proceß um die Zahnbürste führte, die ein Haarkünstler in seinem Schaufenster ausgelegt hatte, hat jetzt wieder Klage erhoben. In A.'sHofe sitzt — wie das L. I. erzählt — seit langen Jahren eine arme Frau und verkauft Schwefelhölzchen. Sie ist mit ihrem bescheidenen Gewinne zufrieden und führt ein ruhiges, stillvergnügtes Dasein. Aber die neidischen Götter gönnen uns armen Sterblichen nnn einmal kein reines ungetrübtes Glück. Die Herren Kramermeister hatten zwar nichts gegen die Schwcfelhölzer, aber wohl erklärten sic den Berkans der dazu gehörigen Schachteln als strafbar, weil nicht von der Fran selbst gefertigt. Die arme geängstigte Frau ging zu einem geachteten Advocaten, der ihr denn auch eine tüchtige Widerlegungsschrift anfertigte. — GS ist nun auch obige „horrende" Ausdehnung der allgemeinen Rechte der Kramerinuung auf jenen Widerspruch hin von den Behörden ver worfen worden und nachdem die Kramerinnung zum dritten Male RecurS eingelegt, liegt die Sache jetzt beim Ministerium. Solches i. I. 1861, in welchem Frau Innung an Altersschwäche zu versterben gegründetste Aussichten hat. Plauen, 27. August. Auf unserem gestrigen Viehmarkte waren 1918 Stück Rindvieh, etwa 500 Schweine und rund 300 Schafe zum Verkauf ausgestellt. Einige Hundert Stücke Rindvieh mögen außerdem während des Zuzuges, ohne den Markt zu berühren, verkauft worden sein. Auf der Bahn gingen 56 Wagen mit Vieh nordwärts. Auch der gleichzeitig iu Schleiz abgehaltene Viehmarkt muß stark betrieben gewesen sein, da heute von Mehltheuer herab starke Züge mit Vieh unseren Bahnhof passirtcn. S Wien, 24t August. Ueber die nunmehr vollzogene Auf lösung des ungarischen Landtags sagt die „Donau-Zeitung": „Der' Kaiser und König berief den ungarischen Landtag, um sich mit Gcsetzgcbungsarbeite» zu beschäftigen, und namentlich auch, um die verwerflichen Gesetze vom Jahre 1848 abzuschaffeu, aber nicht etwa, als ob die Wahl hierbei den Vertretern des Landes sreistände, sondern um diesen Gelegenheit zu geben, vor ganz Europa zu erklären, daß sie die Revolution verdamme», und auf diesem Wege eine gründliche Aussöhnung möglich zu macheiz. Kaum aber war der Landtag versammelt, so trat er aus dem Kreise dieser Aufgabe heraus. So unzulässig es auch gewesen wäre, nicht einmal auf den Standpunkt eines „vereinbarenden" stellt er sich. Nein, er ging weiter und maßte sich an, Oesterreich das Gesetz zu dictiren! Und nach so evident vorliegenden Proben des rücksichtslosesten Be nehmens, was. je eine parlamentarische Versammlung sich erlaubte, wagt noch die Worte: „Versöhnung, Verständigung, Bewahrung des österreichisch-ungarischen Verbandes rc." in den Mund zu nehmen? Wir kennen die Jntriguen, welche gegen die österreichische Gcsammt- verfassung gesponnen werden; wir sehen die Fäden und auch die Hände, durch die sie laufen. Aber wenn, wie wir fest glauben, die constitutionellc Idee ein Bedürfniß der österreichischen Völker beworben ist, wird keine Jntrigue der Welt sie brechen und zu be seitigen im Stande sein. Um auf den ungarischen Landtag zurück zukommen, können wir uns darüber nur freuen, daß mit ihm eine Quelle nicht ruhender Gährung und Aufregung verstecht. Die Frucht seines Wirkens waren Negationen, und sein Beispiel förderte nur die Lust am Negircn im ganzen Lande. So hören wir z. B., daß zahlreiche Comitate sich weigern, die Judcxcurialbeschlüffe an zuerkennen, vorgeblich weil sie nicht auf streng verfassungsmäßige Weise zu Stande gekommen! Und darum soll die Rechtszerrüttung im Lande fortdauern, di« so unläugbar, so außerordentlich ist, daß wir uns nur höchlich darüber wundern können, wenn der „Wanderer" von Scköpfungen spricht, die in den letzten Monaten in Ungam auftauchten. Wir wollen nicht von dem Jnstanzenzuge sprechen, welcher, der alten vormärztlichen Form nachgebildet, die Klaffen scheidet. Das ließe sich verbessern. Aber daß es derzeit in Ungarn keinen ordentlichen klaren, zusammenhängenden Rechtscodcx aieht, daß die richterlichen Entscheidungen fallen, wie fie der Zufall fallen läßt, und baß jetzt gegen die Möglichkeit, in das Justizchaos einige Regelmäßigkeit zu bringen, protestirt wird, ist denn doch etwas zu betrübend für die Sache der Civilisation. Wersen wir einen Blick auf die Negulirung des reißenden Körös. Unermeßliche Strecken urbaren Landes sind durch die Bemühung der österreichischen Beamten dort dem wilden Elemente abgewonnen worden. Und nun? Das Werk ruht, der Strom treibt ungehindert sein altes Wesen, gerade wie der Strom der Leidenschaften. Ungeachtet aller rebub- listischen Vorwände war es 'eine Pflicht des ungarischen Lande», sich mit der Frage der ungarischen Grundcntlastnngsobligatiouen' zu beschäftigen. Die letztfälligen Zinsen derselben find au» öster reichischen Kassen bezahlt worden, und als Antwort wurde damals von ungarischen Organen gegeben, cs sei hierfür zu sorgen Sache des allgemeinen StaalscreditS. In diesem Falle also, aber in diesem allein anerkannte man den Gesammtstaat. Hierzu gesellte sich nun die in öffentlicher ReichSrathSsitzung abgegebene Erklärung, der ungarische Grundentlastnngsfonds sei passiv. Natürlich, für so geringfügige Interessen fand sich in den hochtrabenden Adressen kein geeignetes Plätzchen. Das k. Rescript wünschte, das Recht der nichtmagyarischen Nationalitäten möge anerkannt »nd angemessen codificirt werden. Was that der Landtag in dieser Beziehung? Nichts? Der Vorschlag des Freiherrn v. Eötvös erklärte den In begriff aller in Ungarn lebenden Völker als politische Nationalität, hielt jedoch an dem Dogma der magyarischen Sprache als AmtS- und Parlamentssprache fest. Genug! Auf diesem Wege, auf diese Weise war ei» VorwärtSgchen nicht möglich. Der Landtag trieb die antiösterreichische Gesinnung, die den Massen — der Erfolg wird es zeigen — nur terroristisch aufgedrungen wird, zu einem Aeußersten. Die österreichische Regierung that ihre Schuldigkeit, indem sie solchem Treiben nach vielleicht nur allznlangem Zögern ein Ziel setzte." Die „Ost-Deutsche Post" schreibt über denselben Gegenstand: „Der nunmehr aufgelöste ungarische Landtag hat vor seiner Auf, lösung einen Protest redigirt, welcher dem Kaiser da« Recht, den Landtag aufzulösen, abspricht. Dieser Protest beruft sich also auf jene l848cr Gesetze, deren Geltung die Regierung gerade bestreitet. Allerdings, wenn die 1848er Gesetze zu Recht beständen, dann hätte der König kein Recht, jetzt den Landtag aufzulösen; aber er wird ja eben deshalb aufgelöst, weil er Etwas als zu Recht bestehend beansprucht, was die Krone als nicht zu Recht bestehend erklärt. Wenn man übrigens ein handgreifliches Beispiel habe» will, wie unmöglich cs irgend einer coustitutionellen Regierung — und wäre es die englische — würde, mit den 1848er Gesetzen zu regiere^ so liefert es gerade der Gesetzartikel IV, auf den der Protest sich bezieht. Wie ? der König soll einen Landtag nicht auflöfen können, so lange letzterer über das vorgelegte Budget keine Beschlüsse faßt? Und wenn er nun, um in Permanenz bleiben zu können, da» Budget jahrelang nicht erledigt? Kann man sich eine unsinnigere Verfaffungsbestimmung denken als die, welche ein Parlament ohne Ende erklärt, vorausgesetzt, daß es nur das Budget weder bewilligt, noch zurückweist? Daß die Steuern ohne Zustimmung der Volks vertretung nicht eingehoben werden können, ist ein Grundsatz, dm jeder Mann von coustitutionellen Grundsätzen an die Spitze de» konstitutionellen Staatsrechts stellen wird; aber den ^pieß umvrehm und ein Parlament für souverän, für unauflösbar, für permanent erklären, so lange es diesem nicht beliebt, über da» Budget einen Beschluß zu fassen, ist einer jener Absurditäten, welche einen Theil der ungarischen Gesetze von 1848 evident al» eine lebensunfähige