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Nr. L8S LS. Jahrg. Mittwoch den 13. Dezbr. ISIS Weschästtstelli und »reLden.A. 1«, Holbeinstratz« 1t Fernsprecher 21366 Poftschelttontk» Leipzig Nr. 1L7>^ ci -- - 0 Bezugspreis, Ausgabe ^ mU Mullr. Beilage dlerteltShrllch 2.40 In Dresden und ganz Deutsch land frei paus 2.82 m Oesierreich S.S8 X. Ausgabe» dlerteli»brllch 2 .10-l- In Dresden und ganz Deutschland sret Haus 2.S2 in Oesterreich 4.»« X. Einzel-Nummer I« Die Sächsische Vosiszcitmia erscheint an allen Wochentagen nachmittags. Li 0 Anzeigen! Aanabme von chelchaitsanzeigen di» I0 UH«, von Aamilienauzcigcn dis 11 Uhr i-arm. Preis sll, die Pettl-EpaUzeile 2» 1 im Nell», metetl «1» Z. Für undeutlich geschriebene, sowie durch gern, sprecher aulgegedcnc Auzcigeu lbnuen wir di« Verantwortlichkeit siir die Nichtigkeit de» Lep^ nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion! I I—12 Uhr dorm. Organ der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen Ausgabe mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. Der Regent inr Königreich Polen Das Friedensangebot line Sitzung von weltgeschichtlicher Bedeutung hat der Ionische Reichstag gestern abgehalten. Sie war mit großer Spannung erwartet worden, da schon die schnelle Ein berufung des hohen Hauses und das tiefe Stillschweigen der wissenden neben dein Suchen nach dein Grund ein solches Gefühl hervorzurufen vermochte. Tie Spannung ist nun mehr gelöst. Die Welt weiß jetzt, was der deutsche Reichs- ran Zer den Vertretern des deutschen Volkes zn sagen hatte, und je nach der Haltung, die eine Nation bisher zu den Mittelmächten eingenommen hat, wird die Aufnahme der Rede sein. In aller Form haben nach den Ausführungen unteres leitenden Staatsmannes die im Vier bund ver einigten bisher siegreichen Mächte unseren gemeinsamen Feinden ein Friedensangebot gemacht. Ten Mor ren. die zu wiederholte» Malen gesproechn, ist nun die Tat gtiolgt. Ein folgenschwerer Schritt wurde unternommen, ?iu Schritt, dessen Tragsveite unter Umständen nicht unter schär: werden darf. Ter Entschluß, ein solches Angebot zu machen, ist gewiß nicht leicht geworden, weil er von den Feinde» sehr leicht falsch gedeutet werden könnte. Er könnte nicht nur von diesen, sondern auch von den Neutralen als ein Gesühl der Schwäche bei uns airgesehen werden. Daher bat der Kanzler mit Nachdruck betont, warum das Angebot ertolgte. Und aus unserem Gefühl heraus empfinden wir die. Pflicht zn sagen, weil unsere Kriegslage zurzeit außer ordentlich günstig ist, weil wir die Entschlossenheit des gan zen Volkes, den Krieg siegreich durchzuführen, kennen, weil wir wissen, daß alle Vorbedingungen zu einem Siege ge geben sind, daher sind wir uns im deutschen Vatcrlande und auctr vei unseren Verbündeten bewußt, daß wir im Augen- blict den sämtlichen Feinden gegenüber kraftvoll dastehen, und aus diesem Gefühl der .Kraft heraus kam das Friedens angebot. Der Starke, der werdende Sieger reicht dem Schwachen, dem halb am Boden Liegenden die Hand und er klärt. daß nun eigentlich genug gerungen worden sei, es tonne nun Schluß gemacht werden, die Blamage des Total- unterliegens.^des Weißblutens sollte dem Feinde erspart bleiben. Tie Kraft und das Mark der Nationen sollte nicht vollständig aufgezehrt werden, deshalb wurde die Hand zum Schluß geboten und der Ausblick auf einen Weg zu einem dauernden Frieden eröffnet. Tas ist ein edler Zug, ein Zug, den der Reichstag verstanden hat und de» das ganze deutsche Volk mit demselben Verständnis aufnehmen wird. Wenn die gesetzgebende Körperschaft die Mitteilung des Reichs kanzlers mit stürmischem Beifall aufnahm, dann tat sie es, weil sie im Interesse aller Kriegsbeteiligten glaubte, jetzt ist es genug des grausamen Spieles, Opfer wurden nun genug gebracht und bis zum Weißbluten braucht es nicht zu kom men. wenn unsere Feinde verständig sind und einsehen, daß sie niemals ihr Ziel zu erreichen vermögen. Tie großen Reden, die in England, Rußland und Italien in der letzten Zeit gehalten worden sind, lassen zwar nicht darauf schließen, daß sich diese Einsicht bei unseren Feinden bereits Raum ver schafft hat, aber dann sind wir der Verantwortung für die Fortsetzung des Ringens ledig und dann wird es keinen Frieden der Verständigung mehr geben, sondern nur noch einen Frieden, den wir diktieren, — den wir diktieren, nach dem der Feind zerschmettert am Boden liegend nm Frieden bittet. Das ist allerdings eine Aussicht, die niemand gern eröffnet, aber sie ist die unausbleibliche Folge der feindlichen Hartnäckigkeit und des Mangels an Einsicht. Wir in Deutschland wissen jetzt, daß es den leitenden Männern auf unserer Seite nicht an gutem Willen gefehlt hat, wir wissen auch, daß das ganze Volk in dieser wichtigen Frage einig hinter seinen Führern steht, aber wir sind uns auch darüber klar, daß wir stark genug sind, wenn d>e Friedenshand abge schlagen wird, den Sieg in seiner vollen Ausdehnung zn ge winne». Der Kanzler hat seiner Friedensmittcilung nicht ohne Absicht eine llebersicht über unsere militärische und wirtschaftliche Lage voransgeschickt, um uns. unseren Fein den und den Neutralen zn beweisen, daß wir den Kampf sehr wohl fortseben können. Es fehlt uns weder an Men- >chen noch an Kriegsmaterial und unsere wirtschaftliche Lage ist w günstig, daß das Dnrchhalten bis zur nächsten Ernte vollkommen gesichert ist. Die Vorbedingungen zur Fort setzung des Krieges sind bei uns und unseren Verbündeten besser gegeben, wie bei einem unserer Feinde, aber gerade deshalb wollen wir den Versuch machen, einen baldigen Schluß zu erzielen. Ein total Geschlagener, ein ganz am Boden Liegender wird den Haß gegen den Sieger so leicht nicht los. Und dieses Gefühl möchten wir sich nicht aus- wachsen sehen, sondern wir wünschen einen Frieden, der zwar die Kriegslage als Grundlage hat, der aber eine Ver ständigung nicht ausschließt. Die Völker aller kriegs beteiligten Länder werden dem Angebot fraglos zustimincn, I Das Neueste vom Tage!>! «»»» ' ^»»»» N MtW VeillM TUMW (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, >3. Dezember 1916: Westlicher Kriegsschnuplatz Außer zeitweilig lebhafterem Artilleriefcuer im Somme- und Maas-Gebiete sowie nächtlichen Patrouillen- Zusammenstößen bei allen Armeen keine größeren Kampf handlungen. Oestlicher Kriegsschauplatz Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: Nichts Wesentliches. Front des Generaloberst Erzherzog Josef: In den Waldkarpathen vielfach eigene erfolgreiche Patrouillenkämpfe. An der siebenbürgischen Ostfront wiesen auch gestern deutsche und österreichisch-ungarische Truppen Angriffe der Russen im Gyergyo-Gebirge und beiderseits des Trotosul- Tnles ab. Dem weichenden Gegner nachdrüngende Auf klärungsabteilungen stellten erhebliche Verluste des Feindes fest und brachten Gefangene zurück. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen: Der Feind, der sich, durch russische Kavallerie verstärkt, an der stark angeschwollenen Jalomita nochmals gesetzt hatte, ist wieder in vollem Rückzüge nach Nordosten. Die Donau- und !). Armee dringen ans der ganzen Front nach. An der Straße nach Buzau gewannen wir er heblich Gelände und machten gestern dort und im Gebirge wiederum über -1000 Gefangene. Mazedonische Front: 'Nach den Niederlagen der letzten Tage herrschte Rübe an der Cerna, Struma und Küste. Der Erste Generalguartiermcister: Ludendorff. Der Regent von Polen Wie die Nene politische Korrespondenz mitteilt, ist Erzherzog Karl Stephan von Oe st erreich als Regent im Königreich Polen in Aussicht genommen. Ter Staatorat wird voraussichtlich noch vor Weihnachten be rufen. Kommissar zum Staatsrat soll von deutscher Seite der bäuerische Oberrcgicrnngsrat Gras Lrrchcnscld werde». Getreide siir Holland Haag. 12. Dezember. (W. T. B.) Nichtamtlich wird gemeldet, daß der in mehreren Blättern verbreitete Bericht ganz unbegründet sei, wonach sofort nach der Er nennung Lloyd Georges zum Premierminister der ganze Schiffsraum aus Amerika für G e t r e i d e l i c f e - rungen nach den Niederlanden belegt wurde. Richtig sei, daß die Regierung beschlossen habe, in Zukunft die für den Getreideverkehr bestimmten Schiffe ausschließ lich mit Regierungsgctreide zu beladen. Diese Maßregel steht aber in keiner Beziehung zu dem Auftreten Lloyd Georges. Versenkt London, 12. Dezember. kW. T. B.) Lloyds meldet, daß der norwegische Dampfer „Agdcr" versenkt worden sein soll. denn eine gewisse Kriegsmüdigkeit ist überall vorhanden, ob aber die Herrschenden einverstanden sind, das ist eine andere Frage. Im Vier bund ist man sich einig. Hier wird das Angebot gemeinsam gemacht. Welche Haltung der Vier- verband einnimmt, wird die nächste Zeit lehren. Man könnte nun noch die Frage prüfen, ob der Abg. Spahn gut daran tat, durch seinen Antrag (siehe Reichstagsbericht) eine Besprechung der Erklärung des Reichskanzlers abzuschneiden. Bei einigen Parteien bestand der Wunsch, auch eine Zu stimmung des Reichstages herbeizuführen und gleichzeitig die Gründe der einzelnen Parteien zu hören. Wir meinen, dazu ist es immer noch Zeit. Einstweilen erscheint es uns ratsam, lediglich die Rede allein wirken zu lassen, schlägt sie mit ihren Gründen und ihrer logischen Schärfe durch, dann ist es immer noch Zeit, Einzelheiten zu vernehmen: wird der Vorschlag aber abgelehnt, dann würde die Aussprache keinen Zweck gehabt haben. Deutschland und seine Ver bündete» haben nun gesprochen, jetzt wollen wir die Ant wort hören. Wie sie auch ausfallen möge, wir sind gewapp net und gerüstet zum Kriege und auch zum Frieden. X Deutscher Reichstag B erIiu , 12. Dezember. Das Hans ist bei Beginn der Sitzung sehr gut besetzt, die Tribünen sind übersülll. Es herrscht eine erwartungsvolle, gespannte Stimmung, die sich noch steigert, weil sich der Beginn der Sitzung durch Konferenzen der Parteiführer mit dem Reichskanzler etwas verzögert. Endlich eröffnet Präsident Tr. Kämpf die Sitzung. Er gibt sofort dem Reichskanzler das Wort und dieser gibt zunächst ei» Bild über unsere günstige militärische und wirtschaftliche Lage (diesen Teil der Rede brachten wir gestern noch nahezu i» der ganzen Auflage) und fährt dann fort: Meine Herren! Als nach Verlaus des ersten Kriegs- jahreS Seine Majestät der Kaiser sich an das deutsche Volk in öffentlicher Kundgebung wandte, da sprach er das Wort: „Großes Erleben macht ehrfürchtig und fest im Her- zen." Niemals ist unser Kaiser und unser Volk anderen Sinnes gewesen. Geniale Führung und unerhörte helden hafte Leistungen haben eherne Tatsachen geschaffen. Auch die inner e K r i e g s m ü d i g k e i t, mit der unsere Feinde rechneten, war ein Trugschluß. Mitten im Drängen der Kämpfe da draußen hat der Reichstag mit dem Gesetz über den v aterländis ch en Hilftzdie n st eine neue Schutz- und Trntzwebr schassen Helsen. Hinter dem herrlichen Heer steht das arbeitende Volk. (Bravo!) Die Riesenkraft der ganzen Nation ist wirksam für das eine gemeinsame Ziel. Nicht eine belagerte Festung, wie unsere Feinde es sich dachten, aber e i n e iniges ge w aItige s f e st g e o r d n e t e s Heerlager mit unerschöpf lichen Hilfsmitteln, das nt das Deutsche Reich! Treu und fest im Bunde mit seine» lainps rprobten Waffen brüdern unter den österreichischen, ungarischen, türkischen und bulgarischen Fahnen. (Beifall.» Unbeirrt durch die Reden unserer Feinde, die uns bald Welterobernngspläne, bald verzweifelte Angstruse nach Frieden andichten, sind wir entschlossen dahingeschrittcn und schreiten so weiter, immer bereit, uns zu wehren und zn schlagen für unseres Volkes- Dasein, für seine freie und gesicherte Zukunft, immer bereit, um diesen Preis die Hand z n m F ried e n zu bieten (Lebhafter Beifall links und in der Mitte): denn unsere Stärke macht uns nicht taub gegen unsere Verantwortung vor Gott, vor dem eigenen Volke und vor der Menschheit. (Erneuter Beifall links und in der Mittte.) Unseren Er klärungen zur Friedensbereitschast sind die Gegner bisher nusgewichen. Jetzt sind »vir einen Schritt weiter- g e gang e ». Meine Herren, nach der Verfassung lag am l. August 101-1 auf Seiner Majestät dem Kaiser persönlich ein Ent schluß so schwer, wie er noch nie von einem Deutschen hat gefaßt werden müssen: der Befehl zur Mobil- m a ch ung , ein Befehl, der ihm durch die rnssiscl)e Mobil machung abgerungeu worden war. Während der langen und der schweren Kriegsjahre ist der Kaiser einzig von dom Gedanken erfüllt gewesen, wie einem sestgcsicberten Deutsch land nach siegreich a u s g e s o ch t e n e m Kampf wieder der Friede bereitet werde. Niemand kann das besser bezeugen als ich, der ich die Verantwortung für alle Regie rungs-Handlungen trage. In tiefstem sittlichen und reli giösen Pflichtgefühl gegen sein Volk und darüber hinaus gegen die Menschheit hält der Kaiser jetzt den Zeitpunkt für eine offizielle F r i e d c n s a k t i o n für gekommen. Der Kaiser hat deshalb im vollen Einvernehmen und in Ge meinschaft mit de» itn» Verbündete.» Herrschern den Entschluß gefaßt, den Feinden den Eintritt in Friede » sVer handlungen v o r z n s ch l a g e n. (Langanhaltender