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kontrapunktierende Überlagerung beider Ada giotypen in zwei Variationen zu einem tragi schen Höhepunkt geführt. Dort „löst“ sich die Musik in einem Zitat auf, das dem Rezitativ Nr. 46 aus Bachs „Matthäus-Passion“ ent stammt: Die Oboe intoniert des Evangelisten Worte über Petrus, der Jesus, seinen Herrn, dreimal verleugnet hatte: „Und ging heraus und weinte bitterlich." Das Finale sucht sich aus solcher Beklemmung zu lösen und zu aktivierenden Haltungen zu finden. Es nimmt in Ausdruck und Technik Ele mente des ersten Satzes auf, bindet sie aber in der strengen Variationenform der Chaconne in größere, zielstrebigere Entwicklungsbögen. J^kder Konsequenz und Variabilität des Va- ^Prionsprinzips erinnert der Satz an das Fi nale von Brahms’ 4. Sinfonie. Ausgehend von einem neuntaktigen Baßthema, entfaltet sich in zwanzig Variationen eine veritable sinfoni sche Dynamik der Musik, die im klanglichen Prozeß selbst, nicht in einem besonderen, ab strahierbaren Fazit nach Antworten sucht und Antworten findet. Ganz eigenes Gepräge besitzen Peter Tschaikowskis Variationen über ein Rokoko-Thema für Violon cello und Orchester op. 3 3. Die bezaubernde, heitere Komposition legt — ähn lich der Orchestersuite „Mozartiana“ und dem ersten Satz der Streicherserenade - ein Be kenntnis zur Musik der frühen Wiener Klassik ab, die dem Komponisten in ihrer Klarheit und Schönheit stets besonders am Herzen lag. Gleich ihr besitzen die Variationen eine Aus geglichenheit der musikalischen Haltung und Volkstümlichkeit der melodischen Erfindung. Das Werk entstand im Jahre 1876 für den deutschen Cellisten Wilhelm Fitzhagen, den l^^zertmeister der Russischen Musikgesell- in Moskau, mit dem Tschaikowski eine nSzIiche Freundschaft verband. Bevor das Solo instrument das wirklich klassisch erfundene Thema über zartem Streicherklang vorsingt, wird das Werk mit einer kleinen Einleitung des Orchesters, dem die Blechbläser ganz fehlen, eröffnet. Nach dem Vortrag des The mas leitet ein coupletartiger Nachsatz, der auch zwischen den einzelnen Veränderungen steht, zur ersten Variation über. Bei der ersten Veränderung kann man eigentlich nur von einer Figuration durch den Solisten sprechen, in der zweiten Variation spielen sich Solocello und Violinen die melodischen Floskeln zu. In mildem C-Dur stehend, trägt die dritte Va riation kantable Züge. Wechsel zwischen tänze rischen und virtuosen Elementen bringt das anschließende Andante grazioso, das wieder in der Haupttonart A-Dur gehalten ist. Im folgenden Allegro moderato liegt das Thema in der Flöte, wozu das Soloinstrument kontra- punktisch geführt wird. Ganz lyrische Züge weist auch ein in d-Moll stehendes Andante auf. Eine Klarinette wirft hierbei einige Gedanken ein. Die siebente Variation schließlich bildet im Allegro vivo den dahinhuschenden, fröhlichen, gegen Ende strettaartig gesteigerten Abschluß des reizvollen Werkes. über die Entstehung seiner 1. Sinfonie B-Dur o p. 3 8 berichtet uns Robert Schumann : „Ich schrieb die Sinfonie zu Ende des Winters 1841, wenn ich es sagen darf, in jenem Frühlingsdrang, der den Men schen wohl bis in das höchste Alter hinauf und in jedem Jahr von neuem überfällt. Schildern, malen wollte ich nicht; daß aber eben die Zeit, in der die Sinfonie entstand, auf ihre Gestal tung und daß sie gerade so geworden, wie sie ist, eingewirkt hat, glaube ich wohl." Diese er ste, die „Frühlingssinfonie", entstand also in demselben Sinfoniejahr 1841 wie die Erstfas sung der späteren „Vierten" und die sogenann te Sinfonietta. Nach langen Kämpfen gegen seinen Schwiegervater hatte sich Schumann die Ehe mit Clara Wieck erkämpft, und das Glück ihrer Gemeinsamkeit spiegelte sich in Kompo sitionen dieser Zeit wider. Aus diesem Glück heraus ist der Jubel, ist das Jauchzen dieser vorwärtsdrängenden, strahlenden Sinfonie vor allem auch zu verstehen. Obwohl Schumann nicht schildern, nicht malen wollte, hatte er doch ursprünglich den einzelnen Sätzen Über schriften gegeben, die er dann jedoch fortließ (Frühlingsbeginn — Abend — Frohe Gespie len — Voller Frühling). Der erste Satz besitzt eine langsame Einlei tung (Andante un poco maestoso), die mit einem stolzen Ruf der Hörner und Trompeten sowie dessen Wiederholung im Tuttiorchester eröffnet wird. Huschende, unruhige Floskeln schließen sich an, ehe zart das punktierte Kopfmotiv wieder in den Holzbläsern erklingt. Nach einer ritardierenden Flötenkadenz be ginnen Trioien in den Streichern, das Tempo anzutreiben, über anschwellendem Pauken wirbel jagen diese Figuren dem Allegro mol to vivace zu, dessen Hauptthema zwar genau aus dem anfänglichen Hornruf aufgebaut ist, nun aber eine vitale, jubelnde Note erhält. Der rasche Nachsatz führt diese Energien nur noch weiter. In den Holzbläsern wird ein zweites Thema eingeführt, wiegend und schmeichelnd. Aus dem Anfangsthema wird schließlich gegen Ende der Exposition noch ein weiterer Gedanke entwickelt, der in strah lende Höhen führt. Die Durchführung wird wesentlich von dem drängenden Hauptthema bestritten, das in Teilmotivtechnik durch das ganze Orchester wandert und schließlich auf dem Höhepunkt hymnisch gesteigert in der Vergrößerung erscheint. An die Reprise schließt sich noch eine längere Coda an, die den Frühlingsjubel zu neuen Höhen führt. Warmherziger Ausdruck bestimmt den zweiten Satz, ein in Es-Dur stehendes Larghetto. Die tiefempfundene, liedhafte, weit ausgesponne ne Weise wird erst von den Streichern vorge tragen, erscheint dann in den Holzbläsern, später besonders kantabel in den Violoncelli, zart von den übrigen Instrumenten umspielt. Nur kurz kann sich eine Verdüsterung der Stimmung halten. Kurz vor Schluß ertönen feier liche Posaunenklänge, ehe sich nahtlos der dritte Satz (Scherzo. Molto vivace) anschließt. In dessen Grundmotiv erkennen wir die gerade vernommenen Posaunenklänge wieder, nun al- VORANKUNDIGUNGEN: Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse lerdings energisch, leidenschaftlich gesteigert. Leichteres Spiel finden wir in dem tänzerisch konzipierten ersten Trio, dem wiederum das Scherzo folgt. Für das zweite Trio ist ein Ton leiteraufstieg bzw. -abstieg von thematischer Wichtigkeit. Nach einer verkürzten Wiederho lung des Scherzos bringt die in D-Dur stehen de Coda noch einmal helle Farben ins Spiel. Der letzte Satz (Allegro animato e grazioso) wird mit einem jubelnd aufsteigenden, ein mal energisch synkopierten Thema eröffnet, das noch von Bedeutung sein wird. Erst ein mal macht sich in rasch dahinhuschenden Fi guren eine unbeschwerte Heiterkeit breit. Be sonders keck beteiligen sich die Holzbläser an der ausgelassenen Stimmung. Dann jedig* taucht immer wieder das Kopfmotiv auf, d^B kel zuerst, dann immer klarer und strahlender. In der Duchführung wird es vollkommen be herrschend, beharrend auf den wiedergewon nenen Kräften der frühlingshaften Natur. Eine Flötenkadenz gibt den Weg für die anfängli che Unbeschwertheit frei. In strahlender Le bensfreude endet dieses glückvolle Werk. Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig Sonnabend, den 16. April 1988, 19.30 Uhr (Anrecht B) Sonntag, den 17. April 1988, 19.30 Uhr (Anrecht C 2) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 8. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Horia Andreescu, SR Rumänien Solist: Michael Roll, Großbritannien, Klavier Chor: Philharmonischer Chor Dresden Einstudierung Matthias Geissler Werke von Pavel Mihelcic, Beethoven und Ives Sonnabend, den 30. April 1988, 19.30 Uhr (Anrecht Sonntag, den 1. Mai 1988, 19.30 Uhr (Anrecht C 1) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 9. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Antoni Wit, VR Polen Solistin: Marioara Trifan, USA, Klavier Werke von Krzysztof Meyer, Ravel und Schostakowitsch Chefdirigent: Jörg-Peter Weigle — Spielzeit 1987/88 Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 2,85 JtG 009-15-88 EVP -.25 M 7. ZYKLUS-KONZERT 1987/88