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Dresdner Journal : 04.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188806049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18880604
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18880604
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-06
- Tag 1888-06-04
-
Monat
1888-06
-
Jahr
1888
- Titel
- Dresdner Journal : 04.06.1888
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»127. I» »E ^Ldtttovr .... 18 N»r^. MirUok > 4 N»rk 80 ?L I<)i»»«I»» Ksnunsr»: 10 kk. 4»—»MUd äo» ä«ul»ot,«a> k»iol»«> tritt ko«t- a—i 8t»iup«I»i»otlI»^ ^»48»4Ix»Q^xedNKsVN: tl'Lr äs» L»mn «u»«r ssipiUtsüSv iL«U« KI«u»»r 8clui1t 20 ?L votsr „Lu»8«s»aät" äiv 2« U« LV?., vsi 1»d«U«»- L»ä 2iü«r»»»t» sotspr Xu1»otitZ^ Lr»ek«1Z»va» IK^Uot» mit Xrunu»tuL« äsr 8o»» s»ä t« ««rt»^« »ds»ä» k«n»>pr«oli-^»»vt»Ii»»: dir. 1888. Montag, den L Juni, abeM. Dresdner Zouma! Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Otto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. 1888 L»»»Iu»s 7» »»WUrt,» 6onu»1«u>»Ur äs» Orssässr ^oariuU»; L»»b»rU-N«rU» Mt« - >»—I Nr««I»» 7r«»k1»r» »- ».! Kaa«»«t«« <4 ^optsr, LsrU»-»t«»N»»diuik- kr»»-L«tp«t, »r»iuaart ». ».-»»»ck«». Lmt Lka««,' ?»rt» Lo»4o» I«rU» rnulttstt ». H />a»ö« K 6o., LsrU». SdrUt»: (- LlUK<r» As«e^/o<-«r,- S«»»or»r! 0. Üo8»t«<«e,' S»U« ». »., Laeet L 6o Her»«»,»der, Nviizt. Lrp»«11Uoii äs« l>is«äosr äour>»t», vrssäm», 2viLjsSr,tr»,»<> »y. t«nupr»od-A»»Lt»I»«: Ur. 1LS8. Amtlicher Teil. Bekanntmachung, die Verpachtung der Königlichen Hofapotheke in Dresden betreffend, vom 31. Mai 1888. Die Königliche Hofapotheke zu Dresden nebst Filiale in Pillnitz soll in Folge des Ablebens des seit herigen Pachters vom 1. October 1888 an anderweit verpachtet werden. Pachtgebote sind bis zum 31). Juni 1888 im Eingangsbureau der Finanzministeriums schriftlich einzureichen. Die Auswahl unter den Bietern bleibt Vorbehalten. Die Entschließung des Finanz-Ministeriums wird den Bietern spätestens am 31. Juli 1888 bekannt gemacht werden. Bis dahin bleiben dieselben an ihre Gebote gebunden. Die Pachtbedingungen können in dem gedachten Bureau eingesehen oder von demselben bezogen werden. Sollten die Betheiligten noch weiterer Auskunft be dürfen, so muß ihnen überlassen bleiben, sich deshalb an den dermaligen Administrator der Königlichen Hof» apotheke, Or. pbU. Giesecke, direct zu wenden. Dresden, am 31. Mai 1888. Finanz-Ministerium. Für den Minister: Meusel. Wolf. Nichtamtlicher Teil. Kekegvaphische WachvicHten. Potsdam, 4. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser hatte eine recht gute Nacht und fühlte sich nach kräftigem Schlaf sehr erfrischt. Seit Hl1 Uhr weilt Allerhöchstderselbe im Park und nahm dort um 11 Uhr Bortrag be wirkt. Geh. RatS WilmowSki entgegen. Paris, 4. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Boulanger wird heute in der Kammer einen An trag einbringen, welcher den hiesigen Blättern zufolge die Revision der Verfassung und die Auf lösung der Kammer betreffen soll. Boulanger wird für diesen Antrag die Dringlichkeit ver langen. Dresden. 4. Juni. Die gescherterte Weltausstellung von 1889 in Paris. Die Franzosen sind doch in manchen Dingen unglaublich naiv! Daß sie ihr großes Jahr 1789 am geeignetsten durch eine Weltausstellung zu feiern wähnen, läßt sich schließlich noch als eine bloße Un überlegtheit erklären, wie sie wohl jeder einzelne und auch jedes Volk einmal begeht, aber daß sie ganz außer sich geraten, weil ein großer Staat nach dem andern für die Ehre dankt, den Beginn einer zwanzig jährigen Kriegszeit für Europa in seinem hundert jährigen Gedenktage festlich zu begehen, daß sie durch aus nicht begreifen wollen, wie es jedem Nichtfran zosen in innerster Seele zuwider sein muß, eine Re- volution zu feiern, die bei aller ihrer Größe doch eins der grauenvollsten Blätter in der Geschichte der Mensch ¬ heit bildet — das allerdings ist unbegreiflich. Für die ungeheure Mehrheit de- französischen Volkes ist und bleibt die große Revolution da- Aon plun ultra aller menschlichen Thaten. Die weitverbreiteten radikalen und intransigenten Blätter datieren ihre Num mern noch immer nach der Zeitrechnung von 1792, uud statt „Sonnabend, den 2. Juni 1888" liest mau am Kopfe der heutigen Nummer dieser Blätter „15 Prairial. Ao 96". Aber nicht allein die Tage-« schriftsteller, auch die Geschichtsschreiber großen Stile», die Thiers, Mignet, Michelet, Blanqui ic., haben bei ihren Darstellungen der großen Umwälzung die Schatten seiten geflissentlich übersehen oder doch gemildert und mit Vorliebe die Lichtpunkte herausgekehrt. Im Laust des Jahrhunderts ist die große Revolution zu einem Idole des französischen Volkes geworden, und die Er fahrung lehrt, daß die Franzosen sür alle Flecken ihrer Götzen blind sind. Anders stellt man sich die Ereig nisse am Ende des letzten Jahrhunderts in Frankreich, anders stellt man sie sich in der übrigen Welt vor. Wenn man bei uns jener Schreckenszeit gedenkt, so kommen einem nicht sogleich die Menschenrechte in den Sinn, wohl aber baut sich ein Schaffott nach dem anderen vor unserem geistigen Auge auf. Wenn wir uns jener Nacht de» 4. August erinnern, von welcher an die Revolutionäre ihr neues Zeitalter datieren, so gedenken wir vor allem der französischen Edlen, welche hochherzig ihre Privilegien auf dem Altäre de» Vater landes opferten und dafür mit der Guillotine belohnt wurden, wir gedenken des edelsinnigen Königs, welcher damals den Thron des heiligen Ludwig innehatte, und der zum Danke für die Unterstützung, welche er der reformatorischen Bewegung so lange Zeit hin durch angedeihen ließ, dem Henker überliefert wurde. Ein französischer Geschichtsschreiber, der Akademiker Henri Taine, hat berechnet, daß in den Kriegen, welche die französische Revolution entzündete und zur Folge hatte, mehr als 4 Millionen Menschen aus den Schlacht feldern verbluteten, und von diesen vier Millionen kommen ohne Zweifel drei auf die Nichtfranzofen. Wahrhaftig, eS gehört die ganze Keckheit der gallischen Rasse und ihre grenzenlose Unkenntnis alle- Außer- französischen dazu, um an Europa die Aufforderung ergehen zu lassen, daß eS den Beginn jener Menschen- schlächtereien mit den Franzosen zusammen in seinem Gedenktage festlich begehen solle. Für Österreich haben du. Erinnerungen an di? Schreckensjahre der französischen Revolution einen ganz besonders bitteren Beigeschmack. Scheuten doch die Jakobiner selbst vor der Tochter Maria Theresiens nicht zurück, als es galt, der Blutgier des Pariser Pöbels Genüge zu thun; mußte doch die unschuldige Maiie Antomette mit ihrem Haupte das Vertrauen bezahlen, welches das Kaiserhaus Deutschlands zu Frankreich bewiesen hatte, indem eS seine Tochter einem französischen Prinzen gab. Gedenktage dieser Art durch eine Weltausstellung zu feiern und den von den damaligen Ereignissen am schwersten betroffe nen Mächten zuzumuten, an dieser Ausstellung teil zunehmen — solch ein Gedanke konnte nur in Paris geboren werden. Wenn die Franzosen so außerordent lich große Stücke auf ihre große Revolution halten, gut, so mögen sie unter sich Gedächtnisfeiern abhalten, so glänzend und zahlreich als ihnen beliebt, aber das übrige Europa mögen sie aus dem Spiele lassen. Zu Familienfesten pflegt man nicht alle Welt einzu laden, man begnügt sich mit seinen Freunden. Aller dings würden die Franzosen, bei Befolgung dieser Regel, einen Überfluß von Gästen kaum zu beklagen haben. Die Rede, welche Hr. Goblet am vergangenen Donnerstag ,m Palais Bourbon hielt, um gegen den ungarischen Ministerpräsidenten die Opportunität der geplanten Weltausstellung zu verteidigen, hat ihren Zweck gänzlich verfehlt. Der Nachfolger des Hrn. Flourens vermochte weder den Nachweis zu liefern, daß die Flagge und das Eigentum der fremden Na- tionalitäten von der Unbotmäßigkeit des Pariser Pöbels nichts zu fürchten habe, noch war er im stände, einen stichhaltigen Grund zu Gunsten des so unglücklich ge wählten AuSstellungSjahreS vorzubringen. Hr. Goblet versichert uns, daß die zahlreichen Revolutionen, welche Frankreich im Laufe des verflossenen Jahrhunderts inscenierte, einzig und allein den Regierungen zur Last gelegt werden müßten, denn die Fehler derselben hätten jene Umwälzungen notwendig gemacht. Ist er dessen so sicher? Was mag er z. B. von der Revo lution des Jahres 1848 denken, welche alle Welt über raschte und nicht am wenigsten ihre Anstifter, die sonst etwas darum gegeben hätten, wenn es ihnen möglich gewesen wäre, Louis Philipp auf den Thron seiner Väter zurückzuführen und den dritten Napoleon dadurch unschädlich zu machen. Die Ansicht des Hrn. Goblet trifft nicht einmal auf die große Revolution, die Revolution pur oxsUeoo« zu, denn indem Louis XVI. die Stände seines Reiches zusammenrief, gab er einen hinreichenden Beweis für seine wohlwollende Gesin nung und seine guten Absichten. Niemand — selbst ein Goblet nicht — wird Europa glauben machen, das französische Volk sei die Friedfertigkeit selber, und wenn eS einmal über seine Nachbarn oder seine Re gierung herfalle, so müsse es dazu jedesmal gereizt, ja gezwungen werden. Wer Augen hat zu sehen, der weiß, daß die innere Lage Frankreichs zu allem, nur zu keiner Weltausstellung geeignet ist. Die In dustriellen, welche sich mit großen Kosten dar auf vorbereiten müßten, wären durchaus nicht sicher, daß die Einladung noch im letzten Augen blicke widerrufen würde, sei eS, daß der Bou- langiSmus eine immer drohendere Gestalt gewänne, sei es, daß die Unvorsichtigkeit oder der böse Wille der 584 Kammerpolitiker eine äußere Verwickelung herbeiführten. Unter diesen Umständen müssen sich die Franzosen darauf gefaßt machen, im nächsten Jahre von der Spitze des Eifelturmes aus auf dem MarS- elde nur ihre eigene Flagge und die einiger Klein- taaten flattern zu sehen. Nach den Bannern Eng- ands, Italiens, Rußlands, Österreichs und Deutsch lands werden sie vergebens ausblicken, und von einer Weltausstellung kann unter diesen Umständen doch wohl kaum geredet werden. Lagesgeschichte. Dre-deu, 4. Juni. Der kommandierende General Se. Königl. Hoheit Prinz Georg hat sich gestern abend 7 Ühr 23 Minuten in Begleitung des EhesS des Generalstabes Generalmajors v.d. Planitz und des Majors im Generalstabe v. Broizem nach Leipzig be geben. Höchstderselbe nahm im Hotel Hauffe Quartier. * Dresden, 4. Juni. Vom Reichs-Gesetzblatt ist das 25. Stück heute hier eingetroffen. Dasselbe enthält: Nr. 1805) Verordnung vom 26. Mai d. I. wegen Ergänzung der Verordnung vom 16. August 1876, die Kautionen der bei der Militär- und der Marineverwaltung angestellten Beamten betreffend; Nr. 1806) Melstbegünstigungsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und dem Freistaate Paraguay, vom 21. Juli 1887. Außerdem befindet sich hierin noch eine Berichtigung des § 57 des im 27. Stück des Reichs-Gesetzblatts für 1887 S. 329 ff. abgedruckten Gesetzes vom 13. Juli 1887, die Unfallversicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschiffahrt be- theiligten Personen betreffend. * Berlin, 3. Juni. Das Befinden Sr. Majestät des Kaisers war gestern und heute zufriedenstellend. Allerhöchstderselbe erholte sich sehr bald von der durch die Übersiedelung hervorgerufenen Ermüdung verbrachte eine gute Nacht und stand heute vollkommen erfrischt auf. Um Hl Uhr hörte Se. Majestät die Gesangs vorträge des Zwölf-Apostel.Kirchenchors, der auf aller höchsten Wunsch im Schloß Friedrichskron eingetroffen war, und empfing dann den zum Gesandten in München ernannten Grafen v. Rantzau. Der heutigen Konsul tation der Ärzte wohnten auch Geh Rat Bardeleben und Prof. Senator bei. Am 1. d. MtS. ^and eine Plenarsitzung des Bun desrates statt. Derselbe nahm die infolge Ablaufs der Wahlperiode er forderlich gewordene Neuwahl der von ihm in Gemäßheit des BankgesttzeS zu ernennenden Mitglieder des Kuratoriums der Reichsbank vor. Die Vorlage, betreffend die ausnahms weise Zulassung von nicht vorschriftsmäßig geprüften Seeleu ten in au-läudischen Häfen als Steuerleute oder Mafchinisten auf deutschen Kauffahrteischiffen, und der Antrag Hamburgs wegen Begrenzung des FrelhafcngebietS daselbst wurden, erstere den Ausschüßen für Handel und Verkehr und für da- See wesen, letzterer den Ausschüssen für Handel und Verkehr und für Zoll- und Steuerwesen zur Vorberatung übergeben. Mit der bereit» erfolgten Überweisung der Beschlüsse des Lan- de-auSschuffe- von Elsaß-Lothringen zu dem Entwurf eine» FeldpolizeistrasgesetzcS und zu dem Gesetzentwurf über da» Teilung-verfahren und den gerichtlichen Berkaus von Liegen schaften sür Elsaß-Lothringen erklärte sich die Versammlung einverstanden und erteilte einigen ergänzenden Bestimmungen zu den Vorschriften über den Nachweis der Besähigung als Seeschiffer ihre Zustimmung. Entsprechend dem Anfrage des Kaiser!. Statthalters in Elsaß-Lothringen wurde genehmigt, daß in Ausführung de- Gesetze- über die Unfallversicherung der in land- uud forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen für Elsaß-Lothringen drei Beruf-genossenschaften und zwar je eine für den Bezirk Ober-Elsaß, den Bezirk Unter-Elsaß und den Bezirk Lothringen gebildet werden. Für die Nachwahl des Stellvertreters eines von den BerufSgenoffenschaftsvorständrn au- ihrer Mitte gewählten nichtständigen Mitgliedes des Reichsversicherungsamts wurden die dem Bundesrat ge setzlich obliegenden Festsetzungen bezüglich des den einzelnen Wahlkörpern zu gewährenden Stimmenverhältnisses getroffen. Zwei verabschiedeten Reichsbeamten wurde aus ihre Anträge Berücksichtigung im Gemeindedienst zurückgelegter Dienstzeit bei Feststellung ihres Ruhegehalts zugestanden. Endlich wurde über dieZollbehandlung verschiedener Gegenstände Beschluß gefaßt. Den Vorsitz führte im ersten Teil der Sitzung der Slaatsminister, Staatssekretär v. Boetticher, später nach eingetretener Behinderung desselben der Königl. bayerische Bevollmächtigte, Gesandte pp. Graf v. Lerchenfeld-Köfering. Das zwischen den Vereinigten Staaten und Spa nien bereits seit längerer Zeit bestehende vorläufige Abkommen, wonach amerikanische Schisse, welche Erzeugnisse der Vereinigten Staaten oder eines andern fremden Landes nach den spanischen Besitzungen ent führen, dieselben Tonnengebühren und Abgaben zu zahlen haben, wie spanische Schiffe und ihre Ladungen, ist nach mehrfacher Erstreckung seiner Giltigkeitsdauer nunmehr Mittels eines zu Madrid am 26. v. Mts. unterzeichneten Protokolls unter Vorbehalt einer zwei monatlichen Kündigung bis zum Abschluß eines zwischen beiden Vertragsländern zu vereinbarenden umfassenden Handelsvertrages verlängert worden. Für den deutschen Handel und die deutsche Schiffahrt ist dieses Abkommen insofern von besonderm Interesse, als Deutschland in den überseeischen Besitzungen Spa niens vertragsmäßig die Rechte der meistbegünstigten Nation genießt. Das leichte Spiel der deutsch-freisinnigen Partei mit Wahrheit und Loyalität, das sich auch bei den Vorbereitungen zur gestrigen ReichStagswahl im Sternberger Kreise bekundete, gjebt der „Nordd. Allg. Ztg." zu einer Reihe treffender Bemerkungen Anlaß, die wir um so bereitwilliger zum Abdruck bringen, als der maßvolle Ton derselben gegen die publizistische Kampfweise auf gegnerischer Seite sehr vorteilhaft absticht. Jedem treuen Anhänger der Monarchie müßte das Herz ausgehen über die von den Freisinnigen feit kurzem so lebhaft zur Schau getragene kölligstreue Loyalität, wenn man nur gleich zeitig von der Uneigennützigkeit und Aufrichtigkeit dieser Er scheinung überzeugt sein tönnte. Wenn aber eine politische Feuilleton. Die Entdeckung. Novelle von Adolf Schulze. (Fortsetzung.) III. Wenige Stunden später waren bereits sämtliche Polizei- und Sicherheitsbehörden des Deutschen Reiches sowie die hauptsächlichsten Behörden der Nachbarländer von dem Morde in Kenntnis gesetzt. Auch den Zei tungen war unverzüglich eine kurze Schilderung des ThatbestandeS und eine möglichst genaue Beschreibung des mutmaßlichen Mörder- zugegangen. Auf Veranlassung de- Kommissars Berner war hierbei ein ganz besondere- Gewicht auf den Stock ge legt, den der Thäter bei sich gehabt hatte. Als nämlich der Beamte von dem Stock mit sil berner Krücke gehört hatte, war sofort der Verdacht in ihm aufgetaucht, daß dieser Stock das Mordwerk- zeug gewesen sein könne. Er selbst pflegte namentlich bei nächtlichen Exkursionen einen ähnlichen Stock zu tragen, dessen mit Blei auSgegossener Griff eine ge fährliche Waffe und wohl geeignet war, den Schädel eines Menschen zu zertrümmern. Allerdings ließ die Sicherheit, mit der die verhängnisvollen Schläge ge führt waren, eher auf ein kurzstieliges Werkzeug s tjiießkn, dennoch aber vermochte er den Gedanken nicht loszuwerden, daß der Stock in dem Drama eine Rolle spielen müsse. Er hatte daher die Ärzte be sonder» auf diesen Punkt aufmerksam gemacht, und in der That wurde bei der Untersuchung festgestellt, daß die Schläge nicht von einem scharfkantigen, fondern von einem stumpfen, abgerundeten Instrument her- rührten. Es wurde ferner noch konstatiert, daß die Wunden nicht gerade herunter gingen, sondern daß sie einen leicht gewundenen Gang zeigten, welcher der Form eines der Rundung der Hand angepaßten Stock griffes entsprach. Allerdings war mit dieser Entdeckung vorläufig wenig gewonnen; dennoch empfand der Kommissar eine gewisse Genugthuung, daß sich seine Vermutuug bestätigt hatte. Er betrachtete das Zutreffen derselben al» eine gute Vorbedeutung, und außerdem konnte man auch nicht wissen, ob der Umstand nicht später doch noch in» Gewicht fallen würde. Ganz befriedigt war er nach seinem Bureau zu rückgekehrt und hatte mit der Vernehmung der zahl reichen Personen begonnen, die sich inzwischen ge meldet hatten, um die Wahrnehmungen, welche sie gemacht zu haben glaubten, zu Protokoll zu geben. Die Aussagen derselben waren insofern von Be lang, als von verschiedenen Selten bekundet wurde, daß ein Mann, auf den die Beschreibung des Ver dächtigen paßte, am vorhergehenden Tage gegen 6 Uhr nachmittags in der MuSkauersttaße bemerkt worden war. Einzelne Zeugen wollten ihn auch an den vorhergehenden beiden Dienstagen gesehen haben. Doch stellte sich in ihren Aussagen, gegenüber denen der Frau Bahr, insofern ein Widerspruch heraus, als nur die letztere den verhängnisvollen Stock bei ihm bemerkt hatte, während alle übrigen Zeugen darin übereinstimmten, daß er keinen Stock bei sich gehabt habe. Dieser Widerspruch machte dem Kommissar um ¬ somehr zu schaffen, als verschiedene Umstände fast mit Sicherheit darauf schließen ließen, daß die von den anderen Zeugen beobachtete Persönlichkeit mit der von der Wirtin beschriebenen identisch sei. Eine Nachbarsfrau, welche auf der gegeuüber- liegenden Seite der Straße wohnte, bekundete ferner, daß Frau Haizinger an dem betreffenden Nachmit tage längere Zeit im Fenster gelegen habe, als ob ie nach jemand ausgeschaut hätte Um 6 Uhr habe ie dann zufällig noch einmal hinübergesehen, und da ei das Fenster geschlossen gewesen. Auch an dem folgenden Sonntage hatte der Kom- misfar fast ausschließlich mit Vernehmungen zu thun. Auf Grund der Berichte in den Zeitungen waren be reits verschiedene Personen, deren Äußeres der ver öffentlichten Beschreibung mehr oder weniger entsprach, als verdächtig bezeichnet und einem Verhör unter worfen worden. Man hatte sich jedoch sehr bald von der Grundlosigkeit des Verdachtes überzeugen und die Angeschuldigten wieder entlasten müssen. Den Mitteilungen der Darmstädter Bank zufolge hatte Frau Haizinger die fünfundzwanzigtausend Mark in der That und zwar am Tage vor ihrer Ermordung persönlich erhoben. Es entstand nun die Frage, wo da» Geld ge blieben war. Unzweifelhaft war eS geraubt, denn sonst hätte man eine Quittung oder irgend einen andern Beleg dafür gefunden. Aber wer war der Räuber? Die Antwort auf diese Frage war noch in tiefe» Dunkel gehüllt. Höchst wahrscheinlich war e» der von vielen Zeugen beobachtete Mann mit dem braunen Überzieher, aber wie uud wo sollte man iHv finden? Und konnte nicht auch trotz alledem ein anderer der Thäter sein? Alle diese Fragen beschäftigten den Kommissar un ausgesetzt, aber vorläufig fand er keine bestimmte Ant wort darauf Er mußte die Augen einstweilen nach allen Seiten hin offen haben. Mit der Zeit hoffte er schon einen Fingerzeig zu finden, auf Grund dessen er weiter sortbauen konnte Für den nächsten Vormittag batte der Bruder der Ermordeten seine Ankunft in Berlin telegraphisch angemeldet. Vielleicht war er schon in der Lage, den gewünschten Fingerzeig zu geben. Mit Ungeduld erwartete er daher das Ein treffen de- Herrn Roßberg. Am nächsten Morgen gleich nach neun Uhr brachte ein Beamter dem Kommissar eine Karte mit dem Namen: Walter Roßberg. K. K. Baurat a. D. „Ich laste sehr bitten!" rief Berner eifrig und eilte selbst nach der Thür, um den Ermatteten zu empfangen. Als er die Thür geöffnet hatte, blieb er bettoffen stehen. Bor sich sah er eine schlanke, hochgewachsene junge Dame von so edler, vornehmer Haltung und mit einem so gewinnenden Ausdruck in den schönen schmerzer- füllten Zügen, daß ihm unwillkürlich der höfliche Gruß, mit dem er den auf ihren Arm gestützten Baurat em pfangen wollte, auf den Lippen erstarb. Natalie Roßberg überragte die kleine Figur ihre- Vater- fast um Kopfeslänge. Ihre ganze Figur war in einen grauen, enganliegenden Reisemantel gehüllt. Lus dem Kopfe trug sie einen einfachen, braunen, mit
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