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MsdrufferTageblatt « Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend x-mch-Mm.« r«. Dieses Blatt «chktt die a««ch« VeLa«tt«ach>msen der A»tshaWt««mschast Meißen, de» Amtsgericht» ja Wilsdruff, de» Stadtrat» 1« Wilsdruff, des Forstreutamts Tharandt mrd de» Finanzamts Noffen. v«l—»r «» »ritz«, Asch,«»« i» »VU-»r«ff. «<r«»»twor1licher «chrifttttter: «Sssig, für de« J«serat«tteU: «ritz», Asch««»«, »eid« », amwdr«^ Rr. 49 Sonntag den 26. Februar 1922. 81. Jahrgang Amtlicher Teil. Die Auszahlung der Notstaadsaaterstützuv-e« zu den Invaliden-, Alters- und Waisenreute« auf Grund des Gesetzes v. 7.12., 21 erfolgt, soweit Antrag gestellt ist Montag de« 27. Februar 1022 vor«. A—1 Uhr in der Stadtkaffe Wilsdruff, am 24. Februar 1922. 2»« Der Stadtrat. Um den Kleinkapitalrentnern den regel- mäßigen Erwerb der ihnen zustehenden Brennmaterialien zu erleichtern, beabsichtigen wir, Beihilfen zu gewähren. Zur Beschaffung von Unterlagen für eine diesbezügliche Vorlage fordern wir die jenigen Einwohner der Stadt, die glauben, auf die Vergünstigung Anspruch erheben zu können, auf, sich bis zu» 4. März 1822 im Verwaltungsgebäude, Zimmer 9, in der Zeit von 11—1 Uhr zu melden. Alle erforderlichen Auskünfte sind zu erteilen. Wilsdruff, am 24. Febuar 1922. 21»3 Der Stadtrat. Mr kille« WM, DzeiW ö» mmW 10 Ur «iMM. Mein« Zeitung für eilige Leser. * Eine Reuternote stellt fest, daß dl« deutsch«, ««leglerten, die an den Organisatlonittltzungen de» lm«rn»ttmwl«n Dyndi- katS für den wirtschaftlichen Wiederauf»«» Europa« 1eiln«h- men, an den Arbeite» der Konferenz eine, erheblich«, UnteU haben. * Der Allgemeine Deutsch« Gewettschast-Vund protestiert gegen die von der NeparationSlommisfi», vorgeschlagen« Art der Sachleistungen. * Peter Grupe», der im KlepprlSdorfer «ordprozeß zum Tode Verurteilte, ist au» dem HirMerger Untersuchung»«-, sängnis entflohen. * In der französischen Kammer hielt der Mnanzminister eine Rede, in der er Deutschland» Reparation»I«ifiung«, «lS un- genügend bezeichnete. * Infolge der langen Dauer der Minlfierkrif« hat die italienische Regierung offiziell eine kurze V«rschieVung der Konferenz von Genua beMossen, was allen «ingeladenen Re gierungen durch ein Rundschreiben mitgeteilt wurde. Zwischen Winter und Frühling Dieser Winter unsere» Mißvergnügen» wird ja Wohl auch einmal zu Ende gehen; besonder« empfindsam« Na« turcn wollen bereits in Feld und Wald da« Herannahen des Frühlings verspüren, und wenn di« Sonne zwischen Wolkenbänken einmal flüchtig hervorbllnkt, stellen sie sich so, als hörten sie schon die Lerchrn in den Lüsten jubili«- ren. Aber sollte auch di« Natur, die unverwüstliche, wie wir gerne hoffen möchten, schon mit der nächsten Monats wende wieder ihre Auferstehung feiern, wir fürchten, die Dinge, mit denen wir unS solange zu Plagen hatten, wer den auch im kommenden Frühling kein freundlicheres G»- sicht annehmen. Eben erst wieder haben wir, zum Beispiel, ein« ensrme Brotpreis«rhöhung erlitten, und die Milliarden- verluste durch den Eisenbahn«rstr«il, di« Produk- tionshemmungen auf allen Gebieten find in ihren Wirkun gen auf die Lebenshaltung de» Volk«» kaum schon in die Erscheinung getreten. Aber vom 1. März ab worden die Gütertarife abermals um SO Prozent erhöht, und wenn nicht alle- täuscht, sollen ungefähr »um gleichen Zeit punkt die Kohlenpretse nun aber auch endgültig den Weltmarktpreisen angenähert werden. Was daS bedeuten würde, kann sich heutzutage schon jede» Kind ausmalen, denn seit Jahr und Tag ist ja eine «ohlenpreiserhöhung der anderen auf dem Fuße gefolgt, mit stets gleichen Er gebnissen: einer weiteren Heraufschraubung unseres ge samten Preisstandes. Denn unweigerlich muß sich jede neue Erhöhung der Produktionskosten gemäß dem Grund satz der Abwälzung auf die gesamte Verbraucherschaft sort- setzen. was dann immer wieder zu Einschränkungen des Absatzes führt und fo auch den Produktionsprozeß selbst ins Stocken bringen muß. Nach Gründen für den fort dauernden Rückgang des Markwert«« braucht man sich unter solchen Umständen dann nicht weiter umzusehen. Sinkt aber so die Kaufkraft deS Gelbe« immer mehr ins Bodenlose, so müssen alle Festbesyldesen auf ständige Er höhung ihrer Bezüge Bedacht nehmen, und es kann keine Ruhe geben in den Lebens- und Arbeitsverhältnissen der Beamtenschaft, der Angestellten und schließlich auch der Arbeiterschaft. Sprunghaft geht so der Papicrgeldum- lauf in die Höhe. Beim besten Willen weiß niemand zu sagen, wie er dem Verlangen unserer Gläubigerstaaten entsprechend zum Stillstand gebracht werden soll. Keine Autorität will mehr halten, kein Widerstand läßt sich be haupten gegenüber Forderungen, deren Berechtigtung unter den unglückseligen Zuständen der Gegenwart nicht bestritten werden kann. Man kann aMsall« über rie Formen, in denen sie geltend gemacht w«rden, v«rschi«de- ncr Meinung sein, und die Gemüter erhitzen sich mehr als gut ist über Htteikrecht und Arbeitspflicht, über lebens« wiclstige Betriebe und technische Nothilfe. Ganz gewiß nicht Zum Wohl der Gesamtheit, die unter diesen fortgesetz ten Stößen und Stürmen zu «rliegen droht. Unsere einzige Hoffnung ist auf di« Stelgtrung der landwirtschaftlichen Sr,«ugung gesetzt. Das große ilf 8 werk, zu dem sich all« Schicht«» der Land wirtschaft zusammengefchlossen hab«n, ist ausschließlich auf die eigene Kraft gestellt und verspricht Erfolg, wenn nicht die freie Entfaltung der Bearbeiter unseres BodrnS durch „Has; der Städte" über Gebühr verhindert wird. Di« Auf- Hebung auch des letzten Reste« der Zwangswirtschaft für unsere Getreideversorgnug ist ixn Landwirte« im voriae» Fähre in Aussicht gestellt worden, und wenn es allein nach dem Reichsernährungsminister Dr. Hermes geh«n könnte, würde wohl auch mit der Einlösung dieses Ver sprechens bestimmt zu rechnen sein. Aber man weiß, daß Dr. Hermes nicht überall Anerkennung findet. Hier wird es noch neue schwere Kämpse geben, deren Ausgang viel leicht von der endgültigen Lösung der großen Koalition-- frage mit abhängen wird. Aber auch in den industriellen Betrieben kündigen sich an allen Ecken und Enden fchlver» Erschütterungen an. Bischer ist es im großen und garten den staatlichen Gewalten noch gelungen, den Wirtschaft«- frieden mühsam genug aufrrchtzuerhalten. Aber je mehr sich mit diesen A^beitskämpfen politische Treibereien ver binden, desto schlimmer werden die Dinge. Und unsere Erfüllungspolilik gegenüb«r de» Entente, wie lange wird sie noch zu halten sein? Herr Rathenau müht sich ab in großen Projekten, um den Wrg für Genna zu ebnen. Unterdessen steigen in Frankreich di« chauvinistischen Fluten und drohen alle Brücken wegzu spülen, die vorsorgliche Hände für den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft herzustellen bemüht waren. Auch das sind schlechte Frühlingsaussichten. Wir dürfen es nicht leugnen, nur unentwegte Optimisten werden bei sol cher Weltlage ihre Hoffnungen über diesen Winter hinweg behaupten können. Deutscher Reichstag SL. Berlin, 24. Februar. ft77. Sitzung.) Zur Auslieferung der Mörder dr» spanischen Minister- präsidenlen Dato gab zmn Schlnß der gestrigen Sitzung auf verschiedene Anfragen und Proteste Reichrjustizminister Dr. Radbruch die Auskunft, daß das Deutsche Reich verpflichtet sei, zur peinlichsten Beobachtung seiner vertraglichen Verpflich tungen, besonders in dem Augenblick, wo es im Begriff sieht, aus einer ähnlichen Rechtslage gleiche Konsequenzen zu ziehen, wie sie von Spanien uns gegenüber jetzt gezogen sind, nämlich in der Frage der Auslieferung der Erzberger-Mörder. In der heutigen Sitzung wurde nach Erledigung einig«» kurzen Anfragen, und nachdem man da» Gesetz zur Be kämpfung von Geschlecht»k»ankh«it«n dem De- völkerungsausschuß überwiesen hatte, di« zweite L«fung des fünften Nachtragketat» fortgesetzt. Abg. Steinkopf (Soz.) erklärte, dl« in diesem Nachtrags etat vorgesehene Wirtschaftsbeihilfe für alle NelchSbeamte« gehe zu wett. Er beantragte die Wirtschaftsbeibilfe nur del einem Grundgehalt bis zu 44 OVO Mark zu gewähren. Abg. Schmidt-Stettin (Deutschnat.) widersprach diesem Anträge und bemerkte, mit Ende März müsse di« Beihilfe wegfallen. Am 1. April hab« «im n « ur Gehaltsordnung «in- zutreten. Wg. Morath (Deutsch« Vp.) führte au», wir können der Vorlage nur zu stimmen, wenn ein« Neuregelung d«r Grundgehälter eintritt. Wir bedauern, daß nicht auch den Ruhegehalts- und Wartegeldempfängern und den Hinterblie benen die Wirtschaftsbeihilfe, die nur «in Provisorium bleib«» darf, gegeben wird. Abg. DeliuS (Demokrat) stellt« fest, daß seine Parteifreunde dieser Vorlage zustimmen und den sozialdemokratischen Antrag auf Begrenzung der Beihilfe ablehnen. Mg. Bräunig (U.-Soz.) trat für den sozialdemokratischen Antrag ein. Abg. Allckotte (Zentrum) sprach gegen die Begrenzung der Wirtschastsbeihilfe. Nachdem noch «in Regierungsvertreter dl« Bereitwillig keit der Regierung erklärt hatte, im Einverständnis mit dem Reichstage die Neuordnung der Beamtenbesoldung alsbald hcrbeizusühren, wurde in di« Einzelberatnng eingctreten. Abg. H^rtz (U.-Soz.) bekämpfte die Beihilfe für Maikber- teiluna. Diese Beihilfe sei um so bedauerlicher, alS die Regie rung den Zuschuß für Brotgetreide abbane und damit eine wesentliche Steigerung der Brotpreise verursache. NL-a. Schiele (Deutschnat.) 'bezeichnete die Schreibereien gegen die Maiseinstchr als Schwindel. Die Landwirtschaft habe keinen Anlaß, Mai» zu Brennerei-Wecken zu verwenden. Der Antrag Hertz, dir Beihilfe für Maisbeschaffung zu streichen, wurde abgelehnt. Der Nachtragsetat wurde bewilligt, der sozialdemokratisch« Antrag auf Begrenzung der Wirt- schastsbeihilf« wurde abgelehnt. Dann wurde der Nachtrags- etat auch in dritter Lesung genehmigt. Da» Gesetz zur Abänderung Le» Gesetzes gegen di« Kapi talflucht wurde an den 10. Ausschuß verwiesen. Nunmehr kam man zur Fortsetzung der zweiten Beratung de» Haushalt- de» ReichSju st i »Ministeriums. Setten» der Kom munisten war di« Forderung erhoben, einen Antrag aus Rück gängigmachung dir Auslieferung der Mörder des spanischen Ministerpräsidenten Dato mit zu beraten. Dieser Forderung wurde von dem Wg. Dr. Kahl (Deutsche Vp.) widersprochen. ES entstand großer L-rm bei den Kommunisten. Abg. Dr. Bell (Zentrum) betonte, die Auslieferung de« «oroer Lmros m einwanossrel, es handelt sich um Anwen dung bestehender Verträge. Weiter befürwortete der Redner eine Novelle zum Strafgesetzbuch, durch di« ein erhöhter Lhren- schutz ermöglicht wird. Der Reichsjustizminister über die Rechtspflege. Reichsjustizminister Dr. Radbruch bemerkte, hinsichtlich de» Ehrscheidungsverfahrenr werde eine baldige Aus- spräche h«rb«igesührt werden. Dabei »verden alle Gründe vo». gebracht werden. Zahlreich« strafgerichtliche Urteile lassen ein» bedauerlich« Verständnislosigkeit der Richt«» für di« jetzigen staatlich«» und sozialen Verhältnisse erkenn«». Der Richter hat nicht den Wortlaut des Gesetzes allein zu beachten, nein, der Geist ist die Hautpsache. DaS Recht ist nach dem Wortlaut das gleich« geblieben, es hat aber dem Staate ,u dienen und dessen Grundlagen sind andere geworden. Und wer dem Ge danken des sozialen Volksstaates fremd oder gar feindlich ge- genüberstrht, vermag das Recht nur so auszulegen, wie etwa der Teufel die Bibel. Deshalb habe ich die Gründung de« republikanischen Richterbundes gebilligt und es bedauert, daß ein solcher Bund überhaupt notwendig ist, daß nicht die ge samt« Nichterschast ein einziger repllblikanischer Richterbund ist. Wir fordern von unseren Richtern nicht, daß sie Gesm- nungSrepublikaner sind, wohl aber müssen wir verlangen, daß sie Lernunfttrepublikaner sind. Die Richterschaft muß sich klar machen, daß es sich bei Lem tiefen Mißtrauen deS Bölkes in di« Rechtspflege nicht «twa um «ine Prefsemache handelt, sondern man kam, diese» Mißtrauen gar nicht ernst genug nehmen, auch wenn man es für unberechtigt hält, muß man es als schwerwiegende Tatsache anerkennen. Es handelt sich hier um den Aufschrei der in ihrem Gerechtigkeitsgefühl mißhandelten Volksseele. So dann erklärte der Minister, es ist ein« Zeitungssabel, daß ich auf d«m Görlitzer Parteitage für die Absetzbarkeit der Richter eingctetrn sei, ein« Zeitungssabel ist es auch, daß ein ent sprechender Beschluß gefaßt sei. Ein solcher Antrag ist viel mehr mit überwiegender Mrhrheit abgelehnt worden. Weiter ging der Minister aus di« Reform des juristischen Studium» ein. Wir müssen zu Arbeitsgerichten kommen, die den Amts gerichten und den weiteren Instanzen anzugliedern wären. Zum Schluß erklärte der Minister, ich halte eine neu« Amnestie für unumgänglich. Aba. Brotauf (Demokrat) bedauerte die Gründung de» republikanischen Richtcrbundes, die aber notwendig gewesen sei. Di« Gründung dieses Bundes sei wegen ves Mißtrauens brei ter VolkSkreise gegen die bestellende Justiz erforderlich gewesen. Gegenüber Angriffen auf die Staatsautorität von links funktio niert die Justiz, bei Angriffen von rechts stockt aber da» Räder werk. Selbst der Reichspräsident ist auf den Weg der Privad- klage gcwie;en worden. Weiter ging er auf daS Verfahren gegen die Schuldigen des Kapp-Putsches ein, und dann er wähnte er ein den Mitgliedern des Reichstages zugcgangenes RechtSgutachten eines Juristen höherer Stellring, worin gesagt wird, daß die Feststellungen im Erzberger-Helfserich-Prozetz fast Punkt für Punkt mindestens recht fahrlässig gewesen seien. Dieses Urteil de» Landgerichtes Berlin sei an dem Erzberger- Mord mitschuldig. Endlich am Schlüsse erklärte der Redner, Wir fordern die Zulassung der Frau auch zum Richterbernfe. Ferner sind wir für eine baldige Reform des EhescheidungK- rec^t». Die Auslieferung der Mörder Daws war gerecht- Abg. Herzfeld (Komm.) beschäftig e sich vor allem mit der Auslieferung der Spanier. Er bekämpfte die gestrigen Aus führungen de» Reichsjustizministers und erklärte, Deutschland sei rum Mittel der monarchistischen Spanier geworden. Reichrjustizminister Dr. Radbruch ergriff nochmal« daN Wort, um die Auslieferung der des Morde» an dem Minister« Präsidenten Dato beschuldigten beiden Spanier »u rechtfertigen. Gegenteilige Ausführungen der Vorredner erklärte er für uw« btgründet. Peter Grupen entflohen! DeS KleppelSdorfer Doppelmörders neueste Taft Hirschberg, 24. Februar Peter Grupen, der wegen Doppelmordes zum Tode verurteilte „Held" der berühmt gckvorderren Kleppel«- d 0 rfer Schloßtraaödie, hat, nachdem er lang« genug die Öffentlichkeit beschäftigt hat, sich jetzt sozusagen zur Flucht aus der Öffentlichkeit entschlossen und fernem an Sensatio nen so reichen Lebensroman ein besonders sensationelles neues Kapitel angefügt. Daß es schon das Schlußkapite» sei, wird man nicht zu behaupten wagen; es stehen in dieser spannenden Kriminalgefchichte vielleicht noch man cherlei überraschende Wendungen bevor. Da Grupen vor kurzem einen Selbstmordversuch ge macht hatte, Ivar er mit zwei anderen Gefangenen zu- ssrnmengebracht worden. Die neue Zell« befand sich rm zweiten Stock des Untersuchungsgefängnisses. Von hier aus ist er nun in der vorigen Nacht anSge» hrocheu. Er hatte daS Fenstergitter mit feinen SL- gen durchschnitt«« und sich au einem Strohseil hin-