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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaff, Dienstag, den 20. Mai 1930 Jos MWstMMm der MMMW Wirtschastspolttische Beschlüsse Paris, 19. Mai. Dem „Temps" zufolge sind am vergange nen Sonnabend die letzten Schwierigkeiten, die sich der offiziellen Inkraftsetzung des Poungplanes durch die Reparationskommission und den Präsidenten der Kriegslastenkommission entgegenstellten, folgendermaßen beseitigt: Das von der deutschen Regierung der BIZ. übergebene Schuldzertifikat enthält für die letzten 22 Iah- reszahlungen der deutschen Schuld nur Kupons vom geschützten Typ. Die Vertreter der fünf Hauptgläubigermächte — Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan — erklären jedoch in einem beigefügten Schreiben, daß „die Uebergabe des Schuld- zertisiketes, das nur Kupons vom bedingungslosen Typ enthält, ihnen weder jetzt noch in Zukunft vorgesetzt (opposee) werden kann, denn nach ihrer Ansicht muffen die letzten 22 Jahresraten ebenso wie die ersten 37 einen ungeschützten Abschnitt von 612 Milli onen Goldmark enthalten. Diese Erklärung wurde „vorbehaltlich der Zustimmung" des in dem Haager Abkommen vorgesehenen Schiedsgerichtes abgegeben. Als Antwort hierauf hat der Präsi dent der Kriegslastenlommission, Ruppel, die Erklärung abge geben, daß die deutsche Regierung die These der Gläubigerstaaten nicht annehmen könne, vielmehr an ihrer Auslegung des Houng- planes sesthM, wonach die ungeschützten Zahlungen auf die er sten 37 Jahre begrenzt sind. Durch Böen und Gewitter. Die erste Noute des Südamerikafluges. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" hat am Montag Spanien erreicht. Die Fahrt ging unter Führung Dr. Eckeners glatt vonstatten, zumal es Dr. Eckener glänzend verstand, das Luftschiff durch alle Gewitterfronten und Böen hindurch mit sicherer Hand zu lenken. Die Nach richten von Bord des Luftschiffes liefen im Laufe des Montags sehr spärlich ein, da die Bordstation für die Auf nahme der Wettermeldungen frei sein mußte, aus denen die Schiffslcitung die Reiseroute des Luftschiffes zu sammenstellte. Die amerikanischen Blätter bringen ausfuhruche Schilderungen vom Beginn der Zeppelinreise. Nach einer Meldung der Associated Preß aus Recife de Pernambuco (Brasilien) stieg mit der Starmachricln sichtlich die allge meine Spannung, mit der das Eintreffen des „Graf Zeppelin" erwartet wird. Der 5t Futz hohe Ankermast und die Funkstation für Wetterberichte sind fertiggestellt, 150 Mann arbeiten noch an der Herrichtung des Lan dungsplatzes, 250 Soldaten und 100 Feuerwehrleute werden als Landungsmannschaft ausgebildet. Ein ebenso starkes Interesse hat der Südamerrkaflug des Zeppelins auch in England hervorgcrufen. Der Flug wird als eine Pionicrtai angesehen, da zum erstenmal dre überfliegung des südlichen Atlantiks mit regulärer Post und Passagieren an Bord versucht wird. Der Flug von Sevilla nach Rio de Janeiro stelle nicht nur den Beginn einer neuen epochemachenden Ozeanüberquerung dar, sondern verspreche auch wissenschaftlich das interes,anteste und schönste Unternehmen der Luft zu werden. Amtliche Bestätigung des Räumungsbefehls. Räumung vom 20. M an bis 30. Juni. Ministerpräsident Tardieu empfing am Montag den deutschen Botschafter von Hösch, ferner den Außen minister Briand, den französischen Delegierten bei der Rheinlandkommission, Girard, und General Guillaumat, den Oberbefehlshaber des Besatzungsheeres. Der fran zösische Ministerpräsident bestätigte dem deutschen Bot schafter, daß, nachdem der Young-Plan am Sonnabend in Kraft getreten ist, die französische Negierung gemäß ihren Erklärungen vor dem Parlament den Befehl erteilt hat, die dritte Nhcinlandzone zu räumen. Die Ver treter Frankreichs und Deutschlands haben außerdem ihr Einverständnis über die verschiedenen die Räumung be treffenden Einzelfragen, die gemäß dem von der Rhein landkommission und den französischen Militärbehörden aufgestellten Programm durchgeführt werden, gegeben. In Ausführung dieses Programms werden alle fran zösischen Truppen die dritte Besetzungszone am 30. Juni verlassen haben, und das Ende der Besetzung wird an diesem Tage offiziell notifiziert werden. Das Oberkommando der französischen Nheinarmce in Mainz hat dem Präsidenten der Reichsvermögens- oerwaltung für die besetzten Gebiete mitgeteilt, daß das französische Kriegsministerium den Befehl erteilt habe, mit den Näumuugsmaßnahmen am 20. Mai zu beginnen. Einzelheiten über die Durchführung der Räumung wer den nach Feststellung der Termine noch bekanntgegebeu werden. In Trier wird voraussichtlich noch in dieser Woche mit dem Abtransport der Besatzungstruppen begonnen werden. Als erstes Regiment soll das schwere Fuß artillerie-Regiment fortkommen. Der Sonderfahrplan für diesen Transport liegt bereits bei der in Frage kommen den Reichsbahnstelle vor. Die Transporte sollen alle von Trier selbst ausgehen. Die Züge sind so gelegt, daß sie den ordentlichen Fahrplan in keiner Weise behindern werden. Paneuropa. . Den Unterschied zwischen den „Paneuropa" - Plänen eines Grafen Coudenhove-Kalergi, der seinen peneuropäischen Kongreß in den letzten Tagen in Berlin «bhielt, und den „Richtlinien" des französischen Außen ministers Briand kann man vielleicht dadurch einiger maßen kennzeichnen, daß dort eine unbewußte, hier eine »°nz bewußte Unklarheit in den Reden, Formulierungen, ^ttwirklichungsvorschlägen waltet. Auf dem Paneuropa- ^angreß kam das zum allerdeutlichsten Ausdruck. Auf der einen Seite betonte nämlich der deutsche Reichsminister A Wirth, die paneuropäische Idee sei zwar sehr schön No durchaus begrüßenswert — nur gehe es dem deutschen Mke derart schlecht, daß es durch die Sorgen um das veui und Morgen allzusehr in Anspruch genommen wird; Mwedingt aber müsse diese paneuropäische Idee auch Deutschland „die Freiheit bringen, auf die es Anspruch Me". Vorläufig haben wir sie noch nicht! Noch deutlicher der Ablehnung ist aber der englische Vertreter aus !'eiem Kongreß geworden, ein früherer Kolonialminister, Ary: England könne nicht „ein Teil Europas" erden; dem widerspräche die Tatsache, daß Groß- Mannien ein Weltreich mit Weltinteressen sei und die A haberschaft Englands an einem „Paneuropa" wäre A.alb wohl auch für — Europa selbst nicht ganz zweck- Mg! Aber natürlich wäre ein gemeinsames Vorgehen Äffchen diesem „Paneuropa" und dem Britischen Welt- A in europäischen Fragen sehr wohl denkbar, auch in »ragen der Weltpolitik. Das klingt gerade nicht nach Ent gegenkommen, aber hier sprechen eben die Realitäten, °°vei man ruhig noch hätte hinzufügen können, daß dieses Atttierte Paneuropa gewollt oder ungewollt eine gegen die Vereinigten Staaten als Führer des Pan- Atta enthält. Da macht natürlich gerade England zu mit. Diskolltermäßigung der Reichsbank. Um !4 Prozent. Der Zentralausschuß der Reichsbank beschloß, den Diskontsatz um Prozent auf 414 Prozent und den Lombardsatz gleichzeitig um 14 Prozent aus 514 Prozent mit Wirkung ab Dienstag zu ermäßigen. Reichsbankpräsidem Luther, ver zum erstenmal der Zentralausschußsitzung vorsaß, führte zur Begründung der Diskontermäßigung aus, die Geldverslüssigung an den internationalen Märkten sei in den letzten Tagen noch stärker geworden, infolgedessen habe die Reichsbank die Fühlung mn dem Privarmarkt immer mehr verloren. Die Goldzuflüsse seien allerdings nur gering gewesen und die Devisensätze hätten sich auch nur wenig verändert. Auf der anderen Seite seien aber die Wechselbestände stark zurückgegangen. Die Reichsbank hoffe mit der Dis kontermäßigung der Wirtschaft einen gewissen Antrieb geben zu können. Zu eiuer Diskontermäßigung auf vier Prozent habe die Reichsbank sich nicht entschließen können. Er stehe, wie sein Vorgänger, auf dem Standpunkt, daß die derzeitige Höhe des Privatdiskontsatzes wie auch des Reichsbanksatzes der tatsächlichen Lage des deutschen Geldmarktes nicht entsprächen. vor ckem Preisabbau? Erklärungen Dr. Vöglers. Berlin, 19. Mai. Am Sonntag hat Generaldirektor Dr. Bögler zum Abschluß der Jahresversammlung des Vereins Deut scher Eisenhüttenleute Ausführungen gemacht, die man als eine Bestätigung der Andeutungen über eine bevorstehende allgemeine Peisermäßigüng aufsaffen dürste. Bögler wies daraus hin, daß der Erzeugungs- und Absaßrückgang der Großeisenindustrie in den letzten Wochen einen Umfang angenommen habe wie nie zu vor, und daß man um außergewöhnliche Maßnahmen nicht her umkommen würde. Es sei keine andere Möglichkeit denkbar, als büß alle Kostensaltoren gesenkt würden, und daß auf diese Weise ein Preisabbau eingeleitet würde. Arbeitgeber und Arbeitneh mer müßten im gemeinsamen Streben hierzu die Voraussetzungen schassen. Nachdem die Kabinettsberatungen über das Ost- Programm in den letzten Tagen zum Abschluß ge bracht worden sind, befaßte sich das Reichskabinett unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning und unter Beteiligung des Reichsbankpräsidenten Dr. Luther mit der wirtschaftspolitischen Lage in ihrer Gesamtheit und den vor der Sommerpause zur Erledigung zu bringenden Vorlagen. Das Reichskabinctt war sich darin einig, daß alle Mittel darangesetzt werden müssen, zur Behebung der Arbeitslosigkeit die Wirtschaft nach Kräften zu beleben. Zu diesem Zweck werden Verhandlungen mit der Reichsbahn- und R e i ch s p o st v e r w a l- tung eingeleitel mit dem Ziele, möglichst umfangreiche Lieferungsaufträge baldigst zur Ausführung zu bringen. Auch der Wohnungsbau, insbesondere soweit es sich um Kleinwohnungen handelt, wird durch besondere Maßnahmen gefördert werden. Bereits im Gange be findliche Verhandlungen über die kommunale Umschul dung sollen beschleunigt zu Ende geführt werden. Zur Förderung der Bauwirtschaft und Linderung der Arbeitslosigkeit wird auch die Frage der Inangriff nahme und des Ausbaues großer Stratzenbauten geprüft werden. Der Reichsfinanzminister ist ermächtigt, im Rahmen der Haushaltsmittel alle Lieferungsaufträge un verzüglich in Gang zu setzen. Die Umgestaltung der Golddislontbank nnd ihre neuen Aufgaben wurden gleichfalls eingehend er örtert. Schließlich berichtete der Reichsfinanzminister über die Gesamtgestaltung des Ausgabcnsenkungs- und Spargesetzes sowie der Reichsminister für Ernäh rung und Landwirtschaft über das in Vorbereitung be findliche Standardgefetz für landwirtschaft lich e P r o d u k t e. Die Durchführung dieses Gesamtprogramms wird ohne Inanspruchnahme neuer Haushalts mittel erfolgen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. M«rd«n »ach M»,Nchk«tt KekNlvte ck» vv - Arnt YNtsLk»«»« L»«. o ta,« Platzoorsch^ft«, anvahmkbis »orm.lvUhr. — et Ml ^VUSOVUsf Nk. 6 bcrü-kfichtt,!. AnzU,«. durch Fernruf »bermi>trlten«ni-igkn ; — Mr di« «ichtiok«, d«r .Wil«druffci T-,rdlutt» erscheint an allen Werktagen nachmittag» sUhr. B-jus-pre,»: Bei Abholung in !»N'Mt,ft°lle und den Au»,ad-stellen 2 RW. im Monat, bei Zustellung durch dir Boten 2,30 RW., b-iPoftb-ft-llung zuzüglich Abtrog. .. gebühr. Einzelnummern ZLWHL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend «7-^ ?u«gen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung oder Kürzung de« B.z-g-prei,-o.-«üchI-ndun,-in,es-nd.«SchristPüch--rf-lgt nur, wenn Porto beilieg. -n,e,«e»n.dmen°ll-«.rmtt.bm,oft-^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meiken des Amts. Serichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noflen behördlicherseits W Nu' beiw^ Briand will ein „Paneuropa" —, allerdings h. M Vorsichtig, zurückhaltend, zwischen den Realitäten kam« Aschen Lage lavierend. Und immer in engstem Zu- Amcnhang mit dem Völkerbund bleibend, der doch in der on^sache eine europäische Organisation ist, da die größte „".^europäische Macht, die Vereinigten Staaten, draußen eben stnd. Allerdings soll dieses Paneuropa eine A ^ionaler Untergruppe des Völkerbundes dar- lieb ' " nur ist auch hier wiever nicht daran vorbeizu- daß die größte europäische Macht, Sowjetrußland, ^Ralls dem Völkerbund nicht angehört und von einem "ANeuropa" womöglich noch weniger wissen will. Astern einer vertraglich festgelegten Solidarität für die ^Novelle Gestaltung Europas" — das wird nicht klarer »Ach, daß man die schon ein bißchen anrüchig geworde- Ao, ??orte „Sicherheit" und „Wohl" Europas als das A. dieser „Gestaltung" zu hören bekommt. Sind doch Nicht bloß England — die größten europäischen Mächte nicht ein aus Europa isolierter Kreis, sondern die ^"Anzen beispielsweise zwischen Frankreich und Alfa haben ihre Ursachen in außereuropäischen Ver- "nffsen. Briand will aber schon einen Vertrag vor- Agen „Zur Aufstellung des Grundsatzes der moralischen lj^°n Europas und der feierlichen Bekräftigung der So- ANtät" dieses Erdteils, will Organe hierfür schaffen, A Konferenz, einen Ausschuß, ein Sekretariat, — aber A"ger als eine solche Bekräftigung des Gedankens der ^"darität lst doch die Frage, ob er — da ist. Ob er Aach scho" „außerhalb der Debatte" steht. Oder, wenn V?' "Ns welchem Wege er ins Leben gerufen werden fjj 7. Die Organisation soll ja auch eine „neue Instanz "ie Regelung von Rechtsstreitigkeiten" zwischen den Apatschen Mächten werden. Sehr schön, — nur haben HAon solchen Instanzen schon eine fast bedenkliche Ag^ Auch soll hier die „Vorbereitung für den künf- tzA Staatenbund" in Angriff genommen werden, ein Ao, der „auf dem Bodeu völliger Souveränität und tAZ.er politischer Unabhängigkeit der Staaten" begrün- An soll. Vorläufig ist aber gerade das Herz Europas, polw- "ichl unbedingt souverän, nicht völlig frei auf seinem eigenen Gebiet, wird es auch sein, wenn die letzten fremden Truppen abgerückt sind. * 'An Befehl zur Rheinlandräumung ist ja 'iüns, " Paris aus abgegangen, nachdem die Repara- unseligen Angedenkens entschieden hat, tlm, " Noung-Plan „in Funktion getreten" ist. Ein wenig Herzen eines jeden Deutschen, daß nun endlich ersolgen soll, was bald zwölf "kl - ^hnen Deutschlands war. Aber souverän "ä" — "ein, das stnd wir nicht. Denn die „Ent- djx Arisierung" bleibt und der Völkerbund wacht über bie ^"nehaltung dieser Bestimmung ebenso wie über "He" andern wie beispielsweise der deutschen "r"8' ^er „Internationalisierung" unserer der Young-Plan selbst enthält ja ^"^e" der deutschen Souveränität; so darf Alt seinen indirekten Steuern machen, ü- B. nicht verpfänden. Aber wir oeschelden geworden, freuen uns von Herzen darüber, « r^sohen noch vom Saargebiet — doch endlich -HanzeRheinland frei sein soll. Ar. 116 — 89. Jahrgang Telegr..Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640