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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.05.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120523013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912052301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912052301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-23
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
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Brzuß».Prei4 iW»«eh»t» Dr»Nchll»d» »0 dir dnMche« -terteljähil. ».« »r„ „»tl. IM ML «sfäl. P-Kbeftellaeld Kinur in velch«^ Daaemart, de» D-axftaate», StOlt«, Lnemdura, Sit-deriend«, Nar» »««r» OeUeneia - U»««». Xnhland. Schwede» »d SchaeN. 2« allei, ubna«, Staat« a»» »Nett d«ch di« Gelchän». lteü« de» Blatt« «rdülUtch. Ta««»»«« «NdeUN r»at E«ttch, Sa«» «. 8B«r»a— «,» «er^»». *dni»in,»«i S««ad»a: 3atza»»»»«aN« 8. det »I«»« Irügirn. Srltat«. tzpadtt«»« »ad S»»aI>n»«Il«ll«n, Baftämt«« »ad VNesnaaer». Vt„»»»««»a»t,»„«» M B». Morgen-Ausgabe. Handelszeitung. Z- Amtsblatt -es Rates und -es Volizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigk» Preis «, Sei,rot, an» i!«U>,», «nd tlmg«b„« die ÄBt. ol«»i,klam«» »,u« I Ml. »«, ao-warl. »> Ps. Sc«klom,n llv Ml 2nl«iot« oon B«dütd«n im amt- ltche» I«U dl, B«Mi«tl« üu P« S,I<dist»«ai,la«n ml« Pla»v,richr>tte» i» Pr«ll, «itzülit HadaN »och Torls. B«Ua,«a,l>vdr <d«iaml- aofloa« i Ml. » taulrnd «rkl Postuedühk. 1,ltd«ttao« düd«». 8«kl,rt«»U, NottrLu, Unn<» etckl «urack» »,»»««» werd»» 8>> da, Lrlch,t»«n an ortttmmtrn Ta««n and Plätz,, wird laina Saranti, iU>«tn»mm«. Sn,«lg«n-»anadm«: L.da»»i»,,Il« 8, d«t lamiltchr» Lllial«» ». allen Annonc«» En>«dttto»,» da, 2a. and Su.land« »r»U »ad «,,!»« aa» 8»«« » MtrU« 2nl>ad«r: Voot «Srft,». »edeNi», aa» S«lchdft^t,Il»r 2adaan>»aasl, L »an« - Aillnl« r««»d«n: S««i!ra»« < l lieleodo» «NX -A Nr. 2S0. Donners»?, üen 23. Mai >Sl2. 10S. Jahrgang. 88 Seiten IE" Unsere gestrig« Abendausgabe umfaßt 1V Leite», die vorliegend« Morgennnmmer 18 Setten, zusammen Das Wichtigste. * Der Reichskanzler und verschiedene Staats sekretäre sind durch die Verleihung hoher Orden aus gezeichnet worden. (S. Dtschs. R. Seite 2.) * Der Reichstag hat am Mittwoch den all gemeinen Etat in dritter Lesung erledigt und beschlost-rn, die O st m a r k e n z u l a g e bis zum 31. Dezember 1912 zu gewähren und vertagte sich dann bis zum Herbst. (S. den bes. Art. und Bericht Seite 9). * Die Sächsische Erste Kammer hat sich am Mittwoch mit Etatkapiteln beschäftigt. (S. Bericht Seite 11.) l * Die Sächsische Zweite Kammer hat am Mittwoch u. a. den Antrag auf Abänderungen und Vereinfachungen im Geschäftsbe triebe der Zweiten Kammer beraten. (S. Bericht Seit« 11.) * In der gestrigen Städtverordnetensitzung wurde einer Ratsvorlage zugestinrmt, wonach sämtliche im Dienste der Stadt stehenden Beamten mit a b - geschlossener Hochschulbildung in Kruppe der Gehaltsordnung einzureiheir sind. (S. d. bes. Art. Seit« 12.) * Bei einem Kerüsteinsturz auf einem Neu bau am Schlößchemoeg stürzten zwei Arbeiter aus 16 Meter Höhe ab, wobei der Arbeiter Prautzsch tödliche, der Arbeiter Wigandt schwere Verletzungen erlitt. (E. Lpzg. Umg. Seite 7.) * Theateranzeigen stehe Seit« IS. Nach getaner Arbeit. sD Der Reichstag, der aus fast dreijähri gen Löahlkämpfen hervorgegangen ist — denn sie setzten mit der Ablehnung der Erbschaftssteuer im Juni 1909 ein — hat seine Probezeit hinter sich. Im Weihen Saale des grauen Schlosses an der Spree sagte der Kaiser am 7. Februar zu den Erwählten des Volkes: „im Vertrauen auf die gesunde Kraft des deutschen Volkes blicke ich mit Zuversicht, und auf GotteS gnädigen Beistand bauend, überdieKLmpfe des Ta - geshinmegindieZukvnftdes Reiches." Optimismus und Tatcnfreuüigkeit, nrcht nagende Sorge oder GrieSgrümigkeit legte der Kaiser und nachher, in der allgemeinen Etatsbefpvechung, der Kanzler gegenüber dem Reichstag mit den 110 sozialdemokratischen Abgeordneten an den Tag, und dies« vertrauensvolle Grundstimnmng ist bis her nicht getäuscht worden. Drei Tage, den 10. Mai, den 14. und den 21., hat der Reichstag sich selbst zu Ehrentagen gesetzt. Sollte er künftig einmal über die Stränge schlagen, so soll ihm nicht vergessen werden, wie er in zweiter Lesung erst die Heeresvorlage, dann das Flottengesetz, endlich, am 21. Mai, beide in dritter Lesung und endgültig angenom men hat. Der Reichstag gab — mit hier nicht inS Gewicht fallenden Abstrichen — was gefordert wurde, und er verstand, die Gabe durch die Schnelligkeit und die Art des Gebens zu ver doppeln. Die Verhandlung hat die Einig keit der bürgerlichen Parteien von rechts bis links gezeigt und ihren festen Willen, zu han deln, nicht zu reden. Leider ist es nicht gelungen, für die Kosten der Rüstung sofort eine volle Deckung zu finden. Der Eindruck nach außen wird dadurch glücklicherweise nicht beeinträchtigt. In merkwürdiger Verkehrung der gewöhnlichen Parteiverhältnisse drängten der Fortschritt und die Sozialdemokratie nach sofortiger Deckung durch eine neue Steuer, nämlich die Ausdehnung der Erbschaftssteuer, während Zentrum und Rechte bremsten mrd die NationaNiberalen von sich auS eine eigene gesetzgeberische Anregung nicht gaben, wohl aber der Freisinnigen sich anschlossen. Das HauS hat eine Vorlage über die Beseitigung des BtMNtwcinsteuerkontiugentS angenommen, aber, waS es aunahm, war nicht mehr die Vor lage der Regierung. Der Ertrag der Aende- run g wurde erheblich herab gemindert und das Ende der Jahre- 1912, vielleicht der Anfang 1913, wird diese Lücke schließen müssen, die der Frühling 1912 gelassen hat. Die hoch der Ve dats ist, wird mau bis dahin genauer erkennen. Ueberschaut man die gesamte Reihe der ferti ge» Gesetzgebungswerke des bisherigen Teil- der 13. Legislaturperiode, so sind anher dem großen Etat für da» Reich und für die Schutzgebiete zu nennen: die ErgänznugSetatS, darunter der jenige, der einer privaten Luftschiffversuchsan stalt Ncichszuschuß gewährt, das Militär-Luft- fahrfürsorgcgesetz, das hier gleich angeschlossen sei, das Aussührungsgesetz zum internationalen Uebereinkommen zur Bekämpfung des Mädchen handels, die Handelsverträge mit der Türkei und dem neuen Zarenreich Bulgarien, dessen Be ziehungen zu uns auch durch einige weitere Ver träge geregelt wurden, eine Ergänzung des Aus lieferungsvertrages mit Luxemburg, die kleine Strafgesetznovelle und der Gebührentarif für den Kaiser-Wilhelm Kanal. Aus der Kommission nicht wieder an das Plenum zurückgekehrt sind der Entwurf über die Staatsangehörigkeit und das Schutztruppengesetz. In „eigenen Angelegen heiten" schuf der Reichstag eine Fortbildung des Anfrage- und Jnterpellationsrechts. Von der neuen Einrichtung der „kurzen Anfragen" wurde mehrfach Gebrauch gemacht, dagegen ist noch keine Gelegenheit gewesen, an Interpellationen An träge zu knüpfen. Die wichtigste Interpella tion, die zu verhandeln war, war die national liberale über die Handhabung des Jesuiten gesetzes; zu jener Zeit war aber die Geschäfts ordnung des Reichstages noch nicht geändert; übrigens hätte bei der Gelegenheit ein Antrag, das Verhalten des Reichskanzlers zu rügen, eine Mehrheit nicht gefunden. Mit den Wahlprüfungen ist das Parlament noch ziemlich im Rückstand. Beweiserhebung »vurde in einer der letzten Sitzungen auch über die Wahl des Abgeordneten beschlossen, den das .Haus sich zum Präsidenten erkürt hat, des Stadt ältesten Dr. Kämpf. Dessen Geschäftsführung ist manchmal in der Presse abfällig beurteilt worden. Zuweilen mit Unrecht. Wer z. B. von seinen Lippen die Worte der herzlichen Freude über die Errettung des Königs von Italien aus Todesgefahr vernommen hat, vermißte kaum den besonderen Ausdruck des Abscheus gegen den Attentäter. Am 17. Mai, bei der Rede seines ehemaligen Kollegen im Präsidium, Scheidemann, war er allerdings seiner Aufgabe nicht gewachsen. Immerhin ist die Konstellation, der er seine Wahl zum Präsidenten dankt, noch nicht zerstört. Die „Linke" hält noch zusammen; bei der letzten Kraftprobe, der Abstimmung über die Erbschafts steuer, hatte sie sogar eine Mehrheit von 15 Stimmen. Allerdings war es keine reine „Linke" mehr: die sehr weit rechts sitzende Wirtschaftliche Vereinigung war mit dabei. Bei der Entschei dung über die Bcsitzfteucr hat das vielbespottete Bemühen des Reichskanzlers v. Bethmann Holl- >veg, die Gegensätze unter den bürgerlichen Par teien abzuschwächen, sogar einen unbestrittenen Erfolg davongetragen. So geschehen am Schluß der mit Scheidemanns Wahl eingelciteten Ta gung! Die Politik auf lange Sicht, die der Kanzler trieb, und sogar die manchmal nicht ganz verständliche Zurückhaltung hat eine starke innere Kraft ausgestrahlt. Der vom Kanzler angerufene „Zwang zum Schaffen" hat sich schließlich in eine Lust am Schaffen gewandelt. Und wenn der Kaiser wollte, könnte er dem Reichs kanzler ein Telegranrm senden, das demjenigen ähnelte, wie es dem Fürsten Bülow am 11. Mai 1908 aus Offenburg übermittelt wurde. Der Kaiser hatte, wie er damals sagte, aus dem Berichte des Kanzlers „mit großer Befriedigung entnommen, eine wie ausgiebige Tätigkeit der Reichstag in seiner soeben geschlossenen Session entfaltet und welch eine bedeutendcAnzahl wichtiger Gesetzesvorlagen und Ver träge derselbe erledigt hat." Die krsnMlch-ruMchen Bestellungen. Die russische Regierung hat in Paris ein ungewöhnliches Verfahren einzuschlagen beliebt: sie hat durch ihren Vertreter Iswolski mit teilen lassen, daß der Botschafter Louis von ihr als „persona ingrata" angesehen, und seine schleunige Rückberufung begehrt werde. Der Beauftragte hat sich seiner Aufgabe in feierlicher Audienz bei Minister Poincar« ent- ledigt und ein langes Sündenregister des Be klagten aufgerollt, in dem dessen ungeselliges Leben als Klagegrund obenan steht. Das ist natürlich in den Augen des Herrn Iswolski da» schwerste Verbrechen, der Zeit seines Lebens nur Gesellschaftsmensch gewesen ist und für Kollegen, die nach Art des Herren Louis eine tüchtige wissenschaftliche Grundlage für ein notwendiges Zubehör ihrer Laufbahn halten, immer bloß ein Achselzucken gehabt hat. Der jetzige Vorgesetzte, frühere Untergebene des seinerzeit wegen Unzulänglichkeit aus seinem Ministerposten abgeschobenen Iswolski wird nicht gerade s o streng über einen Mann denken, der ab und zu mal einen Hofbakl schwänzt und von seinen Repräsentationsgeldern ein Lluötchen Triumphe auf der Sparkasse zurücklegt. Für Ssasonows Achtbrief sind natürlich andere Beschwerden maßgebend gewesen, die sich in die Formel kleiden, daß Louis seine Willensmeinungen nicht völlig sinngetreu nach Paris berichtet habe. Das ist ein Vorwurf, besten Berechtigung eigentlich nur in einem förmlichen Disziplinar verfahren an der Hand von Zeugenaussagen und vergleichendem Aktenstudium nachgcprüft werden könnte. Wahrscheinlich hat es aber der russische Minister nicht so arg gemeint, daß er den bei seiner Regierung beglaubigten Fran zosen wegen falscher Berichterstattung in heimat liche Ungelegenheiten bringen möchte, und es sind die Schläge nach altem Brauche gar nicht so sehr dem Sacke, als dessen Träger zugedacht. Die russische Regierung ist mit der Politik ihres Bundesgenossen nicht zufrieden: das ist die schlichte Prosa, in die man das Diplomaten-argot übersetzen muß. Sie war es schon im Vorjahre nicht recht. Freilich stehen auf dem russischen Zukunfts programme auch künftige gründliche Aus einandersetzungen mit den germanischen Mächten eingetragen; allein für die unmittelbare Gegen wart spielen solche Gedanken in Petersburg so gut wie gar kerne Rolle. Zumal seit dem Iapankriege ist man dort gewaltig von dem früheren Aberglauben an dre Unwrderstehlich- keit der Kosakenattacken zurückgekommen und hat sich besonnen, daß sollte etwa bei Pskow einmal ein Malheur passieren, doch noch ganz andere Dinge auf dem Spiele stehen würden als bei Niederlagen um das ferne Mukden herum. Die Ueberzeugung ist jetzt dort allge mein, daß des Zarenreichs verblaßtes Prestige sich erst einmal an Erfolgen gegen schwächere Gegner wieder erholen muß, und selbst den Revanchekrieg gegen Japan hat man bis auf ein reichlich bemessenes Weiteres vertagt. Selbst Tr'..—7^ über Chinesen und Perser erbebt der bescheiden gewordene russische Bar jetzt zu sonntäglichen Leckerbissen, wie der Fuchs im Kinderliebe mit der Maus vorlieb nimmt, wean der Eänsestall zu dicht zugemacht ist. Vor allem möchte man aber die Arme freibehalten, so lange der Dachstuhlbrand im orientalischen Hause nicht gelöscht und jein Umsichgreifen zu be fürchten ist. So wurde man denn arg nervös im Vor jahre, als der Vormarsch auf Fez Unheil befürchten ließ, und richtig das Erscheinen des deutschen „Panther" zeigte, daß Berlin die Blöße nicht übersehen hatte. Und man wurde nervöser, als de Selvcs und einige andere während der monatelangen Verhandlungen nächtlicherweile immer wieder austrennten, was am Tage von ernstem Willen am Gewebe der werdenden Ver ständigung vollendet war. Und nun gingen im Winter die Strebungen angesichts des ausgebrochenen Mittelmeer- Krieges so arg auseinander! Hatte man einst in Paris die Zarenreise nach Racconigi als ein neues Glied in der Kette der Be strebungen zur Losreißung Italiens von der Dreibundfessel begrüßt, sich gefreut, daß der einzige Nikolaus-Tag ein ganzes Jahr Barröre- Arbeit erspare, so begriff man jetzt, daß der Musterherrscher doch keineswegs als französischer Geschäftsreisender dorthin gefahren war, und der Begünstigte der ersten Extratour wurde eifersüchtig, daß la dolla Italia einem Dritten die gleiche Gunst gewährt hatte. Das Bohren an der Dardanellenfrage, schon Monate vorher, ehe das kriegführende Land seine Visitenkarte zu Kumkalejsi abgab, bewies zu deutlich, daß beide zusammenarbeiteten. Und Frankreich war der Tripolis-Feldzug so un behaglich! Rußland aber paßte wieder das französische Benehmen gar nicht: der Masten schmuggel über die tunesische Grenze und vollends die Drohungen im „Manouba"-Konflikre. So war denn klar geworden, daß „Un stimmigkeiten" auch in die russisch-französische Freundschaft ein kleines Loch gerissen hatten. Ehe es sich erweitere, beschloß Herr Poincars im August persönlich in der Ncwastadt nach dem Rechten zu sehen. Da schlägt Ssasonows Geschoß wie eine Bombe in die Reisepläne hinein. Denn es wird seine Schwierigkeiten haben, die durch die wenig verbindliche russische Beschwerde über den unglücklichen Louis erzeugten Verstimmungen bis dahin restlos zu überwinden. Da Iswolski sie durch seine ungeschickte Behandlung noch wesentlich vergrößert hat, so wird selbstver ständlich auch vom Quai d'Orsay ein Klage brief abgelasten und das russische Auslands amt um einen anderen Vertreter ersucht werden. Das alles schafft eine ungemütliche Temperatur in der russischen Hauptstadt für den reiselustigen Minister. Seine Absicht aber, diese um ein paar weitere Monate zu ver schieben, bis die letzten Wogen der Mißhellig keit sich wieder geglättet haben, hieße wirklich die Götter des parlamentarischen Olympes ver suchen, die schon jetzt nach den Monaten des „großen Ministeriums" vom Januar fragen. Sollte Herr Poincars die Befriedigung seiner Petersburg-Sehnsucht doch schließlich aus der eigenen Tasche bezahlen müssen? Und zur russischen gesellt sich die nagende Sorge um Britannias ewige Lieb und Treu; und das marokkanische Budget wächst ins Un gemessene! Es sind keine lieblichen Maien tage, die Heuer über der Seine-Kapitale weben. Ole Berner llonga-Sonlerery. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, steht der Ter min der vom Staatssekretär des Auswärtigen Amts im Reichstage angekündigten deutsch-französischen Konferenz zur Vorbereitung der Grenzfestsetzungs arbeiten in Neu-Kamerun noch nicht endgültig fest. Die Konferenz, die, nach einer Mitteilung der schweize rischen Gesandtschaft in Paris an den schweizerischen Bundesrat, vorläufig für den Mai anberaumt worden war, ist noch um kurze Zeit verschoben worden, und sie dürfte in den er st en Junitagen stattfinden. Genaues steht noch nicht fest. Ueber diese Konferenz sind in Presse und Publikum zum Teil irrige Auffassungen verbreitet, nach denen die Konferenz etwa eine Wiederholung der deutsch französischen Verhandlungen über die Abtretungen in Aequatorial-Afrika wäre und diese zu verbessern hätte. Demgegenüber muß festgestellt werden, daß es sich keineswegs um eine neue, etwa auf Grund von Unzulänglichkeiten nötig gewordene Maßnahme handelt, sondern um einen im Abkommen vor- gesehenen Punkt des Programms. Nach dem Ab kommen hat innerhalb einer Frist von 6 Monaten eine technische Kommission, die sich zu gleichen Teilen aus deutschen und französischen Vertretern zusammen setzt, zusammenzutreten, um den Verlauf der Grenze festzusetzen. Diese Festsetzung ist nur eine vorläufige, da die wirklichen Verhältnisse sich naturgemäß nur an Ort und Stelle berurteilen und berücksichtigen lasten. Die endgültige Vermarkung der Grenze findet danach auch an Ort und Stelle statt. Innerhalb von 18 Monaten nach der Unterzeich nung des Protokolles der Berner Konferenz soll des halb in gemeinsamer Uebereinkunft mit möglichster Schnelligkeit die Bezeichnung und Vermarkung der von der deutschen Regierung an die französische zu verpachtenden Terrains am Benue und Mayo Kadi und in der Richtung auf den Longone zu vorgenom men werden, durch Vermestungsoeamte, zu deren Instruktion die Konferenz in Bern gleichfalls dienen soll. Die im Auftrage der technischen Kommission tätigen Vermarkutmsdeamten werden die Vermar kungsarbeiten an Ort und Stelle unter Berücksich tigung der Bodenformation und der örtlichen Um stände, z. B. der Erenzüberwachung und der Rassen gemeinschaft der eingeborenen Stämme, vornehmen. Sie sind dazu auf Grund des Abkommens befugt,, haben tunlichst der natürlichen Grenze zu folgen und sich der Wasserscheide anzupassen. Gültigkeit erlangen die Protokolle der technischen Kommission erst nach der Ratifikation durch beide Regierungen. Die Notwendigkeit dieses nicht mißzuverstehenden Verfahrens ergibt sich von selbst, denn es ist natur gemäß, bei der riesigen Ausdehnung der in Betracht kommenden Gebiete und bei der Unmöglichkeit, die örtlichen Verhältnisse von hier aus zu beurteilen, nicht möglich, die Grenzen einfach durch Striche auf der Landkarte endgültig festzulegen. Vielmehr waren die Grenzen bei den Verhandlungen nur in großen Zügen fcstgestellt, während die endgültige Vermar kung von vornherein späteren gemeinsamen Maß nahmen überlassen wurde. Line LSstmg üer Sarügneilentrsge? Aus Nom wird uns geschrieben: In den hiesigen politischen Kreisen besteht heute nicht der geringste Zweifel mehr, daß England seinen Standpunkt hinsichtlich der Behandlung Italiens im Aegäischen Meere seit etwa vierzehn Tagen einer gründlichen Revision unter zogen hat. Noch Mitte April wäre es nicht möglich gewesen, daß Italien, ohne einen scharfen Konflikt init England zu riskieren, in der Ausbreitung seiner Herrschaft im Aegäischen Meere ein so summarisches Verfahren eingeschlagen hätte, wie es jetzt mit stil lem Mißvergnügen Oesterreich, Deutsch land und Frankreich, die drei Mächte, denen Italien dort unten unbequem geworden ist, der Not der veränderten Situation gehorchend, zugeben müs sen. Hatte doch noch bei der Besetzung der Insel Stampalia die „Times" als Mundstück des Foreign Office Italien grollen zu müssen geglaubt. Aber nachdem die italienische Heeresleitung in der Insel- besctzung das Dutzend voll gemacht hat, herrscht zwi schen England und Italien eitel Freude und Frie den. Zu allem Ueberfluß hat Sir Edward Grey im Unterhaus die Erklärung abgegeben, daß Italien in seinem vollen Recht war, Rhodus und dis übrigen Inseln zu besetzen. Woher dieser Umschwung, der hier m Rom so freudig empfunden wird, daß die Regierung sich beeilt, England eine Sonderquittung durch den offiziösen „Popolo Romano" auszustellen zu lasten! An einer Instanz^ die eine vorzügliche Witterung für die jeweiligen Stimmungen auf der Consulata hat, wurde mir erklärt, daß „jetzt alles im rei- nen ist zwischen England. Rußland und Italien", Konflikte wären nicht mehr zu befürch ten. Die italienische Regierung hätte sehr klug zu operieren verstanden als sie die englischen und die russischen Wünsche in Einklang zu bringen hatte. Die Dardanellenfrage sei als gelöst zu betrachten, soweit die drei Reiche in Betracht kommen! Und Zwar gelüst auf folgender Grundlage: Rußland erhält für seine Kriegsschiffe den ungehinderten Durch gang durch die Dardanellen. England erhält das Recht der Besetzung von Kreta unter gleichzeitiger Revision der entsprechenden Verträge über die Behandlung der Insel von feiten der vier Schutzmächt«, Italien wird im Friedensschluß mit der Türkei außer Tripolitanien und Cnrenaika auch di« von ihm in der südlichen Aegäi» be- DM' Man beacht* anch die Inserate in -er Abend-Ansgabe. "WW
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