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Die kürzlich erfolgte Feststellung, daß der November nicht, wie befürchtet, ein Steigen der Arbeitslosen ziffer, sondern eine weitere Entlastung des A r - beitsmarktes um rund 30000 Arbeitslose gebracht hat, bedeutete also eine große Überraschung. Man kann sogar weitergehen und sich der stillen Hoffnung hingeben, daß diese Entlastung des Arbeitsmarktes vielleicht noch größer war, als sich nur aus dem Sinken der Ziffer für die angemeldeten Arbeitslosen ergibt; im Oktober war nämlich dieses Sinken der Ziffer für die angemeldeten Arbeitslosen mit 140 000 Köpfen angegeben worden, während die Krankenkassen mitteilen konnten, daß bei ihnen im November 141000 Neuversicherte zu verzeichnen waren. Es hatte sich also auch im Monat Oktober — und demgemäß hoffentlich auch im November! — wieder die Erfahrung gezeigt, daß die Zahl der Neubeschäftigten hinausgeht über das Sinken der Ziffer, die die Zahl der bei den Arbeitsämtern angemeldeten Arbeitslosen angibt Und jetzt, da wir in den Winter hineingehen, soll schnell noch einmal darauf hingewiesen werden, daß di« Zahl der bei den Arbeitsämtern eingetragenen Arbeits losen von ihrem höchsten Stand am 15. Februar di I. bis Ende November um 2,33 Millionen gesunken ist, daß an dererseits aber bis Ende Oktober d. I. die Zahl der Krankenversicherungspflichtigen, also der Beschäftigten, um etwa 2,6 Millionen stieg. Daraus ergibt sich die er freuliche Tatsache, daß auch die sogenannte „unsicht bare Arbeitslos i g k e i t", die für den vergangenen Winter auf etwa' zwei Millionen Köpfe geschätzt wurde, sich inzwischen doch recht erheblich vermindert hat. Außerdem ist ans den Mitteilungen des Statistischen Neichsamts über die Novemberemwicklung auf dem Arbeitsmarkt noch eine andere erfreuliche Tatsache fest zustellen: das saisonmätzige Ansteigen der Arbeitslosigkeit in den Außen berufen ist bei weitem übertroffen worden durch die in der zweiten Novemberhälfte er gebende Möglichkeit, fast 58 000 Arbeitskräfte neu ein zustellen. Diese neu eingestellten Arbeitskräfte entstammen nun zum allergrößten Teil den Kreisen der Wohlfahrts erwerbslosen und den Krisenunterstützten, also aus der Masse jener Arbeitslosen, die schon längere oder gar sehr lange Zeit ohne Lohn und Brot gewesen sind und nur au^die Fürsorge angewiesen waren; die nun arbeitslos Gewordenen aber beziehen die höhere Rente aus der Arbeitslosenversicherung, deren Wartezeiten übrigens ab gekürzt sind. Von wesentlichster Bedeutung aber ist, daß mitgeteilt werden konnte, die landwirtschaftlichen Ar beitgeber hätten trotz der beginnenden winterlichen Arbeitsruhe ihre Arbeitskräfte in einem für den einzelnen Betrieb eben noch tragbaren Umfang behalten. Läßt sich das auch weiter durchführen, so entfällt eine der Vor aussetzungen, auf Grund derer das Reichsarbeitsmini sterium vor kurzem mit einer kommenden Steigerung der Arbeitslosigkeit um 700 000 Köpfe rechnen zu müssen glaubte. So stark war nämlich die Arbeitslosigkeit in jenen Außenberufen während des vergangenen Winters ge stiegen, und -man war sich klar darüber, daß, theoretisck wenigstens, in diesem Winter das Ansteigen der Arbeits losenziffer vielleicht noch größer sein könne, weil während des Sommers 1933 die Zahl der in den Außenberufen Beschäftigen beträchtlich über das Maß der dort im Vor jahr Tätigen hinausgegangen war. Im Vorjahr? halt« aber wenigstens die Wirtschaftskrise nicht mehr die Ar beitslosigkeit auch in jenen Betrieben gesteigert, die an sich von Saisoneinflüssen unabhängig und nur durch di« Konjunkturentwicklung bedingt sind. Aber der Novem ber 1932 hatte eine Steigerung der Gesamtarbeitslosen ziffer um fast 250 000 Köpfe gebracht — während in dem diesjährigen November die Arbeitslosenzahl in den Außenberufen nur um knapp den zehnten Teil diese: Summe emporgedrückt wurde und in den übrigen Äe- ruksgruppen daher eine Abnahme der Arbeitslosigkeit um insgesamt 58 000 Köpfe erfolgt ist. Einerseits Hai zu dieser gegen die bisherigen Er fahrungen erfreulicherweise verstoßenden Entwicklung die weitere Belebung in der Industrie beigetragen, an dererseits hat aber auch die weitere Durchführung des Arbeitsbeschaffungsprogramms der saison üblichen Belastung des Arbeitsmarktes entgegengewirkt Das ist ja der Hauptzweck dieses Programms! Die Ein flüsse, die nun einmal im Saisonabschwung unvermeidlick sind, sollen zum mindesten kompensiert werden — und das ist nicht bloß im Oktober, der ja wohl zum Tei! diesen Einflüssen unterliegt, sondern, wenn auch, in ge ringerem Umfang freilich, im November gelungen. Wi, werden also zwar nicht mit übertriebenen Hoffnungen, wohl aber mit Zuversicht in den Winter hineingehen können. Die Hände, die einst dein Fcldpostpaket öffneten, müssen heute feiern. Sende diesen Kriegsopfern auck> heute ein Zeichen deiner Sympathie! Packe nach einmal ein Liebesgabenpaket! Die Gchiußvorträge im Lubbe-prozeH. Der Oberreichsanwalt hat das Wort. Nach Schluß der Beweisaufnahme im Rcichstags- brandstisterprozeß nahm Oberreichsanwalt Dr. Werner das Wort, um zum politischen Teil des Verfahrens zu sprechen. Er führte u. a. aus: „Mit dem heutigen Tage treten wir in das letzte Stadium eines Verfahrens ein, das wohl das umfang reichste ist, das seit Bestehen des Reichsgerichts vor seinen Schranken behandelt worden ist. Der Deutsche Reichstag ist das Opfer eines verbrecherischen Anschlags gewesen. Er galt nicht nur dem Gebäude, er galt symbolisch dem deutschen Volke! Die Anklage steht deshalb auf dem Standpunkt, daß dieser verbrecherische Anschlag das Fanal, das Signal sein sollte für die Feinde des Staates, die nunmehr ihren Generalangriff eröffenen wollten, um das Deutsche Reich zn zertrümmern und an dessen Stelle die Diktatur des Proletariats und einen Sowjetstaat von Gnaden der Dritten Internationale zu setzen. Bei der Bedeutung dieser Vorgänge für die Geschicke des deutschen Volkes ist es selbstverständlich, daß die Täter, die Hintergründe der Tat und die Hintermänner der Täter in Deutschlaud das größte Interesse hervor gerufen haben. Aber auch im Aus lande, ganz Europa, ja über das Weltmeer hinaus hat man sich der Bedeutung dieser Ereignisse nicht entziehen können. Das ist auch durchaus verständlich. Auch das Ausland wußte, Bürgerkrieg in Deutschland einleitcn sollten daß, wenn es richtig ist, daß diese Vorgänge einen mit dem Ziel, dem Bolschewismus zum Siege zu ver helfen, dies nicht nur eine deutsche Sache war, sondern, daß auch die anderen Länder davon betroffen waren. Es ist bis zu einem gewissen Grade auch verständlich, daß man sich im Auslande bemüht hat, selbst an der Erfor schung der Wahrheit irgendwie teilzunehmen. Zu diesen objektiven Wahrheitssuchern vermag ich allerdings die Leute nicht zu rechnen, die hinter dem sogenannten Braunbuch stehen. Wir kennen diese Leute. Es sind diejenigen, die im Bewußtsein ihres volksverräterischen Verhaltens gegen das deutsche Volk es nach Errichtung des neuen Reiches für zweckdienlich gehalten haben, den Staub Deutschlands von ihren Füßen zu schütteln, und die nun mehr ihre ohnmächtige Wut über das Nichtgelingen ihrer verbrecherischen Pläne, ihren Ärger und ihre Ent täuschung durch Beschmutzung abzureagieren suchten. Es hat sich einwandfrei herausgestellt, daß das Braun buch nur als eine schmutzige Tendenzschrift zu werten ist. Der Oberreichsanwalt beschäftigte sich dann mit dem Verfahren der sogenannten Londoner Kom mission. Er erinnerte ferner an die Äußerung des ^amerikanischen Rechtsanwaltes Hayes, der bekanntlich von der Londoner Kommission beauftragt war, der Gerichtsverhandlung beizuwohnen. Der Amerikaner habe zu dem schwedischen Kriminalpsychologen Dr. Söderman offen erklärt, daß er van der Lübbe als schuldig betrachte, die nationalsozialistische Regierung nichts mit dieser Sache zu tun habe; er wolle aber mit dieser Meinung nicht etwa hervortreten, weil er sich sonst Unannehmlichkeiten zuziehen würde. Nachdem der Oberreichsanwalt andere Beispiele für di« Hetz- und Greuelpropaganda gegen Deutsch land gegeben hatte, kam er zur Sache selbst: Als in den späten Abendstunden des 27. Februar 1933, so erklärt er, die Bevölkerung durch Extrablätter und von der Tatsache eines riesigen Reichstagsbrandes Kenntnis erhielt, ahnten Wohl die allerwenigsten, was hinter diesem Brande steht. Die allerwenigsten haben geglaubt, daß es sich um die verbrecherische Tat eines Einzelnen handelte und nicht geahnt, daß diese Tat bestimmt war, einen Angriff gegen den Bestand des Reiches auszulösen. Ich halte es für geboten, in aller Kürze den Hinter grund zu zeichnen, auf dem sich die Ereignisse abgespielt haben, die den Gegenstand des Verfahren bilden. Auf der Anklagebank sitzen lauter Kommunisten. Daß Toral er ein führender Kommunist in Deutschland ist, ist unbestritten. Auch die bulgarischen Ange klagten sind führende Kommunisten in ihrem Lande. Aber auch van der Lubbe ist Kommunist. Man wird mir er widern, daß er es hier bestritten hat. Trotzdem wieder hole ich: van der Lubbe ist Kommunist: Nach allem kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Lubbe jedenfalls seiner Gesinnung und Betätigung nach Kom munist ist. Denn er hat selbst angegeben, daß er die Brandstiftung begangen habe, weil sie ein Fanal sein sollte für die Erhebung des Proletariats, Wollen konnte er nur eine kommunistische Revolution. Es war ihm bekannt, daß in der kommunistischen Litera tur stets von der Notwendigkeit dieser Revolution ge sprochen wird. Cs war die einzige Revolution, die für ihn überhaupt in Frage stehen konnte. Die Propaganda der Kommunistischen Partei hätte den geeigneten Boden für diese Erhebung geschaffen, zu der seine Tat den Anstoß geben sollte und selbst, wenn diese kommunistische Revolution in ihrem letzten Endziel dem nicht ganz entsprach, was sein Ideal war, so hat er sich zum mindesten dieser kommunistischen Revolution für seine eigenen letzten Ziele bedienen wollen. Selbst wenn man annehmen wollte, daß van der Lubbe nicht Kommunist, sondern etwas anderes gewesen ist: durch seine Tat hätte er doch die kommunistische Revolution zum Ausbruch bringen können. Niemand wird die KPD. von der mora lischen Verantwortung für diese Tat entbinden können. Der Oberreichsanwalt geht dann über zur Schilderung des Hintergrundes, aus dem die Tat gewachsen ist. Die KPD. hätte seit der Zeit ihres Entstehens unentwegt das Ziel verfolgt, das Deutsche Reich und seine Verfassung zu stürzen und an deren Stelle die Diktatur des Proletariats und einen Sowjetstaat nach russischem Muster zu errichten. Als die KPD. die Fehlschläge ihrer Unternehmen erkannte, begann die Bearbeitung der Bevölkerung durch illegale Druck schriften und angeblich neutraler Verbände. Zum Schluß kam der Oberreichsanwalt auf die Organisation der Tscheka und der Partisanen zu sprechen. Bezüg lich der Partisanengruppen ist festgestellt worden, daß sie auf dem flachen Lande errichtet wurden und den Zweck hatten, durch Brandstiftungen, Sprengungen ufw. Furcht und Schrecken in der Bevölkerung zu erregen. Die Partisanen sollten, so fährt der Oberreichsanwalt fort, das Chaos herbeiführen, wenn die „große Aktion" losging. Dabei sollte mit Giftgasen, in Steinkohlen versteckten Sprengstoffen nsw. gearbeitet werden. Wenn die Partei sich von dem Einzelterror hin und wieder abwandte, so war das nichts als ein taktisches Manöver. Sie kann von der moralischen Verantwortung für diese Schandtaten niemals frei gesprochen werden. Mit Feststellungen über die mit allen Mitteln durchgeführte Zersetzungstätigkeit der KPD. bei Reichswehr und Polizei rundet der Oberreichsanwalt das Bild über die Bestrebungen der Kommunistischen Partei Deutschlands ab, alle Vorbereitungen für einen bewaffne ten Aufstand zu treffen. Der Oberreichsanwalt wendet sich dann den letzten Ereignissen zu, um zu beweisen, daß in dieser allerletzten Zeit die gewünschte revolutionäre Lage vorgelegen hat. Daß eine erheblich gesteigerte Tätigkeit um die Jahreswende 1932/33 eingesetzt hat, beweist allein die ungeheure Steigerung der Eingänge bei der Reichsanwaltschaft. Während im ganzen Jahre 1932 bei der Reichsanwaltschast 3289 Anzeigen in Hochverratssachen eingingen, waren es in den ersten drei Monaten 1933 allein schon 2152. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme des politischen Teils in großen Zügen wiederholend, stellt der Ober- reichsanwalt fest, daß zur Genüge bewiesen ist, daß im Frühjahr 1933 in allen Teilen des Reiches Vorbereitungen für einen bewaffneten Ausstand mit Terrorakten der ver schiedensten und furchtbarsten Art, Anordnung höchster Alarmbereitschaft usw. getroffen waren. Es hat sich auch gezeigt, wie er hervorhebt, daß man hier nicht etwa von bloßen örtlichen Vorgängen sprechen kann, sondern daß hier die Auswirkungen einer zentralen Anweisung Vor lagen. Man wartete nur noch auf den Befehl von oben zum allgemeinen Losschlagen. Die Lage war doch so, daß die KPD. vollkommen im klaren darüber war, daß. wenn sich die nationalsozia listische Regierung konsolidiere, die KPD. wahrscheinlich für immer in Deutschland ausgespielt hatte. Es war eine Verzweiflungstat, ein Vabanguespiel. Es waren damals jähe Wendungen eingetrcten, die einen sofortigen Entschluß verlangten, und diesen Entschluß hat die KPD. damals -gefaßt, indem sie das Losschlagen forderte. Die Ausführung?: ocS ObcrrciHsanwattS Doktor Werner zum politischen Teil der Anklage find damit beendet. Als der Vorsitzende die Verhandlung abbrtcht, stellt sich heraus, daß van der Lubbe erst einmal geweckt werden mutz; er war auf seinem Stuhl eingeschlafen.