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Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen ourch alle Postanstalten. Weißerih-Ieitmlg. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeil» 8Pfg. Amts- und Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Ämter nnd Stadträthe zv Kippotdiswatde and Fravensteiv. Dermtworffichkr Nedartrur: Larl Zehne in Dippoldiswalde. Der 2. September 187«. Der furchtbare Krach, mit welchem das Kaiser- thum plötzlich zusammenbrach und der Träger desselben sich unter den Schutz der deutschen Bajonette begab, wirkte förmlich betäubend auf die Gemüther, man kann sagen in ganz Europa. Man frug sich, ob das fabel hafte Ereigniß überhaupt wahr sein könne, und erst allmählich lassen sich Stimmen hören, welche sich mit den Folgen dieses in der Geschichte beispiellosen Ereig nisses beschäftigen. Wir wollen zunächst einer solchen Stimme aus Wien gedenken, welche im „Dresdn. Journal" vom 11. Sept, mit den Worten schließt: „Weit entfernt, etwaige Bestrebungen zu unterstützen, durch welche die deutschen Erfolge verkümmert werden könnten, hegt man vielmehr hier (in Wien) die Hoffnung, daß die Frucht der deutschen Siege: die Consolidirung und Einigung Deutschlands, auch zu einem innigeren Freundschaftsbunde des geeinigten Deutsch lands führen werde. Bei der begründeten An nahme, daß die Korrespondenten des „Dresdn. Journ." gut unterrichtet sind, dürfte besonderer Werth auf diese Meinungsäußerung zu legen sein, in welcher wir der von uns wiederholt in d. Bl. vertretenen Idee einer deutsch-österreichischen Allianz gern begegnen. Auch hier zeigt sich, daß die Macht der Thatsachen größer ist, als die jeweiligen Sympathieen und Antipathieen der leitenden Kreise. Eine Stimme aus England in der „Times" räth den Franzosen sehr entschieden, sobald als möglich sich mit Deutschland zu einigen, selbst wenn der Ge bietsverlust von Elsaß und Lothringen in den Bedin gungen enthalten sei. Bereits fangen auch einige Pariser Blätter an, dem Frieden, wenn auch nur schüchtern, das Wort zu reden, und es wäre doch möglich, daß man sich auf das Unterhandeln legte, wenn unser deutsches Heer die Stadt umzingelt haben wird. Ueber den Vormarsch unseres Heeres schweigt in gewohnter Weise die Presse, und nur aus französischen Blättern erfahren wir das Anrücken der Ulanen, auf welche Herr v. Girardin die Löwen und Tiger des zoologischen Gartens loslassen will. —r. Tagesgefchichte. -j- Frauenstein, 10. September. Während auch hier und in der Umgegend viele Aeltern und Anver wandte noch immer schmerzlich auf nähere Nachrichten über das Schicksal ihrer Angehörigen in der Schlacht um Sedan harren, laufen erst jetzt noch ältere Briefe derselben aus Frankreich ein. Einem solchen Privat briefe aus Malancourt vom 28. vor. Monats ent nehmen wir Folgendes, was von allgemeinem Interesse für die Leser dieses Bl. sein mag. „Der Krieg wird immer erbitterter. Gestern z. B. gerieth ich auf meinem Dienstritt, nur von einem Genöd'armen und meinem Diener begleitet, in ein Scharmützel zwischen Bauern und einer Colonnen-Bedeckung. Gräßliche Scenen! Wenn das so fort geht, wird eS schlimmer als 1813. Die Lebensmittel beginnen sehr zu mangeln. Die Verbindung mit Deutschland ist unzureichend. Auch die uneingenommenen Festungen und festen Plätze in unserm Rücken geniren uns vielfältig. Unsere Soldaten können sich mit den Einwohnern schwer verständigen und aus Mißverständnissen entstehen Differenzen aller Art. Die Sachsen sind, soviel ich höre und sehe, über all noch am beliebtesten; ob wegen geringerer Rücksichts losigkeit oder in Folge nachwirkender Erinnerungen und des guten Klangs ihres Namens, kommt mir nicht zu beurtheilen zu. Ich kann nur so viel sagen und ver treten, daß unsere Etappen-Inspektion oft als Schutz engel auftritt und ich bei jeder Gelegenheit mir gerne die besondere Genugthuung verschaffe, die Leute in offenem Felde von Marodeurs und ungerechten Requisi tionen zu befreien. Ihr glaubt nicht, wie schwer e- ist, im Kriege Humanität und Strenge zu vereinigen. Immer hat man zu wehren, daß der Mensch nicht unter das Thier herabsinkt. Der Krieg entfesselt alle bösen Leidenschaften. Es ist ein ander Ding, eine Armee von vorn anzusehen, da trifft man Tapferkeit, Muth, Aufopferung; und von hinten: da ekelt uns der Egois mus, die Habsucht, die Faulheit an. Leider bringt es meine dienstliche Stellung mit sich, die Armee meist von hinten zu sehen. Was das Ende des Krieges sein wird, kann man jetzt weniger wissen als je, trotz unserer glänzenden Siege, die leider so große Opfer gekostet haben. — Wenn man nur einmal eine Nachricht er hielte, wie es in der übrigen Welt hergeht. Seit drei Wochen habe ich keine Zeitung gesehen. Briefe eben sowenig, wie meine Kameraden. Kaum wissen wir, ob Deutschland noch existirl. — Es gehört eine gute Gesundheit dazu, die unregelmäßige Lebensweise, zumal im Essen und Trinken, abzuhalten. Oft Tage lang keinen Bissen Brod, nur Fleisch, dann umgekehrt rc. — Eben erfahre ich, daß das Läuten den Sonntag bedeute. Man lebt wie ein Wilder, weiß kaum, ob Sonn- oder Wochentag. — Bruder G. immer noch nicht gesehen, nur gehört, daß er noch wohlauf, nun aber seine Brigade nicht mehr zwischen Centrum und rechtem Flügel, sondern Avantgarde, und daß er mit seinen Zittauern speciell zum nächtlichen Feldwachendienste, dem Feinde unmittelbar