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Sonntag» äen 26. August 1928 Muer Tageblatt MMZ Mzeiger für -as Erzgebirge MW <r«i«sramm,r Lagrblatt Mrerzgrdirg« Enthaltend -le amtlichen Sekanntmachungen -es Rates -er Eta-L an- -es Amtsgerichts /tue. Postscheck-Kontor Nm» Leipzig n,. 1^, Nr. 200 Sonntag, äen 26. August 1928 23. Jahrgang SL! Bet der gestrigen Sitzung der Interparlamenta rischen Konferenz ergriff das Mitglied der englischen Gruppe SaNatvala das Wort; er betonte, daß er Oie heutige Nummer enthält u. n. folgende Beiträge: Bekämpfung der Betriebsunfälle. Des „möblierten" Ehepaars Leiden. Dio Münchener imd die Pinakotheken. (Bon K. Sitlinger). Zeige deinen Kops und ich sage dir . . . Vornehme Niobe Hunde. Die sieben Bäder Roms. Präsidenten sollten es ihren jeweiligen Regierungen zur Genehmigung vorlegcn, damit es an alle Volks schul- lchrer verteilt werden könne. Zur Begründung dieses Antrages führte der Senator aus: Vor einem halben Jahrhundert noch genossen die Parlamente größeres Ansehen als heute. Tas liegt daran, daß, man in zwischen das Wahlrecht großen Volksmassen gegeben hat, die noch .nicht daraus vorbereitet waren. (Lebhafter Beifall.) Darauf führte der französische Abgeordnete Re- naudel aus, da, wo das große Prinzip des all gemeinen Wahlrechts abgeschafft ist, ist eine allge meine Unruhe, sind .Störungen eingetreten. Es ist die einzige Formel, auf der das moderns Staatswesen nufgebaut werden kann. (Lebhafter Beifall.) Tr. Lakatos -- Ungarn erblickte die große künftige Aufgabe des Parlamentes nicht so sehr in der Gesetz gebung -- dafür gebe es auch andere sachverständig« Stellen —, sondern in der politischen Regierung des Landes unmittelbar durch das Parlament. Für diesen Zweck sei das Parlament unersetzlich. Tie Schicksalsfrage des Parlamentarismus werde die sein, ob er Herr bleibe über die stetig wachsende Macht der organisierten Körperschaften im Staat. ES gebe nur zwei Auswege aus dem Parlamentarismus: Diktatur oder Ständeparlamcnt. Tas Parlament dürfe aber nicht die Generalversammlung vereinigter Berufs stände werden, "darunter leide der StaatSgedanke, und es fehle die Möglichkeit, die Führerpersönlichkeiten im täglichen politischen Kampfe auszulesen. (Zustimmung.) weil die Minderheiten kein Vertrauen zum Völkerbund hätten. "(Stürmische Zustimmung.) Hierauf ergriff der Präsident der österreichischen Gruppe Drexel das Wort. Rur dec Anschluß an ein großes Wirtschaftsgebiet könne die Rettung Oesterreichs bringen. Wir sagen der ganzen Welt, so führ er fort, gebt dem kleinen Oesterreich den Weg frei, den es braucht, um sich gleichberechtigt einzuord nen in die Nethen der Welrstaaten. (Lebhafter Beifall.) Zehn Jahre nach dem Kriege können die Sieger auch ohne Gefahr für sich .dem deutschen Volke freie wirt schaftliche Entwicklung geben. (Lebhafter Beifall.) Der Präsident der rumänischen Gruppe Djub ura betonte, gerade jene erschreckenden Zahlen, die die Statistik über den Weltkrieg errechnet habe, nach denen 50 bis 60 Millionen Tote und über 340 Milliarden amerikanische Dollar Kricgsunkosten festgestellt worden sind, zwängen die Nationen dazu, an der Organisa tion des Friedens und der Gerechtigkeit im Rahmen der internationalen Organisation zu arbeiten. Die Konferenz trat nachmittags in die Beratung des zweiten Punktes ihrer Tagesordnung ein, der sich mit der gegenwärtigen Tntwicklung Les parlamentarischen Eysteinn befaßt. Dazu liegt der Konferenz der gedruckte .Be richt des früheren Reichskanzlers Dr. Wireh vor. Tr. Wirth begründete zunächst, .mit lebhaftem Beifall begrüßt, als Berichterstatter die von ihm vorgelegle Entschließung, die wir schon berichtet haben. Nach den Ausführungen Dc. Wirths beantragte Senator Dr. Belcourit-Kanada, dem zweiten Teil der Entschließung .sine neue Ziffer 7 hinzuznfligen, nach der es heißt, daß die Konferenz die Aufmerksam^ keit der Gruppen auf die Notwendigkeit hinlenk«, die Schuljugend in den Volksschulen etnzuführen in Vie Grundprinzipien von Negierung, Parlament, PoKsvsr-- tretung, von Wahlgesetz, Abstimmungsfretheit und von Bürgerpflichten. Zu diesem Zweck solle ein kleines politisches.Handbuch für Volksschullehrer ausgearbeitet werden, das die Grundzüge des repräsentativen Systems darstelle und zugleich Angaben über die beste Methode tuud die besten Mittel für Viesen Spezialanftrrickft ent halte. Tiefes Handbuch solle in die Sprachen der UnidN augchörenden Gruppen übersetzt werden. Tie Die Schicksalsfrage des Parlamentarismus Die interparlamentarische Tagung Die Politik äer Woche. Pur der Unterzeichnung. — Ueberall Verstimmungen. Das geheimnisvolle Flottenabkommen. — Wahlen in Griechenland. Der Panzerkreuzer. Die nbgelcmfene Woche hat fast allen Kabinetten dazu ge- dienl, die nötigen Vorbereitungen für die Pariser Unlerzeich- nuagsfeierlichkeiten und für die Genfer Verhandlungen zu treffen. Auch eine Sitzung des Reichskabinctts — es war die erste Sitzung des neuen Kabinetts, an der der Außenminister Dr. Sireseiuann teilnahm — war diesem Problem gewidmet. Rechne!- man damals noch damit, daß der Reichsanßcimnnister sich von Paris direkt nach Genf begeben würde, so hat eine uene ärztliche Untersuchung Dr. Strescmnnns ergeben, daß der Gesundheitszustand oes Außenministers noch nicht wieder der art ist, daß Stresemann sich so große Anstrengungen, wie sie die Genfer Verhandlungen nun einmal mit sich bringen, zn- Vor cler Artter?ei6)nung äes ReUogg-Psktes." Der große Tag, an dem der Kriegsderzichtsver- trag unterzeichnet wird, ist nunmehr herangekommen. Am Montag nachmittag werden die Vertreter von 15 der größten Staaten den Vertrag unterschreiben, und damit feierlich erklären, „daß sie den Krieg.als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegensei tigen Beziehungen verzichten". Was damit erreicht ist, darüber gehen di« Meinun gen heute uoch weit -u.'seinander. Cs gibt glühende Verehrer und begeisterte Anhänger des Kellogg Paktes« die diesen Vertrag als einen der größten Fortschritte der Menschheit bezeichnen, und es gibt Pessimisten, di.; von diesem Bsriruge meinen, daß er kaum das Papier wert sei, auf dem er geschrieben stehe. Die Literatur über den Kellogg-Pakt ist recht umfangreich geworden, aber auch hier bekämpfen ftch die beiden Anschauungen. Die Wahrheit dürfte wie so oft, in der Mitte lie gen, -hat doch auch Kellogg selbst erklärt, daß er nicht der Ansicht sei, mit diesem Vertrage sei nun das tausendjährige Reich oder der ewige Frieder: gekom men. Nicht ganz mit Unrecht hat man auch-immer wieder daraus Hiugewiesen, daß der ursprüngliche Gs- danke, jeden Krieg außerhalb des Rechtes zu stellen, durch die englischen und durch die französischen Vor- behalte durchlöchert worden ist, was freilich von ande re ToUe damit entkräftet wird, daß mehr im gegen- wärftgeu Augenblick nicht zu erreichen war. Der HauptrnLngel des Kellogg-.Paktes ist und landg stsin^ D*' v"" Schubert, der Wortführer Deutsch. In politischen Kreisen wird Bürt auf die Feststellung ge- legt, daß die Entschließung des Reichskanzlers, selbst nach Genf zu fahren, nicht lu erster Linie auf die Frage der Rheinland- rvumuua zurückgeht. Zwar wird Reichskanzler Müller den Außenminister naturgemäß muh bei bei: Besprechungen ver treten, die, wie jedesmal, so auch zweifellos jetzt neben den ementllchcn.VStterbi'.ndssttznngett stattfinden werden. Vor allem Rau fährt del. Kanzler wegen des Völkerbun des selbst nach Genf, weil das deutsche Volk in einer so großen und wichtigen Versammlung, au der die hervor- rasendsten Führer des Auslandes tetlnehmen, ebenfalls durch einen Verantwortlichen Staatsmann vertreten sein muß. Das gebietet nach der Auffassung Politischer kreise auch schon die Rücksicht aut die kleineren Staaten, mit denen wir zusammen arbeiten und die bekanntlich immer den größten Wert auf die Respektierung des Völkerbundes durch die sogenannten „Großen" legen. Reichskanzler Müller fährt nach Genf Oie gestrige Kabinettssttzung. Da? Rcichskalünett hat fick in seiner gestrigen Sitzung dahin entschieden, daß für den durch seinen Gesundheitszustand bedauerlicherweise noch behinderten Neichsminister des Aus wärtigen der N c i ch s i a n z l c r selb fr die Führung der deutschen Delegation für die diesjährige Bölkerbundsvcr- smnmlnng in Genf übernehmen wird. Der Reichskanzler be absichtigt zur Eröffnung der Bundesversammlung, 'm.- .am 3. September stattfindet, in Genf einznlrcssen. Die Dauer seines dortigen Aufenthaltes wird von dein Verlauf der Ta gung abbüngeu. " , Zu dem Kabinettsbeschluß über die Reise des Reichs kanzlers nach Genf wird von den Berliner Blattern betont, daß der Reichskanzler nur sür die Vollversammlung d»s Völ kerbundes die Führung der deni.chen Delegation übernehmen werde. Für die vorher stattfindende Tagung des Rates werde dagegen, wie im Juni, der Staatssekretär im Answär- muten darf. Die deuttche Abordnung in Gens wird daher un- ^ls .einziger Vertreter des Kommunismus spreche und ter ^uhrung des meich-.'Mnzlcrs Muller siechen. f sagte u. a., solange noch fremde Besatzungstruppen sich Ueberhaupl kann man nicht sagen, daß die»Atmo,phnre ^f dem Hoheitsgebiet anderer Staaten befinden, würde auch mn annähernd o ist, wie sie unmittelbar vor der Nmer- x - ck rzrwdeusvakt AlmomsL sein Zeichnung eines so weittragenden Vertrages wie des Kellogg- ^"^^enIan . . Paktes sein müßte. Man kann ganz davon absehen, daß der ' --tUtschamerrlanl.^ Ba . Vhvlot ervarte, die neue französische Ha n s h altplan wiederum »in» i Erfahrung lehre, daß die Großmacht« trotz ihrer jeier- Vergrößerung der RustungSausg a b e n bringt, s liehen Versprechungen auf eine Abrüstung einfach nicht was auch nicht gerade den Anschein erweckt, daß man in Frank- Eingehen wollten. Es bleibe deshalb nichts übrig, als reich gesonnen wäre, irgendwelche Folgerungen aus der Un-f zunächst das Schiedsgerichtsshstem zu Vervollkommnen terzeichmmg des kriegsöchtungSpaktes zu Kehen. Man kann;uud dann erst abzurüsten. ,. K. «--- »7 MV," --«-mV. stunden ist. In Italien fühlt man sich durch dieses Abkommen Gehandelte im Auftrage bedroht, man glaubt, daß die Vereinbarungen in erster Linie'der deutschen Minderheit sowoyl als auch der Minder» gegen Italien gerichtet sind und daß England sich bereiterklärt ss hsiten Europas .ihre Lage, die sich, wie er ausführte, Hai, die Transporte französischer Kolonialsoldaten nach Frank- An den letzten Jahren außerordentlich verschlechtert habe, reich im Kriegsfälle zu sichern. Angesichts dieser starken Ver- j Gewiß. ginge die Zahl der Klagen der Minderheiten jtimnnmy in Rom ist cs nicht weiter verwunderlich, daß ein beim Völkerbund zurück, aber das geschehe nicht, weil "U, sich unht sondert"!^ Anlaß zu Klagen mehr vorhanden sei, sondern enw Prugetei zwrsc^n italiem chen Studenten uno der Pari-snm,„ t.wi, u: ser Polizei, Anlaß gegeben hat zu fr a u z v s e n f e i üb lich e n Kundgebungen. Man hat in Italien diese Studenten sehr feierlich empfangen und der Generalsekretär der faschistischen Partei, Tnrati, Hal bei dieser Gelegenheit eine Ansprache gehalten, die wohl am besten als Kampfansage be zeichnet und die charnktcristischerweise auch Rnfe wie „Nie der mit Fr a n k r e i ch " nnSlöste. Es ist begreiflich, daß man darüber wieder in Paris nicht gerade sehr entzückt ist, doch bemüht sich die französische Presse, die ganze Angelegen heit totzuschweigen. In London wiederum ist man arg verschnupft, weil der amerikanische Staatssekretär Kellogg seinen Besuch in der englischen Hauptstadt angesagt hat. Dabei hat sich die englische Presse mit anerkennenswertem Eifer bemübt, die amerikani schen Besorgnisse wegen des französisch-englischen Flotkenab- koininen-s zu zerstreuen. Immer wieder hat man, und darin wnrde die englische Presse auch von den der französischen Re gierung nahestehenden Blattern unterstützt, sich um den Nach weis bemüht, daß das Fl o tt en ab k omm e n eine äußerst harmlose Sache sei und keinerlei G e h e i m k l au setn ent halte. In Amerika hat man düsen Versicherungen offenbar nicht Glauben geschenkt, man hält eS dort für sehr wenig wahr scheinlich, daß die englischen Politiker in der Lnndrüstung Frankreich freie Hand lassen, wenn nicht weltergehende Ver einbarungen getroffen sind Auch sprechen zahlreiche Anzeichen, dafür, daß die englische Politik sich stärker au Frankreich ge bunden hak, als man das heute in London wahrhaben null. Sonst ist es in der Außenpolitik verhältnismäßig still ge blieben. Erwähnung verdienen eigentlich nur noch die grie chischen Wahlen, bei denen Venizclos unbestrittener Sieger blieb. Die Royalisten werden in der neuen Kammer nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. In der Innenpolitik reißen die Auseinandersetzungen über den Panzcrkreuzerbanbeschluß nicht ab. Die Sozialdemokratie wird von diesen Auseinandersetzungen naturgemäß in erster Linie betroffen. Den Partciinstanzen ist es dabei bis heute noch nicht gelungen, die Erregung zn besänftigen, vielmehr ist in verschiedenen Veranstaltungen örtlicher Organisationen sehr nachdrücklich gegen die Haltung der sozialdemokratischen Mini ster Stellung genommen worden, hat doch auch die Orts gruppe Breslau sogar erneut den Rücktritt der sozialdemokrati schen Minister gefordert, was in der gemeinsamen Sitzung des sozialdemokratischen ParteiauSschusies mit der Reichstagsfrak tion ausdrücklich abgelehnt worden war. Inwieweit der inzwischen vom Kabinett gefaßte Beschluß auf Verlängerung der Unterstützungsdauer in der Kris en - fü rsorge aus 39 Wochen geeignec ist, die hochgehcnden Wogen der Erregung zu besänftigen, bleibt zunächst abzu warten«