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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.01.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110120019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911012001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911012001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-01
- Tag 1911-01-20
-
Monat
1911-01
-
Jahr
1911
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Anzeigen-PreiS lrt-o «ui Lvedueur« 2»«l l»«Iich «» v«u« -edrachl: ><t i »»«ul.. L.7V ««ttlltvlt »ei »»«» ^itial«, ». natz»»ii<N<i> 7» H >»»nart., T.RL v eru l^lul. O»rck »t« D,»: »«ttchlMU- und d«r »«««ch«» >^»n« „enclittzrc. » »» «onatl. »»«tchl. Bolidelikllgcld z«r»er « tlelg«««, rLn«mart, ixn Doauusiaale», Ir«l>»n, Puremdur^ Niederlande. «»», »«,»» Oesterreich llagurn. «utzlau», Lchweden, Lchiverz ». Svanren. In allen adrigen Llaaten nur airetl durch »t» Gastdtitliieü« da» «lairee «H^uuch. Da« Law»>,er Lechadlan «stdanu 2 »ul ltgltch. S»on» a Aelrri«,» an, mnrnent. «da»»» .«u.«nnai»e! Au,»i1o»»latz I< d« unsere» irtgern. Filialen. Loedilaur« und Lunadmedelleu. wnn« P»lcämt«r» and Briet rrt-eru. rt,,«Iv,rlaui»vr«i» »« ««ro»» eutgade 10 der e den»-ulaad- » Nedattlon an» GeschaN.steller Hadanalsgasj« ». garnchaecher: I4M4- Morgen-Ausgabe. KMgcrTaMM Handelszeitung. Amksklatt des Aales und des Vokizeiamtes der Lladt Leipzig. Kr Aulrrol- »u» «.eiou» .-no -imqeSu», di« vgr>vairene i0 wia »reu, l!eril,rji- 2b ch. dl» 7« mm drei!» isteklain,»»u» l »iw »u.wan» K- istektain«» t.2U Jnierar» o»n ürlidrven -» emilichen leil di» 7« mw brru» Penieeil» 4i> G«>cha>r«anie,aen <nu V ahoorichriilr» aao tu »er chbendau»)ad» >»> Lreoe ertzilhk. rstadail naa, eanl. Seilageaevädr b o. Lauienb «rN. Poitgedutn. gekerceUte NuirrLg« können nichi «urSck- ae^ogen werden. ,Zür da» Eriche inen an dastiminlen Lagen und Pit,en wird keln« Garantie übernommen. »ni^igen-Onnadmei Lugailu»VI«H », »ei itinllichen iZilialen a. allen elnnoncew- «ttt-ebltione» de» ,Zn» und Äu-lande«. Haaui-Kiliai, Serltn. Carl DunL«> ^eiinui Vave. Hosbu^ yandiung ljunowstran« UL lDel rdoo VI. -Ur «MH. -auot-^llralr Lresken: Leeitr ,e 4. l iLelez »du 4e>llti. Nr. 20. krests«, ücn so. Isnusr ISN. l0S. Zshrgsng. Dss Wichtigste. * Prof. Dr. Hans Meyer in Leipzig »ist für die Errichtung von Forschnngviuitituten an der Universität Leipzig einen Beicrag von ldvllllv .<t gestiftet. (S. Feuill.) * Der Staatssekretär des Reichsmarineamtes v. Tirpitz gab in der Budgetkommission Les Reichstages eine ausführliche Erklärung über den Untergang des „17. 3" ab. sS. Leitart.) * Der Reichstag setzte am Donnerstag die zweite Lesung des Wertzuwachs st euer- gesetzes fort. sS. Reichstagsber.) * Die Vereinigung deutscher Hochschullehrer in Innsbruck erklärte sich einstimmig mit der Leipziger Hochschullehrer-Resolution gegen den Modernisteneid einverstanden. k§. Dtschs. R.) * Der frühere spanische republikanische Minister Eerez Toastales d e l A l a m o ist gestorben. * Der frühere Intendant des Koburger Hoftheaiers non Frankenbura und Ludwigstal wurde zum Intendanten der Braunschweiger Hofbübne ernannt. sS. K. u. Wiff.) "In der Champagne wiederholten sich schwere Ausschreitungen der Winzer. Die Regie rung ordnete besondere Maßregeln zur Vor beugung neuer Ausschreitungen an. iS. Letzte Dep.) Unter See. Es ist gerade nichts Neues, über Unglücks fälle von Unterseebooten zu lesen. Aus England, aus Japan, in letzter Zeit mit einer gewissen unheimlichen Regelmäßigkeit aus Frankreich, sind derartige Meldungen dem Zeitungsleser beinahe etwas Vertrautes. Man hat mehr oder weniger darüber hinweggelesen. Ueber die Kieler Meldungen jetzt hat kein Mensch hinweggelesen. Es ist eben doch etwas anderes, auch in unserer Zeit der Jnternationalisierungsbestrebungen des den Erdball umspannenden Humanitätsgefühls, ob daheim oder draußen Wackere ein Unglück trifft. Gerade in einem solchen Falle sind jäh aus der Tiefe aufschießend die Gefühle der nationalen Zusammengehörigkeit auch bei denen lebendig, die für diese Gefühle nichts übrig zu haben am Werkeltag oberflächlich oder verbohrt genug sind. Mögen sie später sich diese Gefühle wieder wegspotten oder wegdisputieren; sie sind doch einmal dagewesen. Eben in der Tatsache, daß stark wie eine Naturgewalt jäh das Bewußtsein der nationalen Zusammengehörigkeit in jeder Brust auflebt, darin liegt etwas, das in solchen bitteren Stunden über das Niederdriickcnde hin weghilft. * In diesem Fall haben wir aber noch mehr. Musterhaft haben sich Offiziere und Mannschaften an Bord des „II. 3" benommen. Die eherne Disziplin und die Selbstzucht, die unserer Marine vor anderen eignen, haben sich bei diesem heimtückischen Unglück glänzend bewährt. Auch der Laie weiß, daß bei einem Schifisunfall der Kapitän der sein soll, der sich zuletzt birgt, und er hat auch noch einen Nachklang davon im Ohr, wie wenig Offiziere und Mann schaften jenes großen französischen Passagier dampfers, der vor einigen Jahren leck sank, sich an solche Regeln kehrten. 2n Kiel ein anderes Bild. „Die Matrosen und Heizer wurden zuerst, dann die Unteroffiziere und weiteren Vorge setzten geborgen", heißt es im Bericht. Regle- mentmäßig wie bei einer Exerzierübung ist es bei dieser Rettung zugegangen. Reglement mäßig in Stunden, in denen die Aussicht auf einen jämmerlichen Tod, schlechte, komprimierte Luft, üble Gase und Hunger die Gehirne um nebelten. Bei solcher Gelegenheit zeigt sich, was Disziplin und Selbstdisziplin ver mögen. Eine Marine, die diese Feuerprobe be steht, darf billig auf sich stolz sein, und unsere Marine hat diese Feuerprobe glänzend bestanden. Es ist für uns, die wir aus guter Er fahrung kennen — man denke an den Unter gang der „Iltis" —, wie unsere blauen Jungen und ihre Offiziere zu sterben wissen, als selbst verständlich, daß die Offiziere des Untersee bootes ihre Pflicht ohne Wanken bis zum letzten Augenblick getan haben und in Erfüllung ihrer Pflicht in den Tod gingen, dem sie sonst vielleicht mit den andern entronnen wären. Und doch ziemt es sich, daß wir uns einmal vergegenwärtigen, wieviel zu dieser Selbstverständlichkeit gehört. Der Kommandant de» Bootes, Kapitänleutnant Fischer, hatte sich vor acht Tagen verheiratet? Er hatte andere Lockungen, der Gefahr auszuweichen, noch zu bekämpfen, als sonst der Seemann sie hat. Welche Pflicht steht höher? Die gegen das eben angetraute Weib? Die gegen das Große, Ganze, dem man dient? Die Fragen konnten sich ihm aufdrängen. Sie sind ihm fremdgeblieben. Als der Unfall erkannt wurde, als das Boot voll Wasier zu lausen begann, begab er sich sofort, gefolgt von dem Leut nant zur See Kalbe, nach dem Turm, um dort den letzten Versuch zur Rettung des ihm anver trauten Fahrzeugs, der ihm anvertrauten Leben zu machen, obwohl er wußte, daß er sich selbst damit den Weg zur Rettung wahr scheinlich abschnitt. Die Pflicht rief ihn. Er mußte suchen, das Boot auf Grund laufen zu lassen. Der Versuch ist zum Teil noch geglückt; und die Pflichttreue des Kommandanten hat vielleicht allein die achtundzwanzig Leben ge rettet, die geborgen wurden. So handelt ein Held, der sich selbst zu bezwingen lernte. Es darf uns mit freudigem Stolze erfüllen, daß, wann immer die Tücke der Elemente den deutschen Seeleuten die Probe aufzwang, sie sich als Helden bewährt haben wie Kapitän leutnant Fischer und Leutnant zur See Kalbe. Dem Unterseeboot haftet etwas Heim tückisches an. Ungesehn, unbcmerkbar pirscht es sich an einen stahlgepanzerten Dreadnought koloß heran. Ein einziger guter Treffer — und der mit Stahlplatten und Riesengeschützen bewehrte Leviathan versinkt rettungslos in die Wellen, ohne sich auch nur bewußt zu werden, woher der heimtückische Angriff kam. Wer an Bord der Dreadnought steht, mag den Angriff als heimtückisch empfinden. Für die Leute im Unterseezwerg liegt es anders. Sie laufen, wenn sie sich auf den Angriffsweg machen, hundertfache Gefahr. Die Dreadnought ist viel schneller. Line unberechenbare Wendung eines der Riesen der feindlichen Flotte, und mit Mann und Maus ist das Unterseeboot versunken Schlimmer noch: kommt das Unterseeboot zum ersehnten Ziele, trifft es den Riesen mit dem Torpedo, so liegt darin für den wagemutigen Zwergen die größte Gefahr: es ist sehr wohl möglich, daß es in den Strudel widerstandslos mit hineingezogen wird, in den der sterbende Riese versinkt. Hundertfache Todesgefahr droht der Besatzung des Unterseeboots, und sie kann nicht bestanden werden unter Gottes freiem Himmel, die Brust im Gefechte gelüftet, im Sonnenglanze oder ankämpfend und obsiegend gegen den wild heranschnaubenden Sturm. In dumpfer Enge, im Bauche des Meeres ein geschloffen, ist alles das zu bestehn. Kein ruhm rediges Heldentum, das sich an der eignen Pose berauschen kann, ein schlichtes, wortkarges Helden tum wird hier verlangt. Deutschland hat gewußt, daß es über solche Helden verfügt. Der Unfall des ,,l'. 3", der Tod Fischers und Kalbes und des Matrosen-Rudermanns Rieper, den gleich den Vorgesetzten die Pflicht an den Turm band, haben diese Gewißheit bestätigt. Nicht umsonst sind diese deutschen Männer geblieben. Nicht umsonst sind Oberleutnant zur See Valentine, Bootsmannsmaat Heinrich und Torpedoheizer Eiesner in den engen Schlund des Torpedo lancierrohres gekrochen, den eingeschlossenen Kameraden den Weg ins Freie, ins Leben zu bahnen. Ihre Haltung mehrt und stärkt die Achtung des Inlands vor unserer Marine und lehrt das Ausland erkennen, daß deutsche Männer ernst zu nehmen sind, weil sie groß zu sterben wissen. Ursache und Verlauf des Unfalls. In der B u t g et k o m m i s s i o n des Reichstags verlas Staatssekretär des Neichsmarineamls v. Tirpitz am Donnerstag ein amtliches Tele gramm aus Kiel über die Ursache und den Ver lauf des Unfalls. Das Unterseeboot „II. 3" machte um Vormittag des 17. Januar in der Heikendorfer Bucht Trimmübungen, bei denen durch Füllen der Tanks das Boot in tauchbereiten Zustand acbracht wird. Ohne daß eine eigentliche Unterwasserfahrt stattfindet, taucht das Boot so weit ein, daß das Deck eben unter Wasser kommt, während der Kommondoiurm über Wasser bleibt. Als Bcglcitboot fungierte das Unterseeboot „17. 1". Außer der etats mäßigen Besatzung von zwei Seeoffizieren, einem Ingenieur und 13 Mann hatte das Unterseeboot zehn Schüler an Bord, nämlich drei Seeoffiziere, zwei Ingenieure und fünf Mann. Als beim ersten Trimmen sich der Hintere Ventilation»- mast umlegte und ins Wasser kam, trat durch den Schieber, der diesen Mast gegen das Doot ab schließt, aus bisher unerklärter Ursache Wasser in schnell steigender Menge in den Ma. schinenraum Der Kommandant ließ sofort die Hinteren Ballasttanks ausblasen, um das Boot hinten zu erleichtern. Außerdem wurde versucht, das ein dringende Woher mir einer Lenzpumpe auszupumpen. Die Sicherheitsgewichte wurden abfallen gelassen und zugleich Telephonbopn und Hebebojen steigen gelassen. Trotz dieser Maßregeln stieg das Wasser im Mnlch'nenraum schnell 'c weit, daß dieser Raum verlassen werden mutzte. Die Leute zogen sich zunächst in die Zentrale zurück und schloffen das Schott, das zunächst dicht h -lt. Infolge der ein getretenen starken Ncigung des Bootes floß v-.r- mutlich in einzelnen Atkumul'tcrcnzellen Säure über, wodurch Kurzschluß entsiand. Einige Hirtgum-' c- rästen, in denen sich die Akkumulatoren befinden, fingen zu schwelen an. Wegen des entstehenden Qualmes gab der Kommandant Befehl, daß sich die Besatzung hinter das druckfeste Schott des Tor pedoraumes zurückziehen sollte. Er selbst blieb in dec Zentrale und blies von dort nunmehr die vorderen Ballasttanks aus, um das Boot vorn, wo sich die Mannschaft befand, über Wasier zu bringen. Der Aufforderung, mit in den Torpedoraum zu kommen, folgte er nicht, sondern ging, als er es in der Zen trale nicht mehr aushalten konnte, in,den Kommando turm, um von dort das Ausblasen fortzusetzen. Später lief auch die Zentrale durch Nachdringen des Wassers teilweise voll. Der Unfall wurde von dem Unterseeboot „II. 1" sofort bemerkt. Durch die Telephonboje wurde von „Hs. 3" die Meldung ausgenommen: „Hinterer Teil voll Wasier gelaufen." Eine weitere Verbindung durch die Telephonboje war nicht möglich, da inzwischen die Zentrale verlassen war. Durch Ver mittlung des Kreuzers „Augsourg" wurde die Hilfe der Torpedo-Inspektion und der Werft angerusen; da das Hebeschiff „Vulkan" zur Dodenreinigung im Dock lag, war zuerst der Werftkran im Verlaufe einer knappen Stunde zur Stelle. Da nach der Lage des Bootes angenommen werden mußte, daß sich die Besatzung vorn befand, wurde mit dem Kran das Vordrteil so weit gehißt, daß die Mündungen der Torpedorohre über Wasser kamen. Diese Art des Vorgehens schien nach Lage der Sache schnellstens Erfolg zu versprechen. Auf Heran ziehung des „Vulkan", der 1 Uhr 25 Minuten eintraf und das Boot nur in horizontaler Lage hätte heben können, wurde daher zunächst verzichtet,/zumal der Schwimmkran zu dieser Zeit seine Takel durch Taucher schon eingeschäkelt hatte. Durch die Torpedo rohre wurden die im Torpedoraum befindlichen Leute gerettet. Sie hatten unter den durch das Schatt eindringenden Dämpfen zu leiden und hielten sich nur dadurch, daß durch den vorgesehenen Notluftanschluß Luft von außen zugefübrt wurde, und daß man die im Unterseeboot befindlichen Mittel der Luft erneuerung ausnutzte. Bei der Rettung zeich neten sich, wie bereits gemeldet, aus: Oberleutnant Valentiner, Torpedobootsmannsmat Heinrich und Torpedoheizer Gießner. Inzwischen war festgestellt, daß der Kommandant, der Wachtoffizier und der Rudergänger sich im Kommandoturm befanden. Mit diesen er folgte «ine Signalverbindung durch ge schriebene Tafeln, die vor die über Wasier ragenden Sehrohre gehalten wurden. Eine Antwort erfolgte Lurch Bewegen der Sehrohre. Ein Versuch, dem Turm Luft durch die Sehrohre zuzuführen, ge lang nicht, da die Insassen des Turmes den unteren Beschluß nicht zu öffnen vermochten. Die Antworten über das Befinden lauteten zunächst gut, später un- gin-stiger, so daß höchste Eile geboten war. Infolge dessen sollte versucht werden, mit Hilfe der schon em- geschäkelten Takel des zweiten herangekommenen Werftkranes das Hinterteil des Bootes so weit zu beben, Laß der Turm über Wasier kam. Hierbei orachen die achteren Hebestroppen zweimal, so daß nunmehr 6 Uhr 30 Minuten abends nichts übrig blieb, als das Boot nochmals auf Grund zu sinken und mit Hilfe des Hebeschiffes „Vulkan" zu heben. Dies gelang um 4 Uhr 35 Minuten morgens. Der Turm war trocken und von giftigen Gasen frei. Alle drei Insassen, Kapitänleutnant Ludwig Fischer, Leutnant zur See Kalbe und Torpedo- mctrose Rieper, wurden vorgefunden, wie sie auf ihrem Posten in ruhiger Haltung bis zum Schlüsse au-gehalten hatten. Das Benehmen der ganzen Be satzung war m u st e r g ü l t i g. Die zuerst geretteten Leute beteiligten sich ohne weiteres an den Rettungs arbeiten. Wenn es auch nicht gelungen ist, alle Leute der Besatzung zu retten, so ist doch die Bergung von 28 Mann und des Bootes mit großer Freude und Genugtuung zu begrüßen. Alle an der Bergung Be teiligten haben in 20stündiger angestrengtester und aufopferungsvollster Arbeit ihr Bestes getan, um das Leben der gefährdeten Kameraden zu retten. An Taccbern standen die ausgebildeten Unterseeboots tauchcr und die Tauchergruppe Les Kanalamts zur Verfügung. Die genaue Ursache der Havarie wird sich erst im Dock feststellen lassen. Das Ein docken erfolgt am 19. Januar vormittags. Das Be finden der geretteten Leute ist gut. Im Verlaus der Debatte wurde von verschiedenen Fraktionsmitgliedern dargelegt, die Rettungs einrichtungen hätten nicht tadellos sunktio niert. Besonders gerügt wurde, daß das Hebeschiff Vulkan" zur Zeit der Tauchübungen nicht unter Dampf lag, sondern Reparaturen vornahm. Auf fallend sei es, daß bei der günstigen Lage der Ver hältnisse der „Vulkan" 10 Stunden gebraucht hat. Admiral o. Tirpitz erwiderte, ein Verbot für Unterseeboote, Tauchubuirgen oorzunehmen, wenn das Hebeschiff „Vulkan" nicht zur Stelle sei, besiehe nicht und könne nicht bestehen, da bei Hochsee Übungen der „Vulkan" nicht jederzeit bei allen Booten sein könne. Ferner erhob Staatssekretär v. Tirpitz energischen Protest gegen den Vorwurf, daß für die Sicherheit des Unterseebootsper- fonals nicht aufs oeste gesorgt sei. Ebenso wandte sich v. Tirpitz dagegen, daß die Frage der Zulagen für Heizer in Zusammenhang mit dem Unglück auf dem Unterseeboot „U. 3" gebracht werde. Von allem an deren abgesehen, handle es sich auf den Untersee booten um Offiziere, Matrosen und Heizer (nicht nur um Heizer, die zulagebedürftig wären), die alle aus engem Raume unter gleichen Verhältnissen Dienst täten. Weiter« Beileidskundgebnngen. Berlin, 19. Januar. (Tel.) Bei dem Staats sekretär des Reichsmarineamts treffen immer weitere Beileidskundgebungen ein. Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin sandte ein Telegramm, ebenso derschwedischeMarine- minister, der erste Lord der englischen Ad miralität Mc. Kenna als Dolmetsch der An- s teilnahme der ganzen englischen Marine. Der Ober bürgermeister von Berlin sandte ebenfalls ein Tele gramm. Berlin, 19. Januar. iTel.) Der englische, der französische und japanische Marine, attachä drückten im Auftrage ihrer Regierungen dem Staatssekretär des Neichsmarineamts o. Tirpitz ihre aufrichtige Anteilnahme an dem Ungliicksfall des „U. 3" aus. vergeuüung von Arbeitskräften in üer Strsljultff. Aus kriminalistischen Kreisen wird uns ge- schrieben: Wirtschaftlich mit Arbeitskräften umzugehen, mit besoldeten wie ehrenamtlichen, darf wohl als einer der obersten Leitsätze einer gesunden Staatsverwal tung gelten. Aber wie steht's damit in der Straf justiz? Mehr als reichlich viel Arbeitskräfte — darüber ist sich wohl kein Praktiker im Zweifel — braucht man im Schwurgerichtsverfahren. Nicht weniger als 30 Geschworene haben bei Beginn jeder Hauptverhandlung zu erscbcinen, von denen nur 12 nach ihrer Auslosung die Gcschworenenbank bilden, nachdem Angeklagter und Staatsanwalt die Möglich keit gehabt haben, von ihrem Ablehnungsrechte Ge brauch zu machen. Welcher Angeklagte, welcher Verteidiger, welcher Staatsanwalt aber hat Heuzutage, zumal in Groß städten, auch nur eine Ahnung von der Persönlichkeit der ausgelosten Geschworenen? Berufsverteidiger pflegen zwar gewisse Berufsstände unter diesen Laien richtern als besonders gefährlich, als besonders „scharf" auf gewisse Delikte anzusehen und deshalb abzulehnen. Der Staatsanwalt aber lehnt fast aus nahmslos keinen einzigen Geschworenen ab, der nicht persönlich darum nachgesucht hat. In der Praxis kommen also die Ablehnungen auf Beurlaubungen für den Rest des Sitzungstagcs hinaus. Welche Verschwen dung von Menschenmaterial also, wenn das Gerichts verfassungsgesetz verlangt, daß täglich 30, bei Be urlaubungsfällen allermindestens 24 Geschworene zu meist von auswärts kommen und bei Beginn jeder neuen Sitzung anwesend sein müssen, ehe mit der Ans losung begonnen wird! Selbst wenn 18 oder 20 anstatt 30 Geschworene er scheinen müßten und nur dem Angeklagten das Ab lehnungyrecht zustande, so wäre damit dem Strasser- folgungszwecke kaum etwas geschadet, an wertvollen Arbeitskräften aber bedeutend gespart. Auch der Fis kus würde das angenehm empfinden, sobald, wie dies in den nächsten Jahren zu erwarten ist, aus sozial politischen Gründen für Schöffen und Geschworene, die gegenwärtig ehrenamtlich arbeiten, eine Ver gütung in der Form von Tagesspesen ein geführt wird, damit auch die unbemittelten Volks schichten mehr als bisher zu diesen Funktionen heran gezogen werden können. Nicht viel besser steht es aber bei der gegen wärtigen Strafkammer er st er Instanz. Selbst bei zugestandenen Einbruchs- und Rückfalls diebstählen werden gegenwärtig mit echt deutscher Uebergründlichkeit in Tätigkeit gesetzt: der Staats anwalt im Vorverfahren, dann drei Richter in der Eröffnungsstrafkammer, schließlich fünf Richter, ein Staatsanwalt und ein zumeist gleichfalls juristisch geschulter Protokollant in der etkennenden Kammer, nicht weniger also wie elf Juristen! Von diesen kann zwar der in der Hauptverhandlung tätig gewesene Staatsanwalt identisch mit dem im Vorverfahren tätig gewesenen sein, von den drei Richtern der Eröfsnungsstrafkammer aber dürfen höchstens zwei in der erkennenden Kammer Recht sprechen. Gerade der Berichterstatter bei der Eröffnung des Haupt verfahrens aber, also der am besten eingearbeitcre, darf sich nicht in dem zur Urteilsfindung berufenen Fünfrichtertollegium befinden. Wiederum also eine ganz beträchtliche Verschwendung von Arbeitskräften, die bisher, zumal bei kleinen Landgerichten in den Gerichtsferien, in denen alle Strafsachen fortlaufen, zu Personalschwierigkeiten führte. Die Mehrzahl der Praktiker ist übrigens auch darin einig, daß das Fünf richterkolleg kaum größere Garantien für die gründliche erstinstanzliche Behänd lung einer Strafsache bietet, als das Dreirichter- kölleg, falls nur davon abhängige Hilssrichtcr ausge schlossen sind. Denn eingeardeitet sind in der Sache nur der Urteilsverfasser lReferent) und der Vor sitzende: die drei anderen Beisitzer kommen unvorbe reitet zur Hauptoerhandlung. Sind aber Urteils verfasser und Vorsitzender einig in der Beurteilung, so enthalten sich regelmäßig die übrigen Beisitzer eines Eingreifens; der vierte und fünfte Richter sind also überflüssig. Entsteht aber zwischen den beiden er wähnten wesentlichen Faktoren eine Meinungsver schiedenheit, so wird ein einziger dritter, nicht un mittelbar beteiligter Richter sich im Bewußtsein seiner ausschlaggebenden Verantwortlichkeit gründlicher ein arbeiten müssen, als drei nicht unmittelbar beteiligte. Auch hier kommt wirtschaftlich in Betracht, daß der vierte und fünfte Richter viel nützlicher zur Errich tung weiterer Strafkammern und damit zur Ab kürzung der endlosen Dauersitzungen oder aber zur gründlicheren Bearbeitung der Strafsachen im Vor verfahren verwendet werden könnten, die den we nigen, besonders mit massenhaften aussichtslosen, viel fach boshaften und rachsüchtigen Anzeigen überlaste ten Staatsanwälten oft beim besten Willen unmög lich ist. Ein besonderer Luxus, den sich das Gerichtsver-
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