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WichrntNch erscheinen drei Nummern. Pränumeration«-Prei« 22^ Silbergr. (t Air.) vierteljährlich, Z THIr. für Lai ganze Jahr, ohne Erhöhung, in alle» Theile» der Preußischen Monarchie. Magazin Man prauumerin auf diese« Literatur- Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. Ttaati - Zeitung (Fricdrichi- Straße Nr. 72): in der Provinz so wie im Auslande dei den Wohllödl. Post - Aemtern. für die Literatur des Auslandes. 50 Berlin, Mittwoch den 27. April 1842 Algier. Die Häuser der Mauren in Algier. Die Stadt Algier, die ungefähr eine Stunde im Umfang hat, zählt etwa 4060 Häuser, die alle in demselben Geschmacke erbaut sind. Etwas, was man in den Staaten der Berberei an keinem Hause erwar ten darf, ist eine schöne Fapade (die Moscheen sind vielleicht die einzigen Ge bäude, die sich dieses Vorzuges, gleichsam als eines Privilegiums, zu erfreuen haben); kein Haus erweckt von Außen irgend eine Idee vom orientalischen Luxus, vielmehr sind die Wohnungen, des Armen sowohl wie die des Reichen, ja selbst der Palast des Deys, äußerlich gar nicht geschmückt. In der That wird auch, was diesen Punkt betrifft, von den dortigen Architekten eben kein großer Aufwand an Geist und Talent gefordert. Die Häuser haben keine Oeffnungen nach Außen, den Eingang und ein zelne kleine Luken abgerechnet. Oberhalb des Eingangs erhebt sich gewöhnlich eine Art Balkon, der ganz cingeschloffen von eisernem oder Hölzeniem Gittcr- werk, das grün angestrichen und so dicht ist, daß man von Außen her unmög lich die Person, die hinter demselben steht, erkennen kann. Uebrigens bemerkt man hier weder besondere Verzierungen, noch irgend eine Inschrift, noch sonst ein in die Augen fallendes Zeichen, woran man das Haus, das man auf sucht, zu erkennen vermag. (Mittlerweile sind jedoch z» Algier eine große Zahl von Straßen numerirt worden.) Der innere Hof der Häuser zu Algier ist gewöhnlich geräumig und mit weißem Marmor gepflastert. Wenn das Wetter schön ist, so wird der Boden mit reichen Teppichen belegt. Gewundene Gothische Säulen, gleichfalls aus Marmor, zuweilen jedoch aus Sandstein, unterstützen eine Gallerte, die, nach Innen sich wendend, als ein Commimicationsmittel kür die vier Zimmer dient, die ihr Licht nur von dem Eingänge aus erkalten, der eben zu diesem Zwecke groß und hoch eingerichtet ist. Uebrigens muß man einräumen, daß die ganze Bauart ihrem Zwecke völlig entspricht, einerseits, indem die Gebäude ange nehm srisch und kühl sind, und andererseits dadurch, daß keine innerhalb befindliche Person von Außen gesehen werden kann, wenigstens insofern nicht etwa irgend ein Neugieriger die benachbarten Terrassen ersteigt, um zu er spähen , was in dem Innern eines Wohngebäudes sich zuträgt. In der Tbat aber wird eS für höchst unanständig gehalten, wenn man auf den Terrasse» spazieren geht, einen neugierigen Blick in den Hof eines nachbarlichen Haukes zu werfen. Abgesehen von der Größe der Häuser und dem verschiedenen Reichthum der inneren Ausschmückung und Verzierungen, kann man gar wohl behaup ten, daß, wer Ein Maurisches Haus gesehen, sic gleichsam alle gesehen hat. Wie in der ganzen Berbcrei und im Orient überhaupt, ist auch zu Algier das öftere Weißen der Häuser allgemein im Gebrauch. Die Bauart sowohl als das Material, aus dem die Gebäude bestehen, machen dies nothwendig: die Nachlässigkeit irgend eines Bewohners in dieser Hinsicht würde nicht nur die Sicherheit des einzelnen Hauses, sondern selbst den allgemeinen Gesundheits zustand gefährden, zumal beim Herannahcn der heißen Jahreszeit. In der Regel pflegen im April und September die Häuser zu Agier von Innen mit Kalk angestrichen zu werden. Dieses Weißen erstreckt sich selbst bis auf das Innere der Keller; es werden dabei die Terrassen, so wie alle übrige wage- recht liegende Oberflächen, jedesmal dreifach mit Kalk bestrichen, während die der Luft ausgesetzten, senkrecht sich erhebenden Wände, sowohl von Innen als von Außen, nur einfach bestrichen werden. Die öffentliche Verwaltung läßt unter alle Einwohner, deren Dürftigkeit notorisch ist, die nöthige Masse Kalk, die zum Weißen der Häuser erforderlich ist, umsonst vertheilen. Ich war eines Tages in dem Falle, eines jener Häuser, die in der Nähe der Straße Bab-el-Ued gelegen sind, zu besuchen. Ich hatte nämlich die Bekanntschaft zweier Brüder gemacht, die als junge Leute ein Geschält in der Divansstraße etablirt hatten und von denen der Eine etwas Französisch sprach. So ost ich vor ihrem Laden vvrbeiging, war ich genöthigt, mich daselbst etwas aufzuhalten und von der Pfeife und dem Kaffee Gebrauch zu machen, den man mir, der Sitte gemäß, anbot. Diese wiederholten Höflichkeiten sowohl, als überhaupt das freie und herzliche Benehmen, das beide» Brüdern eigen- thümlich zu sepn schien, ermuthigten mich, da ich cineSmales vo» dem älteren Bruder, Sidi-Hamed, aufgefordert wurde, ihn wegen eines von ihm ge führten Prozesses zu einem Advokaten zu begleiten, die Gelegenheit zu benutzen und meinem Bekannten den Wunsch zu erkennen zu geben, das Innere eines Maurischen Hauses zu sehen. Hamed gewährte alsbald meine Bitte und be stellte mich auf den nächsten Freitag (nar el jama), den Moschcentag, nach dem Mittaggebete. Zur bestimmten Stunde flMven'wlr uns vor seiner Woh nung ein. In dem Hause angekommcn, nachdem wir durch eine starke Thür gelangt, die mit großen kupfernen Nägeln und einem eleganten Thürklopfer von demselben Metall versehen war, befanden wir uns parterre in einem Vor hause, dessen Eleganz durch das daselbst herrschende Halbdunkel nur zu ge winnen schien. Dieses Vordergebäude^(j>siAä, bildet einen Theil des Hauses in Gestalt eines länglichen Vierecks, welches übrigens die gewöhnliche Form aller einzelnen Abtheilungen der Maurischen Häuser ist; von beiden Seiten erhoben sich kleine Säulen in weiße», Marmor, unterhalb deren Bänke von Mauerwerk sortliefen, die mit Teppichen belegt waren; hier, wo eine köst liche angenehme Kühle herrscht, fern von den inneren Zimmern, pflegt der Hausherr die fremden Gäste zu empfangen und denselben den Kaffee nebst der Pfeife anzubietcn; nur selten gelangt man weiter. Nachdem Hamed die Negerin Belika, die uns geöffnet, zu den Frauen geschickt hatte, um denselben anzuzeigen, daß ein ruuü (Christ) das Haus be suchen würde, und sie an ihre Pflicht zu erinnern, sich in ihren Zimmern ab gesondert zu halten, forderte er mich auf, ihm zu folgen. Wir gelangten zur ersten Etage, vermittelst einer Treppe, deren sehr hohe Stusen mit Platten von Fayence belegt waren, mit Zeichnungen in verschiedenen Farben aus geschmückt. Diese erste Etage, oder vielmehr dies Halbgeschoß, bestand aus einem viereckigen Hofe, der mit Platten von weißem Marmor, in sechseckiger Form, gepflastert war. In der Milte des Umkreises erblickte man eine Fontaine, ebenfalls aus weißem Marmor, in Gestalt einer schönen Vase, über welcher ein Halbmond angebracht war. An den vier Ecken des Hofes, unter freiem Himmel, bemerkte man in dem Marmor angebrachte Oeffnungen, die zum Abflüsse des RegcnwasserS bestimmt sind. Um den Hof herum lies eine präch tige viereckige Gallerte, die auf eleganten gewundenen marmornen Säulen ruhte und den Hof von den einzelnen zur Galleric gehörigen Piecen trennte, die zu verschiedenen Hausbedürfnisscn, wie zur Küche, zum geheimen Gemach» u. s. w., bestimmt sind. In der zweiten Etage, deren nach dem Hofe hinansgehcndc Gallericcn dazu dienen, den einzelnen Zimmcrn Lust und Licht zu verschaffen, hatte ich die Muße, eine Kolonnade zu bewundern, die der des Halbgeschosses ähnlich war, deren einzelne Bogen aber mit seltsamen Arabesken verziert und an dem Obcr- theile mit Platten von blauer und gelber Farbe belegt waren, auf welche die Strahle» der Senne sielen und durch ihre Brechung einen merkwürdigen Effekt hervorbrachte». Uebrigens waren die Wände der Gallcrie, und selbst der Fußboden, mit Platten von derselben Art bedeckt, aus welchen meine Stieseln mit einem Getöse wiederhallteii, Vas mich in Verlegenheit setzte. Nachdem mich Hamed einen Augenblick verlassen hatte, nm sich nach dem für die Frauen bestimmten Theile des Hauses, den man in der That gewisser- maßen als ein Gcfängniß betrachten kann, zu begeben und mit seiner Mutter und seinen Schwestern (verheiratet ist er nicht) zu spreche», holte er mich wieder ab u«v ließ mich in zwei oder drei Zimmer einircten, ^ie in demselben Ge schmacke verziert waren und deren mit Hol; auSgelegkbr und mit Bildhauer- Arbeit geschmückter Plafond allerlei Einfassungen von reizender Zeichnung und merkwürdigem Effekte darbot. Diese roth und blau gemalten oder vergoldeten Zierrathen gewährten in ihrem Halbdunkel den Anblick von tausend phantasti schen Bildern und ein bewundernswürdiges Spiel von köstlichen Farben und zauberhaften Nüancen. Wir durchkreuzte» diese Zimmer, indem wir auf dich ten Teppichen gingen, die ich Bedenke» tragen mußte, mit meinen Stiefeln zu betreten. Was die Mauren betrifft, io pflegen sic sowohl beim Eintritt iw ihre Wohnzimmer als in ihre Läden ihre Schuhe auszuziehcn, bevor sie den Fuß auf den Teppich oder die Matte setzen, die den Boden bedeckt. Endlich führte mich Hamed in ein schönes Zimmer, das zierlicher als die übrigen ausgeschmückt war, dessen kleines, viereckiges, mit einem Gitter verse henes Fenster nach dem Meere hinauSging und eine bewundernswürdige Aus sicht gewährte. Uebrigens bemerkte man hier weder Gemälde noch Kupfer- stiche, noch Tapeten, ja nicht einmal Stühle -, nur hier und da einen Spiegel. Dafür lief aber um das ganze Zimmcr ein breiter langer Divan, der, mit Teppichen bedeckt, nur einige Fuß hoch über dem Boden sich erhob. „Setze dich nieder und ruhe dich aus", sagte Hamed zu mir, indem er mit gutem Beispiele voranging; „es muß dir sehr heiß sepn: ich selbst empfand heute den starken Eindruck der Sonnenhitze und leide an einem schrecklichen Kopfschmerz!" Ich folgte dem Beispiele Hamed's, das heißt, ich legte mich viel mehr, als ich mich fetzte, auf das Ruhebett, indem ich dabci meine Stic-