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Die „Werßeritz.gettun-" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Lb Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - All« Pofian- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-IkltW. Amtsblatt Jns«ate» welch« bei d«r bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk» same Verbreitung stndeU,. »«den mit 10 Pfg. di« Spaltenzesl« oder oerei» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Jns«ate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eirme- landt, im reoaltionellen Theile, di- Spaltenzeil» so Pfg. für die Königliche Umtshauptmannjchast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 57. Verantwortlicher Redakteur: P-ul Ithne in Dippoldiswalde. Dienstag, den 14. Mai 1889. 55. Jahrgang. Aus dm ruro-iiWu Wetteminkt!. Die ausfallende Ruhs, welche schon seit längerer Zeit in Betreff der bulgarischen Angelegenheit herrscht und allem Anscheine nach auch noch weiter andauern wird, kann nicht darüber täuschen, daß trotzdem auf der Balkanhalbinsel von der russisch-panslavistischen Agitationsparlei im Geheimen fortgewühlt wird. Nur hat sie sich zu diesem Zwecke, nachdem sich Bulgarien für die panslavistischen Agitatoren als ein höchst un dankbares Feld erwiesen hat, in neuerer Zeit den Nachbarstaaten dieses Landes im Norden, Serbien und Rumänien, zugewendet und die jüngste Entwickelung der Dinge in beiden Staatswesen deutet darauf hin, daß hier die Nuflenfreunde die Hand mit im Spiele haben. Was zunächst Serbien anbelangt, so kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Abdankung König Milans zu Gunsten seines Sohnes, des Königs Alexander I., indirekt wenigstens den russischen Machi nationen im Lande aufs Konto zu setzen ist und augenscheinlich gewinnt die Ruffenpartei in Serbien seit dem Thronwechsel mehr und mehr Oberwasser. Dies zeigte sich schon in der vollständig radikalen Zu sammensetzung des neuen Ministeriums Gruic und die serbische radikale Partei segelt mehr oder weniger im russischen Fahrwasser, allerdings gehören dafür die drei Mitglieder der Regentschaft der liberalen Partei an, aber letztere ist im Lande und in der Skupschtina den übermächtigen Radikalen gegenüber fast einflußlos und durch das Ministerium Gruic suchen die Radikalen auch die Leitung der Staatsgeschäste in ihrem Sinne immer entschiedener zu beeinflussen. Einen entschie denen Triumph der serbischen ruffensreundlichen Partei bedeutet aber die bevorstehende Rückkehr des wegen seiner Ränke gegen König Milan und dessen Regie rung abgesetzten und verbannten früheren Metropo liten von Belgrad, Michael, aus Rußland nach Belgrad. Michael hat während seines Aufenthaltes in Rußland mit den offiziellen Kreisen fortgesetzt einen lebhaften Verkehr gepflogen und in Anbetracht seiner politischen Vergangenheit ist es zweifellos, daß er nach seiner Rückkehr nach Serbien Alles unterstützen wird, was zur Stärkung des russischen Einflusses im Lanve zu dienen vermag. Sollte vollends die Königin Natalie nach Serbien zurückkehren, was ja durchaus nicht zu den Unwahrscheinlichkeiten gehört, so würde hiermit die Partei der Ruffenfreunde in diesem Lande natür lich einen weiteren kräftigen Rückhalt bekommen und ihrer Agitation alsdann Thür und Thor offen stehen. Auch in Rumänien sind die gleichen unruhigen Ele mente, wie in Serbien, insgeheim an der Arbeit und ihr Werk war der Sturz des Ministeriums Rosetti- Earp, welches Annäherung an den europäischen Frie densbund suchte, und dessen Ersetzung durch das theil- weise stark ruffenfreundlich gefärbte Kabinet Catargi. Gleichzeitig tritt in Rumänien die Bewegung zur Wiederverdrängung der Dynastie des Königs Karl immer ungescheuter zu Tage und der Umstand, daß König Karl seine Dynastie durch die Proklamation des Prinzen Ferdinand von Hohenzollern zum rumä nischen Thronfolger befestigt hat, trägt nur zur Ver stärkung der antidynastischen Bewegung in Rumänien bei. Glücklicherweise steht die Mehrheit der rumä nischen Nation noch fest zu ihrem Königshause, wie dies auch der begeisterte Empfang des Prinzen Ferdi nand im Lande bekundete und an diesem Damme werden sich die Wogen der antimonarchischen Bran dung gewiß auch ferner brechen, während anderseits zugleich die Tage des Ministeriums Catargi gezählt zu sein scheinen und wird allgemeiner Anschauung nach demnächst wiederum ein Kabinet von der politischen Richtung Carp-Rosetti in Rumänien das EtaatSruder ergreifen. Trotzdem läßt sich nicht verkennen, daß auch in diesem Lande, wie im serbischen Nachbarstaats, eine starke ruffenfreundliche Partei vorhanden ist, welche nur zu zahlreiche unruhige und friedenSgefähr liche Elemente in sich birgt und die augenscheinlich entschlossen ist, kein Mittel unversucht zu lassen, um Rumänien wie Serbien in die russisch-panslavistische Interessensphäre hineinzuziehen. Bis jetzt brauchte dieses Bestreben noch nicht als eine den Frieden un seres Welltheiles bedrohende direkte Gefahr betrachtet zu werden, aber offenbar haben die Mächte des Drei bundes ein hohes Interesse daran, die beiden Balkan staaten, denen bei künftigen internationalen Verwicke lungen anläßlich der orientalischen Frage eine hervor ragende Rolle zukommen würde, eine den Tendenzen des Dreibundes zum Mindesten nicht entgegengesetzte Stellung einnehmen zu sehen. Es ist daher begreiflich, daß man in Berlin wie in Wien und Rom die weitere Entwickelung der Dinge in Serbien und Rumänien mit Aufmerksamkeit verfolgt und entschlossen ist, keines falls die Umwandlung beider Länder in eine Art russischer Satrapien zuzugeben. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. „Glück zu!" Vergangenen Sonnabend hielt der Verein im Bahnhofshotel, seinem neuen Vereinslokal, die erste Versammlung ab, die auch von Gästen sehr zahlreich besucht war, mußte doch der angemeldete Vortrag des Herrn Prof. Weber aus Petersburg das Interesse größerer Kreise erwecken, besonders der Landwirtschaft, Müllerei und Müller schule. Es war, nebenbei bemerkt, der l. Vortrag den genannter Herr in deutscher Sprache gehalten. Der selbe erging sich zunächst über die Getreide- und Mehllieferung Rußlands, Amerikas und Indiens. Zunächst sei der Getreidemarkt Europas von Rußland aus versorgt worden, bis in den siebenziger Jahren Amerika mit ihm in mächtige Konkurrenz trat. Als dann um 1880 Indien große Massen Getreide nach unserem Erdtheil zu versenden anfing, warf man sich jenseits des atlantischen Oceans auch auf die Mehl produktion. Nach Aufhebung des hohen Sack- und Kohlenzolles habe sich auch die Müllerei Rußlands sehr gehoben, doch fehle es dort noch empfindlich an tüchtigen Müllern. Rußland sei hierin darum noch auf Deutsch land, Böhmen und Ungarn angewiesen und seien in Folge dessen die Gehalte für Müller sehr hoch. Das Gehalt für Obermüller betrage laut Bericht des Müller kongreffes in Moskau vom Jahre 1888 nicht unter 2000 Mark. In Deutschland sei auch für bessere Ausbildung der Müller durch Müllerschulen gesorgt, unter denen er derjenigen zu Dippoldiswalde, weil spezielle Fachschule, den Vorzug gebe, habe ja auch auf fein Anrathen sein Bruder bis vorige Michaelis diese Schule besucht. Doch sei noch eine vollkommnere prak tische Ausbildung der Schüler nöthig und am besten durch je halbjährige Arbeit in 3 bis 4 Mühlen ver schiedener Art zu erreichen, und hierin könnte der Verein „Glück zu!" seine reelle Aufgabe erblicken, wenn er den scheidenden Mitgliedern, den „alten Herren", und diese wieder den nachfolgenden Generationen halb jährige Unterkunft in größeren Mühlen ermöglichten. Lauter, verdienter Beifall dankte dem Herrn Vortragen den für seine belehrenden Darbietungen und anregen den Gedanken. — Vorige Woche besuchte Herr Prof. Weber aus Petersburg, der im Auftrage der russischen Regierung Erkundigungen über die gewerblichen Schulen Oester reich-Ungarns, Deutschlands, Frankreichs und Englands einholt, auch unsere Müllerschule, sowie er auch dem Unterrichte in den zwei Oberklaffen unserer Bürger schule zuhörte. — Wie von waidmännischer Seite mitgetheilt wird, soll eS in diesem Jahre auffallend wenig Rebhühner geben. ES ist dies ein Zeichen dafür, daß während deS langen und späten Winter- bei Schnee, Frost und Regen zahlreiche Hühner zu Grunde gegangen sind. Auch soll man in den Nestern jetzt kaum das Gelege finden, während sonst im Mai ost schon junge Vögel angetroffen wurden. Hasen sollen gleichfalls selten sein; dem ersten Satz hat der März geschadet, doch setzt man auf die spätere Nachkommenschaft größere Hoffnung. — Der Saatenstand im Königreich Sachsen war im Monat April d. I. nach der im Bureau deS Landes- kulturrathes gefertigten Zusammenstellung folgender: Im Großen und Ganzen scheinen die Wintersaaten gut durch den Winter gekommen zu sein, besonders ist dies im Vogtlands und Erzgebirge der Fall, während in der Leipziger Niederung besonders über den Weizen stand und noch mehr über die RapSfelder geklagt wird. Von letzteren mußten viele umgepflügt werden, da auch der Rapskäfer sich massenhaft eingestellt hatte. Auch mit den Kleefeldern ist man im Allgemeinen zu frieden, wenn auch vereinzelt über Auswinterung und Mäusefraß zu berichten ist, ebenso lauten mit sehr wenig Ausnahmen die Berichte über den Stand der Wiesen sehr günstig, die große FrühjahrSnäffe kam ihnen am meisten zu gute. Weniger günstig gestaltete sich letztere für die Frühjahrsbestellung. Waren schon durch das späte und rasche Thauen des vielen Schnees die Felder mehr als gesättigt, so wurden letztere durch die immer wiederkehrenden heftigen Niederschläge so verschlammt, daß an eine Bestellung derselben, mit Ausnahme der Sandgegenden nicht gedacht werden konnte, und so ging der eigentliche Bestellmonat mit nur wenigen Hafer- und Gerstesaaten zu Ende. Hoffentlich lassen sich bei der inzwischen eingetretenen warmen Witterung die versäumten Arbeiten nachholen und wird die Natur den Stand der zurückgebliebenen Saaten ausgleichen. S Glashütte. Der betagte frühere städtische Straßenmeister Künzel hatte für einen Verwandten Bürgschaft geleistet. Die dem letzteren geliehene Summe wurde gekündigt und der alte ehrliche K. hatte sich in den Kopf gesetzt, daß er die für ihn nicht un beträchtliche Summe, welche erst in 2 Monaten zahl bar ist, zahlen müsse, was ihn so alterirte, daß er schon vor 14 Tagen einen Selbstmordversuch aus- führte, indem er sich in Oberschlottwitz in die Müglitz stürzte, hier aber wieder gerettet wurde. Am Frei tag, den 10. Mai, wurde er von seinen Angehörigen seit 10 Uhr Vorm. vermißt und endlich nach längerem Suchen Nachmittags in den Gebirgsoereins-Anlagen hinter der Bastei an einem Eichbaum erhängt aufge funden. Seine Leiche wurde nach der Todtenhalle überführt. Der harmlose und von Jedem geachtete Mann wird allgemein bedauert. — Bei dem Gewitter am Dienstag Mittag, welches über die hiesige Gegend ging, schlug der Blitz dreimal in Dittersdorf ein, glücklicherweise ohne zu zünden, und zwar zweimal in Häuser und einmal in einen Baum. Auch hat dasselbe insofern viel Schaden angerichtet, als durch den halbstündigen außergewöhn lich starken Guß die Ackerkrume vielfach mit der Saat weggespült wurde. Besonders in Börnchen hat der Regen viel Schaden gemacht. Dresden. Zur Zeit fehlt es an einem König!. Sächsischen Staatswappen. Durch königl. Ver ordnung vom 29. Dezember 1806 war verfügt worden, daß die in Sr. Majestät Namen ausfertigenden Kollegia „vor der Hand und bis auf weitere Anordnung" des herzoglich sächsischen Wappen- sich bedienen sollen. Seitdem sind nur einzelne geringe Aenderungen an diesem Wappen eingetreten. Aus Befehl Sr. Majestät des Königs ist nunmehr ein königliche- Staatswappen festgestellt worden, welches zu dem bevorstehenden Ju biläum des Hauses Wettin zur Einführung gelangen soll. Das Verlagsrecht hat die Firma Giesecke und Devrient in Leipzig übertragen erhalten, welche den Vertrieb noch vor dem Feste eröffnen wird. — Das Hroße Reiterbild für das König Johann- Denkmal von Prof. Schilling ist, wie bereu- erwähnt, von der Bierling'schen Gießerei nunmehr fettiggestellt