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WchmtzMiW Verantwortlicher Redacteur: P-ul Ichne in Dippoldiswalde. trotz aller gegentheiligen Bemühungen der Führer immer wieder an die Oeffentlichkeit gelangen. Erst in jüngster Zeit hat die Frage der Beschickung des am Montag in Paris zusammengetretenen internationalen Sozialistenkongresses einen heftigen Sturm im deutschen sozialdemokratischen Lager hervorgerufen, da ein Theil der „Genossen" die Beschickung als inopportun und zwecklos verwarf. Doch wie schon bisher, so gelang es den Herren Bebel und Liebknecht auch diesmal, ihren Willen durchzusetzen und so sehen wir denn die deutsche Sozialdemokratie auf dem sogen. Marxistisch- Blanquistischen Sozialisten - Kongresse in Paris durch 92 Mitglieder vertreten, darunter sämmtliche dem Reichstage angehörende Sozialisten. Welcher Ton auf vem Kongresse herrscht, bekundet eine Rede Liebknechts, in welcher es heißt, daß die Arbeiterschaft Deutsch lands und Frankreichs sich im Kongresse vereinige und einen Allianzpakt mit einander abschließe, der seine Wirkung in der ganzen Welt haben werde. Daß in dieser Drohung ein wenig Prahlerei mit unterläuft, dürfte nicht zu bestreiten sein, immerhin würde ein größerer sozialdemokratischer Sieg bei den nächsten Reichstagswahlen auf die jetzt wieder in Paris hervor getretenen Bestrebungen zur weiteren gegenseitigen An näherung der Sozialisten der einzelnen Länder be fruchtend wirken und so haben die staatserhaltenden Parteien in Deutschland allen Anlaß, den sozialdemo kratischen Ansturm bet den kommenden Reichstags wahlen energisch abzuwehren. Aw dm soMmMIWm fagcr. In den Reihen der deutschen Sozialdemokratie herrscht schon seit längerer Zeit eine erhöhte geschäft liche Thätigkeit, die in ihren Ursachen mehr oder weniger auf die bevorstehenden allgemeinen Neuwahlen zum Reichstage zurückgesührt werden muß. Es ist allerdings mehr wie wahrscheinlich, daß dieselben erst kurz vor Ablauf des bis zum 20. Februar 1890 reichenden Mandates des jetzigen Reichstages, statt finden werden, aber die Sozialdemokratie pflegt bei Wahlkampagnen stets geraume Zeit früher aus dem Plane zu erscheinen als alle anderen Parteien und an dieser Gepflogenheit hält sie auch gegenüber den näch sten Reichstagswahlen fest. Außerdem hat die sozia listische Parteileitung diesmal noch einen besonderen Grund, möglichst frühzeitig ihre Wahlvorbereitungen zu treffen und anseuernd aus die „Genossen" einzu wirken, denn es gilt, die ernste Schlappe, welche die sozialdemokratische Partei in Deutschland bei den Reichs tagswahlen vom 2l. Februar 1887 durch den Verlust der vollen Hälfte ihrer parlamentarischen Mandate erlitt, nach Kräften wett zu machen und nicht nur das Verlorene wieder einzubringen, sondern womöglich ihren früheren parlamentarischen Besitzstand noch zu erweitern. Diesem Zwecke sind die Bemühungen der sozialistischen Parteileitung schon seit Monaten gewidmet und die letztere hat hier unzweifelhaft einen kräftigen und systematischen Anlauf genommen. Zunächst ist in allen Reichstagswahlkreisen, in denen die Sozialdemokratie ernstlich in Betracht kommt, eine neue Organisation der Partei geschaffen worden, durch welche es den Führern und Vertrauensmännern ermöglicht werden soll, eine straffere Disziplin in den breiten Massen der sozialdemokratischen Wählerschaft auszuüben und sich ihrer für alle Fälle unbedingt zu versichern. Selbst verständlich treten aus naheliegenden Gründen gerade die auf diesem speziellen Felde liegenden sozialdemo kratischen Bestrebungen nicht weiter an die Oeffent lichkeit, indessen zeugen für ihre Existenz gewisse An deutungen in den sozialdemokratischen und verwandten Blättern und sicher ist, daß die Parteiführer Alles daran setzen, die Hunderttausende der „Genossen" ins geheim für den bevorstehenden Wahlkampf aufs Beste einzudrillen. Dagegen treten die Sozialdemokraten mit anderen Wahlvorbereitungen um so offener auf und hierzu gehört namentlich die plötzlich so beliebt gewordene Gründung von Vereinen zur „Erzielung volksthümlicher Wahlen". Natürlich muß man für volksthümlich „sozialdemokratisch" lesen, aber die Herren Arrangeure dieser neumodischen Vereine haben ihre guten Gründe, das Kind nicht beim rechten Namen zum nennen, sie fürchten doch, viele Leute durch eine offene Bezeichnung ihrer Wahlvereine als sozialistische vor den Kopf zu stoßen und so hängt man der Ge schichte mit der Bezeichnung „volksthümlich" ein nettes Mäntelchen um — o, man muß nur den Rummel verstehen! Auch die Kandidatenfrage bezüglich der nächsten allgemeinen Wahlen soll von den Sozial demokraten in der großen Mehrzahl aller Wahlkreise, in denen sie selbstständig vorzugehen gedenken, bereits endgültig entschieden worden sein, womit sie allerdings gegenüber den anderen Parteien einen weiteren Vor sprung auszuweisen haben würden. Freilich läßt die sozialdemokratische Kandidatenliste, soweit sie schon fest steht, nicht wenige Doppelkandidaturen, ja dreifache Kandidaturen ein- und derselben Persönlichkeit er kennen und das ist nur ein neuer Beweis für die schon in früheren Wahlperioden hervorgetretene That- sache, daß im sozialdemokratischen Lager ein offenbarer Mangel an geeigneten parlamentarischen Vertretern herrscht. Wenn indessen die Sozialdemokratie nach außen ruhig und geschloffen vorgeht, so darf dies nicht darüber täuschen, daß innerhalb dieser Partei doch tief gehende Meinungsverschiedenheiten zwischen den ein zelnen Strömungen bestehen und welche Differenzen Inserat«, welche bei der bedeutenden Auflage det Blattes eine schr wirk same Verbreitung^ finden, «erden mit 10 Psa. die Spaltenzeile oder oere» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Th eile, die Spaltenzrili 20Psg. — Das Reichsversicherungsamt hat einen Be triebsunfall durch Rekursentscheidung bei einem Draininechniker anerkannt, welcher auf einem Veloziped behufs der ihm obliegenden Ueberwachung von Drai- nirungsarbeiten auf Geheiß des Betriebsunternehmers von dem Geschäftszimmer aus zur Arbeitsstelle fuhr und dabei verunglückte. Unfälle, welche Arbeiter auf dem Wege zur Arbeit erleiten, Helten regelmäßig nicht als Betriebsunfälle, da der Arbeiter erst mit Aufnahme seiner Beschäftigung an der Arbeitsstelle im Interesse seines Arbeitgebers thätig wird und in den Bann des versicherten Betriebes eintritt. Im vorliegenden Falle ist aber die mittelst Veloziped unternommene Fahrt als eigentliche Betriebshandlung erachtet und daher der Unfall als Betriebsunfall anerkannt worden. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des am 14. vor. Mts. bei dem Gutsbesitzer Krumpolt in Hennersdorf infolge Blitzschlages entstandenen Brandes hat die kgl. Brandversicherungskammer der Spritze der Gemeinde Am melsdorf eine Prämie von 30 M. bewilligt. — Ansteckende Thierkrankheiten sind im Monat Juni innerhalb der Amtshauptmannschaft Dippoldis walde nicht aufgetreten. Schmiedeberg. Am vergangenen Dienstag hat sich die Witlwe Lina Aehnelt hier aus ihrer Behausung entfernt und ist, eine einfache Fahrkarte nach Dresden lösend, nach HainSberg gefahren. ES ist einem zurück- gelassenen Briefe nach anzunehmen, daß sich dieselbe ein Leid angethan hat, und bittet man dringend, etwaige Vorkommnisse, die Aufschluß über deren Ver bleib geben könnten, der Ortsbehörde freundlichst und schleunigst anzuzeigen. * Zinnwald. Am 17. d. Mts., des Vormittags in der 12. Stunde, ist der 22 Jahre alte, bei seiner Mutter wohnhafte Wäschearbeiter Eichler von hier in einen vor der St. Michaeliswäsche befindlichen Tumpf gefallen und bald darauf von dem Bergarbeiter Meßner todt aufgefunden worden. Der Unglückliche war stark mit Epilepsie behaftet, ist deshalb auch seiner Zeit von der Militärpflicht entbunden worden und dürfte beim Ueberschreiten des fraglichen TumpfeS vom Brete abgerutscht und infolgedessen verunglückt sein. Altenberg. Das Ausheben des Grundes für die neue Sammetschneiderei der Berliner Velvetfabrik ist bereits beendet. Die Maurerarbeiten werden dem nächst beginnen. Dresden. Die zur Krankenversicherung errichteten sogenannten „Freien Hilkskassen" verlieren in Sachsen immer mehr Boden, während die Orts krankenkassen und die Betriebskrankenkassen im Vor schreiten begriffen sind. Die „Freien Hilfskaffen" hatten Ende 1886 noch 163,000, Ende 1886 nur noch 139,000 und Ende 1888 noch 133,000 Mitglieder. — Das Organ für den unter dem Protektorate des Königs stehenden Sächsischen Militärvereinsbund, „Der Kamerad", dringt einen beherzigenswerthen Ar tikel über die Neugründung von Militärvereinen. Der Verfasser klagt darin über das rasche Zustande kommen von Vereinen, die sich überall bilden, wo nur irgend sich eine Gelegenheit bietet. Gegen die Ueber- wucherung der Militärvereine ist der Artikel gerichtet. ES heißt darin, daß es eine Täuschung sei, in dem bloßen Anwachsen der Zahl der Vereine ein günstiges Zeichen für die Entwickelung des MilitärvereinSwesenS zu erblicken, nur harmlose Gemüther könnten sich dabei ergötzen und den schädlichen Wetteifer übersehen. Die Bildung neuer Vereine geschieht in der Thal zumeist auf Unkosten der alten Vereine und werden dazu ge gründet, die bestehenden Genossenschaften aufzusaugen. Der Artikel wendet sich mit großer Schärfe gegen diese Vereinsgründerei aus Liebhaberei, AlleSbeffrrwifferei, Selbstsucht und Neid, die zumeist eine unwürdige Kon kurrenzmacherei, fortwährende Reibung zwischen den Nachbarvereinen und eine dauernde Spannung unter Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 19. Juli. Morgen Sonnabend wird also der Radfahrerverein Dresden bei uns seinen Einzug halten, in größerer oder geringerer An zahl, je nachdem ihm das Wetter hold sein wird. Ja, auch auf das Erscheinen böhmischer Sportgenossen aus Dilin und Bodenbach kann mit ziemlicher Sicherheit gerechnet werden. Abends 9 Uhr ist das Eintreffen zu erwarten. Der Erfolg dieses Besuches bei uns und des ganzen Ausflugs ist auf die Hoffnung gegründet, in der Provinz eine freundliche Aufnahme zu finden und in schöner Naturumgebung einen frohen Tag zu verleben. In größeren Städten verschwinden derartige Festlichkeiten, deshalb sucht man kleinere Orte auf, weil man mit Recht erwartet, daß dort die Einwohner schaft gemüthlich theilnehmend die Gäste freundlich be achten werde. Zwar fehlt es uns zu Zeiten an Be such nicht, doch welchem wohlgesinnten, von Wünschen für seine Heimath erfüllten Bürger läge nicht daran, daß der Verkehr sich hebe und wachse. Das beste Mittel zur Erreichung dieses Zweckes ist. Fremden, die hier Erholung suchen, den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen; das bleibt in der Erinnerung und veranlaßt zum Wiederkommen; es spricht sich herum und führt weiteren Besuch herbei. Darum, Mitbürger, thut euer Möglichstes, daß die Radfahrer bei uns Unterkommen finden, daß es ihnen bei uns gefalle. Eine Flagge aufziehen macht nicht viel Mühe, freut aber die damit Begrüßten, was wir nicht zu vergessen bitten. — 19. Juli. Morgen beginnen an unsrer Schule die Hundtagsferien und dauern bis mit zum 10. August. In denselben findet die Milchkur für blutarme nnd schwächliche Kinder statt, deren sich bis jetzt, wo nun mehr der Abschluß der Berücksichtigung eingetreten ist, 43, nämlich 15 Knaben und 28 Mädchen, angemeldet haben. Da dieselben nicht, wie voriges Jahr, an einer Stelle untergebracht werden konnten, so sind 3 Sektionen gebildet worden, die 1. mit 16 Mädchen im Postgute, 2. mit 15 Knaben in der Mendenmühle, 3. mit 12 Mädchen in der Rathsmühle. Vorläufig sind dieselben auf 3 Wochen eingerichtet worden, sollen aber, wenn es die Mittel gestatten, um eine Woche verlängert werden. Nach Beendigung der Kur wird öffentlich Rechnung abgelegt werden. Wir wünschen besten Erfolg. „Wei-eritz.Zettung" rrscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich l M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan- fialten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be- Amtsblatt für die Königliche Amlshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtriithe