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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumeratisnS- Preis 22! Sgr. l! Tdlr.) vierteljährlich, 3 Air. filr »aS ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der PreuSischen Monarchie. Magazin für die Man pränumeeirt aus diese« Beiblatt der Allg. Pr. Staat«, Aeinmz in Berlin in der Expedition (ZriedrichS-Ttraß« Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllbbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den 17. September 1838. Australien. Neu-Seeland und seine Bewohner"). Herr Polack, der Verfasser der in der Anmerkung genann ten Reiscbcfchreibung, Hal sich sechs Jahre lang in Neu-Seeland aufgchalicn und also Zeil gehabt, sich mit den Siucn der Ein geborenen und den Hulfsgucllcn der Insel vollkommen vertraut zu machen. Er Hai jeden Theil des Landes bereist, Hai die Ncu-Secländer in ihren Dörfern besucht, mannigfachen Verkehr mit ihnen getrieben, ihre Befestigungen besichtigt, die meisten Flüsse beschisst und sich über den Umfang und Eharakter einiger Distrikte, die bisher noch nicht genau untersucht waren, Gewiß heit verschafft. Daher ist auch die Summe von Thaisachen, die er gesammelt, höchst ansehnlich, und der Bericht, den er uns von den Neu - Secländern, ihren Sinen und Zuständen und ihrem gegenwärtigen Verkehr mii den Europäern giebt, das Vollständigste, was in dieser Hinsicht geleistet ist. Auch in histo rischer Beziehung ist das Werk des Herrn Polact sehr reichhaltig: gleich von vorn herein giebt er eine Skizze von den Fortschritten der Entdeckungen in der Südsee, von den Reisen Balboa s, Ma- g^llacns', Drake'S und Eooke's an bis auf die Französische Süd- sec-Erpedmon von I837, und auch später komm« er in der Dar stellung oft auf historische Daten und Uebersichlen zurück, die hier ganz an ihrem Platze sind und den Wenh des Werkes recht voll ständig machen. Der interessanteste und bei weitem bedeutendste Theil des Buches besteht in der Schilderung, die wir von den Eingeborenen bekomme», und wir heben einige von den bemerkcnswcilhcsten Stelle» hervor, woraus sich der Leser eine ziemlich treffende Vor stellung von dem Leben und Wese» dieser eigenihümlichen Rave machen kann. Höchst charakteristisch hierfür ist die Rede, die ein Krieger in feierlichem Diva» hält, als Herr Polack ei» Dorf besucht, nm dessen Bewohner zur Beschlickung der Feindselig keiten und zur Annahme freundschaftlicher Vändnisie zu bewegen. Bei dieser Gelegenheit geht der Häuptling Terarau, ein hübscher Mann von imponircndem Aeußeren und stark täliowirl, in sein eigenes Haus voran, wo er, umgebe» von einigen ehrwürdigen Männern und einem Haufen niedrigeren Volks, bereit ist, die An rede Polack's zu vernehme». Die Gruppe bildete einen Kreis, die Aelieste» fegten sich auf den Boden und bedeckten de» Mund mit den Kleidern. Nachdem Polack seine Rete beendigt, erfolgte eine kurze Pause; endlich erhob stob einer von diese» graue» Alien, um den Haufen auzurcdcn; sein Name war Molärou. ,,Erst brauchte er eine kurze Zeit, seine Gedanken zu sammeln, dann machte er in dem herumstchenden Kreis kurze Sprunge hi» her und sing damit an, seinen liefen Unwillen über meinen Be such zu erklären- Er meinte, die Europäer überschwemmten das Land, so daß in kurzem alle Kampfe aufhören würden, und welches Vergnügen bliebe dem Volk übrig, wenn sie »»ich« mehr ihre Feinde tödicn und deren Köpfe als unbestrittene Zeichen des Sieges aufhebcn dürften? (Hier wies er mit seinem kurzen buni auf die Köpfe, welche uns gegenüber an Pfählen angespießl waren.) Krieg sey seine Lust; dies wäre die einzige Freude seiner Vorfahren (wpnna) gewesen, und so sollte es auch bei ihre» Kin dern sey». Und war cs so? Nein! Die Weißen seycn zu ihnen gekommen, und der Krieger sey gezwungen, Weibern und Sklaven Plag z» machen, die weiter nichts könnten, als Kähne rudern, Farrnkraul zerstoßen und Flachs spinnen (wobei er diese verschiede nen Beschäftigungen nachahmte).. Es würde nicht lange dauern, und nicht ei» Feind würde sich finden, mit dem man kämpfen könnte — sie würden alle mitsammen Weiber und Flachsbereiier werden. Wer brauche Schießgewehr? Er wenigstens verstehe nich, zu ziele», und darum wären sie ihm unnütz, und das müßten sie auch jedem Anderen sey»; kaum «hären sic cinigen Schaden im Vergleich mit de» Waffen des Volkes, die ihnen von den Vätern des Landes überliefert worden. Er habe kein Verlangen, ein weißes Gesicht zu sehen; er habe gehör« von Norden (er wies nach dieser Rich «ung), man habe einen Häuptling so weil gebracht, sich i» schämen, daß er seinen Sklaven ge>Ldtct, und man sey gezwungen, die Körper heimlich nnd in der Stillc aufzuessen. Ei» »o schand- *) dle« äor>«8 a realSeuve Server« 185« auS 1837 Voll I- S Polack- 2 Bande. London, 183» liches Gcrüchl könne er kaum glauben. Nein, das könne, dürfe nich« wahr seyn! Eher würde er selbst alle weiße Männer auf- frefscn, als einen so jämmerlichen Zustand ertragen. (Hier thal er, als nagte er an seinen rechten Arm.) Es emstand ein allgemeines Gelächter, woran ich Theil nahm, und das den aufbrausenden Alien selbst innerlich kitzelte; er fuhr fori: Rein, so lange er lebe, wolle er die Weißen kranke» und ;cden Morgen einen frischen Sklaven zuin Imbiß nehmen. Selbst die Atuas des Landes seycn gegen die neuen Ankömmlinge aufge bracht (hier spielte er auf umerc Abenteuer in Verbindung mit Tameicri an). Und wohin gedenke der Haufe zu gehen? Den Kaipara-Fluß hinab, an dem jeder Fleck geheiligt sey für einen Stamm Häuptlinge, die uns nimmer erlauben würden, an diesen Ufern zu landen, ohne ihren Zorn auf glänzende Weise kund zu geben. Nach seiner Meinung sollte kein Boot es wagen, Mmökoki Wangar« (so hieß das Dorf) zu verlassen, und kein Weißer solle sie wieder besuchen. ,,Sie »vollen uns wohl überreden", fügte er hinzu, „nicht Rache zu nehmen an den Waimü-Slämmcn, die unsere Wai-mpus zerstör«, unsere Vorrälhe aufaegrabc» und das Eigcnihum unseres Volks gestohlen habe». Nimmer mehr! Laßt den Flachs wachsen und unsere Wälder stehen; wenn wir Kleider brauchen, haben wir unsere Weiber, sie zu machen — (er Halle sieben Weiber, die Mägde ungerechnet); wollen wir Nahrung, so haben wir Sklaven, für uns zu säen; und an diesen soll's uns nie fehlen, so lange unsere Feinde leben. Kein Boot soll dies Dorf verlaffen, und mag der Weiße in seine Wohnung zurückkchren. Die Stämme, bei denen er seinen Aufenthalt genommen, mögen uns jetzt Freunde seyn, aber waren sie nicht einst unsere Feinde? (Hier zählte er eine Reihe aller Fehden aus den Zeilen seiner Vvrvälcr her). Nein! mag der weiße Mann Weggehen. Wer hat nach ihm geschickt? Er kam zu uns über'» Meer — er hat uns gesehen. Was will er mehr? Er mag zurückgchcn." Die Gestikulation des alten Herr» war so mannigfaltig und verschieden, wie seine Stimmung; dann und wann lanzie ec mil großer Beweglichkeit, seinen graue» Ban im Winde schüt telnd. Wie cr die Fehden zwischen seinen und den Stämmen meiner Partei beschrieb, knirschte cr vor Wuth und stampfte wild auf den Boden bei jede»« neuen Beispiel, das ihm ciiifiel. Dann setzte cr sich nieder unter Bcifallmurren. Es scheint eine Sine der Ncu-Secländer, sich der wildesten Gesticulalion zu bedienen, sobald sie große Versammlungen an reden. So sprach auch ein anderer Krieger, der es mit Mvmrou's Partei hielt, trotz des Zahnwehs, das «hn plagte, mit wüchendem Geschrei, Kopf und Schullern mit äußerster ^Beweglichkeit schüt telnd, und »vie er die Unbill nannle, die sein Stamm und seine Ahnen von den Weimö-Slämmcn erfahren hätten, schwang er seinen Speer mit so wilder, drohender Miene, daß der Mann wirklich nich« bei sich zu seyn schien; seine Augen traten fast aus dem Kopfe heraus, und sein Gesicht verzerrte er in scheußlichen Grimassen, deren Anblick allein Schrecken erregte. Ich fühlte mich merklich erleichtert, als er sich niedcrsctzle." — Doch «rotz dieser Wuth bekam man das Boot, und selbst der wilde Molürou wurde der Freund der Weiße»». Herr Polack nahm auch an einem Gastmahl im Hause des Häuptlings Theil, das in einem großen Eber bestand, welchen Terarau der besonderen Gelegenheit zu Ehre» geiödicl Hane. „Es wurden Fackeln und große Feuer «»gezündet und nichts ge spart, »,n das Schauspiel glänzend zu machen. Nach Tisch be gann der Imks, den wenigstens 3b0 Personen tanzten, mi«,einer laklmäßigcn Ncbereinstimmung in. der Bewegung von Hände»! und Füßen, die eine reizende Wirkung hervorbrachic. Dem büks. folgten eine Menge verschiedener Tänze. Die Sperre wurden wie gewöhnlich geschwungen, doch von der Verwirrung und dem Lärm des Tanzes, womit »vir am Morgen empfangen wurden, kam hier nichts vor; der Gesang war gleichfalls gedämpft und durchaus nicht unharmonisch, wiewohl unbeschreiblich wild: der Chor, an dem so viele Personen Theil nahmen, konnte in der stillen Nacht einige Meilen weil gehört werden. Nach den bü- kss irenme sich der Haufe in mehrere Gruppen, die ich jede ein zeln besuchte, um mich ihres Wohlwollen« zu versichern. Wie ich kam, stellten sie sich in Kreisen um mich herum, jeder begie rig, den weißen Mann zu sehen und zu berühren. Meine Be gleiter hatten ihnen einen ausführlichen Bericht von meine» Ge-