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ÄckqMU M AWn ZtmtzeitW Nk. 42. zü Nr. 67 des Hauptblattes. 1927. Beauftragt mit der Herausgabe RegierungSrat Brauße in Dresden. LaMagsverhandlungt«. (Kortfetzung der 2«. Sitzung von Lonner-tog, 17. Mürz 1S27) Abg. Nenner (Komm.) (Fortsetzung): Zur Frage der Pensionen möchte ich doch zu Abs. 1 daran erinnern, daß lvir vorgestern über einen kom munistischen Antrag, die Pensionen zu streichen, ab- gestimmt haben. Da haben Sie diesen Antrag, die Pensionen zu streichen, abgelehnt. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Jetzt noch zu dein letzten Absatz, zu Ziss. 3. Wir haben schon vor einigen Tagen beantragt, daß die Gehälter der Minister auf Gruppe XIII herabgesetzt werden sollen. Es ist überhaupt unsere Forderung, die hohen Beamtengehälter herabzusetzen. Stimmen Sie doch mit für einen solchen Antrag, dann werden Sie Differenzen zwischen dem Generaldirektor, dem Land gerichtsdirektor, den Reichsanwälten und was weist ich noch, und den Ministern nicht mehr haben! Aber bei der Frage, wie sie jetzt hier steht, ist doch, nachdem ich die beiden klar genug charakterisiert habe, ohne noch weiter auf Einzelheiten einzugehen, auch wohl klar ersichtlich, daß der letzte, der dritte Absatz, auch nicht mehr bedeutet als noch ein bistchen Brillant feuerwerk zu diesenr agitatorischen Manöver. Abg. Boigt (D. Vp.): Dieser Antrag ist nicht in allen Stücken von uns annehmbar. Gleich im Punkt 1 unter a fordert die Deutschnationale Fraktion, daß sowohl daS Übergangsgeld als auch das Ruhegehalt wegfallen sollen. Die betroffenen Minister stünden dann ohne jeden Rückhalt da, und so leicht, wie die Redewendung des Herrn v«. Wagner es hinstellte, daß sie in ihre frühere Par- teistellung zurückkehren könnten, sieht es in Wirklichkeit meist nicht aus. Eine Berufsstellung wird nicht monate- oder jahrelang offengehalten werden können. Der dauernden Ruhegehalt ist eine andere Sache, aber wir möchten das Übergangsgeld nicht ganz wegfallen lassen. Wenn jemand jahrelang seine Pflicht als Minister erfüllt hat, beste Kräfte des Leibes und der Seele zur Verfügung gestellt hat, und dann vermutlich in den seltensten Fällen den Anschluß an eine Berufssteliung finden kann, dann empfinde ich das als unbillig, was in dem Punkte I» gefordert wird. Herr vr. Wagner hat vorhin Ausnahmen zugelassen, aber es ist richtiger, wenn für solche Fülle gleich in einem einschlägigen Ge setz etwas vorgesehen ist. Was aber in dem Punkte a vorgesehen ist, bezieht sich nur auf Minister, die aus beamteten Berufen hervorgegangen sind. Es werden da als minderwertig behandelt die Angehörigen der freien Berufe. Anwälte sind nicht selten Minister, auch werden cs Arbeiter und Angestellte, aus denen insbe sondere auch im Ausland nicht selten wertvolle Volks führer erwachsen sind. Insofern läßt sich aus diesem Antrag eine gewisse antisoziale Tendenz heraussinden. Ich weiß nicht, ob die Antragsteller darauf hinaus wollen, zu erreichen, daß auf die Dauer Minister in Deutschland nur noch aus dem Kreis der öffentlichen Beamten gewonnen werden sollen und die anderen Stände ausscheiden. Daß andere Stände auch nach der Praxis in der Dentschnationalen Partei Minister stellen können, zeigt gegenwärtig gerade dieNeichsregierung.die in Herrn Berkehrsminister, Vr. d. v. Koch, einen ehe maligen Arbeiter lind Arbeiterführer zu diesem führenden Amt bestellt hat. Dem Grundgedanken, der in b des Antrages Nr. 163 zum Ausdruck kommt, können wir zustimmen, wo davon die Rede ist, daß ein Minister beim Ausscheiden aus diesem Amt wieder zurückzukehren hat in seine frühere Stellung und daß ein diesem früheren Amt ent sprechender Posten ihm zu übertragen ist. Der zweite Teil unter 1d kann uns nicht so ganz befriedigen. Wenn die Rückführung eines solchen Ministers in einen seiner früheren Tätigkeit entsprechenden Posten unmöglich ist, dann soll ein Ruhegehalt gezahlt werden, das den: Diensteinkommen, das der Mi nister vor der Ministertätigkeit bezog, entspricht. Es ist doch denkbar, daß, wenn jemand jahrelang Minister war und aus solchen Posten herkam, er in der Zwischenzeit, weil er die ministerielle Tätigkeit verrichtete, ausgeschlossen wurde, als es sich um die Beförderung und die Zuweisung von irgendwelchen Vorteilen tn seiner Beamtenlaufbahn handelte. ES würde dann logisch sein, wenn es so formuliert würde, daß solche verpaßte Gelegenheiten einen solchen zurück» tretenden Minister bei der Zumessung des Ruhegehaltes mit angerechnet würden. Punkt 1o sagt im ersten Absatz, daß den Ministern aus der alten Zeit und ihren Hinterbliebenen ihre Ansprüche nicht strittig gemacht werden können. Dies ist eigentlich schon gesichert durch Art. 149 der ReichS- verfassung. Etwas anders ist eS mit dem zweiten Satz, der die Übergangsgelder und die Höhe der Ruhe gehälter neu geregelt wissen will. Wenn die gegen wärtigen Ministerpensionen im Reiche mit denjenigen Sachsens verglichen werden, so ist ein sehr auffälliger Unterschied vorhanden, und man kann nicht anders al» sagen: in Sachsen sind gegenwärtig keine unangemessenen M Nisterpensionen, gemessen an denen des Reiches, festgesetzt, übrigen» führte der Antragbegründer selbst wohl auch au-, daß im Reiche heute das Bestreben im Sange ist, die Ministergehälter und ihre Pensionen neu zu regeln; und ich habe den Eindruck, als ob sich das auch auf die Regelung in den Ländern beziehen sollte. Zu Punkt 2 ist mir unverständlich, daß, wenn je mand den Beruf als Minister ausübt und zugleich Ab- geordneter ist, ihm dann der Bezug der Ab- geordneten-Aufwandsentschüdigung durch ein Gesetz abgesprochen werden soll. Es soll gespart werden, aber was macht das aus, wenn gegenwärtig im sächsischen Staate für 3 Minister, die zugleich Abgeordnete sind, die Abgeordnetenentschädigung aufzubringen ist? Auf anderen Gebieten möchte gespart werden. Will etwa der Antrag da hinaus, daß Minister nicht zugleich ein Abgcordneten-Mandat ausüben können? Darüber läßt sich reden. Aber was den Spürsinn betrifft, so ist zu sagen: legt ein Minister sein Abgeordneten-Mandat nieder, so rückt ein anderer Abgeordneter nach, und der muß dann die Aufwandsentschädigung erhalten. Im übrigen ist es als förderlich und nützlich empfunden worden und für das parlamentarische Arbeiten als außerordentlich ersprießlich, wenn eine Anzahl Minister zugleich die Eigenschaft als Abgeordnete haben. Und wenn künftig aus der Deutschnationalen Volkspartei in der sächsischen Regierung ein Minister sein wird, so dürfte es die Deutschnationale Landtagsfraktiou ebenso als vorteilhaft empfinden. In Punkt 3, die Besoldung der Minister betreffend, wird gewünscht, daß die Besoldung der sächsischen Mi nister in eine andere Relation gebracht werde. Sie soll angeniessen sein derjenigen der preußischen und der bayerischen Minister. Es ist da zu sagen, daß zn prüfen wäre, ob denn früher die richtigen Relationen gewesen sind. Wie kommen wir übrigens dazu, in Sachsen das Maß der Ministergehälter zu messen an anderen Ländern? Das scheint mir kein treffender Maßstab zu sein. Die Schwere des Amtes wird in jedem Lande anders sein. In Sachsen liegen ganz andere Verhältnisse vor als in Bayern mit seinen von. der Natur so glücklich ausgestat teten Verhältnissen. Die Beispiele, die Herr vr. Wagner aus Thüringen, Baden, Württemberg anführte, sprachen gegen seinen Antrag, denn wenn Thüringen mit seinen rund 2 Millionen Einwohnern und Baden mit etwa llr/z Millionen die genannten Ministergehälter leistet, und wenn man nur den Maßstab der Einwohnerzahl anlegt, bekommen die von ihm zitierten Minister relativ mehr Gehalt als unsere sächsischen. Den Antrag an den Rechtsausschuß zu überweisen, stimmen wir zu. Abg. Liebmann (Soz.): Es hat einen etwas merk würdigen Eindruck gemacht, daß der Redner der Deutsch- natioualeu Partei als Sparsamkeitsapostel aufgetreten ist. Der dentschnationale Schiele, hat sich im Reiche ganz anders verhalten. In dem Antrag ist manches enthalten, was Anregung dazu gibt, daß man eine Nachprüfung der gegenwär tigen Ministerpensionsbestimmungen und der Bestim mungen über das Übergangsgeld vornimmt. Der Antrag will die Bestimmungen überhaupt streichen, daß ein Ubergangsgeld gewährt wird. Das halten wir für nicht durchführbar, denn die Leute, die in das Amt berufen werden aus einer privaten Berufsstellung heraus, müssen bis zu einem gewissen Grade nach den Bestimmungen des Art. 33 der Verfassung sogar bestimmt aus ihrer Berufstätigkeit ausscheiden. Wir haben den Eindruck, daß die gegenwärtigen Bestimmungen über das Über- gangsgeld, die nach dem Gesetze von 1924 geschaffen worden sind, sich durchaus nicht bewährt haben. Nach dem Gesetz von 1919 war ein Übergangsgeld für 6 Monate zu gewähren. Diese Bestimmung reicht durchaus aus. Wenn die Bestimmungen über das Ministerübergangsgeld sich jetzt weiter auswirken,können wir vielleicht erleben, daß man in die 50000 M. kommt, je nachdem, wie lange die Herren verstehen, sich in ihrer Position zu halten. Der Antrag will weiter, daß die Ministerpension überhaupt gestrichen wird. Man muß dabei unter scheiden zwischen den Ministern, die aus freien Berufen kommen, und den Ministern, die aus Beamtenstellungen kommen. Nach dem Gesetz von 1919 bezogen ja die Minister, die aus Beamtenstellung kamen, sofort Pen sionen nach den Ministerbezügen. Uns scheint, daß.hier auch eine Lücke vorliegt. Was die Bestimmung aulangt, daß die Pensionen auch für die gewährt werden sollen, die nicht aus Beamtenstellungen kommen, so muß ich sagen, die Sozial demokratische Partei vertrat durchaus die Auf fassung, daß man auch hier die Ministerpensionen einsetzen solle nach einer bestimmten Länge der Dienstzeit. Das Gesetz von 1924 ist direkt auf den Ministerpräsidenten Heldt zugeschnitten worden in seiner Anerkenntnis der Pensionsbestimmungen. Deshalb sind wir für diese Streichung der Minister pensionen in der Formulierung, wie wir sie gegen wärtig in dem Gesetz von 1924 haben. Wir würden also dem Antrag in dieser Beziehung folgen, wenn wir auch die Formulierung, die getroffen werden soll, der Einzelberatung im Ausschuß überlassen. Das Schönste an dem Anträge ist nun das, was in dem Antrag Nr. 163 in Ziff. 1o aesagt worden ist. Wenn eS noch eine» Beweises bedurft hätte, daß unter Um ständen übergangSgebührnisse und Ministerpensionen zur Korruption führen können, so ist dieser Beweis in dieser neuen Formulierung erbracht, die hier in dem neuen Antrag Rr. 163,1o vorgeleat worden ist. Darin heißt e», daß die Letzt geltenden Bestimmungen über die Ministerbezüge, das heißt diese unerhörten Übergangs gelder und Ministerpensionen, die sich nach unserer Auffassung praktisch als ungerecht erwiesen haben, für die bisherigen Minister und ihre Hinterbliebenen auf rechterhalten werden sollen, auch für die Minister, die jetzt neu in ihr Amt eingetreten sind, wenn das Gesetz geändert wird. Das ist nichts weiter als eine Gefällig keit, die die Deutschnationalen den Herren Ministern der gegenwärtigen Regierung entgegengebracht haben, denn im ersten Antrag Nr. 133 hat diese Bestimmung gefehlt. Diese Gefälligkeit schließt im hohen Maße die Gefahr der Korruption in sich. (Sehr richtig! links.) Wenn jetzt jemand 4 Jahre Minister gewesen ist und diese Aussicht hat, so wird er natürlich ein lebhaftes Interesse daran haben, unter allen Umständen den Posten zu behalten. Das, was wir unter Charakter festigkeit verstehen, kann dann sehr leicht verschwinden und ist es tatsächlich teilweise schon. Wenn man schon das Bedürfnis hat, das Ministerpensionsgesetz oder daS Gesetz über die Übergangsgebührnisse usw., die Dienst aufwandsentschädigung für die Minister zu ändern, dann soll man es jetzt machen, dann muß es aber natürlich gelten für die Minister, die gegenwärtig im Amte sind. So wäre der ganze Antrag der Deutschnationalen ein Schlag ins Wasser, ein Agitationsantrag. In Wirklichkeit ist durch diesen Abs. 1« der ganze Antrag der Teutsch- nationalen im wesentlichen als Korruptionsantrag für die gegenwärtig im Amte befindlichen Minister zu erklären. Wir haben in der Verfassung im Art. 33 die Be stimmung, daß die Minister nicht ein Amt ausüben dürfen, «nsbesondere dürfen sie nicht Mitglied eines Aufsichtsrates usw. sein. Wir haben den Fall des Herrn vr. Dehne ost genug auseinandergesetzt. ES ist mir noch nichts bekannt geworden darüber, ob Herr Vr. Wilhelm, der ja Rechtsanwalt ist, seine Praxis in der Zeit auf- gegeben hat, solange er Minister ist. Ich nehme an, daß der Herr Syndikus Weber, der jr auch in einem solchen Amte war, nicht mehr diese Berufsstellung ausübt, damit bei ihm die Bestimmungen des Art. 33 nicht verletzt werden. Soweit der Antrag der Deutschnationaleu verlangt« daß die Minister, die Abgeordnete sind, keine Aufwands entschädigung haben sollen, werden wir uns auch da gegen wenden, aus dem Grunde, weil wir gar nicht ein sehen können, daß irgendwie Sparsamkeitsrücksichten bei den drei Ministern, die insgesamt beim Etat des Land tages ja dabei in Frage kommen, eine Rolle spiele«! könnten. Tie Minister sind natürlich hier im Landtag in erster Linie als Minister tätig, aber auf der anderen Seite haben sie auch ihre Funktionen als Abgeordnete zu erfüllen. Nun ein Wort über die Regelung der Bezüge insofern' als der deutschnationale Antrag ja auch eine wesentliche Herabsetzung der Gehaltsbezüge der Minister vorsieht! Warum soll sich Sachsen die bayrische Entlohnung als Vorbild nehmen? Wenn man schon den: Gedanken folgt, den wir vertreten, nämlich ein für allemal aus verhältnismäßig kurze Zeit, nämlich auf sechs Monate ein Übergangsgeld zu gewähren, dann braucht man auch a»« den Sätzen nichts zu ändern, die gegenwärtig gezahlt werden. Insbesondere scheinen uns die Ausführungen, die wir gehört haben, daß die Differenz zwischen dem Gehalte der Ministerialdirektoren und der Minister zu groß wäre, und daß man deshalb die Bezüge der Minister herabsetzen müßte, am allerwenigsten durchschlagend zu sein, denn nach unserer Auffassung soll der Minister wirklich bestimmen. Jedenfalls haben wir die Auffassung, so reform- und besserungsbedürftig diese Bestimmungen des Ministergesetzes im einzelnen sind, gerade in bezug auf die Gehaltspraxis ist eine Reform am allerwenigsten angebracht. Wir werden im Ausschüsse in der Weise, wie ich es eben in groben Strichen zu skizzieren versucht habe, an der Umarbeitung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen mit arbeiten. (Bravo! b. d. Soz.) Abg. Bethke (Altsoz ): Wenn ich mir die englischen Deutschnationale,r vergegenwärtige und sehe, wie un gemein anpassungsfähig fie allen modernen Erscheinungen gegenüber sind, dann «nutet es fast wie ein Stück aus dem Mittelalter an, wenn Herr Abg. vr. Wagner vor schlägt, die sogenannte«« gegenwärtigen Berufsminister auszuschalten und wieder das alte System der Beamten minister einzuführen. Der eine Grund, daß der frühere Fachminister zum mindesten in seinem Fache ein höhere» Maß von Kenntnissen mitbrachte als der fachfremde gegenwärtige Minister, ist überhaupt kein Maßstab zur Beurteilung, denn wir haben auch dort Erscheinungen sehr unerfreulicher Art gehabt. Ich erinnere an Vor gänge aus der Zeit der Vorgänger des Finanzministers Rüger, unter deren Herrschaft die Staatsfinanzen ein äußerst bedenkliches Gesicht bekamen. Im übrigen besteht meines Dafürhaltens die Aufgabe des modernen Mi nisters gar nicht darin, ein Sachkenner zu sein, sondern seine Aufgabe ist, die politische Linie zu ziehen, denn es kann jemand ein sehr guter Fachminister sein, als Potttiker aber eine traurige Rolle spielen. DiefNotwendigkeit, eine Pension festzusetzen, hat keiner treffender al» Herr Minister Liebmann hier im Land tag vorgeführt. Er sagte sehr treffend: Da» parlamen tarische Leben der Jetztzeit bringt e» mit sich, daß auch Minister au» dem Arbeiterstand kommen; ich frage jeden einzelnen; wenn so ein Minister zwei bi- drei Jabre gewirkt hat, welcher Fabrikant stellt ihn wieder tn den Betrieb ein?