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Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. ^VS» 18S« Mittwoch, den 30. April Erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Abend» und ist durch alle Poftanstalten zu beziehen. Pret» für da» Vierteljahr 1^ Thaler. Insertion»'Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile l Reugroschen. Amtlicher Theil. Dresden, 29. April. Ihre Majestäten der König nufd di, Königin von Preußen sind heute Vormittag 9 Uhr nach Charlottrndurg abgereist. Nichtamtlicher Theil. Tagrsgeschichte. Telegr. Nachrichten. — Dresden! Abreise des Königs und der Königin von Preußen. Eine Verordnung wegen Abhaltung von Kirchenvisitationen. — Wien: Bevorstehende Reise des Erzherzogs Ferdinand Max. — Berlin: Die Majestäten zurückerwartet. Feier deS GeburtssesteS des Kaisers von Rußland. Die bevor stehende FriedenSdankfeier. Die Kaiserin-Mutter von Ruß land erwartet. Vom Landtage. — Ko bürg: Auö dem Rechnungsabschlüsse deS Gustav-Adolph-Vereins. Der Aus gang des Fischer'schen ProcesseS. Eisenbahnangelegenheiten.— Paris: Ordensverleihungen für Geschichtsforscher. Ver minderung des Ertrag- der Einfuhrzölle. Ein Brief des Kaisers von Rußland an den Grafen Orloff. Der Aus tausch der Ratificationen erfolgt. Graf Cavour abgereist. Vermischtes. — Turin: Erzbischof Franzoni zurückerwar- tet. Amerikanische Matrosen desertirt. Ein neues Preß- gesetz vorbereitet. Der Friedensvertrag publicirt. — Genua: Cardinal Fransoni -j-. — London: Zur Flot- tenschau. Pension für Lord Dalhousie. Versammlung, der Parteien. Au« dem Parlamente. — Kopenhagen: Russische Kriegsgefangene passirt. Aus dem Reichsrarhe. — St. Petersburg: Der kaiserliche Tagesbefehl we gen der Entlassung der Reichswehr. Die Enthebung deS Fürsten Menschikoff. Personalveränderungen. — Belgrad: DerAufstandsversuch in Bulgarien. — Al exan- drien: Erbschaftsstreitigkeiten. — Kanton: Der neue amerikanische Consul nicht zugelassen. — Bombay: Die Differenz zwischen England und Persien. Local- und Proviuzialangelegenheiteu. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. Vari», Dienstag. 20 April. Der heutige „Mo- niteur" veröffentlicht den Tert deS Frieden-tractateS und drei zu demselben gehörige Annexe. Der wesent- Uchste Inhalt der letzter« ist folgender: R) Bezüglich der Bestimmungen über die Schließung der Meer engen gestattet die Pforte den Gintritt leichter Schiffe für die Station au den Donaumündungen. 2) In Betreff der Neutralisirung deS schwarzen Meeres haben Rußland und die Türkei sich verpflichtet, jeder- seit- höchstens 4 Dampfer von 2VO Tonnen und 6 von 800 Tonnen zu halten 3) Rußland vrr- spricht, niemals weder Militär- noch SchiffSetablisse- mentS auf den AlandSinseln zu errichten. Der „Moniteur" enthält ferner eine Declaration bezüglich deS SeerechtS. Gestrige Abendbörse: 3proc. Rente 73,SO. London, Dienstag, 20. April. In der gestern Abend abgehaltenen Sitzung deS Unterhauses hielt Whitefide eine vierstündige Rede gegen dat Verhalten der LordS Stratfor-, Panmure und Clarendon in der Angelegenheit von KarS. Der Attorney-General antwortete. Die LordS Palmerston und Clarendon (?) legten unter Beifall den zu Paris abgeschlossenen KriedenStraetat vor. Dessen DiScusfion wird am nächsten Montag (S. Mai) stattfinden. DaS von Lord Palmerston zu dem Zwecke einer Einigung der regierungsfreundlichen Liberalen ver anstaltete Meeting hat zu einem erwünschten Resul tate geführt. Marseille, Dienstag, 20. April. Aus Jaffa sind Nachrichten vom 10. d. M. etngegangen, welche melden: Gestern fand zu Naplus ein neuer sehr hef tiger Kampf statt. Der türkische Gouverneur schlug die Aufständischen. Wettere Verstärkungen sind aus Jerusalem erbeten worden. Die energische Hal tung des Pascha s und der Consuln zu Jerusalem hat weitere Gefahr beseitigt. Bei dem Aufstande zu Naplus wurden die Consnlarflaggen verbrannt Der Secretär des preußischen ConsulS daselbst ist ermordet worden, nicht (wie aus Wien telegraphtrt wurde) der preußische Consul selbst. Die grie, chischen Kirchen und protestantischen Kapellen sind preisgegeben worden; kein Consul ist umgekommen. Dresden, 29. April. Heut, Vormittag 9 Uhr haben Ihr, Majestäten der König und die Königin von Preußen die Rückreise angetreten. Ihre Majestäten der König und die Königin, sowie Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und Prinz Georg geleiteten Allerhöchstdi,selben nach dem Bahnhofe, woselbst auch der königlich preußische Gesandte, Graf v. Redern, nebst Frau Gemahlin, der Vertreter des Gouverneurs, Plahmajor Vihthum v. Eckstädt, und der köniqk. Polizeidirector v. Pflugk, sowie mehrere den höchsten Stän den angehörende Privatpersonen sich eingefunden hatten, um Ihren Majestäten noch ihre Ehrfurcht zu bezeigen. — Ge stern Mittag haben Se. Majestät der König von Preußen mit unser» Königs Majestät den Stand der Arbeiten am Bau« de- ThurmeS der Neustädter Kirche in Augenschein ge nommen, worauf sämmrliche allerhöchste und höchste Herr schaften nach der Tafel noch eine Partie nach Pillnitz unter nahmen. Dresden, 28. April. Wie wir aus guter Quelle hören, beabsichtigt unser Ministerium des CultuS und öffentlichen Unterrichts in nächster Zeit eine Verordnung wegen Abhal tung von Kirchenvisitationen ergehen zu lassen. Obnstreitig gehört das Institut der Kirchenvisitationen zu den wichtigsten Instituten der Kirche; ihm verdankt auch unsre Kirche vor zugsweise da« lebendige Eindringen und Erhaltenwerden der Kräfte der Reformation, und es wurde in der ältern Zeit mit besonderm Ernst von Seiten der Kirchenregierunqen ge pflegt und mit entgegenkommender Freude von den Gemein, den, die gar wohl wußten, welch' rin Gutes ihnen damit geschah, ausgenommen. In unsern sächsischen Landen na mentlich sind diese Visitationen schon seit 1580 den Super intendenten aufgetragen worden und von mannichfachem Segen begleitet gewesen, wie die noch vorhandenen Visita- tionsprotokolle, insonderheit aber unsre Kircheng,sehe beweisen, die zum Theil infolge solcher Visitationen erlassen worden sind. Leider ist es diesem Institut, wie so manchen ähn lichen Einrichtungen der alten Zeit ergangen. Die eigent lichen Kirchenvisitationen sind allmählich, besonders seit dem vorigen Jahrhundert, an den meisten Orten außer Uebung ge kommen, oder, mit wenigen Ausnahmen, zu blosen Formen herabgesunken. Es ist daher gewiß erfreulich, daß das CultuS- ministerium, wie wir hören, im vollsten Einverständniß mit dem evangelischen LandeSconsistorium und den in kivsagelicis beauftragten Staatsministern darauf bedacht gewesen ist, jenes wohlthätige Institut auf eine zeitgemäße, d. h. den Bedürf nissen der gegenwärtigen Entwickelung unsrer Kirche ent sprechende Weise neu zu beleben; denn nur auf solche Weise dürfte eS möglich sein, den kirchlichen und sittlichen Zustand der Gemeinden und deren Bedürfnisse, Mißbräuche, die sich hier und da eingeschlichen haben, daS amtliche Wirken der Geistlichen und Lehrer, Ihr Verhältniß zu der Gemeinde rc. kennen zu lernen und danach zu bemessen, wo und wie ge holfen werden könne. Wir hoffen nächsten« in den Besitz der zum Behuf der Visitation entworfenen Visitationsord nung zu kommen und werden nicht unterlassen, sie mitzu- theilen. Nach Dem, wa« wir zur Zeit darüber in Erfah rung gebracht haben, ist e« die Absicht auch jetzt, wie ehedem, die Ephoren mit der Visitation ihrer Ephorie zu beauftragen, ihnen aber tüchtige Geistliche zur Assistenz beizugeben, auch nach Befinden hier und da noch besondere Commissare ab- zusenden. Wenn dabei von den Visitatoren mit ernster Milde und mit taktvoller Umsicht verfahren wird, wenn man e« nämlich versteht, Alle« zu vermeiden, was an eine kirch liche Schaustellung erinnern könnte, und wenn endlich feiten der Geistlichen und Lehrer und feiten der Gemeinden die Visitationen nicht mit Unmuth und Mißtrauen ausgenommen, sondern mit dem freudigen Vertrauen begrüßt und gefördert weßben, daß sie zur Belebung und Kräftigung wahrhaft kirch lichen und geistlichen Sinnes dienen möchten, so versprechen wir uns mannichfachen Segen davon und möchten nur noch den Wunsch hinzufügen, daß zu seiner Zeit auch die Epho- ralämter selbst einer ähnlichen Visitation unterworfen werden. Wien, 27. April. (W. T. B.) Aeußerm Vernehmen zufolge wird sich der Erzherzog Ferdinand Max, Bruder de« Kaiser«, im Monat Juni nach Pari« begeben. Berlin, 29. April. (Zeit.) Ihre Majestäten der König und die Königin werden heute Mittag von Dresden wieder hier eintreffen. — Heute Nachmittag 4 Uhr findet im königl. Schlosse zu Charlottenburg zur Feier de« Geburtstages Sr. Maj. des Kaiser« von Rußland große Tafel statt. Se. Maj. der König und die königl. Prinzen werden dabei in russischer Uniform erscheinen. — Es werden bereits Vorbereitungen zu dem solennen Tedeum getroffen, welche« wegen deS herge stellt,n Frieden« nächsten Sonntag hier abgehalten werden wird. So weit e« bis fetzt bestimmt ist, werden Ihre Ma jestäten der König und die Königin, so wie die königlichen Prinzen und Prinzessinnen nebst dem ganzen Hofstaate, ferner die Staaksminister und das diplomatische CorpS dieser kirchlichen Friedensfeier hier im Dom beiwohnen. Sämmr liche Kirchenglocken sollen diese Feier einläuten. — Ihre Maj. di« Kaiserin-Mutter von Rußland wird, dem Vernehmen nach, in etwa acht Tagen die Reise nach Berlin antreten.—Ihre königl. Hoheit die Erbgroßherzogin von Mecklenburg-Strelitz ist von Neu-Strelitz hier eingetroffen. — Der Schluß des Landtag« soll wo möglich am Freitag, den 2. Mai, erfolgen. — Im Hause der Abgeordneten kam heute unter Anderm der nochmals au« dem Herrenhause herübergekommene Gesetz entwurf, betreffend die Erhebung eine« EinzugsqeldeS in den Landgemeinden, zur Berathunq. Da« Haus stimmte, seinen bei der Berathung der Gemeindeordnung für die sechs öst lichen Provinzen gefaßten Beschluß aufrecht erhaltend, für die Ablehnung des Antrag«. Der Antrag des Herrn v. Rosen- berg-LipinSky auf Einführung der körperlichen Züchtigung wurde durch Uebergang zur Tagesordnung beseitigt. Der Gesetzentwurf, betreffend die erleichterte Umwandlung alt-vor- pommerscher und hinterpommerscher Lehne in Familien-Fidei- commisse, wurde angenommen und so über denselben ein Ge- sammtbeschluß beider Häuser erzielt. Hoftheater. Montag, 28. April. Die Aufführung von Mehecbcers „Robert der Teufel" brachte zugleich einen ersten the- -tralischen Versuch einer jungen Sängerin Fräulein Anschütz al- „Alice". Dieselbe ist im Besitz einer nicht starken aber ange nehmen, egalen und in der höhern Lage ziemlich ausgiebigen und klangvollen Sopranstimme, und ihr Gesang erwie» eine recht lobenswrrthe, musikalisch sichere Bildung, Biegsamkeit und korrekte gewandte Behandlung deS Tonmaterial«, und rin fleißige«, mit Geschmack geleitetes Studium. Eine individuelle und dramatische Gestaltung der Rolle könnte fich erst bei gewonnener Routine, auch im Spiel und freierer eigner Entwicklung des Talent« erge ben. Läßt fich auch über Umfang und Tragweite desselben noch nicht sicher unhätrn, so ist doch dir gegebene Leistung al» eine erste so erfreulich und vortrefflich gelungen, daß Fräul. Anschütz daraus nur dir lohnendste Ermuthigung zu weitern künstlerischen Bestrebungen schöpfen kann. B. Dresden, 29. April. In dem gestrigen, zu einem wohlthä- tigen Zwecke veranstaltttrn sehr besuchten Loncert bewährte dir Eoncertgebrrin, Fräulein Marie Wieck, ihre virtuose Bravour und ihren eleganten, fein durchbildetrn und mustkalisch künst lerischen Vortrag wieder in sehr ausgezeichneter Weise. Vorzüg lich glänzt, fir durch dir höchst vollend,,« «usführung der bewun- dernswerthen originellen 32 Variationen über di« ersten sechs Töne der Omoll Tonleiter von Beethoven, der Gigue mit Prelud» von S. Bach und de» geistreiche« Capriccio« (wp. 14) von Men- delOohe». Sehr willkommen war di« treffliche Ausführung de» brillanten und zu wenig gekannten Clavierquartetts von F. Nie« Feuilleton. (op. l7). Die Herren v. WasilewSky und Kammermusiker Göring und E. Kummer hatten dem dankenswerthen Unter nehmen ihre freundliche Unterstützung gewidmet, sowie Fräulein E. Koch durch den Vortrag von Liedern und Gesängen von W. v. Ehrrnstein, Ricciu«, R. Schumann und Rossini. Literatur. „Der Bazar", Musterzeitung für Frauen.*) Diese« Journal, welche« bei Loui« Schäfer in Berlin erschein», jährlich circa 36 Bogen Tert und eine erstaunliche Anzahl von Beilagen an Modeabbildungen und Mustern zu Stickereien und weiblichen Handarbeiten aller Gattung darbietet, hat dem Der, nehmen nach bereit« gegen 2000 Abonnenten. In der That ist der Preis von jährlich nur 2 Thlrn. ungewöhnlich billig im Der- hältniß zu dem Nutzen und der technischen Ausbildung, welche durch die lobenswrrthe Unternehmung der jungen Damenwelt auf so bequem« als angenehm unterhaltende Weis« zugeführt wer den. Der Bazar, dessen Ausstattung und Einrichtung praktisch genannt werden muß, zieht Alles in sein Bereich, wa« für das weibliche Geschlecht in Bezug aus Haus und Garderobe von In teresse ist. Von den mit deutlichen Erklärungen versehenen Bor- lrgeblättern läßt fich mit Recht rühmen, daß fle ungemein viel- seitig und oft sehr geschmackvoll find. Reben seiner instruktiven Haupttendenz findet sich in diesem Blatte »och »in« leichte Unter- haltunqslecture und manches Wiffenswürdige aus dem Gebiete der Naturkunde *) Dresden bei Gottschalck. Literatur. Ermuthigt durch die günstige Aufnahme ihre» „Töchter-Albums", Hal Thekla v. Gu mpert, die bekannte Iu- gendschriftstellerin, ein neue« Unternehmen in« Leben gerufen, da» gewissermaßen eine Ergänzung de« vorgenannten Album« sein soll. Unter dem Titel. „Herzblättchen« Zeitver treib" beabsichtigt die Herausgeberin im Verein mit mehrern Kinderfrepnden ktrinen Knaben und Mädchen eine Unterhaltung zu gewähren, welche die Herzensbildung und Entwickelung der Begriffe zum Ziel hat. Diese Zeitschrift erscheint alljährlich (Ver lag von C. Flemming in GIogau) in 12 Lieferungen und jede der- selben enthält »inen Bogen Tert, zwei Lithographien nach Ori- ginalzeichnung von Hugo Bürckner und Holzschnitte nach Ori- ginalvorlagrn von H. Bürckner, K. Fröhlich und H. Wagner. Wa« den Inhalt de« vorliegenden ersten Hefte« anbelangt, so darf man sagen, daß die gebotenen Aittheilungrn auf den kind lichen Gedankenkreis eingehen und Beschäftigung unterhaltender und belehrender Art bringen, so daß fie, wa- die HerauSgebrrin bezweckt, gegen die ost eintteiende Langeweile in der Kinderstube kämpfen helfen. Und sehr richtig bemerkt Frl. ». Gumpert, daß die Langeweile von Kindern fern halten, die Versuchung zum Eigensinn, zu Unarten aller Art aus dem Wege räumen heiße. ? Mvfik. In Gent wird am 6. Jull wieder rin großer Gesang-Wettstreit stattfinden, zu dem auch der Kölner Gesang verein eingeladen wurde. Preis, find eine goldnr und zwei sil berne Medaillen. — Da« Gesangfest des norddeutschen Sänger bundes in Braunschweig ist auf den IS., 20. und 21. Juli angrsetzt.