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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prönumerations- Preis 22i Sqr. Thlr.) rierteliöhrlich, 3 Thaler snr das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der PrcuSjschen Monarchie. für die Man priinumerirt auf dieses Beiblatt der Allg.Pr. StaatS- Zcitung in Berlin in der Erredition lMohren - Straße Nr. Z4>; in der Provinz so wie im Auslände hei den Wohllöbl. Post - Armier». Literatur des Auslandes. 86. Berlin, Mittwoch den 15- August 1832. England. üxcursions in Inäia. Bericht über eine Reise von 1200 Engl. Meilen den Ganges aufwärts und eine Wanderung über das Gebirge Himalaya nach den Quellen des Dschemna und Ganges. Von Cap. Skinner. 2 Bände. London, 1832. Ein neues reichhaltiges und mit lebhaften Farben schilderndes Werk über Indien; nicht so haarklein in den Details Mnhammcda- nischer Sitten und Gebrauche, wie das der Frau Mihr Hassan Ali, auch nicht so verschwenderisch mit Jagd; und Schieß-Abenteuern ans- stasfirt, wie das des Capitain Mundy; aber voll von bewundernswür digen Umrissen einheimischer Scenen und Gestalten, malerisch, er götzlich und lies sich cinprägend. Zn der That, Herr Skinner schil dert so gut, daß cs uns verkommt, als wären wir gegenwärtig bei seinen Eilmärschen, Indischen Jahrmärkten, Orientalischen Ceremo- nien, Britischen Lagerplätzen, mit all der Mannigfaltigkeit von Zü gen, die seine gefällige Zeichnung noch verschönern. Lange Zeit hat kein anziehenderes Werst unsere Aufmerksamkeit beschäftigt oder will- kommneren Stoff zu interessanter Uebersicht geboten; denn so alt auch der Boden ist, über den der Verfasser geschritten, so ergiebig ist er an neuen Gegenstände». Die Exkursionen beginnen mit einer Reise von Kalkutta durch die Sundcrbunds nach Dinapohr, aus welcher Skinncr'S Fahrzeug zu einer Flotte gehörte, die eine bedeutende Zahl Truppen transpor- tirte. Diese Art, den Ganges zu beschissen, durch Rohrgebüschc und Waldungen, wo Tiger Hausen, und die ost so weit über den Fluß sich neigen, daß die Fahrt gehemmt wird und die Schisse Schaden leiben, wird uns in dem Reisebericht entwickelt. Wir ziehen eine Stelle aus. Nachdem Skiuncr Comereollv verlassen Hal, wo eine sehr bedeutende Sciden-Manufattur sich befindet, erzählt er weiter: „Wir erfuhren hier die ersten nordwestlichen Abendstürmc und mußten sie wenigstens vierzehn Tage laug jeden Abend anshalten. Sie regieren im Monat März, und am 10tcn dieses Monats waren wir angckommcn, ohne den Ganges zu bemerken. Die Orkane find prächtig beim Herannabcn und Scheiden, aber etwas unerquicklich in ihrer Wirkung. Unsere Kähne wurden in der ersten Nacht unter eine hohe Bank aus weichem Sande getrieben, die jeden Augenblick über uns einzustürzen drohte. Wo man nur Platz für Stricke fand, wurden dergleichen befestigt, so daß die Fahrzeuge in einer Linie standen und an jeder möglichen Stelle festgcmacht waren. Der Him mel hatte sich eine Feit lang verfinstert; daher wir uns zum An griffe rüsteten. Wolken von Staub verkündigten die Nähe des Sturms und füllten unsere Fahrzeuge, die auf Und nieder schwank- len, wie in offener See, und entsetzlich an einander stießen. Die BootSlcitte und Diener waren Alle in Fronte ausgestellt und kochten ihre Mahlzeit, ohne was Böses zu ahnen, als der Sturm auSbrach. Bald waren die Feuer ausgcweht, die Kochtöpfe umgestürzt,'die Kleider und Turbane vom Winde fortgeschleudcrt; ein Jeder rannte an Bord, so gut er konnte. Es stürmte erschrecklich, und ein gewal tiger Hagelschlag begleitete den Wind. Die Hagelkörner, w groß wie Haselnüsse, prasselten aus der Decke meines Budgerow in solchem Grade, daß ich fürchtete, sie möchte cingcschlagen werden. Ein mäch tiger Regenguß und die lautesten Donner folgten, während die Blitze so lebhaft »'m unsere bedeckten Böte spielten, daß sie in Feuer zu stehen schienen. Es war fürchterlich dunkel, aber das von allen Sei ten zuckende Feuer beleuchtete prächtig unseren Zustand. Der Blitz schien ails keiner besonderen Himmelsgegend zu leuchten; das ganze Firmament war Eine Flamme! Viele unserer Leute konnten ihre Böte nicht erreichen »„d klammerten sich verzweiflungsvoll au die Psosten. Hl» und wieder vermehrten noch rin krachender Strick und ein von seinen Banden losgerissenes Boot die Ver wirrung. Mehrere derselben wurden in die Milte des Stromes getrieben. Die Eingeborncn schrieen jämmerlich um Hülfe, die ihnen versagt werden mußte; denn Niemand konnte mit Bestimmtheit angcben, nach welcher Seite sie triebe». Mies Geräth schien wind- abwarts zu wandern — Hüte, Turbane, loses Stroh, zerschlagene Kochtopfe, brennendes Holz und sogar Fragmente von den gekochten Speisen. Da« war eine vollkommen trag,-komische Sccnn Der Sturm bleibt gewöhnlich ungcsähr eine halbe Stunde i» voller Kraft, wüthct sich dann allmälig aus und läßt Blitze zurück, die, in eine sanfte blaue Flamme übergehend, noch einige Feit lang an den Masten der gerüttelten Böte flimmern." Die nächste Exkursion ist ein Abstecher nach Delhi, wo uns wie der die kunstreiche Leitung des Verfassers aus Lesern in Zuschauer und Milspieicnde verwandelt. Wir erinnern uns keiner so trefflichen Beschreibung von Delhi und de» meisten Städten des Orients, wie die folgende ist: „Gewöhnlich sind die Straßen der morgenländischen Städte sehr eng und nicht viel besser als finstere Passe. Wer in Groß- Kairo das Unglück hat, einem Zuge maskirtcr Schönheiten aus Eseln zu begegnen, muß sich zu raschem Rückzug entschließen, wenn er nicht, von Neugierde versucht, stehen bleiben und dasiir an der Mauer zu einer Mumie zerquetscht scyn will. Der Tschandi Tschohk, eine Straße in Delhi, macht indessen von jener Regel eine rühm liche Ausnahme und ist vielleicht die breiteste Straße in irgend einer Stadt des Ostens. Die Häuser sind zum Theil mit Balkonen ver sehen, aus welchen die Männer sitzen, nachlässig in weißen Musselin gehüllt und ihre Hnkah's rauchend. Auch Frauen, die jeden An spruch aus Sittsamkeit verwirkt haben, sieht man zuweilen unver- schleicrt und in ähnlicher Weise beschäftigt. Der Lärm an einem so volkreichen Orte ist sehr groß, denn jedes Haus scheint so gut mit Einwohnern ausgestattct, wie ein Bienenstock. Die Bevölkcrung bc- trägt nahe an 200,000 Seelen auf einem Areal von sieben (Engl.) Meile» im Umkreis. Eine große Eigenthttmlichkeil der morgcnlän- dischcn Städte gründet sich darauf, daß Alles öffentlich geschieht. Die Leute sprechen so laut, als sie könne», und oft scheine» sic ciu- ander bci unwichtigcn Dingcn auf dic beleidigendste Wcisc anzufah- rcn. Das Wichern der Pferde, das Brüllen des Rindviehs, das Knarren der Wagenräder und das Klingen der Zinngießer-Hämmcr (denn jedes Gewerbe wird in einem kleinen offenen Raum vor jedem Laden gctricbcn) — alles dies ist kaum zum Aushalten. Das schmet ternde Geschrei der Elepbanlen, das Stöhnen der Kamccle, gele gentlich modifizirt durch das Wiehern eines Panthers oder Lcöpar- dcn (welche Tl-icrc man verkappt durch die Straße» führt und an Iagdlicbhaber. verkauft), das ewige Getöse des Tom-Tom, die gel lenden Pscisen und mißtönenden Viole», begleitet von »och schlech teren Singfiimmen, sind Stoff genug, um eine Person von mittel mäßig starkem Nervenbau in Verzweiflung zu bringen. Unter den Eingeborenen der Muhammcdanischen Städte scheint eine gesellige Vertraulichkeit zu bestehen, die Jedermann sogleich dort heimisch macht. Kommt ein Fremder in die Stadl und findet eine Gesell schaft, die irgend eine Lustparlic unternimmt, so wird er kein Be denken tragen, sich gleich a»zuschließen, und so viel Interesse an dem, was vergeht, nehmen, als hätte er die Theilnehmcr sein Leben lang gekannt; dann wird crvicllcicht, indem er Einem au« der Gesellschaft seine Pscise anbiclct oder eine Pscisc von ihm annimmt — ein sicheres Zeichen beabsichtigter Gastsreundschast — sich niederlaffcn und seine Geschichte eben so frcimüthig erzählen, als war' er einem Bruder begegnet. Die Häuser sind im Allgemeinen unregelmäßig gebaut und nicht selten merkwürdig verziert. Tapeten von allerlei Farben Haugen vor den Tbüren; bunte Schirme dienen als Fcnstcr- blcnden; und die Gewohnheit, Tücher, insbesondere Frauenmäntel von jeder Farbe, roth, blau, gelb, grün und weiß, oben aus den Häu sern zum Trocknen auszubängen, gicbt ihnen solch ei» lustiges Anse hen, wie einem Schiss an Ealatagen seine flatternden Wimpel. Die unerträglichste Plage find die Staubwolken von der Menge Fuhr werke und die Insekten, welche dic Läden der Pastetenbäcker um- schwärmcn. Der ranzige Geruch schmutzig auSsehender Mixturen, die stets als Manufaktur vor Euch stehen, verbunden mit dem allge meinen Gestank der Stadt, ist ein Zeichen, daß die Moschus-Kara- vancn von Chotau wirklich selten durchpassicreu. In den Mäbrchen von Tausend und Einer Nacht giebt cS, glaub' ich, eine Erzählung von eincr Priuzesstu, die ei»em Konditor droht, sic werde ihn köpfen lasse», wofern er nicht Pfeffer in seine Torte» mischte. Wie despo tisch auch dieser Zug von Seiten einer Fürstin erscheinen mag, so halte ich ihn doch für eine passende Satire auf das orientalische Zuckcrgebäck. Denn der einzige Weg, es genießbar zu machen, ist der, wenn man allen Geschmack semcr Grund-Zngredienzc» hcraus- tilgt. Das Reiten durch die Stadt erfordert viel Achtsamkeit und einige Kunst. Es ist nothwendig, über den ganzen Weg zu schreien, zu schieben und zu stoßen, aus daß der Volkshause Platz mache. Dann und wanm müßt Ihr Euch durch eine Reihe beladener Kamccle zwängen oder vor einem Zug Elephantcn aus die Seite jagen; und wird Euer Psend vor diesen Thicrcn scheu, was häufig der Fall ist, so bcdars es einiger Geschicklichkeit, nm nicht in dic brodelnden Kes sel an den Garküchen zu stürzen. Dic Furcku ist sehr ost gegensei tig; «nd versuche» es dir Elephantcn, cincm Sinter auSjuweichen, ss